TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/18 S12 318667-1/2008

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Veröffentlicht am 18.08.2008
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Spruch

S12 318.667-1/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde der mj. B.S., geb. 00.00.2008,

StA. Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch: D.Z., diese vertreten durch: Michael Genner, Asyl in Not, Währinger Straße 59/2, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.03.2008,

FZ. 08 02.290-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde vom 03.04.2008 gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes vom 18.03.2008, FZ. 08 02.290-EAST Ost wird gemäß § 5 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBL. I Nr. 100/2005. als unbegründet abgewiesen.

 

II. Spruchpunkt II des Bescheides des Bundesasylamtes vom 18.03.2008, FZ. 08 02.290-EAST Ost wird ersatzlos behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Die minderjährige Beschwerdeführerin, eine russischer Staatsangehörige tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, wurde am 00.00.2008 in Österreich geboren und stellte am 07.03.2008 durch ihre gesetzliche Vertreterin, D.Z. (Mutter), den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um die minderjährige Tochter des B.Y. (GZ: 310.700) und der D.Z. (GZ: 310.699). Das Verfahren wird als Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 geführt.

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag der minderjährigen Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 07.03.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde die minderjährige Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen. Demzufolge sei die Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung der minderjährigen Beschwerdeführerin nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig.

 

3. Gegen diesen Bescheid erhob die minderjährige Beschwerdeführerin durch ihre gesetzliche Vertreterin fristgerecht Beschwerde und behauptete im Wesentlichen die Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhalts. Ferner wurde vorgebracht, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um ein sechs Wochen altes Kind handle, dessen Eltern vom Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde an den VwGH gegen die zurückweisenden Bescheide des UBAS zuerkannt worden und ein Ende deren Verfahren nicht absehbar sei.

 

Die gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 09.04.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat ein.

 

Mit Bescheid vom 11.04.2008 hat der Unabhängige Bundesasylsenat der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG zuerkannt.

 

4. Die Berufung des Vaters der minderjährigen Beschwerdeführerin, B.Y., wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.09.2007, Zahl: 310.700-2/2E-III/07/07, gemäß §§ 5, 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Die Berufung der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin, D.Z., wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 27.03.2007, Zahl:

310.699-1/2E-III/07/07, gemäß §§ 5, 10 AsylG als unbegründet abgewiesen.

 

5. Sowohl der Vater als auch die Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin haben jeweils gegen die abweisenden Berufungsbescheide des Unabhängigen Bundesasylsenates Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

Mit Beschluss vom 28.12.2007 hat der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde des Vaters der minderjährigen Beschwerdeführerin die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit Beschluss vom 07.05.2007 wurde der Beschwerde der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin vom Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

II. Der Asylgerichtshof hat durch die zuständige Richterin über die gegenständliche Beschwerde wie folgt erwogen:

 

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

 

2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

2.1. Gemäß §§ 73 Abs. 1 und 75 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG) iVm § 1 AsylG ist das oben angeführte Gesetz auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 01.01.2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Verfahren das AsylG 2005 anzuwenden war.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde tritt.

 

2.2. Betreffend Spruchpunkt I des gegenständlichen Erkenntnisses wird auf die rechtlichen Ausführungen in den die Eltern der minderjährigen Beschwerdeführerin betreffenden Bescheide des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.09.2007, Zahl:

310.700-2/2E-III/07/07, (Vater) und vom 27.03.2007, Zahl:

310.699-1/2E-III/07/07, verwiesen, welche zum Gegenstand dieses Erkenntnisses erhoben werden. Unter diesen dort aufgezeigten rechtlichen Gesichtspunkten haben sich im Einklang mit der diesbezüglichen Rechtsmeinung des Bundesasylamtes keine Anhaltspunkte ergeben, Österreich zwingend zur Anwendung des Art. 3 Abs 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrag zuständig ist (= Dublin II-VO), infolge drohender Verletzung von Art. 3 oder Art. 8 EMRK zu verpflichten. Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidung war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse und rechtlichen Würdigung der Erstbehörde zu bestätigen.

 

2.2. Zu Spruchpunkt II ist zunächst auszuführen, dass gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden ist, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Der gegenständliche Fall ist jedoch dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die minderjährige unverheiratete Tochter des B.Y. und der D.Z. handelt, deren Beschwerden gegen die jeweils abweisenden Bescheide des Unabhängigen Bundesasylsenates vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28.12.2007 bzw. vom 07.05.2007 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, sodass den Eltern der minderjährigen Beschwerdeführerin zurzeit die Rechtsstellung von Asylwerbern zukommt und jede Zurück- oder Abschiebung aus Österreich für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig ist.

 

Da es sich im gegenständlichen Fall um ein Familienverfahren handelt und gemäß § 34 Abs. 4 AsylG alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang erhalten, konnte für die minderjährige Beschwerdeführerin keine Ausweisungsentscheidung getroffen werden, solange ihren Eltern aufgrund der vom Verwaltungsgerichtshof erteilten aufschiebenden Wirkung die Rechtsstellung von Asylwerbern zukommt. Über die Zulässigkeit einer Ausweisung wird - nach Abschluss der verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Eltern der minderjährigen Beschwerdeführerin - die Fremdenpolizeibehörde zu entscheiden haben, wobei (unter anderem) auf eine allfällige Integration Bedacht zu nehmen sein wird. Im Hinblick auf die enge familiäre Bindung zwischen der minderjährigen Beschwerdeführerin und ihren Eltern muss - bei sonstiger Verletzung des Rechts auf Familienleben - die Entscheidung inhaltlich gleich lauten wie bei ihren Eltern. Da der Asylgerichtshof die Entscheidung über die Ausweisung der Eltern vor Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht vorwegnehmen kann, muss die Entscheidung über die Ausweisung im gegenständlichen Fall unterbleiben, weshalb Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu beheben war. Die Entscheidung über die Ausweisung wird von der Fremdenpolizeibehörde für alle Mitglieder der Kernfamilie einheitlich zu treffen sein.

 

2.4. Gemäß § 41 Abs 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren, Spruchpunktbehebung-Ausweisung
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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