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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §4 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Mag. Martin Paar, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 22. Mai 2000, Zl. UVS- 03/P/28/553/1998/13, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juni 1998 (mündliche Verkündung), schriftliche Ausfertigung vom 22. Mai 2000, wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es am 14. Juni 1996 zwischen 14.00 und 15.00 Uhr in Wien 9, K-Gasse, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kfz unterlassen, nach ursächlicher Beteiligung an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden diesen ohne unnötigen Aufschub bei der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle anzuzeigen, obwohl kein wechselseitiger Identitätsnachweis erfolgt sei. Er habe dadurch eine Übertretung gemäß § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche
Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird zugestanden, dass der Beschwerdeführer "offensichtlich" den gegenständlichen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht hat (siehe Beschwerde, Punkt "I. Sachverhalt"). Der Beschwerdeführer bringt jedoch vor, dass ihm in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen vom Eintritt eines solchen Sachschadens nicht angelastet werden könne. Er stützt seine Ausführungen auf folgende Teile der Zeugenaussage jenes Augenzeugen, welcher den Vorfall beobachtet hat:
"1) Ich bin nur so vorbeigegangen und habe mir die Nummer notiert und habe dem Lenker des Audi (gemeint: der Beschwerdeführer) gesagt, er solle warten. Ob er mich verstanden hat, weiß ich nicht bzw. kann ich nicht beurteilen, ich glaube aber nicht.
2) Ich habe dem Lenker (gemeint: Beschwerdeführer) auch gesagt, dass er vorne anstößt, aber ich glaube nicht, dass der Lenker das gehört hat.
3) Ich nehme an, der Lenker (gemeint: der Beschwerdeführer) hat die Beschädigung des Fahrzeuges gar nicht mitbekommen.
4) Ich glaube auch nicht, dass er (gemeint: Beschwerdeführer) Fahrerflucht begangen hat."
In Wahrheit sagte dieser Zeuge jedoch aus (wobei die vom Beschwerdeführer weggelassenen Textpassagen unterstrichen sind):
"Ich bin nur so vorbeigegangen und habe mir die Nummer notiert und habe dem Lenker des Audi gesagt, er solle warten. Ob er mich verstanden hat, weiß ich nicht bzw. kann ich nicht beurteilen, ich glaube aber nicht, da Musik gespielt wurde. Er hat zwar auf mich reagiert, ist jedoch weggefahren. Ich habe gesehen, dass auf dem Mazda eine leichte Beule war, und dass die Stoßstange abgekratzt war, sonst waren keine Schäden. Ich habe mir den Schaden gesondert angesehen. Ich habe dem Lenker auch gesagt, dass er vorne anstößt, aber ich glaube nicht, dass der Lenker das gehört hat, da der Lenker laute Musik gehört hat. Ich nehme an, der Lenker hat die Beschädigung des Fahrzeuges gar nicht mitbekommen und glaube auch nicht, dass er Fahrerflucht begangen hat."
Auf der in der Beschwerde unvollständig und sinnstörend erfolgten Teilwiedergabe dieser Zeugenaussage baut der Beschwerdeführer seine Schlüsse und Rechtsausführungen auf. Die belangte Behörde hat jedoch ihre Schlüsse aus dem vollständigen Text der Zeugenaussage gezogen. Die Ansicht der belangten Behörde, es sei auch die subjektive Tatseite erfüllt, ist aus folgenden Gründen nicht rechtswidrig:
Zur Begründung der in § 4 Abs. 5 StVO genannten Pflichten ist nicht unbedingt das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich, sondern es genügt - da der Anwendungsbereich des § 4 in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf eine Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist (§ 5 VStG) -, wenn die Person, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können (vgl. die in Grubmann, Die Straßenverkehrsordnung 1960; mit Kommentar, 1999, Seite 68, Anm. 1, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Wie der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst zugestanden hat, war die Parklücke "sehr eng und war wenig Platz". Bei und nach riskanten Fahrmanövern, bei denen die Gefahr einer Kollision mit einem anderen Kfz besteht, hat der Lenker den Geschehnissen und seinem Fahrzeug volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und sich zu vergewissern, ob sein Fahrverhalten für einen Verkehrsunfall ursächlich gewesen ist. Unterlässt er dies, so ist sein Nichtwissen von einem von ihm derart verursachten Unfall verschuldet (vgl. die in Grubmann, aaO., Seite 69, Anm. 1, zitierte hg. Rechtsprechung). Das Ausparken aus einer derart engen Parklücke ist ein riskantes Fahrmanöver und beinhaltet die Gefahr eines Anstoßes an das davor bzw. dahinter geparkte Kfz. Wie sich im Übrigen aus der vollständigen Zeugenaussage ergibt, hat der Zeuge versucht, den Beschwerdeführer auf den von ihm verursachten Verkehrsunfall mit Sachschaden aufmerksam zu machen, was aber im Wesentlichen daran scheiterte, dass der Beschwerdeführer in seinem Kfz "laute Musik gehört hat". Ein Gerät zur Abspielung von Musik darf aber nur mit einer solchen Lautstärke betrieben werden, dass hiedurch die Aufmerksamkeit des Lenkers gegenüber dem Verkehrsgeschehen nicht beeinträchtigt wird (vgl. die in Grubmann, aaO., Seite 94, Anm. 18, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Es war daher noch zu berücksichtigen, dass der Augenzeuge auch ausgesagt hat, es habe bei dem dreimaligen Anstoß des Beschwerdeführers beim Ausparkvorgang an das vor ihm parkende Kfz Anstoßgeräusche gegeben.
Sohin kann daran, dass dem Beschwerdeführer bei gehöriger Aufmerksamkeit "die Möglichkeit eines Zusammenstoßes mit dadurch verursachter Beschädigung eines anderen Fahrzeuges zu erkennen vermocht hätte", kein Zweifel bestehen. Die Anführung dieser objektiven Umstände und deren Bewertung ist im Übrigen entgegen dem Beschwerdevorbringen Inhalt der Begründung des angefochtenen Bescheides (siehe Berufungsbescheid Seite 12).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. März 2001
Schlagworte
Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Straßenpolizei Kraftfahrwesen MeldepflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000020169.X00Im RIS seit
20.06.2001