TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/20 A5 311444-1/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2008
beobachten
merken
Spruch

A5 311.444-1/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. SCHREFLER-KÖNIG als Vorsitzende und die Richterin Mag. HÖLLER als Beisitzerin, im Beisein der Schriftführerin Frau Wilhelm über die Beschwerde des U.K., geb. am 00.00.2005, StA. NIGERIA, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.03.2007, Zl. 06 11.635-EAST Ost, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde von U.K. wird gemäß § 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, abgewiesen.

 

II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 /2005, wird U.K. der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt.

 

III. In Erledigung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes wird der bekämpfte Bescheid bezüglich des Spruchpunktes III ersatzlos behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Antrag des minderjährigen Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 03.10.2006 gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen und ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt und diese Entscheidung mit einer Ausweisung verbunden.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Mit 01.07.2008 wurde gegenständliche Beschwerdeangelegenheit dem nunmehr erkennenden Senat des Asylgerichtshofes zur Entscheidung zugewiesen.

 

I.3. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 auf Grund des aus der Aktenlage als geklärt anzusehenden Sachverhaltes Abstand genommen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

II.1.1. Der minderjährige Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und ist Staatsangehöriger von Nigeria.

 

II.1.2. Er wurde am 00.00.2005 in Österreich geboren und stellte im Wege seines Vaters, der seinerseits über einen gültigen, unbefristeten Aufenthaltstitel für die Republik Österreich verfügt, am 03.10.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz. Über den Asylantrag der Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers, ebenfalls Staatsangehörige von Nigeria, wurde negativ abgesprochen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria als zulässig erklärt. Diese Entscheidung ist seit 24.02.2004 rechtskräftig.

 

II.1.3. Im Rahmen der am 30.10.2006 stattgefundenen niederschriftlichen Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie anlässlich der am 10.11.2006 und 14.11.2006 stattgefundenen niederschriftlichen Einvernahmen des Vaters des minderjährigen Beschwerdeführers vor der EAST Ost, bezog sich dieser auf die Fluchtgründe der Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers. Da er selbst über eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung für Österreich verfüge, beantrage er für seinen Sohn zwecks Familienzusammenhalts internationalen Schutz. Eigene Fluchtgründe für den minderjährigen Beschwerdeführer wurden nicht vorgebracht.

 

II.1.4. Die belangte Behörde wies den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers ab und begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der alleinige Grund der gegenständlichen Asylantragstellung die Legalisierung des Aufenthalts des minderjährigen Antragstellers im Bundesgebiet sei. Es sei zudem nicht ersichtlich, dass der minderjährige Beschwerdeführer im Falle einer Ausweisung nach Nigeria in eine ausweglose Situation geraten würde, da sich seine Mutter an nach wie vor in Nigeria aufhältige Verwandte sowie an lokal operierende Hilfsorganisationen wenden könne. Da überdies bereits im Asylverfahren der Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers über die Glaubhaftigkeit ihres Fluchtvorbringens abgesprochen wurde und sich der nunmehrige Beschwerdeführer ausschließlich auf dieselben Fluchtgründe bezogen habe, ergebe sich schon aus der negativen Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Mutter keine Asylrelevanz des gegenständlichen Vorbringens.

 

II.1.5. Die Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers, die am 03.08.2003 in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, brachte in dem sie betreffenden Verfahren bei der belangten Behörde als Fluchtgrund vor, sie habe ihre Heimat verlassen, da sie ansonsten Gefahr gelaufen wäre, von ihrem eigenen Vater geopfert zu werden.

 

Die belangte Behörde wies den Asylantrag der Mutter des nunmehrigen Beschwerdeführers gemäß §§7,8 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 126/2002, ab.

 

II.1.6. Die Mutter des Beschwerdeführers bekämpfte den Bescheid der belangten Behörde fristgerecht mittels Berufung und wandte Verfahrensfehler sowie materielle Rechtswidrigkeit ein. Der Unabhängige Bundesasylsenat wies die Berufung mit Bescheid vom 19.01.2004, Zahl 241.740/0-XII/37/03, gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997 idgF, ab.

 

II.1.7. Die Behandlung der gegen diese Entscheidung erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit Beschluss vom 28.01.2005, Zl. 2004/01/0320-6 abgelehnt.

 

II.2. Zur Lage in Nigeria

 

Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu Nigeria werden zum Gegenstand des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes erhoben.

 

II.3. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung

 

II.3.1 Gemäß § 28 Abs. 1 AsylGHG, BGBl.I Nr. 2008/4 nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.

 

II.3.2. Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

II.3.3. Gemäß § 9 leg.cit. entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist.

 

II.3.4. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. Gemäß Abs. 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4, wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie über die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

II.3.5. Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des Unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

II.3.6. Gemäß § 41 Abs.7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.

 

II.3.7. Gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 haben das Bundesasylamt und der Asylgerichtshof in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amtswegen beizuschaffen. Gemäß Abs. 2 ist im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Asylwerbers auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen.

 

II.3.8. Gemäß § 15 AsylG 2005 hat ein Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken; insbesondere hat er ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Weiters hat er bei Verfahrenshandlungen und Untersuchungen durch einen Sachverständigen persönlich und rechtzeitig zu erscheinen, und an diesen mitzuwirken sowie unter anderen auch dem Bundesasylamt oder dem Asylgerichtshof alle ihm zur Verfügung stehenden Dokumente und Gegenstände am Beginn des Verfahrens, oder soweit diese erst während des Verfahrens hervorkommen oder zugänglich werden, unverzüglich zu übergeben, soweit diese für das Verfahren relevant sind.

 

Im gegenständlichen Fall liegen die genannten Voraussetzungen des § 41 Abs.7 AsylG 2005 für den Entfall einer mündlichen Verhandlung vor. Das Bundesasylamt hat ein im beschriebenen Sinne ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und enthält der Beschwerdeschriftsatz zudem kein Vorbringen, das geeignet wäre, die in der schlüssigen Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheids zum Ausdruck kommende Beurteilung der belangten Behörde zu entkräften oder in Zweifel zu ziehen. Der verfahrensrelevante Sachverhalt ist daher nach dem Dafürhalten des Asylgerichtshofes als aus der Aktenlage als geklärt anzusehen.

 

II.3.9. Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Auf die unter II.1.2. zitierte Bestimmung des § 23 ASylGHG, demzufolge die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, wird hingewiesen.

 

II.3.10. Der Beschwerdeführer hat den Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz am 03.10.2006 gestellt. Daher gelangen im gegenständlichen Verfahren die Bestimmungen des AsylG 2005 vollumfänglich zur Anwendung.

 

II.3.11. Zu Spruchpunkt I

 

Gemäß § 3 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich eine Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist und glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (idF des Art. 1 Abs.2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4. 1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr -Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.2.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 9.3.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Der Asylgerichtshof kommt unter Abstandnahme einer mündlichen Verhandlung zum Ergebnis, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der infolge seiner Minderjährigkeit von seinem Vater vertreten wurde, keine Asylrelevanz im oben beschriebenen Sinn zukommt.

 

Soweit sich der minderjährige Beschwerdeführer auf Gefahren berief, die sich aus den behaupteten Fluchtgründen seiner Mutter ergeben würden, ist dem entgegenzuhalten, dass seine Mutter während ihres gesamten Verfahrens nicht den Eindruck erweckte, in Nigeria tatsächlich einer asylrelevanten und der GFK entsprechenden Verfolgungsgefahr ausgesetzt zu sein. Vielmehr vermochte es die Mutter des Beschwerdeführers nicht, die von ihr dargestellte Bedrohung durch ihren eigenen Vater glaubhaft darzustellen.

 

Da für den minderjährigen Beschwerdeführer keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht wurden, sind insgesamt betrachtet auch im gegenständlichen Verfahren keine Asylgründe im Sinne der GFK feststellbar gewesen.

 

Wenngleich es das Bundesasylamt auch unterlassen hat, das eigentliche Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers durch geeignete Länderfeststellungen zu dokumentieren, so ist dennoch darauf aufmerksam zu machen, dass im Falle des minderjährigen Beschwerdeführers keine eigenen, seine Person betreffenden Fluchtgründe vorgebracht wurden, demgemäß auf die - nach wie vor aktuellen - länderspezifischen Feststellungen zu rituellen Tötungen und Geheimkulten in Nigeria im erledigenden Bescheid der Mutter zu verweisen ist. Zudem bezog sich die behauptete Gefahr mangels gegenteiligen Vorbringens ausschließlich auf die Mutter des Beschwerdeführers, weshalb von einer diesbezüglichen Bedrohung seiner körperlichen Integrität nicht auszugehen ist.

 

Insofern der Beschwerdeführer in seinem Beschwerdeschriftsatz Verfahrensmängel infolge der Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, ist zu erwidern, dass selbst im Falle des Zutreffens dieses Verfahrensmangels eine Heilung der Verletzung des Parteiengehörs in erster Instanz generell bereits durch die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides erfolgt, sofern der Partei durch die Begründung des Bescheides erster Instanz Kenntnis von den Beweisergebnissen verschafft worden ist, die ihr eigentlich im Rahmen des Parteiengehörs zu vermitteln gewesen wäre (vgl. VwGH 25.03.2004, Zl. 2003/07/0062). Hat es die belangte Behörde somit verabsäumt, dem Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit einzuräumen, sich zu den dem erstinstanzlichen Bescheid vorgelegten Länderfeststellungen zu äußern, so heilte dieser Mangel durch die mängelfreie Beweiswürdigung und Ausfolgung des Bescheides an den Beschwerdeführer. Da ihm überdies in gegenständlichem Fall jedenfalls die Gelegenheit geboten wurde, sich im Wege der von ihm eingebrachten Beschwerde zu rechtfertigen (vgl. VwGH 16.03.2005, Zl. 2003/12/0189), zielt die von ihm monierte Verletzung des Parteiengehörs gänzlich ins Leere.

 

II.3.12. Zu Spruchpunkt II

 

Gemäß § 8 Abs.1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Berufungswerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Im Sinne der Judikatur des EGMR und jener des darauf in seiner Rechtssprechung Bezug nehmenden VwGH - vgl. etwa VwGH vom 23.09.2004, Zl. 2004/21/0134 mit weiteren Nachweisen - hat die entsprechende Prüfung von Refoulementschutz dahingehend zu erfolgen, ob im Herkunftsstaat des Antragstellers eine derart extreme Gefahrenlage herrscht, dass praktisch jedem, der in diesen Staat abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße droht, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig erschiene.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den der Fremde abgeschoben werden soll, genügt nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH (vgl. E. vom 01.07.1999, Zl. 97/21/0804; E. vom 09.05.2003, Zl. 1998/18/0317), nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde.

 

Im Fall des Beschwerdeführers konnten keine derart exzeptionellen Umstände festgestellt werden, die der Gefahr der Verletzung des Art. 3 EMRK gleichzuhalten wären.

 

Der Asylgerichtshof verkennt hierbei nicht, dass es sich im Falle des Beschwerdeführers um ein mittlerweile knapp dreijähriges Kind handelt, das bei seinem eigenen Fortkommen in erster Linie auf die Geschicke seiner Eltern angewiesen ist. Soweit aber davon ausgegangen wird, dass eine Rückkehr der Mutter in deren Familienverband grundsätzlich jederzeit möglich ist, erscheint die weitere Existenz des minderjährigen Beschwerdeführers als gesichert und eine Rückführung nach Nigeria auf Grund des familiären Rückhaltes kein Art. 3 EMRK gefährdendes Ausmaß anzunehmen.

 

Vollständigkeitshalber ist anzumerken, dass der Ansicht der belangten Behörde insofern entsprochen wird, dass sich der minderjährige Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Mutter ebenso an die in Nigeria aufhältigen Verwandten seines Vaters wenden könnte. Laut Aussage der Ländersachverständigen ergeben sich in dieser Hinsicht keinerlei Bedenken, da der nigerianischen Tradition entsprechend sowohl der Kindsvater als auch dessen Vater den minderjährigen Beschwerdeführer und seine Mutter akzeptiert hätten, demzufolge diese auch von der restliche Familie angenommen werden würden.

 

Wie das Bundesasylamt des Weiteren richtigerweise festgestellt hat, existieren in Nigeria diverse soziale Einrichtungen, die sich speziell auf die Probleme allein erziehender Mütter spezialisiert haben, weshalb es dem nun erkennenden Gericht - in Hinblick auf die generell stabile Sicherheitslage in Nigeria - als durchaus zumutbar erscheint, im Falle mangelnder familiärer Unterstützung diese Hilfe auch in Anspruch zu nehmen.

 

Der minderjährige Beschwerdeführer behauptet oder bescheinigt auch keinen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand", der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnte.

 

Es ist darüber hinaus festzuhalten, dass in ganz Nigeria keine derart extreme Gefahrenlage gegeben ist, dass praktisch jedem, der in diesen Staat abgeschoben wird, eine Gefahr für Leib und Leben in hohem Maße droht.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

II.3.13. Zu Spruchpunkt III

 

Eine Ausweisung des minderjährigen Beschwerdeführers gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 hatte zu unterbleiben; dies im Hinblick darauf, dass die Mutter und gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers bereits am 03.08.2003 einen Asylantrag eingebracht hat und dieser gemäß der Rechtslage 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 zu entscheiden war, dementsprechend eine Ausweisung der Mutter nicht verfügt wurde. Da das gegenständliche Asylverfahren des minderjährigen Beschwerdeführers gemäß § 34 AsylG 2005 als Familienverfahren zu führen ist, bildet die bereits ergangene Entscheidung bezüglich des Asylantrages der Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers den maßgeblichen Bezugspunkt für den Entscheidungsumfang des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. VwGH, 12.12.2007, 2007/19/1054). Da der damaligen Rechtslage entsprechend keine Ausweisung über die Mutter verfügt wurde und der Asylgerichtshof auf Grund Art. 129c B-VG als Überprüfungsinstanz in Asylsachen eingerichtet ist und solcherart nicht zu einer - im Ergebnis - erstinstanzlichen Entscheidung über die Ausweisung eines Fremden zuständig gemacht werden darf, hat dementsprechend auch eine Ausweisung des minderjährigen Beschwerdeführers zu unterbleiben.

 

Zudem widerspräche ein solches Ergebnis, welches zu einer Trennung des minderjährigen Beschwerdeführers von seiner Kernfamilie führen würde, den Intentionen des Gesetzgebers bei Einführung des Familienverfahrens und würde einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Familienleben darstellen. Um das vom Gesetzgeber intendierte und verfassungsrechtlich gebotene Ergebnis zu erzielen, hat eine Ausweisung durch die Asylbehörden daher in einem Fall wie dem vorliegenden zu unterbleiben (vgl. VwGH, 12.12.2007, 2007/19/1054).

 

Hinsichtlich der für die Ausweisung zuständigen Behörde wird angemerkt, dass durch den so erlangten rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens der minderjährige Beschwerdeführer in Bezugnahme auf das oben zitierte VwGH Erkenntnis nicht mehr als "Asylwerber", sondern als "Fremder" im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 FPG anzusehen ist, demzufolge die Angelegenheit nunmehr in den Zuständigkeitsbereich der Fremdenbehörden fiele, welche über die Zulässigkeit der Ausweisung sowohl des Beschwerdeführers als auch seiner Mutter gemeinsam entscheiden.

 

Abschließend ist zu betonen, dass in Bezug auf die in der Beschwerde angeführte Problematik der Familienzusammenführung auf Basis der unbefristeten Niederlassungsbewilligung des Vaters des minderjährigen Beschwerdeführers der Asylgerichtshof nicht zur Entscheidung befugt ist, sondern diese Angelegenheit gemäß § 3 Abs. 1 NAG in den Kompetenzbereich des jeweiligen Landeshauptmanns beziehungsweise der Bezirksverwaltungsbehörden fällt. Im Falle einer Antragstellung im Ausland ist gemäß § 3 Abs. 3 NAG die örtlich zuständige Berufsvertretungsbehörde zur Gegennahme des Antrags berechtigt.

 

II.4. Die öffentliche Verkündung des Erkenntnisses hatte gemäß § 67g Abs. 2 Z. 1 AVG zu entfallen.

Schlagworte
Familienverfahren, Spruchpunktbehebung-Ausweisung
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten