E 13 400.480-1/2008-6E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Vorsitzenden und den Richter Dr. Friedrich KINZLBAUER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Andrea Schwarz über die Beschwerde der M.L., geb. am 00.00.2002, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.06.2008, FZ. 07 05.291-BAS, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet a b g e w i e s e
n.
BEGRÜNDUNG:
I VERFAHRENSGANG UND SACHVERHALT:
Die Beschwerdeführerin (folgend kurz: BF; vormals:
Berufungswerberin), eine Staatsangehörige von Armenien, stellte am 11.06.2007 durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin (FZ: 400.479-1/2008-1) beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde die gesetzliche Vertreterin erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.
Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte die gesetzliche Vertreterin im Wesentlichen vor, dass sie bzw. ihre Kinder keine eigenen Fluchtgründe haben, sondern wegen der Gründe ihres Gatten ausgereist seien. Im Jahr 2004 sei zufällig bekannt geworden, dass der Vater des Gatten Moslem sei. Ab diesem Zeitpunkt habe ihr Gatte Probleme bekommen.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 18.06.2008, Zahl: 07 05.291-BAS, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).
Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin bzw. deren Gatten mit weitreichender Begründung als unglaubwürdig. Diesbezüglich wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 02.07.2008 innerhalb offener Frist Berufung [jetzt Beschwerde] erhoben und auf das Vollmachtsverhältnis zu RA Dr. Reinhard Schwarzkogler, LL.M., 4650 Lambach, Marktplatz 2, hingewiesen. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde im Konkreten wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.
Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen durch die gesetzliche Vertreterin vorgebracht, dass die BF wegen der gemischt-ethnischen Ehe zwischen den Großeltern väterlicherseits, seitens der Nachbarn Repressalien ausgesetzt gewesen wären. Die Verbindung eines Moslems mit einer armenischen Christin würde gesellschaftlich geächtet werden, was sich auch in den erlebten Vorkommnissen manifestiert hätte.
Diesbezüglich wurde auf den UBAS-Bescheid v. 06.09.2006, Zahl:
238.047/0-VIII/23/03 verwiesen. Es sei zumindest wegen unterstellter Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe iSd GFK Asyl zu gewähren. Weiters wurde auf das Gutachten von Dr. Tessa Savvidis vom 07.05.2003 verwiesen, welches der VwGH am 20.06.2007, Zahl:
2006/19/0265, in Verbindung mit ethnischen Aseris und Personen aus binationalen Ehen, zitiert habe. Weiters wurde die Beweiswürdigung moniert und der Antrag gestellt, der Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Hinsichtlich des weiteren Verfahrensherganges bzw. des Vorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:
Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) fest.
Soweit durch die gesetzliche Vertreterin in der Beschwerde nun erstmalig und neu vorgebracht wird, dass die BF bzw. ihre Eltern wegen der gemischt-ethnischen Ehe zwischen den Eltern des Vaters Repressalien ausgesetzt gewesen wären, die Verbindung eines Moslems mit einer armenischen Christin gesellschaftlich geächtet wäre, was sich auch in den erlebten Vorkommnissen manifestiert hätte und diesbezüglich auf den UBAS-Bescheid v. 06.09.2006, Zahl:
238.047/0-VIII/23/03 verwiesen wird, wird festgestellt, dass - ungeachtet der Prüfung der Glaubwürdigkeit - diese neue Tatsache dem Neuerungsverbot gemäß (§ 40 AsylG in der hier anzuwendenden Fassung) unterlieg. Aus dieser Behauptung und dem sonstigen Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, "nach" der Entscheidung erster Instanz entscheidungsrelevant geändert hat (Z 1); das Verfahren erster Instanz wurde ordnungsgemäß durchgeführt und ist nicht zu beanstanden (Z 2); ungeachtet der Glaubwürdigkeit dieses nunmehrigen Vorbringens wäre diese Tatsache bis zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz der gesetzlichen Vertreterin zugänglich gewesen (Z 3); es ergaben sich auch keine Hinweise das die gesetzliche Vertreterin nicht in der Lage war diese Tatsache schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen, zumal sie in wiederholt stattgefundenen Einvernahmen dazu Gelegenheit hatte (Z 4).
Ebenso fand die letzte Einvernahme vor dem BAA am 08.04.2008 statt und der Bescheid wurde erst am 23.06.2008 erlassen. Wäre es der gesetzlichen Vertreterin tatsächlich ein ernsthaftes Bedürfnis gewesen, sich in der o.a. Art zum Ausreisegrund zu äußern, wäre ihr dies somit auch noch nach Beendigung der letzten Einvernahme bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides möglich gewesen. Von einer durchschnittlich sorgfältigen Asylwerberin mit dem Wissen und Fähigkeiten der gesetzlichen Vertreterin wäre daher ein solches Verhalten zu erwarten gewesen, etwa durch die ehest mögliche Einbringung eines Schriftsatzes beim BAA, allenfalls unter Beiziehung einer in Asylfragen versierter Person oder Organisation. Dass diese zur Kontaktaufnahme zu einer solchen Person oder Organisation befähigt ist, beweist etwa die Konzeption der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid, welche nur unter Beiziehung einer solchen Person oder Organisation zustande kommen konnte.
Da das im vorgenannten Absatz geschilderte, der gesetzlichen Vertreterin mögliche und zumutbare Verhalten unterblieb, geht der AsylGH davon aus, dass diese durch diese Beschwerdeangaben lediglich den -durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten- Aufenthalt der Tochter missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313).
Auch das in der Berufung zitierte Sachverständigen-Gutachten vom 07.05.2003, welches der VwGH am 20.06.2007, Zahl: 2006/19/0265, in Verbindung mit ethnischen Aseris und Personen aus binationalen Ehen zitiert habe, kann nicht der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt werden, da die gesetzliche Vertreterin bzw. deren Gatte im erstinstanzlichen Verfahren die Themen ethnische Aseris und Personen aus binationalen Ehen nicht zum Beweisthema machten. Der AsylGH ist auch hier vielmehr der Ansicht, dass die gesetzliche Vertreterin durch diese Beschwerdeangaben lediglich den -durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten- Aufenthalt der Tochter missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313, ebenso 30.8.2007, 2006/19/0554-7).
III. RECHTLICHE BEURTEILUNG:
Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:
(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:
Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.
Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof anhängige Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates sind von diesen mit der Maßgabe weiterzuführen, dass als belangte Behörde der Asylgerichtshof gilt.
Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. [.....]
(2) [.....]
(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
[......]
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gem. § 75 (1) des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 idgF zu Ende zu führen war.
Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.
Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.
Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in Armenien auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation der BF gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.
Aufgrund der Feststellungen des Bundesasylamtes ist von auf ausreichend aktuelle Quellen (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) basierenden Feststellungen auszugehen, welche den weiteren Ausführungen zu Grunde gelegt werden.
Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559;
8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005;
21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde];
31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).
Sofern in der Beschwerde seitens der gesetzlichen Vertreterin die Beweiswürdigung des BAA moniert wird, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Der gesetzlichen Vertreterin ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Von der gesetzlichen Vertreterin konnten keine nachvollziehbaren Ausführungen dargelegt werden, welche geeignet waren, vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das BAA auszugehen.
Zu der Beschwerdeangabe, es sei zumindest wegen unterstellter Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe iSd GFK Asyl zu gewähren, wird festgestellt, dass der Ausdruck "soziale Gruppe", der als Auffangtatbestand in die Genfer Flüchtlingskonvention eingefügt wurde, in Lehre und Rechtsprechung durchaus unterschiedlich definiert wurde. In der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde einerseits auf die Definition des UNHCR abgestellt, der zufolge eine soziale Gruppe in der Regel Personen mit ähnlichem Hintergrund, ähnlichen Gewohnheiten oder ähnlichem sozialen Status umfasst (vgl. Handbuch des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 219, aber auch den Gemeinsamen Standpunktes des Rates der Europäischen Union vom 04.03.1996 betreffend die harmonisierte Anwendung der Definition des Begriffes des "Flüchtlings" in Art. 1 des Genfer Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge), wobei aber - unter Hinweis auf das genannte Handbuch des UNHCR - darauf hingewiesen wird, dass hinter der angesprochenen Regelung die Erwägung stehe, dass die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe Anlass zu Verfolgung sein kann, wenn kein Vertrauen in die Loyalität der Gruppe der Regierung gegenüber bestehe oder wenn die politische Ausrichtung, das Vorleben oder die wirtschaftliche Tätigkeit der Mitglieder der Gruppe oder auch schon allein die Existenz der Gruppe an sich als Hindernisse für die Politik der Regierung angesehen werden (vgl. VwGH 18.12.1996, 96/20/0793).
Andererseits wies der Verwaltungsgerichtshof auf die Definition des kanadischen Obersten Gerichtshofes (Supreme Court) hin, nach der eine soziale Gruppe iSd GFK folgende drei Personenkreise umfasse:
Personen, die ein gemeinsames angeborenes oder unabänderliches Merkmal wie Geschlecht, sprachliche Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung aufweisen; Personen, die freiwillig aus Gründen verbunden sind, die für ihre Menschenwürde derart fundamental sind, dass sie nicht gezwungen werden sollten, diese Verbindung aufzugeben und schließlich Personen, die durch einen früheren freiwilligen Zustand verbunden sind, der aufgrund seiner historischen Dauer nicht geändert werden kann (vgl. die in Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 1996, p. 359 f., wiedergegebenen Fälle, insbesondere den Fall Canada v. Ward).
Auf diese Definitionen nimmt - zumindest zum Teil - auch Art. 10 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 ("Statusrichtlinie") - auf den im Übrigen § 2 Abs. 1 Z 12 Asylgesetz 2005 verweist - Bezug, wenn er in seiner lit. d eine bestimmte soziale Gruppe folgendermaßen umschreibt:
"Eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe wenn
-
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
-
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird.
Je nach den Gegebenheiten im Herkunftsland kann als eine soziale Gruppe auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Ausrichtung gründet. Als sexuelle Ausrichtung dürfen keine Handlungen verstanden werden, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten als strafbar gelten; geschlechterbezogene Aspekte können berücksichtigt werden, rechtfertigen aber für sich allein genommen noch nicht die Annahme, dass dieser Artikel anwendbar ist."
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es eine systematische Diskriminierung bzw. Verfolgung von armenischen Staatsbürgern gibt, deren Vater Moslem ist, weshalb auch nicht von einer diesbezüglichen homogenen "Gruppe" von Personen, die eine solche Verfolgung zu gewärtigen hätten, gesprochen werden kann; eine derartig extensive Interpretation würde die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK getroffene Beschränkung der für die Asylgewährung erforderlichen Verfolgungsgründe unterlaufen und würde dazu führen, dass sämtlichen armenischen Staatsbürgern, deren Vater Moslem ist, Asyl zu gewähren wäre, was zweifelsfrei mit dem Charakter der sozialen Gruppe als Auffangtatbestand nicht vereinbar wäre und diesen in weiterer Folge ad absurdum führen würde (vgl dazu den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 29.01.2007, 307.280-C1/3E-XIX/62/07).
Dem Bundesasylamt ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die BF im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre.
Aus dem Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass die BF vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in deren Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.
Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in den Herkunftsstaat auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben der BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde.
Da den sonstigen Mitgliedern der Kernfamilie ebenfalls nicht Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde (AZ: 400.478, 400.481, 400.479, 400.482), scheidet die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz aus dem Titel des Familienverfahrens ebenfalls aus.
Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG.
Im gegenständlichen Fall konnte der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde, nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.
Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung brauchte nicht gefolgt zu werden, da im erstinstanzlichen Bescheid die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt wurde und somit gemäß § 36 Abs. 2 AsylG der gegenständlichen Berufung ex lege die aufschiebende Wirkung zukam.