TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/19 B8 306729-2/2008

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Veröffentlicht am 19.08.2008
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Spruch

GZ. B8 306.729-2/2008/2E ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 iVm § 75 Abs. 7 Ziffer 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, (AsylG 2005) und 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Beisitzer über die Beschwerde des M. B., geb. 1980, StA. Republik Kosovo, vom "22.05.2008" (eingelangt beim Bundesasylamt am 17.06.2008) gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.06.2008, AZ. 05 17.793-BAT, zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen.

 

II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 i.V.m. § 57 des Fremdengesetzes, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG) idF BGBl. I Nr. 126/2002, wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von M. B. in die Republik Kosovo zulässig ist.

 

III. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 wird M. B. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer, damals Staatsangehöriger von Serbien - Provinz Kosovo - nunmehr Republik Kosovo, bringt vor, der albanischen Volksgruppe anzugehören und den im Spruch angeführten Namen zu führen. Er bringt weiters vor, am 23.10.2005 illegal in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Anlässlich der Antragstellung auf Gewährung von Asyl am selben Tag gab er weiters an, seine Eltern und Geschwister würden noch im Heimatort im Kosovo leben.

 

Am 04.11.2005 (erste Einvernahme im Zulassungsverfahren) und am 11.05.2006 (zweite Einvernahme) wurde der Beschwerdeführer jeweils im Beisein eines geeigneten Dolmetschers der albanischen Sprache bzw. eines Rechtsberaters niederschriftlich einvernommen. Nach seinen Angaben vom 04.11.2005 spricht er neben Albanisch auch Deutsch.

 

Im Rahmen dieser beiden Einvernahmen brachte der Beschwerdeführer

Folgendes vor:

 

Einvernahme am 04.11.2005:

 

"Meine Muttersprache ist Albanisch. Ich bin damit einverstanden, dass meine Befragung in dieser Sprache durchgeführt wird.

 

F: Verstehen Sie den Dolmetsch?

 

A: Ja.

 

Alle bei Ihrer Einvernahme anwesenden beamteten Personen unterliegen dem Amtsgeheimnis. Die von Ihnen gemachten Angaben unterliegen hinsichtlich ihrer Weitergabe der österreichischen Gesetzgebung hinsichtlich der Amtsverschwiegenheit sowie des Datenschutzes und werden daher streng vertraulich behandelt. Sie werden keines falls öffentlich gemacht und an Ihren Heimatstaat (Herkunftsstaat) weitergegeben.

 

Mir wurden die anwesenden Personen vorgestellt und deren Funktion erklärt.

 

Mir wird zur Kenntnis gebracht, dass der Dolmetscher gerichtlich beeidet ist/gem. § 52 Abs. 4 AVG bestellt und beeidet wurde.

 

Mir wurden die Orientierungsinformation, das Merkblatt zum Asylverfahren und die Informationsblätter zur Dublin II VO und zur EURODAC-VO ausgefolgt und ich habe diese Informationen zur Kenntnis genommen. Auf die Möglichkeit der Kontaktnahme mit und der Beiziehung zur Einvernahme von Flüchtlingsberater, Rechtsberater, Vertreter und Vertrauensperson wurde ich hingewiesen. Mir wird zur Kenntnis gebracht, dass meine Angaben die Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren sind, dass ich die Wahrheit sagen soll und meinen Angaben in der Erstaufnahmestelle eine verstärkte Glaubwürdigkeit zukommt. Es wird Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass behördliche Schriftstücke, wie Ladungen oder auch Bescheide, durch Hinterlegung zugestellt werden können, wenn eine persönliche Zustellung nicht möglich ist (iSv. § 17 Zustellgesetz). Eine schriftliche Verständigung im Sinne des Zustellgesetzes über eine Zustellung durch Hinterlegung wird im Haus 13, beim Info Point, eingelegt. Aus diesem Grund werden Sie aufgefordert, während Ihres Aufenthaltes in der Betreuungsstelle täglich im Haus 13 Nachschau zu halten, ob für Sie ein behördliches Schriftstück hinterlegt wurde, damit Sie dieses fristgerecht beheben können.

 

Dies insbesondere in Ihrem eigenen Interesse, da Sie sonst wichtige behördliche Fristen versäumen könnten. Ich fühle mich körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen.

 

Im Besonderen nehme ich zur Kenntnis, dass mein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzuweisen ist, wenn ich die Asylbehörde über meine wahre Identität, meine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit meiner Dokumente täusche. Es ist wichtig, dass Sie die Wahrheit sagen und nichts verschweigen.

 

Aus diesem Grunde ersuchen wir Sie, uns jetzt alle Tatsachen im Zusammenhang mit Ihrem Asylersuchen mitzuteilen und wenn Sie im Besitz von Dokumenten und Bescheinigungs- bzw. Beweismitteln sind, diese vorzulegen.

 

F: Möchten Sie betreffend Ihrer Angaben zu Ihrer Person oder zu allfällig vorgelegten Dokumenten etwas berichtigen, ergänzen oder richtig stellen?

 

A: Ich habe bisher alles richtig angegeben.

 

F: Haben Sie für das gegenständliche Verfahren einen Vertreter oder Zustellbevollmächtigten?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie gegen eine der anwesenden Personen aus Gründen einer möglichen Befangenheit oder aus anderen Gründen Einwände?

 

A: Nein.

 

F: Wurden Sie bis jetzt gut behandelt?

 

A: Ja.

 

F: Sprechen irgendwelche Gründe dagegen, Sie jetzt zu befragen?

 

A: Nein.

 

F: Besitzen oder besaßen Sie einen Pass? Wenn ja, wo ist er verblieben?

 

A: Ich hatte einen UNMIK Reisepass. Ich habe ihn in Mazedonien am 18.10.2005 oder 19.10.2005 verloren. Ich habe aber meinen

Personalausweis mitgebracht. Anmerkung: Der im Akt befindliche Personalausweis wird dem Asylwerber ausgefolgt, Kopie im Akt.

 

F: Wann haben Sie sich entschlossen, Ihren Heimatstaat (Herkunftsstaat) zu verlassen?

 

A: Am 18.10.2005.

 

F: Haben Sie Ihr Heimatland bereits zuvor einmal verlassen?

 

A: Ich war zwischen 1997 und 1999 in Deutschland.

 

F: Haben Sie vor diesem Asylantrag bereits einmal in irgendeinem Staat einen solchen gestellt?

 

A: Ja. In Deutschland.

 

F: Wie ist Ihr Asylverfahren in Deutschland verlaufen?

 

A: Das Asylverfahren war nicht abgeschlossen. Ich bin freiwillig zu meiner Familie, die nach Albanien gegangen war, gefahren. Ich bin über Italien gefahren. Von dort fuhr ich im der Fähre nach Durres.

 

F: Haben Sie je bei einer Vertretungsbehörde eines Staates ein Visum oder einen Aufenthaltstitel beantragt oder solche erhalten?

 

A: Nein.

 

F: Wann haben Sie Ihren Wohnsitz im Heimatstaat (Herkunftsstaates) verlassen? Wo haben Sie sich nach dem Verlassen Ihres Wohnsitzes dort noch aufgehalten? Wie und in welchen Staat sind Sie ausgereist?

 

A: Am 18.10.2005 ging ich von zu Hause weg. Ich fuhr mit einem Autobus nach Mazedonien. Ich reiste dort legal ein. In Skopje habe ich zu Albanern Ko0ntakt aufgenommen. Sie haben mir dann bulgarische Schlepper vermittelt.

 

F: Über welche Länder sind Sie nach Österreich gereist? Welche Verkehrsmittel haben Sie benutzt? Wie und wann sind Sie hier angekommen?

 

A: Am 20.10.2005 verließ ich Skopje im Laderaum eines Kastenwagens versteckt. Die Fahrt führte durch mir nicht bekannte Länder nach Österreich. Am 23.10.2005 ließ man mich in Traiskirchen aussteigen.

 

F: Wie viel hat Ihre Reise gekostet?

 

A: Ich habe EUR 3.500,00 bezahlt.

 

F: Woher stammt das Geld für die Reise?

 

A: Ich hatte es gespart. Ich habe gearbeitet.

 

F: Warum wollten Sie gerade nach Österreich?

 

A: Ich habe in Mazedonien von den Bulgaren erfahren, dass man hier als Asylwerber aufgenommen wird.

 

F: Haben Sie Angehörige in Österreich?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie Angehörige in anderen EU Staaten, in Island oder Norwegen?

 

A: Nein.

 

F: Mit welchen Mitteln bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich?

 

A: Ich bin mittellos.

 

F: Können Sie den Kastenwagen, in dem Sie transportiert wurden, näher beschreiben? Welche Ladung wurde mitgeführt?

 

A: Es war ein Mitsubishi mit bulgarischen Kennzeichen. Er war blau lackiert. Es hatte eine Schachtel für einen Fotokopierer geladen.

 

F: Wurden außer Ihnen noch andere Personen transportiert?

 

A: Nein.

 

F: Wie oft wurden während der Fahrt Pausen gemacht? Wie lange haben diese gedauert?

 

A: Es gab mehrere Pausen an verschiedenen Orten, die ich nicht kenne. Sie dauerten zwischen zwei und drei Stunden.

 

F: Sind Sie während der Pausen ausgestiegen?

 

A: Nein. Ich wollte es zwar, aber man hat es mir nicht erlaubt.

 

F: Wie haben Sie Ihre persönlichen Bedürfnisse während der Reise befriedigt?

 

A: Sie haben mir einen Kübel gegeben.

 

F: Wurde das Fahrzeug unterwegs irgendwann einmal von der Polizei kontrolliert?

 

A: Ich habe keine Kontrolle bemerkt.

 

F: Wie wurden mit dem Fahrzeug die Grenzkontrollen passiert?

 

A: Das weiß ich nicht.

 

F: Aus welchen Gründen - geben Sie bitte alle an - haben Sie Ihren Heimatstaat (Herkunftsstaat) verlassen?

 

A: Ich hatte ein Auto. Im Jahr 2003 nahm ich eine Frau mit dem Auto von D. in unser Dorf mit. Es war eine Autostopperin. Sie war aus unserem Dorf. Aber ich habe sie nicht gekannt. Diese Frau hat ihren Mann dann umgebracht, weil es familiäre Probleme gab. Da ich sie im Auto mitgenommen habe, sucht mich jetzt die Familie des Mannes, um mich zur Rechenschaft zu ziehen, weil ich sie damals im Auto mitgenommen habe.

 

F: Wollen Sie noch weitere Gründe angeben?

 

A: Nein.

 

F: Hatten Sie in Ihrem Heimatstaat jemals Probleme mit den dortigen Behörden oder deren Organen?

 

A: Nein.

 

F: Hatten Sie in ihrem Heimatland jemals Probleme wegen Ihrer politischen Überzeugung Ihrer Religionsausübung oder Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe?

 

A: Nein.

 

F: Was befürchten Sie für den Fall der Rückkehr in Ihr Heimatland?

 

A: Ich befürchte umgebracht zu werden.

 

F: Wie heißt die Frau, die Sie als Autostopperin mitgenommen haben?

 

A: Ich kenne den Namen nicht. Ich habe sie nur als Autostopperin mitgenommen.

 

F: Wann hat die Frau ihren Mann ermordet?

 

A: 4 Tage vor dem Bajram Fest im Jahr 2003.

 

F: Wo befindet sich die Frau jetzt?

 

A: Sie wurde festgenommen und ist jetzt in irgendeinem Gefängnis.

 

F: Wie viele Einwohner hat S.?

 

A: Die Einwohnerzahl kenne ich nicht. Aber es gibt im Dorf 130 Häuser.

 

F: Wurden Sie von der Familie des ermordeten Gatten der Frau, die Sie als Autostopperin mitgenommen haben, konkret bedroht?

 

A: Die Familie des Mannes verlangte eine Antwort von mir, warum ich sie im Auto mitgenommen habe. Ich habe mich nicht getraut dort selbst hinzugehen.

 

Ich habe meinen Vater hingeschickt.

 

F: Wann haben Sie Ihren Vater zur Familie des Ermordeten geschickt?

 

A: Am 10.04.2004.

 

F: Was hat sich ereignet, als Ihr Vater bei der Familie war?

 

A: Mein Vater hat gefragt, was die Familie von mir will. Es wurde ihm gesagt, dass ich ihnen einen Feind ins Haus gebracht hätte. Jetzt würde ihnen ein männliches Mitglied der Familie fehlen. Sie sagten auch, dass ich das mit meinem Blut bezahlen müsse.

 

F: Wie wurden Sie zur Familie des ermordeten Gatten bestellt?

 

A: Sie haben eine Person namens Q. geschickt. Welche Beziehung er zu der Familie hat, weiß ich nicht.

 

F: Wie heißt die Familie des Ermordeten mit Familiennamen?

 

A: B..

 

F: Wo wohnt die Familie?

 

A: Im gleichen Dorf wie wir.

 

F: Wo haben Sie sich nach dem 10.04.2004 aufgehalten?

 

A: Ich war noch zu Hause. Ich hatte große Angst und ging deshalb zu Verwandten in C..

 

F: Wurden Sie jemals von der Familie des ermordeten Mannes persönlich bedroht oder attackiert?

 

A: Sie haben mich persönlich nie gefunden. Als ich bei meiner Tante in C. war, hat mir der Sohn meiner Tante gesagt, dass sie dorthin gekommen wären, um mich zu suchen.

 

F: Welche rechtlichen Schritte haben Sie wegen der gegen Sie von der Familie des Ermordeten ausgestoßenen Drohung ergriffen?

 

A: Keine. Ich habe mich nur versteckt.

 

F: Hat es während der Einvernahme Verständigungsprobleme mit dem Dolmetsch gegeben?

 

A: Nein.

 

Es wird Ihnen nun zur Kenntnis gebracht, dass Ihr Asylverfahren zulässig ist. Das Verfahren wird in einer Außenstelle des Bundesasylamtes weitergeführt werden. Diesbezüglich werden Sie eine schriftliche Ladung erhalten. Weiters nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie einer Betreuungseinrichtung zugewiesen werden. Diese ist gleichzeitig die Abgabestelle, an der Sie behördliche Schriftstücke zugestellt erhalten.

 

Jede Änderung der Abgabestelle müssen Sie dem Bundesasylamt sofort mitteilen.

 

F: Welche Zeit benötigen Sie, um Bescheinigungsmittel, mit deren Hilfe Sie Ihr Vorbringen glaubhaft machen können, herbeizuschaffen?

 

A: Ich kann im Moment nichts vorlegen. Ich habe mich an keine Behörde gewandt. Deshalb scheint mein Problem amtlich nirgendwo auf.

 

Anmerkung: Es wird Ihnen eine mit dem heutigen Tag beginnende Frist von vier Wochen zur Herbeischaffung von allfälligen Bescheinigungsmitteln gewährt.

 

Weiters werden Sie aufgefordert, diese bei Ihrer Befragung in der Außenstelle des Bundesasylamtes, der Ihr Verfahren zugewiesen wird, unaufgefordert vorzulegen. Es wird Ihnen weiterhin erläutert, dass Ihnen die niederschriftlich festgehaltenen Angaben durch den Dolmetscher wortwörtlich rückübersetzt werden. Im Zuge dieser Rückübersetzung besteht die Möglichkeit Korrekturen, Ergänzungen oder Richtigstellungen vorzunehmen, Einwendungen anzubringen oder gegebenenfalls rückzufragen. Mit Ihrer Unterschrift bestätigen Sie, dass die Angaben vollständig, verständlich und richtig wiedergegeben wurden."

 

Wiedergabe der Einvernahme am 11.05.2006:

 

"Ich wohne in W.. Ich habe keine Verwandten in Österreich.

 

Ich bin Staatsangehöriger aus Serbien und Montenegro, Angehöriger der albanischen Volksgruppe und moslemischen Glaubensbekenntnisses. Ich wohnte im Ort S., in der Gemeinde Malisheve, im Kosovo gelegen. Dort wohnen meine Eltern, meine beiden Brüder und zwei meiner Schwestern. Eine meiner Schwestern wohnt im Ort P., in der Gemeinde Malisheve gelegen.

 

In der Zeit vom 15.10.2005 bis 23.10.2005 fuhr ich als Mitfahrer in einem Kombiwagen über ein unbekanntes Land oder über unbekannte Länder vom Ort C., in der Gemeinde Malisheve gelegen, nach Österreich.

 

Ich war vom Jahre 1999 bis zu meiner Flucht, bei der Baufirma R., im Ort L., in der Gemeinde Prizren gelegen, beschäftigt. Während dieser Berufsausübung war ich in verschiedenen Orten beschäftigt.

 

Im Jahre 2003, während des Ramadan Monates, fuhr ich, gegen 16.30 Uhr, mit meinem Personenauto, vom Ort T., in der Gemeinde G. gelegen, in Richtung meines Heimatortes. Die Straße von T. nach S. führt auch über den Ort D.. Im Ort D. gab mir eine "Autostopperin" durch Handzeichen zu verstehen, dass sie den Wunsch hatte, mitgenommen zu werden. Ich hielt mein Auto an. Die etwa vierzigjährige Frau stieg in mein Auto. Ich fragte die Frau, wohin sie gefahren werden wollte. Sie sagte, dass sie nach S. gelangen wollte. Ich fuhr nach S.. Am Ortsrand von S. sagte die Frau, dass sie aussteigen wolle. Ich hielt mein Auto an. Die Frau stieg, am Ortsrand von S., aus meinem Auto. Ich fuhr nach Hause. Die Frau sprach Albanisch. Ich war mit einem Personenauto unterwegs. Ich besitze dieses Auto immer noch. Das Auto befindet sich im Haus meiner Familie in meinem Heimatort. Das Kennzeichen des Autos ist mir nicht in Erinnerung. Ich praktiziere meine moslemische Religion nicht. Ich weiß deshalb nicht, in welchem Monat das Ramadan Fest abgehalten wird und weiß des- halb nicht, wann das Bajram Fest abgehalten wird. Dass zum Beispiel der Fastenmonat Ramadan war, oder dass zum Beispiel das Bajram Fest abgehalten wurde, sah ich aus den Verhaltensweisen meiner Angehörigen, die diese moslemischen Feste praktizieren und beachten. Im Jahre 2003, vier oder fünf Tage vor dem Bajram Fest, hörte ich, an einem Abend, in einem Lebensmittelgeschäft, in meinem Heimatort, aus Erzählungen von Leuten, aus meinem Heimatort, dass eine Frau, aus meinem Heimatort, einen oder zwei Tage vor her, im Haus ihrer Familie, in S., ihren Gatten umgebracht hatte. In meinem Heimatort wohnen nur Angehörige der albanischen Volksgruppe. Ich kenne nahezu alle Männer in meinem Heimatort. Von den Frauen kenne ich nur wenige. Das hängt damit zusammen, dass die Frauen, in ländlichen Gebieten, in meiner Heimat, gemäß den albanischen Traditionen, ihre Häuser oder Wohnungen selten verlassen. Zur Zeit der Erzählungen in dem Lebensmittelgeschäft, wußte ich nicht, dass es sich bei der Frau, die ich als "Autostopperin" mitgenommen hatte, um jene Frau handelte, die ihren Mann umgebracht hatte.

 

Am 10.4.2004 erschien ein Kosovoalbaner namens Q. B., nämlich, der Sohn des Onkels des erwähnten, von seiner Frau ermordeten Mannes, im Haus meiner Familie. Ich kenne Q. B. vom Sehen her. Ich kannte den von seiner Gattin ermordeten Mann ebenso vom Sehen her. Als Q. B., wie erwähnt, am 10.4.2004, im Haus meiner Familie erschien, war ich nicht zu Hause. Ich war zu dieser Zeit in meiner Arbeit. Damals war mein Vater zu Hause. Q. B. sagte zu meinem Vater, dass ich bei der Familie des von seiner Frau Ermordeten erscheinen solle, denn diese Familie "hätte mit mir zu tun". Q. B. entfernte sich. An diesem Tag, noch bevor ich von der Arbeit nach Hause gekommen war, begab sich mein Vater zur Familie des von seiner Frau ermordeten Mannes im Heimatort. Mein Vater fragte dort, "was los sei". Diese Familie sagte zu meinem Vater: "Dein Sohn hat diese Feindin zu uns gebracht, obwohl wir diese aus dem Haus vertrieben haben. Dein Sohn hat das absichtlich getan, damit sie ihren Mann umbringen kann. Wir wollen Rache nehmen und werden deinen Sohn umbringen". Mein Vater sagte:

"Ich habe keine Kenntnis von solchen Sachverhalten. Ich werde meinen Sohn fragen, ob er die Frau damals mitgenommen hatte". Mein Vater ging nach Hause. Mein Vater erzählte mir von diesen Begebenheiten als ich gegen Abend dieses Tages von der Arbeit nach Hause kam. Ich erzählte meinem Vater, dass ich die "Autostopperin" damals mitgenommen hatte und dass ich mit der Sache nichts zu tun hatte. Mein Vater fragte mich, aus welchen Gründen ich die Frau mitgenommen hatte. Ich sagte, dass ich der "Autostopperin", die am Straßenrand stand, und die durch Handzeichen zu verstehen gab, dass sie mitgenommen werden wollte, helfen wollte und dass ich die Frau deshalb mitgenommen hatte. Nachdem mir mein Vater Vorgenanntes erzählt hatte, hatte ich Todesangst. Ich hatte, wie erwähnt, mit der Angelegenheit nichts zu tun. Das ändert aber nichts daran, dass die Familie des erwähnten, von seiner Frau ermordeten Mannes, glaubt, dass ich die Frau zu ihnen gebracht hatte. Ich begab mich am Abend des 10.4.2004 in den Ort C., in der Gemeinde Malisheve gelegen, zu meiner Tante mütterlicherseits. Dort wohnte ich bis 15.10.2005. Von dort habe ich meine Flucht angetreten. Vom Ort C. aus bin ich weiterhin zur Arbeit gefahren. Ich arbeitete gemeinsam mit dem Sohn meiner erwähnten Tante und habe die Wege zur Arbeit und von der Arbeit immer in dessen Begleitung zurückgelegt. Deshalb wurde ich nicht angegriffen.

 

Mein Vater hatte bei seiner erwähnten Vorsprache bei der genannten Familie, am 10.4.2004, erfahren, dass die erwähnte Frau inhaftiert worden ist. Näheres hinsichtlich der Zeit der Inhaftierung oder bezüglich des Ortes der Inhaftierung wurde meinem Vater damals nicht gesagt und weiß ich auch nicht.

 

Ich weiß nicht, wie die Frau, die ich als "Autostopperin" mitgenommen hatte, heißt. Der Mann, der von dieser Frau umgebracht worden ist, hieß S. B. und war etwa vierzig Jahre alt. Die Familie dieses Mannes, allesamt Kosovoalbaner, und Moslems, die in meinem Heimatort wohnt, besteht aus:

 

Dessen Vater, namens S. B., etwa 70 Jahre alt. Dessen Mutter, deren Name mir nicht bekannt ist. Dessen sechs Kinder (Gemeint sind die Kinder des Ermordeten), deren Namen mir nicht bekannt sind. Dessen Brüder, die B. heißen, deren Vornamen und Alter ich nicht weiß. Und die Frauen und Kinder der Brüder des Ermordeten.

 

Mein Vater sagte mir am 10.4.2004, dass er damals, im Haus der Familie des von seiner Frau ermordeten Mannes, mit dem Vater dieses Mannes gesprochen hatte.

 

Am 5.10.2005 erzählte mir der erwähnte Sohn meiner Tante, nämlich, mein Arbeitskollege, dass er zwei Brüder des genannten, von seiner Frau ermordeten Mannes, im Ort C., gesehen hatte. Dies bedeutete für mich höchste Gefahr. Dies bedeutete für mich höchste Lebensgefahr. Es bestand für mich nun die akute Gefahr, von diesen Männern, aus genannten Gründen, umgebracht zu werden. Ich hatte nur einen Ausweg, nämlich, die Flucht. Von meiner Tante wurde mir geraten, sofort zu fliehen.

 

Ich habe über diese Begebenheiten, bzw. über die meiner Person drohenden Gefahren, keine Anzeige bei der Polizei erstattet, weil:

 

Die Polizei würde sich zum Vater bzw. zu den Brüdern des genannten, von seiner Frau ermordeten Mannes, begeben. Diese Männer würden den Polizisten sagen, dass "sie nichts gegen mich hätten". Die Polizisten würden ihre Ermittlungen einstellen. Diese Männer würden "noch mehr wütend" auf mich werden, würden mich suchen, finden, und ermorden. Im Kosovo ist allgemein bekannt, dass Menschen, die wegen Drohungen inhaftiert waren, nach deren Freilassung ihre Drohungen wahr gemacht haben, nämlich, die bedrohten umgebracht hatten.

 

Im Jahre 2002 ist ein Angehörige der albanischen Volksgruppe, im Ort C., von einem Angehörigen der albanischen Volksgruppe, in Ausübung der Blutrache, deren Ursprung achtzig Jahre zurück liegt, umgebracht worden. Die Polizei konnte den Ermordeten nicht schützen.

 

Im Falle einer Rückkehr in den Kosovo würde ich, aus erwähnten Gründen, von den genannten Angehörigen, des von seiner Frau ermordeten Mannes, umgebracht werden.

 

Im Kosovo gibt es die staatlichen Gesetze und gibt es das Gesetz des Lek Dugagjini, den sogenannten Kanun. Aufgrund der in diesem Gesetz bzw. in diesen Traditionen festgelegten Blutrache, würde ich, im erwähnten Sinne, umgebracht werden, da Blut nur mit Blut "bezahlt" werden kann.

 

Seit meiner Ankunft in Österreich "jettete" ich etwa zweimal monatlich, über Internet, mit meiner Schwester namens M., die in meinem Heimatort im Kosovo wohnt. Ebenso schreiben uns meine erwähnte Schwester und ich seit meiner Ankunft in Österreich E-Mails. Mit dem Begriff zweimal monatlich meine ich, etwa je einmal im Monat "Internetjetten" und je ein mal im Monat das Schreiben von E-Mails. Das letzte Mal hatte ich auf erwähnte Art und Weise am 1. Mai 2006 solch einen Internet bzw. E-Mail Kontakt mit meiner Schwester. Ich hatte diese Kontakte von einem Internet Cafe in W. aus.

 

Aus einem der genannten E-Mails von meiner Schwester, vom 5. Jänner 2006, geht hervor, dass der ermordete Ehemann, eine andere Frau liebte, diese heiraten wollte, und dass er aus diesen Gründen seine Ehefrau aus dem Haus vertrieben hatte.

 

Die anderen E-Mails bzw. der Inhalt des "Internetjettens" sind nur privater Natur. Ich kann das genannte E-Mail, vom 5. Jänner 2006, dem Bundesasylamt nicht vorlegen, weil ich dieses löschen mußte, weil das Gerät, bei Erreichen eine bestimmten Speicherkapazität, dies so anordnet.

 

Ich werde versuchen, meine Schwester zu ersuchen, meiner Person einen Ausdruck dieses E-Mails, vom 5. Jänner 2005, sofern meine Schwester dieses ausgedruckt hat, vorzulegen. Sollte ich von meiner Schwester diesen Ausdruck erhalten, werde ich diesen dem Bundesasylamt vorlegen.

 

Ich unterschreibe eine Zustimmungserklärung, dass vom Bundesasylamt über den Verbindungsbeamten bei der österreichischen Botschaft in Pristina, zur Verifizierung meiner Angaben vor der Asylbehörde, Erhebungen getätigt werden, nicht, weil ich Angst habe, dass durch solche Ermittlungen, der Polizei im Kosovo und den erwähnten Männern, von denen mir Gefahr droht, bekannt wird, dass ich mich in Österreich aufhalte, und dass auch meinen Angehörigen im Kosovo, seitens dieser Männer, Gefahr droht."

 

Mit erstinstanzlichem Bescheid vom 05.10.2005, Zahl: 05 17.793-BAT, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien und Montenegro "Provinz Kosovo" gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.) sowie der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien, "Provinz Kosovo", ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung wurde dieser Bescheid behoben und die Angelegenheit mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 18.04.2008, Zl. 306.729-C1/9E-XIX/63/06, gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

 

Es erfolgte eine neuerliche Einvernahme durch das Bundesasylamt am 28.05.2008:

 

"Anmerkung: Der anwesende Dolmetscher wird durch mündlich verkündeten Bescheid gem. § 52 Abs. 4 AVG bestellt und beeidet.

 

Ich nehme erneut zur Kenntnis, dass ich verpflichtet bin die Wahrheit zu sagen und ich an der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes mitwirken muss. Die anwesenden Personen wurden mir namentlich und mit deren Funktion vorgestellt. Ich fühle mich in der Lage, heute Angaben zum Asylverfahren zu machen. Die Verständigung mit dem Dolmetscher ist gut.

 

F: Haben sie bei ihrer Einvernahme vor der Erstaufnahmestelle Ost, sowie beim Bundesasylamt Außenstelle Traiskirchen, die wahren Angaben gemacht und alle ihre Fluchtgründe genannt?

 

A: Ich habe immer die Wahrheit gesagt und über meine Probleme gesprochen.

 

F: Können sie Personaldokumente vorlegen?

 

A: Nein.

 

F: Welche Dokumente haben sie je besessen und wo befinden sich diese?

 

A: Einen Personalausweis, sowie einen Führerschein, die sich im Landesgericht befinden, und einen UNMIK Reisepass, den ich in Mazedonien verloren habe.

 

F: Wo waren sie zuletzt, in ihrem Heimatland, regelmäßig aufhältig?

 

A: Ich komme aus S., das ist ein Dorf, die Gemeinde heißt Malisheve, aber zuletzt habe ich bei meiner Tante in C., auch Gemeinde Malisheve, gewohnt, da ich Probleme hatte.

 

Ich habe bei meiner Tante sieben oder acht Monate gewohnt. Ab und zu bin ich auch nach Hause gegangen um die Kinder zu besuchen.

 

F: Von wann bis wann haben sie bei ihrer Tante gewohnt. Bitte geben sie ein Datum an.

 

A: Von Februar 2005 bis Mitte September 2005 war ich bei meiner Tante aufhältig.

 

F: Wo haben sie davor gewohnt?

 

A: Im Heimatdorf S.. Ich habe dort von meiner Geburt an bis zum Februar 2005 gewohnt. Ich war auch in Deutschland.

 

Das war 1997 bis 1999 bis ich freiwillig in den Kosovo zurückgekehrt bin.

 

F: Was hat sie dazu veranlasst nach Deutschland zu gehen?

 

A: Damals hatte ich Problem mit den Serben, so wie alle anderen.

 

F: Von welcher Wohnaderesse aus haben sie ihre Ausreise angetreten?

 

A: Von meiner Tante aus.

 

F: Mit wem haben sie dort, in ihrem Heimatdorf, gewohnt?

 

A: Mit meiner Familie, konkret aus meinen Eltern, meinen beiden Schwestern und Brüdern. Und meine Gattin. Auf Nachfrage gebe ich an, dass auch meine beiden Kinder dort gewohnt haben.

 

Mit meiner Gattin bin ich nicht standesamtlich verheiratet.

 

F: Befinden sich die eben erwähnten Angehörigen noch immer an der genannten Adresse?

 

A: Ja.

 

F: Wie waren ihre Lebensumstände?

 

A: Ich habe regelmäßig, mein Vater gelegentlich gearbeitet. Ich würde sie mittel beschreiben.

 

F: Wovon haben sie zuletzt gelebt?

 

A: Von meiner Arbeit, ich habe die ganze Zeit gearbeitet.

 

F: Welchen Beruf haben sie erlernt?

 

A: Ich kann viele Berufe. Da es keine Berufsschule gibt, habe ich die Berufe nur erlernt.

 

F: Waren sie in Haft oder sonst inhaftiert?

 

A: Ich befinde mich gegenwärtig in Haft. Wie lange ich noch in Haft bin, weiß ich nicht. Am 16.06.2008 habe ich eine Verhandlung.

 

Ich befinde mich derzeit in U-Haft.

 

F: Welche Tat wird ihnen zur Last gelegt?

 

A: Man wirft mir vor, dass ich auf der Mariahilferstrasse einen Raubüberfall begangen habe. Aber ich bin unschuldig.

 

F: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder sonstigen Gruppierung?

 

A: Ich war Mitglied der AAK.

 

F: Was waren die Gründe dafür, dass sie ihr Heimatland verlassen haben?

 

A: Ich habe das einmal erzählt. Muss ich das noch einmal erzählen?

 

Anmerkung: Dem ASt. wird die Vorgehensweise erklärt, insbesondere dass sein erster Bescheid vom UBAS behoben wurde, und es erforderlich ist, sein Vorbringen nochmals vorzutragen.

 

A: Ich hatte ein Problem, ich hatte einer Frau geholfen. Als ich unterwegs von der Arbeit nach Hause war, mit dem Auto, sah ich auf der Straße plötzlich eine Frau. Sie wollte per Autostopp mitfahren. Ich habe sie dann bis in das Dorf gebracht. Ich meine damit mein Heimatdorf S.. Sie hat irgendwelche eigene Probleme mit ihren Gatten gehabt. Sie hat ihren Mann umgebracht.

 

Jemand hat sie gesehen als sie von meinem Auto ausgestiegen ist. Ich habe sie nicht gekannt, ich habe sie nur mit dem Auto mitgenommen. Die Brüder des Mannes der Frau, sind zu meinem Vater gegangen und haben sie zu ihm gesagt, dass wir ein Blut schulden, da ich der Frau geholfen habe, dessen Bruder zu ermorden. Deswegen bin ich geflüchtet.

 

F: Wann hat sich diese Tat ereignet?

 

A: Das war früher, 2003.

 

F: War dieser Mord, bevor sie diese Frau mitgenommen habe oder danach?

 

A: Nachdem ich sie mitgenommen hatte. Aber am selben Tag.

 

F: Können sie ein konkretes Datum für den Mord angeben?

 

A: Ich bin mir nicht sicher, aber es war zwischen dem 19 und 23.

 

F: Sind sie jemals konkret bedroht worden?

 

A: Nein. Ich hatte nie Probleme, und das Haus dieser Familie befindet sich weiter entfernt.

 

F: Wenn sie nicht persönlich bedroht wurden, weshalb haben sie dann ihr Heimatland verlassen?

 

A: Weil sie haben gedacht, dass ich der Frau geholfen habe, ihren Bruder umzubringen und sie haben gesagt, dass wir ein Blut schulden.

 

F: Wer hat das zu wem gesagt?

 

A: Q. B. hat das meinem Vater gesagt.

 

F: In welchem Verhältnis steht dieser Q. zur Familie des ermordeten?

 

A: Entweder ist das ein Cousin oder ein Verwandter.

 

F: Woraus schließen sie das?

 

A: Weil er zu uns gekommen ist und uns das mitgeteilt hat.

 

F: Warum haben sie dann bei ihrer letzten Einvernahme angegeben, dass sie nicht wussten, bei wem es sich um diese Person handelt?

 

A: Genau weiß ich das nicht.

 

F: Bei welcher Gelegenheit?

 

A: Im Februar 2005 hat er das zu meinem Vater gesagt.

 

Frage wird wiederholt.

 

A: Er kam zu uns nach Hause und hat das meinem Vater gesagt.

 

F: Warum hat er sich dafür eineinhalb Jahre Zeit gelassen?

 

A: Ich habe gedacht, dass wir das Problem lösen könnten, aber sie wollten nichts davon hören.

 

Frage wird wiederholt.

 

A: Ich habe gedacht, dass wir dieses Problem lösen könnten, aber sie haben nichts verstanden es gab keine Einigung. Deswegen musste ich flüchten.

 

Frage wird wiederholt.

 

A: Ich weiß es nicht, ich bin nicht dort hin gegangen und habe sie gefragt, was sie gedacht haben weiß ich nicht.

 

F: Bei ihren ersten beiden Einvernahmen haben sie angegeben, dass ihr Vater zur Familie des ermordeten gegangen wäre. Jetzt sagen sie, dass Angehörige der Familie des ermordeten zu ihnen gekommen wären. Was stimmt jetzt.

 

A: Die sind zu uns gekommen, ich habe nicht gewusst, dass so was passieren kann, dass man jemanden umbringen kann.

 

F: Warum haben sie bei ihren ersten beiden Einvernahmen etwas anderes angegeben?

 

A: Ich weiß nicht, wo der Unterschied ist.

 

Anmerkung: Dem ASt. wird der Unterschied erklärt.

 

A: Warum sollten wir zu der Familie gehen, wird haben nicht gewusst, das wir das Problem haben. Ich weiß es nicht. Sie sind zu uns gekommen und haben über das Problem gesprochen.

 

F: Ist ihnen eigentlich bewusst, dass der Fall den sie mir schildern, von der Blutrache nicht betroffen ist?

 

A: Ja, aber die Familie denkt, dass ich geholfen habe.

 

F: Ist Ihnen weiters bewusst, dass sie sich durch eine Flucht ins Ausland der Blutrache nicht entziehen können?

 

A: Ich muss mich vorläufig irgendwo verstecken, bis es eine Einigung mit der Familie gibt.

 

F: Vom Tag der Tat 2003 bis zum Februar 2005 sind sie in keiner Weise bedroht worden. Ist das richtig?

 

A: Ich weiß es nicht, es ist nichts passiert. Ich weiß nicht, was sie gedacht haben.

 

F: Bei ihren letzten Einvernahmen haben sie angegeben, dass die Zusammenkunft ihres Vaters und der Familie des ermordeten am 10.04.2004 passiert sei. Jetzt sagen sie mir dass es sich im Februar 2005 zugetragen hätte, was stimmt jetzt?

 

A: Der Dolmetscher damals war aus Albanien und weiß nicht, was der übersetzt hat. Den Dolmetscher heute verstehe ich besser.

 

F: Von wo genau haben sie die Autofahrt angetreten und sind wohin gefahren?

 

A: Ich fuhr von T. über D. nach S.. Ich fuhr von der Arbeit nach Hause. Im Dorf D. nahm ich die Frau mit.

 

F: Wo hat die Frau, die sie mitnahmen, gewohnt?

 

A: Sie hat in S. gewohnt, sie hat sechs Kinder gehabt. Aber später hat sie bei ihren Brüdern gewohnt. Warum sie den Mann umgebracht hat weiß ich nicht.

 

F: War sie mit dem Mann den sie umbrachte verheiratet?

 

A: Ja.

 

F: Ist die Frau verurteilt worden?

 

A: Ja. Welches Urteil sie erhielt weiß ich nicht.

 

F: Wo hat sie diesen Mann umgebracht?

 

A: Zu Hause im Hof des Hauses im Dorf S..

 

F: Was hat die Frau in D. gemacht?

 

A: Ich weiß es nicht, sie war zu Fuß auf der Straße unterwegs.

 

F: Wie weit ist D. von S. entfernt?

 

A: 3,7 Kilometer.

 

F: Haben sie die Frau gekannt, sie stammt immerhin aus ihrem Heimatdorf?

 

A: Nein, ich habe sie nicht gekannt.

 

F: Wie alt war die Frau?

 

A: Vierzig bis dreiundvierzig.

 

F: Wie alt sind sie?

 

A: Achtundzwanzig.

 

F: Da wollen sie mir tatsächlich erzählen, dass sie die Frau nicht gekannt haben?

 

A: Ich habe sie nicht gekannt.

 

F: Wie heißt die Frau?

 

A: Das weiß ich nicht. Als der Q. zu meinem Vater gekommen ist, hat er das gesagt.

 

F: Dann müsste sie aber jetzt im Nachhinein wissen wie sie heißt?

 

A: Ich weiß es nicht.

 

Anmerkung: Dem ASt. wird eine Zustimmungserklärung zur Recherche in seinem Heimatland durch einen VB der ÖB vorgelegt und von diesem unterfertigt.

 

F: Bei ihrer letzten Einvernahme habe sie die Zustimmung verweigert, weshalb?

 

A: Ich habe den Dolmetscher nicht verstanden.

 

F: Sie haben die Zustimmung zur Recherche mit dem Argument verweigert, dass ihre Familie durch die Recherche möglichen Repressalien ausgesetzt werden könnte und die Familie, von der die angebliche Gefahr ausgehen soll erfahren könnte, dass sie sich in Österreich aufhalten. Daraus geht sehr wohl hervor, dass sie verstanden haben, was ihnen mitgeteilt worden ist.

 

A: Ich wollte sagen, dass die Familie nicht weiß dass ich in Österreich bin, den ganzen Inhalt habe ich sowieso nicht verstanden.

 

F: Wenn sie den Inhalt nicht verstanden hätten, hätten sie nicht die eben erwähnte Antwort gegeben.

 

A: Ich habe nicht detailliert verstanden.

 

F: Wie hießen der ermordete und dessen Vater?

 

A: Der ermordete hieß S. und dessen Vater S. B..

 

F: Wo haben die gewohnt?

 

A: In S.. Ich weiß aber nicht, ob der Vater noch lebt.

 

F: Die Frau wohnte auch mit ihrem Gatten in S.?

 

A: Ja.

 

F: Wie ist diese Frau von S. nach D. gekommen?

 

A: Sie war zu Fuß unterwegs auf der Straße nach D.. Sie war zu Besuch in D. bei ihrer Familie. Wie sie von D. nach D. gekommen ist weiß ich nicht.

 

F: Hat diese Frau bei der Familie ihres Gatten gewohnt?

 

A: Ja. Sie hatten sechs Kinder und habe ich gehört, dass sie Probleme hatten. Auch hatte ich gehört, dass ihr Gatte sie nicht mehr wollte. Sie wollte aber bleiben.

 

F: Wenn sie bleiben wollte wäre es aber widersinnig, wenn sie ihren Gatten ermorden würde?

 

A: Ja, aber er hat sie nicht mehr akzeptiert und sie hat ihn wahrscheinlich umgebracht deswegen.

 

F: Sie haben in S. gewohnt, die Frau hat bei der Familie ihres Gatten ebenfalls in S. gewohnt. Es ist mir nicht begreiflich, wie ihnen hier eine wie auch immer geartete Mittäterschaft unterstellt hätte werden sollen, da alle Beteiligte in der selben Ortschaft wohnten und sie, wie auch die Frau auf dem Nachhause weg waren.

 

A: Die beiden hatten schon früher Probleme. Als ich die Frau mitnahm, hat sie ihren Gatten umgebracht und mir unterstellt, dass ich sie unterstützt hätte.

 

F: Aber sie hat doch dort gewohnt und sie auch.

 

A: Das ist nicht so wie in Österreich, es bleiben dort alle Frauen zu Hause.

 

Frage wird wiederholt.

 

A: In Österreich habe Frauen alle Rechte, bei uns müssen die Frauen bei den Kindern zu Hause bleiben, sie darf nicht arbeiten gehen.

 

Frage wird wiederholt

 

A: Ich hatte zu Hause alles. Ich habe auch in Österreich eine Firma gehabt.

 

F: Selbst wenn man ihnen auch künstlich eine Mittäterschaft unterstellt hätte, wäre das von ihnen geschilderte Vorgehen kein Grund für eine Blutrache.

 

A: Bei uns im Dorf gibt es die Blutrache. Das was mit passiert ist, habe ich gesagt. Umsonst verlässt man nicht die Familie um hier alleine zu bleiben. Meine Tochter geht bald in die Schule.

 

F: Wie heißt ihr Vater?

 

A: R., meine Mutter R., meine Gattin M. und meine Kinder F. und F..

 

F: Haben Sie in Österreich strafbare Handlungen begangen, wurden Sie diesbezüglich angezeigt oder verurteilt?

 

A: Ich habe nichts gemacht, ich muss nur aussagen.

 

F: Gehen sie in Österreich einer Beschäftigung nach?

 

A: Nein.

 

F: Wovon leben sie?

 

A: Momentan arbeite ich, ich habe meine eigene Firma.

 

F: Sind sie verheiratet oder haben sie sonstige Kontakte in Österreich?

 

A: Nein.

 

F: Sind sie Mitglied in einem Verein, einer religiösen Verbindung od. sonstigen Gruppierung?

 

A: Nein.

 

Dem ASt. wird folgendes mitgeteilt:

 

Allgemeine Lage Politik/Wahlen

 

Die Deklaration der Unabhängigkeit des Kosovo wurde von 109 der insgesamt 120 Abgeordneten, welche persönlich aufgerufen wurden, unterschrieben. Zehn serbische Abgeordnete und ein Abgeordneter von GIG (Goraner) blieben der Sitzung fern. (VB Pristina, Lagebild Kosovo 21.02.2008)

 

Der unabhängige Kosovo wird dem Frieden und der Stabilität verpflichtet sein. Die Nation des Kosovo wird auf Grundlage des Ahtisaari-Plans geschaffen. Der Kosovo ist eine demokratische, laizistische und multiethnische Gesellschaft, der die Anwesenheit internationaler ziviler und militärischer Vertreter akzeptiere. (derStandard.at, Unabhängigkeitserklärung: "Dem Frieden verpflichtet", 18. Feb. 2008) Mit der Unabhängigkeit übernimmt der Kosovo die internationalen Verpflichtungen, stellt die Sicherheit der Grenzen mit den Nachbarländern sicher, verbietet die Anwendung von Gewalt, um Differenzen beizulegen, wird in der Erklärung betont, die auch den Willen des Kosovo ausdrückt, gutnachbarschaftliche Beziehungen mit den Ländern der Region zu unterhalten. Zudem solle der Schutz des kulturellen und religiösen Erbes garantiert werden, heißt es in Anspielung auf die serbische Minderheit im Lande. (derStandard.at, Unabhängigkeitserklärung: "Dem Frieden verpflichtet", 18. Feb. 2008)

 

Bisher haben etwa dreißig internationale Staaten den Kosovo als eigenständige Republik anerkannt. Darunter befinden sich Staaten wie Österreich, die USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Türkei und Slowenien. (VB Pristina, Lagebild Kosovo, 05.03.2008)

 

Die Situation im Kosovo verbesserte sich zusätzlich, nachdem die am 17.02.08 ausgerufene Unabhängigkeit von weit verbreiteten Feiern und meist friedlich verlaufenden Protesten in den serbischen Enklaven begleitet war. (New CrisisWatch bulletin from the International Crisis Group, 01.03.2008)

 

Im Kosovo ist die kurze öffentliche Debatte über den Verfassungsentwurf abgeschlossen worden. Die Verfassung wurde im Einklang mit den Vorgaben von UNO-Chefvermittler Martti Ahtisaari zur "überwachten" Unabhängigkeit des Kosovo ausgearbeitet. Die Republik Kosovo wird im Verfassungsentwurf als "unabhängiger, souveräner, demokratischer, einheitlicher und unveräußerlicher Staat aller seiner Bürger" definiert. "Der Kosovo erhebt weder Gebietsansprüche auf irgendeinen Staat oder Staatsteil noch wird er Vereinigung mit irgendeinem Staat oder Staatsteil fordern", steht im ersten Absatz des Verfassungsentwurfes in Anspielung auf die verbreitete Furcht vor einem "Großalbanien". Der Kosovo sei eine multiethnische Gesellschaft, die auf demokratische Weise verwaltet werde. Albanisch und Serbisch seien die Amtssprachen, auf Kommunalebene stünden auch die türkische, bosniakische und die Roma-Sprache entsprechend den gesetzlichen Regelungen im Gebrauch. (derStandard.at, Verfassungsdebatte abgeschlossen, 06.03.2008)

 

Die kosovarische Staatsbürgerschaft sollen nach dem Buchstaben der Verfassung alle Bürger der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien erhalten, die am 1. Jänner 1989 ihren ständigen Wohnsitz im Kosovo hatten. Somit können auch die 150.000 Serben, die beim Abzug jugoslawischer Truppen im Juni 1999 aus dem Kosovo geflüchtet waren, um den Pass des neuen Staates ansuchen. (derStandard.at, Verfassungsdebatte abgeschlossen, 06.03.2008) Am 17. November 2007 fanden Parlaments-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen statt. Überschattet wurden die Wahlen durch den Druck aus Zentralserbien auf Kandidaten der Kosovo-Serben, auf eine Kandidatur zu verzichten, aber auch durch die stockenden Verhandlungen zum Status des Kosovo. 120 Sitze im Parlament, davon sind 20 Sitze für Minderheiten reserviert, standen zur Disposition. Es gibt eine fünf Prozent Klausel für den Einzug in das Parlament, was zahlreiche kleinere Parteien zu einer gemeinsamen LISTE mit Großparteien veranlasste. (ÖB Pristina, Kosovo Wahl 2007 Kurzbericht, 18.11.2007)

 

Der designierte Ministerpräsident des Kosovo und Chef der Demokratischen Partei (PDK), Hashim Thaci, hat am Montagabend mit der Demokratischen Liga (LDK) von Präsident Fatmir Sejdiu eine Einigung über eine Regierungskoalition erreicht. Der Koalitionsvertrag dürfte laut der Nachrichtenagentur Kosovapress am Mittwoch unterzeichnet werden. Sejdiu bleibt demnach in seinem derzeitigen Amt. (Die Presse.com, Kosovo: Koalition unter Wahlsieger Thaci steht, 25.12.2007)

 

Die PDK wird in der neuen Regierung sieben Minister stellen, die LDK fünf. Drei Ministerposten sollen den Minderheiten zufallen, davon zwei der serbischen. Bei der jüngsten Wahl am 17. November sicherte sich die PDK 37 und die LDK 25 der 120 Parlamentssitze. 20 Sitze im Parlament waren den Minderheiten vorbehalten. Damit löste die bisher stärkste Oppositionspartei des früheren Kommandanten der Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) Thaci die von dem verstorbenen Ex-Präsidenten Ibrahim Rugova gegründete LDK als führende politische Kraft im Kosovo ab. Die konstituierende Parlamentssitzung muss bis zum 5. Jänner abgehalten werden. (Die Presse.com, Kosovo: Koalition unter Wahlsieger Thaci steht, 25.12.2007)

 

Oppositionelle Betätigung

 

Die Betätigungsmöglichkeiten für die politische Opposition sind uneingeschränkt. (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (KOSOVO), Nov. 2007) Kurz aber dafür umso heftiger tobte im Kosovo der Kampf um die Stimmen für die Parlaments- und Kommunalwahlen am Samstag. 65 Parteien und Gruppen haben sich bei der Wahlkommission des seit 1999 international verwalteten Kosovo registrieren lassen - darunter trotz eines Boykott-Aufrufs Belgrads - acht serbische Parteien. (Die Presse.com, Wahl: Im Kosovo tobt Kampf um Stimmen, 16.11.2007) 1,4 Mio. Kosovaren sind wahlberechtigt. Es gibt 96 Wahllisten mit 7921 Kandidaten. (Die Presse.com, Wahl: Im Kosovo tobt Kampf um Stimmen, 16.11.2007)

 

Unabhängigkeit des Kosovo

 

Der Kosovo erklärte am 17.02.2008 seine Unabhängigkeit. Diese Erklärung wurde von 109 der insgesamt 120 Abgeordneten, welche persönlich aufgerufen wurden, unters

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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