S11 400.990-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichterin über die Beschwerde des R.A., geb. 00.00.1992, alias R.A., geb. 00.00.1985, StA. Russische Föderation, vertreten durch Rechtsberaterin Mag. Julia KUX, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.07.2008, FZ. 08 04.936 - EAST Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 und 10 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Behörde ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt. Der nunmehrige Beschwerdeführer reiste am 05.06.2008 illegal in Österreich ein. Er stellte am 05.06.2008 in der Erstaufnahmestelle Ost einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 06.06.2008 fand vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine Erstbefragung sowie am 11.06.2008 eine Einvernahme vor dem Bundesasylamt in Gegenwart eines Rechtsberaters als gesetzlicher Vertreter gemäß § 16 Abs. 3 AsylG statt.
Am 10.06.2008 richtete das Bundesasylamt aufgrund eines EURODAC-Treffers vom 17.05.2008 an die Slowakei ein Ersuchen um Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-Verordnung), welches am selben Tag elektronisch über DubliNET übermittelt wurde.
Am 12.06.2008 bestätigten der Beschwerdeführer, sowie der Rechtsberater, mit ihren Unterschriften den Erhalt der Mitteilung des Bundesasylamtes gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG vom 06.01.2008, wonach beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da Konsultationen mit der Slowakei geführt würden. Die Mitteilung über die Führung von Konsultationen wurde dem Beschwerdeführer sohin innerhalb der 20-Tagesfrist nach der Antragseinbringung, übermittelt.
Mit Schreiben vom 11.06.2008, eingelangt beim Bundesasylamt am 12.06.2008, stimmten die slowakischen Behörden der Übernahme des Beschwerdeführers zur Prüfung des Asylantrags gem. Art. 16 Abs. 1 lit. c der Dublin II-Verordnung zu, wobei sie auch bekanntgaben, dass der Beschwerdeführer den slowakischen Behörden gegenüber bei seiner Antragstellung auf internationalen Schutz am 17.05.2008 angegeben habe, dass er am 00.00.1985 geboren und somit volljährig sei.
Der nunmehrige Beschwerdeführer brachte im Verfahren folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt vor: Er sei mit Hilfe eines Schleppers am 10. oder 11.05.2008 von Moskau aus mit einem LKW ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein in die Slowakei gefahren, wo er am 17.05.2008 aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt wurde. Nach siebentägiger Anhaltung sei er in ein ihm unbekanntes Lager verbracht worden. Einen Asylantrag habe erstellen müssen, um die Schubhaft zu vermeiden. Am 04.06.2008 sei er mit dem Bus nach Bratislava gefahren und über die grüne Grenze illegal nach Österreich eingereist.
2. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 15.07.2008, Zl: 08 04.936-EAST Ost den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-Verordnung die Slowakei zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Slowakei ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung in die Slowakei zulässig sei.
Die Erstbehörde traf in diesem Bescheid Feststellungen zum slowakischen Asylverfahren, zur Praxis des Non-Refoulement-Schutzes, der Ausweisung sowie zur Versorgung von Asylwerbern in der Slowakei.
Beweiswürdigend wurde hervorgehoben, dass der Antragsteller den slowakischen Behörden gegenüber ein anderes Geburtsdatum angegeben habe, nachdem er bereits volljährig sei. Er habe keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht, dass er tatsächliche Gefahr liefe, in der Slowakei Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen wäre oder ihm eine Verletzung der in Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Dublin II Flüchtlinge hätten in der Slowakei Zugang zum normalen Asylverfahren. Familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich bestünden nicht. Lediglich in Spanien lebe ein Onkel des Beschwerdeführers, zu dem jedoch keine nähere Beziehung bestehe.
3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 07.08.2008 Beschwerde erhoben. Darin wird im Wesentlichen behauptet, durch die Abschiebung in die Slowakei einen Eingriff im Sinne der Art. 2, 3 und 8 EMRK bestünde, wobei jedoch nicht näher ausgeführt wird, worin diese Eingriffe bestehen.
Das Dublinverfahren sei überdies mangelhaft durchgeführt worden, da die Zuständigkeit der Slowakei lediglich auf Art. 16 Abs. 1 lit. c gestützt wurde, nicht jedoch auf Art. 6 leg. cit., der im Falle eines Minderjährigen anzuwenden sei.. Weiter sei die Anerkennungsrate in der Slowakei so niedrig, dass ein Eingriff in Art. 3 EMRK bestehe.
Die gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 12.08.2008 beim Asylgerichtshof ein.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.
2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
Mit Datum 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.
Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 weiterzuführen.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, in den jeweilig geltenden Fassungen nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der § 10 Abs. 3 und Abs. 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden. Die Dublin II-Verordnung ist eine Verordnung des Gemeinschaftsrechts im Anwendungsbereich der
1. Säule der Europäischen Union (vgl. Art. 63 EGV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebenso wenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.
2.1.1. Es ist daher zunächst zu überprüfen, welcher Mitgliedstaat nach den hierarchisch aufgebauten (Art. 5 Abs 1 Dublin II-Verordnung) Kriterien der Art. 6 bis 12 beziehungsweise 14 und Art. 15 Dublin II-Verordnung, beziehungsweise dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II-Verordnung zur inhaltlichen Prüfung zuständig ist.
2.1.1.1. Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass eine Zuständigkeit der Slowakei gemäß Art. 16 Abs. 1 lit c Dublin II-Verordnung kraft vorangegangener erster Asylantragstellung in der Europäischen Union gemäß Art 13 Dublin II-Verordnung besteht. Den Ausführungen in der Beschwerde konnte nicht gefolgt werden.
Die Zuständigkeitsprüfung nach Art. 6 bis 15 leg. cit. endet damit, dass der Erstantragsstaat kein Konsultationsverfahren mit einem anderen Mitgliedstaat einleitet. Damit fallen die Verpflichtungen des Art. 16 Abs. 1 leg. cit. auf den Erstantragstaat, im vorliegenden Fall also auf Slowenien.
Die Dublin II-Verordnung sieht bei Wiederaufnahmeersuchen (im Sinne von "take back") keine neuerliche Prüfung der zugrundeliegenden ersten Zuständigkeitsbestimmung vor (vgl. insbesondere die Formulierungen des Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 02. September 2003 (Durchführungsverordnung). Die beiden Verfahrensarten take charge und take back (Aufnahme und Wiederaufnahme) sind klar getrennt voneinander zu sehen. Sollte diese Trennung verlorengehen, wäre die der Dublin II-Verordnung zugrundeliegende Rechtssicherheit, eben dass der Beschwerdeführer im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens rasch und innerhalb kurzer Fristen in den schon feststehenden zuständigen Mitgliedstaat überstellt wird, gefährdet.
Wäre die Slowakei bereits von einer Minderjährigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen, hätte sich am Ergebnis nichts geändert, da sie sich zuerst nach Art. 6 2. Satz Dublin II-Verordnung für zuständig erklären hätte müssen, und der Beschwerdeführer dann nach einer Weiterreise nach Österreich wiederum nach Art. 16 Abs. 1 lit. c leg. cit. zurückgenommen hätte werden müssen. Eine Zuständigkeit Österreichs wäre somit in keinem Fall entstanden.
Da der Beschwerdeführer den slowakischen Behörden gegenüber ein anderes Geburtsdatum angab, nach welchem er bereits als volljährig anzusehen war, kann - unbeschadet der Frage nach der Glaubwürdigkeit des Vorbringens gegenüber den österreichischen Behörden - auch nicht von einer willkürlichen Vorgehensweise der slowakischen Behörden gesprochen werden, bei welcher unter Umständen auch ein Selbsteintrittsrecht Österreichs zu prüfen gewesen wäre.
Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben.
Unbestrittenermaßen ist im Asylverfahren des Beschwerdeführers noch keine Sachentscheidung in Polen gefallen.
2.1.1.2. Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II-Verordnung - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei.
2.1.2. Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11 festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II-Verordnung erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung zwingend geboten sei.
Die Judikatur des VwGH zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich richtigerweise an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-Verordnung). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/ Liebminger, Dublin II-Verordnung, K13. zu Art 19 Dublin II-Verordnung).
Weiterhin hatte der Asylgerichtshof folgende Umstände zu berücksichtigen:
Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen.
Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.
Der Verordnungsgeber der Dublin II-Verordnung, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II-Verordnung), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen hat, diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der menschenrechtskonformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei ausnahmsweiser Verletzung der EMRK bei Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine Überstellung nicht stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II-Verordnung umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren verbietet) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II-Verordnung, K8-K13. zu Art. 19).
Die allfällige Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftsrecht kann nur von den zuständigen gemeinschaftsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat festgestellt, dass der Rechtsschutz des Gemeinschafts-rechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (30.06.2005, Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).
Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs. 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Es trifft zwar ohne Zweifel zu, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann), und dies mitzubeachten ist (VwGH, 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949), dies kann aber nicht pauschal dazu führen, die vom Gesetzgeber - im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht - vorgenommene Wertung des § 5 Abs. 3 AsylG überhaupt für unbeachtlich zu erklären (dementsprechend in ihrer Undifferenziertheit verfehlt, Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, 225ff). Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in Bezug auf Drittstaaten wäre jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig.
2.1.2.1. Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK
Es leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Österreich. Die diesbezüglichen Ausführungen der Erstbehörde treffen zu, und ist in der Beschwerde auch nicht bestritten worden. Es liegen auch sonst keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer, vor (vgl. VfGH 26.02.2007, Zl 1802, 1803/06-11).
2.1.2.2. Kritik am slowakischen Asylwesen
Die aktuellen auf Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation beruhenden Feststellungen des Bundesasylamtes zur Slowakei, die in der erstinstanzlichen Einvernahme vorgehalten wurden, werden diesem Erkenntnis zugrunde gelegt.
Relevant wären im vorliegenden Zusammenhang schon bei einer Grobprüfung erkennbare grundsätzliche schwerwiegende Defizite im Asylverfahren des zuständigen Mitgliedstaates (also etwa:
grundsätzliche Ablehnung aller Asylanträge oder solcher bestimmter Staatsangehöriger oder Angehöriger bestimmter Ethnien; kein Schutz vor Verfolgung "Dritter", kein Rechtsmittelverfahren). Solche Mängel (die bei einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vorausgesetzt werden können, sondern zunächst einmal mit einer aktuellen individualisierten Darlegung des Antragstellers plausibel zu machen sind, dies im Sinne der Regelung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005) sind schon auf Basis der erstinstanzlichen Feststellungen nicht erkennbar und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden.
Im konkreten Fall läuft das Vorbringen des Beschwerdeführers darauf hinaus, dass von vorneherein und ohne jegliche konkrete Belege (die im Lichte des § 5 Abs 3 AsylG und der zum Zeitpunkt des EU-Beitrittes erfolgten normativen Vergewisserung über die "Sicherheit" der neu beitretenden Mitgliedstaaten - wenn sie nicht notorisch sind - aber vom Asylwerber vorzulegen sind und diesfalls nicht eine explorative Erhebungsverpflichtung der Asylbehörden im Sinn eines Erkundungsbeweises besteht) aus der aktuellen Asylpraxis in der Slowakei vorweisen zu können, die Annahme gerechtfertigt wäre, dass alle Asylverfahren in der Slowakei die europäischen Menschenrechtsstandards qualifiziert unterschreiten. Wäre dies aber der Fall, würden die gemeinschaftsrechtlich zuständigen europäischen Organe verpflichtet sein, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Slowakei einzuleiten, da diese so nicht Mitglied der EU, als auch einer dem Menschenrechtsschutz verpflichteten europäischen Wertegemeinschaft, sein dürfte. Für eine derartige Sichtweise bestehen aus Sicht des Asylgerichtshofes aber keine Anhaltspunkte.
2.1.2.3. Medizinische Krankheitszustände; Behandlung in der Slowakei
Im vorliegenden Fall wurde vom Beschwerdeführer keine schwere psychische Krankheit belegt oder behauptet, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Asylgerichtshofes. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf einen aktuellen existenzbedrohenden Zustand ersichtlich.
Zusammengefasst stellt daher eine Überstellung des Beschwerdeführers in die Slowakei keinesfalls eine Verletzung der Art. 3 und 8 EMRK und somit auch keinen Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes Österreichs nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung dar.
2.1.3. Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidung war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse und rechtlichen Würdigung der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung zu bestätigen.
2.2. Spruchpunkt II:
Die Erwägungen der Erstbehörde zu Spruchpunkt II waren vollinhaltlich zu übernehmen. Auch im Beschwerdeverfahren sind keine Hinweise hervorgekommen, die eine Aussetzung der Überstellung in die Slowakei in Vollzug der Ausweisung aus Österreich erforderlich erschienen ließen. Diese erweist sich daher bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt als zulässig.
2.3. Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.