TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/18 D3 315536-1/2008

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Veröffentlicht am 18.08.2008
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Spruch

GZ. D3 315536-1/2008/13E

 

ERKENNTNIS

 

SPRUCH

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Clemens Kuzminski als Einzelrichter über die Beschwerde des S.M., geb. 00.00.1972, StA. Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.10.2007, GZ. 06 09.845-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.02.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe gemäß 3, 8, 10 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen, dass der Spruchpunkte II und III des angefochtenen Bescheides zu lauten haben:

 

II. Gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG 2005 wird S.M. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo nicht zuerkannt.

 

III. S.M. wird gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Der Beschwerdeführer, ein Angehöriger der Volksgruppe der Goraner aus dem Kosovo, gelangte am 17.09.2006 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte noch am selben Tag einen Asylantrag. Ebenfalls am selben Tag erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf der Erstaufnahmestelle Ost. Dabei gab er zum Fluchtgrund an, dass er im Jahre 2004 von Deutschland in den Kosovo abgeschoben worden sei und seit 2004 ständig in seiner Heimat aufhältig gewesen sei. Weil er im Jahre 1991/92 den Militärdienst in der serbischen Armee verrichtet habe und gegen Kroatien gekämpft hatte und seine Brüder Polizisten im Kosovo gewesen seien, habe er von den Albanern keine Ruhe gehabt, diese hätten ihn bedroht, das Haus seiner Eltern angezündet und ihm Probleme gemacht, sodass er aus dem Kosovo weggegangen sei.

 

Am 25.09.2006 wurde er von der Erstaufnahmestelle Ost wie folgt befragt.

 

Frage: Woher stammen Sie?

 

Antwort: Prizren.

 

-

Frage: Ein kleines Dorf?

 

Antwort: 40 Häuser ungefähr.

 

Frage: Wer lebt dort?

 

Antwort: Nur Goraner.

 

Frage: Wo haben Sie gewohnt? In einem eigenen Haus?

 

Antwort: Ja. Beim Vater.

 

Frage: Wie viele Personen?

 

Antwort: Vater, Mutter, zwei Brüder.

 

Frage: Wo ist der Rest der Familie?

 

Antwort: In Deutschland ist ein Bruder und zwei sind in Österreich.

 

Frage: Haben Sie im Kosovo gearbeitet?

 

Antwort: Die letzten drei Monate habe ich als Bauarbeiter gearbeitet.

 

Frage: Welche Schulbildung haben Sie?

 

Antwort: Acht Jahre Grundschule und drei Jahre Schusterlehre.

 

Frage: Wurden Sie jemals von Behörden in Ihrem Heimatland erkennungsdienstlich behandelt?

 

Antwort: Ja, zur Ausstellung von Dokumenten.

 

Frage: Sind Sie vorbestraft?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Ist gegen Sie ein Gerichtsverfahren anhängig?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Waren Sie jemals im Gefängnis?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Gehörten Sie jemals einer politischen Partei an?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Gehörten Sie jemals einer bewaffneten oder kriminellen Gruppierung an?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Nennen Sie uns bitte den Grund oder die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen haben? Geben Sie zunächst einen Überblick. Sie erhalten gegebenenfalls Gelegenheit, näher dazu Stellung zu nehmen bzw. werden Sie zu Details befragt. Sie werden in Ihrem eigenen Interesse nochmals darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, die Wahrheit zu sagen, nichts bewusst zu verschweigen und alle Beweismittel wie z.B. schriftliche Dokumente, Fotografien und Ähnliches vorzulegen.

 

Antwort: Mein Bruder war bei der Polizei. Nach dem Krieg ist die serbische Polizei aus dem Kosovo weg. Mein Bruder ist auch weg. Danach ist die UCK gekommen und hat meinen Bruder gesucht. In der Nähe vom Haus haben sie zwei Autos angezündet. Danach sind die KFOR Soldaten gekommen. Die Leute, die die Autos angezündet haben, wurden nicht gefunden. Danach ist ein Dorfbewohner von K. gekommen und hat uns bedroht, wir sollen das Haus verlassen. Mein Vater besitzt ein Haus in Prizren. Danach sind die wieder gekommen, auch nach Prizren und haben uns bedroht. Das ist alles in der Stadt passiert, nicht im Dorf. Vor einem Jahr ist auch ein unbekannter gekommen. Er war groß und schwarz gekleidet. Er hat von uns Geld verlangt. Es war ein Albaner, der auch ein bisschen Bosnisch sprach. Er wollte 300 Euro. Meine Mutter hat dieser Person klar gemacht, dass wir kein Geld haben. Der Albaner hat gehört, dass mein Bruder Geld aus Deutschland schickt. Wir haben mit dem Bruder telefoniert, er hat aber kein Geld geschickt. Dann ist die KFOR zu uns gekommen, haben die Tür eingeschlagen und haben versteckte Waffen gesucht. Die Tür wurde nicht repariert. Das Leben war nicht mehr zum Aushalten. Deswegen bin ich ausgereist. Außerdem wurden meine Tante und mein Onkel, deren zwei Kinder auch bei der Polizei waren, ermordet.

 

Frage: Können Sie den Zeitraum eingrenzen, von dem Sie sprechen?

 

Antwort: Nach dem Krieg. Mein Bruder war auch bei der serbischen Armee.

 

Frage: Von wem ist die Sterbeurkunde?

 

Antwort: Mein Onkel, der ermordet wurde.

 

Frage: Was heißt udova in der Sterbeurkunde?

 

Antwort: Unverheiratet.

 

Frage: Sie waren bis 2004 in Deutschland?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Woher wissen Sie, dass die UCK die Autos angezündet hat?

 

Antwort: Ich war in Deutschland.

 

Frage: Der Antwort entnehme ich, dass Sie es nicht wissen.

 

Antwort: Nach 2004 war ich unten.

 

Frage: Was ist seit 2004 passiert?

 

Antwort: Ich wurde 2004 abgeschoben. Ich war zwei Wochen in Schubhaft. Ich musste unterschreiben, dass ich freiwillig zurückkehre.

 

Frage: Was ist seit 2004 im Kosovo passiert?

 

Antwort: Mein Vater besitzt das Haus in Prizren und wir waren immer im Dorf versteckt.

 

Frage: Warum das?

 

Antwort: Wir sind wegen meines Bruders bedroht, weil er bei der Polizei war. Ich war 1991 bei der jugoslawischen Armee in V. in Kroatien.

 

Frage: Was hat das mit dem Kosovo zu tun?

 

Antwort: Ich habe dort Tote begraben. Ich war im Krieg, mein Bruder war im Krieg.

 

Frage: Hat in der Familie jemand in der Armee im Kosovo gedient? 1999.

 

Antwort: Nein, nur der Polizei. 1999 bis Ende des Jahres. Die Söhne meiner Tante waren die Polizisten.

 

Frage: Wie kann man bis Ende 1999 bei der Polizei gewesen sein? Im Sommer sind die Deutschen in Prizren eingerückt.

 

Antwort: Bis Ende des Kriegs waren sie dort.

 

Frage: Tante ist im Kosovo ein dehnbarer Begriff. Wie genau ist sie verwandt?

 

Antwort: Die Schwester der Mutter.

 

Frage: Was genau ist seit 2004 passiert?

 

Antwort: Der Albaner hat Geld verlangt. Die KFOR hat die Waffen verlangt.

 

Frage: Ist die KFOR ein Fluchtgrund?

 

Antwort: Nein, ich hatte vor Albanern Angst.

 

Frage: Weil einer Geld verlangte?

 

Antwort: Das war der letzte Fall. Aber in letzter Zeit können wir uns nicht frei bewegen in Prizren. Wir werden beschimpft. Unsere Nachbarin hat uns gesagt, dass sie unser Haus anzünden wird. Das in Prizren.

 

-

Frage: Waren sie wegen der ganzen Sachen je bei der Polizei?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Warum nicht?

 

Antwort: Darf ich nicht. Ich habe Angst.

 

Frage: Die KFOR ist in ihrer Nähe?

 

Antwort: Die KFOR ist deswegen unten, damit sie uns beschützt. Wenn es so ruhig wäre, wären die nicht unten.

 

Frage: Es gibt nach wie vor Polizisten, die früher bei der serbischen Polizei waren?

 

Antwort: Die Goraner, die bei der Polizei waren, leben nicht mehr im Kosovo.

 

Frage: Woher wollen Sie das wissen?

 

Antwort: Die sind in Deutschland. Von meiner Familie.

 

Frage: Ich habe nicht von ihrer Familie gesprochen.

 

Antwort: In Prizren leben nicht so viele Goraner. Es waren nicht so viele bei der Polizei.

 

Frage: Nur weil man bei der Polizei war, wurde man nicht verfolgt. Auch nicht nach dem Krieg. Hat irgendjemand in ihrer Familie etwas verbrochen, dass die Albaner Grund hatten, sich zu rächen?

 

Antwort: Das kann man feststellen. Dass zwei Autos angezündet wurden. Die Verwandten wurden umgebracht.

 

Frage: Wann war das?

 

Antwort: Alles nach dem Krieg.

 

Frage: Im Herbst 1999?

 

Antwort: Zwischen 2000 und 2006.

 

Frage: Warum ist dann in der Sterbeurkunde von 1999 die Rede?

 

Antwort: Nach dem Krieg ist das passiert.

 

Frage: Wann ist welcher Mord an den Familienmitgliedern passiert?

 

Antwort: Enge Familie. Nur die Tante und der Mann der Tante.

 

Frage: Wann war das?

 

Antwort: Nach dem Krieg.

 

Frage: Wann genau?

 

Antwort: Ich weiß es nicht genau. Darf ich in die Sterbeurkunde schauen?

 

Frage: Da steht 1999.

 

Antwort: Nach dem Krieg haben sie sie gleich ermordet.

 

Frage: Sie haben in der Erstbefragung angegeben, das Haus ihrer Eltern wurde angezündet.

 

Antwort: Die KFOR hat es gelöscht.

 

Frage: Wann war das?

 

Antwort: 2003.

 

Frage: Warum konkret sind Sie geflüchtet? Die meisten, schwerwiegenden Gründe liegen schon sehr lagen zurück.

 

Antwort: Für uns ist kein Platz mehr unten.

 

Frage: Bei welcher Firma haben sie gearbeitet? Wie heißt sie.

 

Antwort: Privat habe ich gearbeitet. Im Dorf.

 

Frage: Bei keiner Firma also.

 

Antwort: Nein, 12,50 Euro pro Tag.

 

Frage: Das ist normal für den Kosovo.

 

Antwort: Ich habe ein Haus gebaut. Er hat R. geheißen.

 

Frage: Haben Sie eigenen Dokumente?

 

Antwort: Nur die Geburtsurkunde.

 

Frage: Wo ist ihr Wehrdienstbuch?

 

Antwort: Habe ich keins.

 

Frage: Wo ist es?

 

Antwort: Das ist zu Hause.

 

Frage: Warum das?

 

Antwort: Das ist verboten, es über die Grenze zu nehmen.

 

Frage: Also das ist sehr unglaubwürdig. Alles an der Reise ist illegal gewesen. Sie sind mit UNMIK Karte nach Serbien gereist. Jeder weiß, dass die Serben das nicht akzeptieren und dass es ein Risiko ist.

 

Antwort: Ich habe den Wehrdienst in Kroatien gemacht. Und drei Monate verlängert.

 

Frage: Stimmen Sie zu, durch die österreichische Botschaft, Außenstelle Prishtina Erhebungen vor Ort durchzuführen, was Anfragen an die UNMIK, KPS und KFOR inkludiert. Sie werden über die Folgen wahrheitswidriger Angaben aufgeklärt.

 

Antwort: Ja, ich stimme zu. Aber es hängt davon ab, wen sie im Dorf befragen.

 

Frage: Warum? Ich dachte, es sind nur Goraner dort?

 

Antwort: Ich kann nicht garantieren, das jemand sagt, dass es nicht stimmt.

 

Frage: Wollen Sie weitere Fluchtgründe angeben oder Ihr Vorbringen ergänzen?

 

Antwort: Nein. Ich habe jeden Wohnsitzwechsel unverzüglich, längstens jedoch binnen 7 Tagen, der zuständigen Meldebehörde bekannt zu geben. Sollte ich keinen Wohnsitz haben, habe ich unverzüglich einen Zustellbevollmächtigten oder Verfahrensvertreter namhaft zu machen oder eine Abgabestelle bekanntzugeben. Dies insbesondere in Ihrem eigenen Interesse, da Sie sonst wichtige behördliche Fristen versäumen könnten. Sollte ich dieser Verpflichtung nicht nachkommen, erlangt ein Bescheid durch Hinterlegung Rechtskraft.

 

Frage: Haben Sie den Dolmetscher verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen und sich konzentrieren?

 

Antwort: Ja.

 

Mit 14.03.2007 erfolgte eine Anfrage beim Verbindungsbeamten der Österreichischen Botschaft im Kosovo hinsichtlich des Beschwerdeführers. Dieser gab am 15.05.2007 zusammenfassend an, dass ein Bruder bis 1996 im Polizeidienst gewesen und dann ausgeschieden sei. Dies habe nicht verifiziert werden können, dürfte aber der Wahrheit entsprechen; Der Antragsteller habe den normalen Wehrdienst - wie zahlreiche andere Personen auch - ca. 1999 geleistet: Aus diesen beiden Faktoren könne kein Gefährdungsgrad für den Antragsteller oder andere Familienangehörige abgeleitet werden. Die beiden anderen Brüder R. und B. seien direkt im Viertel ohne Probleme wohnhaft.

 

Nach Zulassung zum Asylverfahren erfolgte am 20.06.2007 eine weitere

Einvernahme durch das Bundesasylamt, Außenstelle Wien, wie folgt:

 

Frage: Können Sie sich legitimieren?

 

Antwort: Der Ast. legitimiert sich mit seinem deutschen Führerschein. ( Kopie im Akt)

 

Frage: Sind Sie gesund und körperlich und geistig in der Lage sich auf die Vergangenheit zu konzentrieren und die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten

 

Antwort: Ich bin völlig gesund, ich benötige keine Medikamente und keine ärztliche Betreuung und ich kann heute die Einvernahme durchführen.

 

Frage: Wie ist die Verständigung mit dem/der Dolmetscher(in)? Haben Sie Einwände gegen denselbigen?

 

Antwort: Ich habe keine Einwände gegen den Dolmetscher. Ich verstehe ihn einwandfrei.

 

Frage: Haben Sie irgendwelche Beweismittel die Sie der Behörde vorlegen wollen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Halten Sie Ihre bisherigen Angaben im Verfahren aufrecht. Möchten Sie zu Ihrem bisherigen Vorbringen noch etwas hinzufügen, ergänzen oder korrigieren?

 

Antwort: Ich habe bereits alles gesagt und diese Angaben halte ich aufrecht.

 

Frage: Lebt Ihre gesamte Familie im Kosovo?

 

Antwort: Zwei Brüder von mir sind in Österreich. Ein weiterer ist in Deutschland.

 

Frage: Wie heißen Ihre Brüder und wie lange befinden sich diese bereits im Ausland?

 

Antwort: S.B., 00.00.1975 geboren und D., 1974 geboren sind in Österreich und sind ebenfalls Asylwerber. Mein Bruder R. ist Asylwerber in Deutschland. Meine Brüder sind vor ca. 2 Jahren ausgereist.

 

Frage: Wann waren Sie in Deutschland aufhältig?

 

Antwort: Von 1994 bis 2004. Ich hatte eine Duldung.

 

Frage: Warum sind Sie trotz dieser Duldung in Ihre Heimat zurückgekehrt?

 

Antwort: Ich habe von Juli bis Dezember 2004 eine Duldung gehabt. Einen Asylantrag habe ich im Jahre 2004 gestellt. Ich wurde im November 2004 abgeschoben.

 

Frage: Wo konkret haben Sie im Kosovo gelebt?

 

Antwort: Nach meinem Deutschlandsaufenthalt, seit dem Jahre 2004, habe ich nur bei meinen Eltern in der Gemeinde Prizren gelebt. Dort bin ich noch registriert.

 

Frage: Können Sie Beweise vorlegen, dass Sie ab 2004 tatsächlich im Kosovo aufhältig waren?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Welche Beschäftigung haben Sie im Kosovo ausgeübt? Wovon haben Sie gelebt?

 

Antwort: Ich habe Gelegenheitsarbeiten durchgeführt. Ich war die ganze Zeit Helfer auf Baustellen.

 

Frage: Sind Sie aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gereist?

 

Antwort: Nein, wegen meinem Bruder, der bei der Polizei war, musste ich meine Heimat verlassen.

 

Frage: War Ihre Existenzgrundlage in Ihrer Heimat gesichert?

 

Antwort: Ja. Im Kosovo kann man leben, wenn man keine Probleme hat.

 

Frage: Nennen Sie mir Ihre aktuelle Meldeadresse bzw. Ihre aktuelle Abgabestelle?

 

Antwort: Ich wohne in Z.. Dort leben auch meine Brüder.

 

Frage: Wie finanzieren Sie Ihren Aufenthalt in Österreich?

 

Antwort: Ich habe für die Fa. F., von 13.11. 22.12.2006 und von

22.1. bis 13.4.2007 gearbeitet. Ich war Hilfsarbeiter auf einer Baustelle in Klosterneuburg. Ich war angemeldet.

 

Frage: Sind Sie verheiratet und haben Sie Kinder?

 

Antwort: Ich habe vier Kinder und eine Lebensgefährtin, die in Deutschland leben.

 

Frage: Haben Sie einen Visumsantrag für Deutschland gestellt?

 

Antwort: Wir haben das nicht gewusst, dass ich einen Antrag stellen kann.

 

Frage: Aus welchen Gründen haben Sie in Österreich einen Asylantrag gestellt?

 

Antwort: Im Prizren hat meine Familie Probleme, wegen meinem Bruder. Mein Bruder war im Krieg. Deswegen haben wir Angst dort zu leben.

 

Frage: Gibt es noch weiterer Gründe warum Sie Ihre Heimat verlassen haben?

 

Antwort: Ja, die KFOR war bei uns zu Hause und hat die Eingangstür zerstört. Die Albaner suchen überall meinen Bruder. Wegen meiner Sicherheit bin ich gekommen.

 

Frage: Waren Sie persönlich konkreten Problemen im Kosovo ausgesetzt?

 

Antwort: Ich war die ganze Zeit in meinem Dorf. Dort wohnen ausschließlich Goraner. Ich selbst gehöre auch der Volksgruppe der Goraner an. Ein Albaner aus dem Dorf K. ist in unser Dorf gekommen und hat von mir im Auftrag meines Bruders R., der in Deutschland ist Geld verlangt. Er verlangte 300 Euro. Mein Bruder hat aber nichts davon gewusst.

 

Vorhalt: War Ihre gesamte Familie mit diesen Problemen konfrontiert im Kosovo?

 

Antwort: Ja, meine gesamte Familie.

 

Vorhalt: Warum können Ihre Eltern bzw. etwaige Geschwister von Ihnen noch immer im Kosovo leben?

 

Antwort: Mein Vater verlässt seine Heimat nicht. Mein Bruder, B., ist krank und mein zweiter Bruder, R., arbeitet im Kosovo bei einer Firma. Meine Schwester, T., hat keine Probleme.

 

Frage: Haben Sie alle Fluchtgründe vorgebracht?

 

Antwort: Ja, deswegen bin ich nach Österreich gekommen.

 

Frage: Könnten Sie in einem anderen Ort in Ihrer Heimat leben?

 

Antwort: Ich war niemals außerhalb von Prizren aufhältig.

Fragewiederholung:

 

Antwort: Nein, wie soll ich woanders leben.

 

Frage: Warum können Sie das nicht?

 

Antwort: Ich bin in Prizren aufgewachsen.

 

Frage: Hätten Sie etwas zu befürchten, im Falle Ihrer Rückkehr in Ihre Heimat?

 

Antwort: Ich weiß es nicht.

 

Frage: Können Sie sich auf ihre Einvernahmen, vor der PI.Traiskirchen bzw. EASt-Ost, noch erinnern?

 

Antwort: Ja, ich glaube ich habe damals die selbigen Gründe dargestellt.

 

Vorhalt: Vor der Polizei haben Sie niederschriftlich angegeben, das Haus ihrer Eltern wäre angezündet worden und Sie hätten nur deshalb die Probleme weil sie Goraner wären. Was sagen Sie dazu?

 

Antwort: So habe ich es nicht gesagt. Sie sind gekommen und haben es versucht anzuzünden.

 

Vorhalt: Vor der EASt-Ost haben Sie angegeben, die UCK wäre gekommen und hätten zwei ihrer Auto angezündet. Was sagen Sie dazu?

 

Antwort: Die haben zwei Autos angezündet. Die gehörten aber nicht uns.

 

Vorhalt: Weiters wären Sie von den Dorfbewohnern in K. bedroht worden. Was sagen Sie dazu?

 

Antwort: Die UCK und auch meine Nachbarn sind gekommen nach dem Krieg und bedrohten uns mit dem Umbringen falls wir das Land verlassen.

 

Frage: Haben Sie mit Sicherheit die Wahrheit bzw. tatsächliche Ereignisse der Behörde dargestellt?

 

Antwort: Ich glaube schon.

 

Vorhalt: Im Auftrag des Bundesasylamtes wurde ihr Vorbringen durch den Verbindungsbeamte des Kosovos, österreichische Botschaft in Belgrad, Außenstelle Prishtina, in Ihrem Heimatdorf bei Ihre Familie überprüft mit folgendem Ergebnis: Bis auf die dargestellte Durchsuchung eines Hauses nach Waffen durch die KFOR wurden all Ihre Fluchtgründe eindeutig und widerspruchsfrei von Ihrer Familie widerlegt. Nehmen Sie dazu Stellung:

 

Antwort: Ich weiß von dieser Ermittlungstätigkeit. Mein Vater war sehr erschreckt über diesen Besuch und daher entstand dieses Erhebungsergebnis.

 

Vorhalt: Abgesehen davon ist Ihr Vorbringen derart unterschiedlich bzw. widersprüchlich, logisch nicht nachvollziehbar in ihren Einvernahmen vorgebracht worden, dass nicht davon auszugehen ist, dass ein Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegt. Nehmen Sie dazu Stellung:

 

Antwort: Ich habe die Wahrheit gesagt.

 

Frage: Wurde die Polizei von etwaigen Vorfällen in Kenntnis gesetzt?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Warum nicht?

 

Antwort: Aus Angst. Mein Nachbar hat bei dem Brand der beiden Fahrzeuge die Feuerwehr gerufen, die den Brand löschten.

 

Vorhalt: Nach den aktuellen Länderfeststellungen sind die Behörden im Kosovo willens und in der Lage gegen Kriminelle einzuschreiten und die Täter dem zuständigen Gericht anzuzeigen. Sie selbst haben nicht einmal versucht sich in den Schutz dieser Behörde zu begeben. Was sagen Sie dazu?

 

Antwort: Noch nie hat ein Bosniake oder Goraner eine Polizei verständigt.

 

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die allgemeinen Länderfeststellungen des BAA zu Serbien, Provinz Kosovo - Europäische Kommission vom 11.2005 - UK- Home Office Juni 2006 - Commission of the European Communities v. Nov. 2006 - Stellungnahme zur aktuellen Sicherheitslage vom VB. Obstl. Pichler Nov. 2006 - Bericht zur Fact Finding Mission vom Juni 2006 - Einsicht und Stellung zu nehmen. Die Feststellungsunterlagen werden dem ASt. vorgelegt und die Übersetzung angeboten.

 

Antwort: Die wahre Situation ist anders im Kosovo. Ich verzichte auf diese Feststellungen.

 

Frage: Haben Sie vor der Behörde all Ihre Ausreisegründe mitgeteilt. Wollen Sie Ihrem Gesagten noch etwas hinzufügen bzw. ergänzen oder korrigieren?

 

Antwort: Ich habe alles vorbringen können und ich haben nichts mehr hinzuzufügen.

 

Frage: Haben Sie den/die DolmetscherIn verstanden?

 

Antwort: Sehr gut.

 

Anmerkung: Der AW wird auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Rückkehrberatung und auf das dazu aufliegende Merkblatt hingewiesen. Mir wurde diese Einvernahme vom Dolmetscher rückübersetzt. Ich habe all meine Asylgründe darlegen können und habe nichts mehr hinzuzufügen. Ich war psychisch und physisch in der Lage die Fragen zu verstehen entsprechend zu antworten und habe in meiner Sache nichts mehr hinzuzufügen. Mit seiner Unterschrift bestätigt der/die AW, dass die Angaben vollständig, verständlich und richtig wiedergegeben wurden. Das Ergebnis des Ermittlungsergebnisses wurde dem Ast. vorgelegt. Auf den Fotos wurde sein Vater und die Häuser seiner Eltern und seiner Brüder identifiziert.

 

Frage: Wollen Sie zu diesen Erhebungsbericht eine Stellungnahme abgeben?

 

Antwort: Mein Vater hat Angst gehabt und hat nicht die Wahrheit gesagt.

 

Vorhalt: Warum sollte der vor einem österreichischen Vertreter Angst haben?

 

Antwort: Er hat nicht gewusst, dass es ein Österreicher ist.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.10.2007, Zahl, 06 09.845-BAW, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf Internationalen Schutz vom 17.09.2006 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und dem Antragsteller der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt, unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 AsylG dem Genannten der Status eines subsidär Schutzberechtigten im Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien, Provinz Kosovo, nicht zuerkannt und unter Spruchteil III. gemäß § 10 Abs. 1 Z2 AsylG 2005 der Antragsteller aus dem Österreichischen Bundesgebiet nach Serbien - Provinz Kosovo - ausgewiesen.

 

In der Begründung des Bescheides wurde die bereits vollinhaltlich wiedergegebene Einvernahme vor dem Bundesasylamt dargestellt und anschließend Feststellungen zur allgemeinen Situation im Kosovo sowie auch zu den Minderheiten, insbesondere den Guranern, getroffen und auch die Quellen hiefür angeführt.

 

Beweiswürdigend wurde zunächst festgehalten, dass der Antragsteller keine Beweismittel zu den Sachverhalten, auf die er seinen Asylantrag stütze, beigebracht habe und daher die mündlichen Angaben die einzigen Anhaltspunkte für die Entscheidungsfindung seien. Bei der Gegenüberstellung der Niederschriften in den verschiedenen Einvernahmen hätten sich gravierende Unterschiede ergeben und hätte er bei den drei Einvernahmen am 17.09.2006, am 27.09.2006 und am 20.06.2007 immer jeweils andere Fluchtgründe angegeben. Außerdem sei auf Grund von Erhebungen des Verbindungsbeamten der Österreichischen Botschaft im Kosovo festzustellen, dass keinerlei Gefährdungspotential für den Antragsteller bei einer Rückkehr in den Kosovo vorliege.

 

Zu Spruchteil I. wurde angeführt, dass die bloße Zugehörigkeit eines Asylwerbers zu einer ethnischen und religiösen Gruppe allein nicht geeignet sei, die Asylgewährung zu rechtfertigen und würden allgemeine geringfügige Benachteiligungen, die noch nicht das Ausmaß einer Gruppenverfolgung genommen hätte und sich nicht speziell gegen den Antragsteller richten würden, nicht zur Gewährung von Asyl führen. Das Bundesasylamt habe im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Antragstellers gänzlich für unwahr erachtet, sodass deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen sei.

 

Zu Spruchteil II. wurde nach Darlegung der Bezug habenden Judikatur festgehalten, dass von einer Glaubhaftmachung der Fluchtgründe nicht gesprochen werden könne, weshalb auch nicht von Gefahr im Sinne des § 50 FbG ausgegangen werden könne. In Serbien - Provinz Kosovo - liege keine nichtsanktionierte ständige Praxis grober, offenkundiger und massenhafter Menschenrechtsverletzungen vor und keine allgemeine lebensbedrohende Notlage, welche die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bei einer allfälligen Rückkehr indizieren würde. Die Situation im Herkunftsstaat erlaube es dem Antragsteller, seinen Lebensunterhalt zu sichern, da es im Herkunftsstaat ein Arbeitslosen - und Sozialhilfesystem gäbe, das den Personen das allernotwendigste zum Überleben - wenn auch auf niedrigem Niveau - ermögliche.

 

Zu Spruchteil III. wurde ebenfalls die Bezug habende Rechtslage und Judikatur ausgeführt, dass der Antragsteller volljährig und ledig sei und dass kein Familienbezug zu einem dauernd Aufenthaltsberechtigten niedergelassenen Fremden bestehe. Dass der Antragsteller bei seinen Verwandten in Österreich lebe, könne im vorliegenden Fall nicht für sich genommen zur Unzulässigkeit der Ausweisung führen, dass er nämlich schon vor seiner illegalen Einreise nach Österreich zu diesem ein außergewöhnliches Nahverhältnis gehabt hätte, sei jedenfalls nicht hervorgekommen. Aus dem Ermittlungsverfahren ergebe sich auch kein Hinweis, welcher den Schluss zulassen würde, dass durch eine Ausweisung in sonstiger Weise unzulässig in das Privat -oder Familienleben des Antragstellers eingegriffen werde. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch die Rechtsanwälte LANSKY, GANZGER + Partner, Rechtsanwälte GmbH, Berufung. In dieser wurde zunächst kritisiert, dass der Sachverhalt in wesentlichen Punkten aktenwidrig angenommen wurde und dass zu Unrecht vom Parteiengehör, insbesondere zu den länderspezifischen Feststellungen, Abstand genommen worden sei. Außerdem sei es unrichtig, dass der Antragsteller in drei Einvernahmen widersprüchliche Angaben gemacht habe, richtig sei vielmehr, dass er nur auf Grund der Fragen der Behörde seine Angaben im Detail präzisiert und ergänzt habe. Die Behörde habe sich auch rechtswidrigerweise nicht damit auseinander gesetzt, dass bereits zwei Brüdern des Beschwerdeführers Asyl gewährt worden sei und habe die Behörde nicht einmal ansatzweise geprüft, welche Asylgründe in diesen Verfahren vorgebracht worden seien. Auch sei die Ausweisung wegen des Familienbezuges zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten bzw. niedergelassenen Fremden in Österreich rechtswidrig. Schließlich sei in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in keiner Weise straffällig geworden sei. Der Beschwerdeführer verfüge über eine derart enge Beziehung zu seinen Brüdern, die über die übliche Bindung von Familienangehörigen hinaus gehe, sodass eine Ausweisung für ihn und seine Brüder schwerer wiegen würde, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Ausweisung.

 

Die (damalige) Berufungsbehörde, der Unabhängige Bundesasylsenat, beraumte eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung für den 29.02.2008 an, zu der der Beschwerdeführer in Begleitung von Vertretern der ausgewiesenen Rechtsanwaltskanzlei erschien und kein Vertreter des Bundesasylamtes teilnahm. Der Beschwerdeführervertreter legte ein Positionspapier des UNHCR zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo vom Juni 2006 vor, wonach Kosovoserben weiterhin als schutzbedürftig angesehen werden, sowie Personen, die der Zusammenarbeit mit dem serbischen Regime nach 1990 verdächtigt würden, weiters ein e-Mail der Interessensvertretung der Bosniaken im Kosovo, ein Foto des Bruders des Beschwerdeführers in Polizeiuniform, eine Bestätigung des Roten Kreuzes, dass der Bruder S.B. 1991 als serbischer Soldat tätig gewesen und in Kriegsgefangenschaft gewesen sei, sowie eine schlecht lesbare Kopie des Militärdienstbuches des Beschwerdeführers. Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, dass der Großonkel und die Großtante 1999 umgebracht worden seien und auch deren drei Söhne in der serbischen Armee gewesen seien. Sodann führte der Beschwerdeführer über Befragen durch den Verhandlungsleiter und seinen Vertreter Folgendes aus:

 

VL: Welcher Volksgruppe und Religion gehören Sie an?

 

BW: Ich bin Goraner, jetzt werden wir als Bosniaken bezeichnet, und Muslime.

 

VL: Wo sind Sie geboren?

 

BW: In der Gemeinde Prizren, im Kosovo.

 

VL: Wo haben Sie im Laufe Ihres Lebens gelebt? Geben Sie das bitte möglichst genau an!

 

BW: Ich habe bis 1994 im Kosovo gelebt, von 1994 bis 2004 in Deutschland, von November 2004 bis 2006 wieder im Kosovo und seit 2006 in Österreich.

 

VL: Haben Sie irgendwann einmal in Serbien, außerhalb des Kosovo, gewohnt?

 

BW: Nein. Im Jahre 1986 war ich 3 Monate in O., in Serbien.

 

VL: Haben Sie dort Verwandte?

 

BW: Nein. Ich war bei meinem Bruder, der dort beschäftigt war im Straßenbau. Jetzt ist er nicht mehr dort. Jetzt lebt niemand mehr in Serbien, außerhalb des Kosovo.

 

VL: Was ist Ihr Familienstand?

 

BW: Ich habe eine Frau, mit der ich nicht offiziell verheiratet bin, mit ihr habe ich 4 Kinder, sie lebt in Deutschland.

 

VL: Welchen Aufenthaltsstatus hat Ihre Lebensgefährtin in Deutschland?

 

BW: Sie hat eine Aufenthaltsberechtigung für 3 Jahre.

 

VL: Im Bericht des Verbindungsbeamten der österreichischen Botschaft in Pristina wird Ihr Familienstand als "geschieden" bezeichnet. Stimmt dies nicht?

 

BW: Ich war nie verheiratet, deshalb kann ich auch nicht geschieden sein.

 

VL: Welche schulische oder sonstige Ausbildung haben Sie erhalten?

 

BW: 8 Jahre Grundschule und 3 Jahre Lehre für Schuhmacher.

 

VL: Haben Sie Militärdienst geleistet?

 

BW: Ja.

 

Vorhalt: Im Protokoll der ersten Einvernahme in der Polizeistation Traiskirchen steht, dass Sie keinen Militärdienst geleistet haben.

 

BW: Ich habe sowohl beim 1., 2. als auch beim 3. Interview gesagt, dass ich den Militärdienst in C. geleistet habe und in V. Kriegseinsatz geleistet habe, das befindet sich im heutigen Kroatien.

 

VL: Von wann bis wann haben Sie Ihren Militärdienst geleistet?

 

BW: Von Juni 1991 bis September 1992. Ich war 15 Monate bei der Armee, normalerweise dauert der Militärdienst 12 Monate, wegen des Kriegseinsatzes wurde diese um 3 Monate verlängert.

 

VL: Wurden Sie später noch einmal zu militärischen Übungen oder Dienstleistungen herangezogen?

 

BW: Nein.

 

Vorhalt: Auf der EAST-Ost haben Sie genauso wie heute angegeben, dass Sie Ihren Wehrdienst 1991 geleistet haben, was auch zu Ihrem Geburtsdatum passt. Im Bericht des Verbindungsbeamten der österreichischen Botschaft steht etwa 1999. was stimmt jetzt?

 

BW: Das stimmt nicht, ich habe auch ein Dokument vorgelegt, mein Militärbuch.

 

VL: Welche berufliche Tätigkeit haben Sie von wann bis wann ausgeübt?

 

BW: Bevor ich zum Militär gegangen bin, habe ich in einer Konditorei als Helfer gearbeitet. Anschließend habe ich Militärdienst geleistet. In Deutschland habe ich dann als Fassadenhersteller gearbeitet. Nach meiner Rückkehr in den Kosovo habe ich gelegentlich als Bauhelfer gearbeitet.

 

VL: Haben Sie sich im Kosovo irgendwie politisch betätigt?

 

BW: Nein.

 

VL: Waren Sie irgendwann einmal Mitglied einer goranischen Partei oder Bürgerinitiative?

 

BW: Nein.

 

VL: Hatten Sie nach 1999 selbst konkrete Probleme mit Behörden oder Militärorganen im Kosovo?

 

BW: Ich war bis 2004 in Deutschland. Ich hatte Angst, weil mein Bruder bei der Polizei gearbeitet hatte.

 

VL: Hatten Sie nach 1999 konkrete Probleme mit Privatpersonen im Kosovo?

 

BW: Als ich in den Kosovo zurückkam, ist ein Mann aus K. gekommen und hat 200 Euro von meinem Vater verlangt.

 

VL: Warum hat er diesen Betrag von Ihrem Vater verlangt?

 

BW: Er sagte einfach, dass mein Bruder ihn aus Deutschland geschickt hat. Daraufhin haben wir gleich den Bruder angerufen und erfahren, dass es nicht stimmt.

 

VL: Hat Ihr Vater dann den Betrag bezahlt?

 

BW: Nein. Wir waren in N. und er hat gesagt: Du siehst unter welchen Bedingungen leben, wir haben kein Geld.

 

VL: Wie hat der Mann darauf reagiert?

 

BW: Er ist hinausgegangen und ist weggegangen.

 

VL: Hat Ihr Vater diesen Vorfall bei der Polizei angezeigt?

 

BW: Nein. Kein Vorfall wurde bei der Polizei angezeigt.

 

Vorhalt: Beim BAW haben Sie in Ihrer Einvernahme vom 20.06.2007 angegeben, dass Sie ehemalige UCK-Mitglieder mit dem umbringen bedroht hätten, wenn Sie das Land verlassen würden. Stimmt das?

 

BW: Nach 1999 ist die UCK gekommen und hat meinen Bruder gesucht. Damals sind die UCK-Mitglieder gekommen und haben nach meinem Bruder und nach Waffen gesucht. Und nach dem Krieg kam eine Familie und hat uns aufgefordert unser Haus zu verlassen, weil sie in das Haus einziehen wollten.

 

VL: Was war der unmittelbare Anlass für Ihre Ausreise?

 

BW: 1994 haben alle Albaner ihre Arbeitsplätze verlassen. Korrektur:

Ab 1991 haben die Albaner begonnen ihre Arbeitsplätze zu verlassen. 1992 war mein Bruder bei der Polizei, ich selbst war in der Armee. Mein Vater war in Deutschland. Ich war noch nicht mit meiner Lebensgefährtin zusammen, ich bin dann einfach nach Deutschland.

 

VL: Was war der unmittelbare Grund der Ausreise im Jahr 2006 aus dem Kosovo?

 

BW: Einfach die Angst.

 

VL: Wann und wie sind Sie ausgereist?

 

BW: 2006 bin ich illegal eingereist. Ich bin mit dem Bus über Serbien ausgereist.

 

VL: Haben Sie noch Familienangehörige in Kosovo?

 

BW: Vater, Mutter, zwei Brüder und eine Schwester.

 

VL: Haben Sie noch Kontakt mit Ihren Familienangehörigen?

 

BW: Ja.

 

VL: Was haben Sie von Ihren Familienmitgliedern in letzter Zeit erfahren?

 

BW: Letzte Woche habe ich meinen Vater angerufen, er hat mir erzählt, dass eine unbekannte Person ihn angerufen habe und von ihm 1200 Euro verlangt hat. Der Vater hat ihn dann konkret gefragt wer er ist, er hat aufgelegt und gesagt, er würde später anrufen. Meine Mutter hat dann die Nummer zurückgerufen und gefragt wer er ist. Er sagte daraufhin, dass er später anrufen würde. Aber bisher hat er nicht angerufen. Gestern Abend habe ich wieder telefoniert mit meiner Familie, bis dahin hat er sich nicht gemeldet.

 

VL: Wovon leben Ihre Familienangehörigen im Kosovo?

 

BW: Ein Bruder arbeitet in der Krankenpflegerschule als Reinigungskraft, der zweite Bruder ist ohne Beschäftigung, ab und zu arbeitet er schwarz. Mein Vater hat keine Pension.

 

VL: Verfügt Ihre Familie über eine Landwirtschaft?

 

BW: Ja, haben wir, aber wir können nichts erwirtschaften.

 

VL: Wie groß ist der landwirtschaftliche Grund?

 

BW: Ca. 30 Ar.

 

VL: Wird dort irgendetwas angebaut?

 

BW: Die Felder können nicht bestellt werden, weil dort die Albaner sind. Wir hatten eine Kuh.

 

VL: Gibt es beim Haus Ihrer Eltern einen Gemüse- oder Obstgarten?

 

BW: Es gibt keinen Obstgarten, aber es gibt einen Gemüsegarten.

 

VL: Ist es richtig, dass Ihre Eltern, Ihr Bruder R. und ihr Bruder B. jeweils ein eigenes Haus im Kosovo haben?

 

BW: Es gibt 3 Häuser, aber sie werden alle noch auf den Namen meines Vaters geführt.

 

VL: Wer von Ihren Familienangehörigen lebt außerhalb des Kosovos?

 

BW: Zwei Brüder leben hier in Österreich, einer ist in Deutschland. Meine Lebensgefährtin mit den Kindern ist auch in Deutschland.

 

Vorhalt: Die Brüder B. und D. sind in Österreich anerkannte Flüchtlinge. Hinsichtlich des Bruders B. ist jedoch ein Asylaberkennungsverfahren beim BAA anhängig. Sie wohnen jedoch mit keinem Ihrer beiden Brüder zusammen. Die beiden Brüder wohnen in 1020 Wien, jedoch in verschiedenen Wohnungen, Sie jedoch in 1090 Wien, was sagen Sie dazu?

 

BW: Das stimmt.

 

VL: Was machen Ihre beiden Brüder und Sie hier in Österreich?

 

BW: Meine beiden Brüder haben in der Baufirma W. gearbeitet, das war eine Firma die Fassaden hergestellt hat, die Firma ist aber in Konkurs gegangen. Derzeit besucht ein Bruder einen Deutschkurs und B. einen Berufsorientierungskurs. Ich habe in der Firma F. offiziell gearbeitet. Ich habe 7 Monate dort gearbeitet, dann gab es keinen Bedarf mehr. Danach bin ich zum Sozialamt gegangen und habe erfahren, dass ich keinen Anspruch auf Sozialhilfe habe. Jetzt arbeite ich bei der Firma D. in der Probezeit und bin dort angemeldet.

 

VL: Ist einer Ihrer Brüder im besonderen Maße auf Ihre Hilfe angewiesen?

 

BW: Nein.

 

VL: Leiden Sie unter gesundheitlichen Problemen?

 

BW: Derzeit nicht.

 

VL: Was spricht für Sie gegen eine Rückkehr in den Kosovo?

 

BW: Ich könnte nicht zurückkehren, weil sehr viele Goraner seit dem Krieg dort umgebracht wurden und keinen Schutz erhalten konnten. Alle Goraner, die bei der Polizei oder der Gemeinde tätig waren, hatten später Probleme.

 

VL: Könnten Sie sich in anderen Teilen Serbiens, außerhalb des Kosovos, gefahrlos niederlassen?

 

BW: Dort wäre ich auch nicht in Sicherheit, weil man mich dort als "Albaner" bezeichnen würde. Es wurden sehr viele Geschäfte der Goraner in Serbien in Brand gesetzt und zwar jetzt im Zuge der Unabhängigkeitserklärung des Kosovos.

 

VL: Gibt es noch etwas was Ihnen für die Begründung Ihres Asylantrages wichtig erscheint und Sie noch nicht gesagt haben?

 

BW: Nein, ich glaube ich habe alles erzählt.

 

Über Befragen durch den BWV.

 

BWV: Ist es richtig, dass Ihr Bruder als Moslem gegen andere Moslems im Kosovo gekämpft hat?

 

BW: Ja, weil die Albaner auch Moslems sind.

 

BWV: Als was hat Ihr Bruder im Kosovo gekämpft?

 

BW: R., er ist in Deutschland, hat für Serbien gekämpft.

 

BWV: War er Polizist oder Soldat?

 

BW: Polizist.

 

BWV: Sie haben vorher zu Protokoll gegeben, dass Ihre Familie keine Landwirtschaft betreiben kann, warum?

 

BW: Unsere landwirtschaftlichen Besitztümer befinden sich in P. und in diesem P. sind jetzt Neuankömmlinge aus Albanien oder aus anderen Teilen des Kosovo und von unserer Familie traut sich keiner mehr, dort die Felder zu bewirtschaften.

 

BWV: Warum hat Ihre Familie nie der Polizei erzählt, dass Männer gekommen sind und Geld haben wollten?

 

BW: Bisher hat kein Goraner bei der Polizei eine Anzeige gemacht, einfach aus Angst.

 

Am Schluss der Verhandlung hielt der Verhandlungsleiter gemäß § 45 Abs. 3 AVG den Parteien des Verfahrens folgende Dokumente vor und räumte eine Frist von vier Wochen zu einer Abgabe einer Stellungnahme ein.

 

Kosovo, Beicht des österreichischen Verbindungsbeamten vom 31.03.2007

 

Gutachten der länderkundlichen SV Dr. V.D. zur Sicherheitssituation von Angehörigen der goranischen Volksgruppe...

 

Anfragebeantwortung des Verbindungsbeamten der österreichischen Botschaft vom 23.05.2007 für den UBAS

 

Anfragebeantwortungen des Verbindungsbeamten der österreichischen Botschaft für das BAA vom 19.06.2007, 06.09.2007 und 31.10.2007

 

Der Verhandlungsleiter gab weiters an, dass er beabsichtige, eine Anfrage beim Verbindungsbeamten der Österreichischen Botschaft in Prstina, insbesondere zu der Frage, ob es durch die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo sowie die Anerkennung der Unabhängigkeit von Österreich und anderen Staaten zu einer Veränderung der Situation der Goraner im Kosovo gekommen sei, wobei der Beschwerdeführervertreter beantragte, dass der Verbindungsbeamte auch Erhebungen zu den Mordfällen an Goranern seit dem Jahre 1999 im Kosovo anstellen möge.

 

Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte nur der anwaltliche vertretene Beschwerdeführer Gebrauch, welcher sich sehr ausgiebig mit den einzelnen Dokumenten auseinandersetzte und insbesondere ausführte, dass die allgemeine Sicherheitssituation im Kosovo keineswegs als stabil zu bezeichnen sei, insbesondere jene der Minderheiten und die Sicherheitssituation von Menschen im Kosovo, welche mit dem serbischen Regime in Zusammenhang gebracht würden, als gefährlich einzuschätzen sei. Weiters könnten die Berichte, Gutachten und Anfragebeantwortungen deswegen für die Entscheidung nicht herangezogen werden, weil diese vor der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo stammten. Schließlich beantragte der Beschwerdeführervertreter Gutachten des Stefan Müller vom März 2006, sowie Zusatzgutachten vom April 2006 und vom Februar 2007, sowie einen englischsprachigen Bericht vom Jahre 1999 zur Verfügung zu stellen, weil diese im länderkundlichen Gutachten der Sachverständigen Dr. D. berücksichtigt wurden.

 

Mit Datum 12.03.2008 erstattete der Verbindungsbeamte der Österreichischen Botschaft in Prstina zu der beantragten Anfrage folgende Beantwortung. Darin wurde insbesondere festgehalten, dass nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo keine Änderung der Lebenssituation der Goraner eingetreten sei, was jedoch ein subjektiver Eindruck sei. Weiters gebe es jedoch auch objektive Anhaltspunkte für die Akzeptanz der Goraner. In der Gemeinde Dragas beispielsweise würden diese an der weiteren parlamentarischen Arbeit teilnehmen. Es bestehe jedoch keine spezielle Gefährdungssituation für Goraner in ihren Heimatdörfern, wirtschaftlich sei jedoch die Lage durch Selbstisolation, fehlende albanische Sprachkenntnisse und mangelnde Investitionsbereitschaft etwas schwieriger. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführervertreter thematisierten Morde an Goranern seien dem Verbindungsbeamten zwei Fälle bekannt, die aber beide keinen ethnischen Hintergrund haben dürften.

 

Die beantragten zusätzlichen Gutachten bzw. Berichte, sowie der in den wesentlichen Punkten zitierte Bericht des Verbindungsbeamten wurden ebenfalls schriftlich dem Parteiengehör unterzogen, wobei wiederu

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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