TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/18 C7 318403-1/2008

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Veröffentlicht am 18.08.2008
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Spruch

C7 318403-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Hat als Vorsitzende und den Richter Mag. Felseisen als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Bernold über die Beschwerde des S.B., geb. 00.00.1976, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.02.2008, FZ. 06 05.751-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBL I Nr. 4/2008, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 30.05.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er wurde noch am selben Tag einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen und am 02.06.2006 und 03.12.2007 in der Erstaufnahmestelle Ost und in der Außenstelle Wien des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen. Er machte im Wesentlichen Grundstücksstreitigkeiten geltend.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.02.2008 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt II gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG der Status des subsidiären Schutzberechtigten im Bezug auf seinen Herkunftsstaat nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III wurde er gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

 

Die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen wurden als nicht glaubwürdig gewertet (Seiten 13 ff des Erstbescheides):

Der Beschwerdeführer wäre gemäß eigener Angaben deshalb ausgereist, weil es mit einer anderen Person aus seinem Ort ständig zu Streitereien wegen eines kleinen dem Beschwerdeführer gehörenden Grundstückes gekommen wäre. Nach den Ländererkenntnissen bestehe jedoch gegen derartige Drohungen ein effektiver Rechtsschutz. Der Beschwerdeführer konnte außerdem keine nachvollziehbaren Hinderungsgründe einer innerstaatlichen Fluchtalternative nennen. Allein daraus sei erkennbar, dass bei Wahrheitsunterstellung des Vorbringens kein asylrelevanter Fluchtgrund vorliegt. Weiters habe der Beschwerdeführer widersprüchliche Angaben vor allem bezüglich der Verständigung der Polizei und des Bürgermeisters getätigt. Außerdem sei das Vorbringen des Beschwerdeführers realitätsfremd sowie nicht schlüssig und nachvollziehbar gewesen. Die vorgelegten Beweismittel vermochten den Befund der Unglaubwürdigkeit nicht zu erschüttern.

 

Zu Spruchpunkt II führte das Bundesasylamt aus, dass aufgrund der mangelnden Glaubhaftmachung der Fluchtgründe auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgegangen werden kann. Aufgrund der getroffenen Feststellungen könne ferner nicht davon gesprochen werden, dass in Indien eine nicht sanktionierte ständige Praxis grober, offenkundiger und massenhafter Menschenrechtsverletzungen herrschen würde. Auch haben sich keine in der Person des Berufungswerbers liegenden Gründe ergeben, welche der Abschiebung iSd § 8 AsylG entgegenstehen könnten. Es sei nicht ersichtlich, warum ihm eine Existenzsicherung in Indien nicht möglich sein sollte, auch außerhalb seines Heimatortes, und er verfüge darüber hinaus über ein soziales Bezugsnetz durch seine Familienangehörigen in Indien.

 

Zu Spruchpunkt III legte die Erstbehörde dar, dass der Beschwerdeführer über keine familiären Beziehungen in Österreich verfügt und auch sonst keine Gründe vorliegen, welche für eine Aufenthaltsverfestigung in Österreich sprechen würden.

 

Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung (nunmehr: Beschwerde).

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.

 

Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:

 

1. Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es hat insgesamt zwei Einvernahmen des Beschwerdeführers durchgeführt und ihn - entgegen den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz - konkret und ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

In der Beschwerde werden den individuellen Ausführungen des Bundesasylamtes, insbesondere in Bezug auf die fehlende Glaubwürdigkeit des Vorbringens, keine konkreten Argumente entgegengesetzt bzw. wird kein substantiiertes Beweisanbot getätigt, welches Anlass zu weiteren Ermittlungen der Berufungsbehörde geboten hätte.

 

3. Hinsichtlich der länderkundlichen Feststellungen ist anzumerken, dass das Bundesasylamt diese insbesondere auch auf Berichte des Auswärtigen Amtes und des UK Home Office gründete, welche (auch im Hinblick auf die mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens) bereits für sich genommen eine taugliche und ausreichende Entscheidungsgrundlage für den vorliegenden Fall bilden. Zu aktuelleren Berichten haben sich keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben und stellt sich - wie sich der Asylgerichtshof durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage, u.a durch Einschau in des Folgeberichte des UK Home Office (zuletzt Jänner und April 2008), im Interesse des Beschwerdeführers versichert hat - die Lage in Indien seit Jahren im Wesentlichen unverändert dar.

 

Der Asylgerichtshof geht wie bereits die Behörde erster Instanz davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund nicht glaubhaft ist; dies insbesondere aufgrund des widersprüchlichen Vorbringens hinsichtlich der Verständigung der Behörden sowie der Rolle des Bürgermeisters und der - trotz wiederholten Nachfragens des einvernehmenden Organs - wenig detailreichen und nicht plausiblen Angaben des Beschwerdeführers. Auch ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass das vom Beschwerdeführer vorgelegte Schreiben seines Vaters als Schreiben einer Privatperson einer objektivierbaren Überprüfung nicht zugänglich ist und sohin für sich genommen den Befund der Unglaubwürdigkeit nicht entscheidend zu relativieren vermag.

 

Ferner ist in eventu festzuhalten, dass das Vorbringen keine Asylrelevanz entfalten würde, weisen die vorgebrachten verbalen Auseinandersetzungen keine asylrechtliche Intensität auf.

 

Darüber hinaus wären - wie schon von der Erstbehörde erwähnt - die Probleme mit dem Nachbarn bzw. dessen Familie örtlich auf das Heimatdorf des Beschwerdeführers und das umliegende Gebiet beschränkt und wäre - auch angesichts der Größe und der Bevölkerungsdichte Indiens - mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer an anderen Orten bzw. in anderen Landesteilen Indiens ebenfalls derartigen Schwierigkeiten durch die genannten Personen ausgesetzt sein würde; er könnte sich somit durch Verlegung seines Aufenthaltes an einen anderen Ort bzw. eine andere Region Indiens, beispielsweise nach Delhi, der behaupteten Verfolgung entziehen. Hinweise für eine Unzumutbarkeit im individuellen Fall, sich in anderen Landesteilen niederzulassen, haben sich im Verfahren nicht ergeben.

 

Auch die Ausführungen des Bundesasylamtes zu Spruchpunkt II. sind nicht zu beanstanden. Es ist, wie schon von der Erstbehörde dargelegt, nicht ersichtlich, warum dem Beschwerdeführer eine Existenzsicherung in Indien, auch in anderen Landesteilen Indiens, beispielsweise in Großstädten wie Mumbai oder Delhi, nicht möglich und zumutbar sein sollte. Eine schwere Krankheit oder ein sonstiger Hinweis auf eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.

 

Ebenso ist die Ausweisungsentscheidung in Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides zu bestätigen. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunke, seine Kernfamilie lebt in Indien. Eine nähere Prüfung des Privatlebens des Beschwerdeführers als Asylwerber ist nach der jüngsten EGMR Judikatur in der Regel nicht erforderlich, da das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher zu bewerten ist und die Ausweisung keinen unverhältnismäßigen Eingriff begründen kann (vgl zur Interessensabwägung zwischen Privatleben und öffentlichem Interesse EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06). Selbst bei Prüfung des Vorliegens eines Privatlebens im Sinne der bisherigen Judikatur der österreichischen Höchstgerichte (vgl. VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07, VfGH vom 01.10.2007, Zl. G 179, 180/07) wären im Fall des Beschwerdeführers keine Hinweise auf eine sonstige außergewöhnliche schützenswerte Integration in Österreich erkennbar, dass allein aus diesem Grunde die Ausweisung für unzulässig zu erklären wäre, dies auch unter Berücksichtigung seiner Arbeit als Zeitungszusteller und einer zum Entscheidungszeitpunkt knapp über zweijährigen Aufenthaltsdauer (vgl. VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 wonach ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages gestützter Aufenthalt im Bundesgebiet regelmäßig keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet).

 

4. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

 

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, inländische Schutzalternative, Intensität, private Streitigkeiten, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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