TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/21 D4 316818-1/2008

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Veröffentlicht am 21.08.2008
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Spruch

D4 316.818-1/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Scherz als Kammervorsitzende und den Richter Dr. Kuzminski als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Mag. Pfleger über die Beschwerde des A.K., geb. 00.00.1966, StA. Kirgisistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.12.2007, FZ. 07 09.421-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31.07.2008 zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und A.K. gemäß § 3 AsylG 2005 i. d.g.F. der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Absatz 5 AsylG 2005 i.d.g.F wird festgestellt, dass A.K. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

Die beschwerdeführende Partei, führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist kirgisischer Staatsangehörige, gehört der deutsch-russischen Volksgruppe an, ist russisch-orthodoxen Bekenntnisses, war im Heimatstaat zuletzt wohnhaft in B.reiste am 10.10.2007 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 10.10.2007 einen Asylantrag.

 

Vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, am 22.10.2007 sowie vom Bundesasylamt, Außenstelle Graz, am 18.12.2007 im Beisein eines Dolmetschers der russischen Sprache einvernommen, wurde als Fluchtgrund im Wesentlichen angegeben, dass in Kirgisistan um den 22.4.2007 eine Revolution stattgefunden hätte und die Familie des Beschwerdeführers deshalb B. verlassen und zwei Tage bei seiner Schwiegermutter verbracht hätte. In diesem Zeitraum sei die Wohnung ausgeraubt und sämtliche Dokumente gestohlen und auch das Auto sei aufgebrochen worden. Die Polizei hätte ihm mitgeteilt, dass viele Einwohner von solchen Ereignissen betroffen wären. Einen Monat später hätte er Anrufe von unbekannten Personen erhalten, die ihm mitgeteilt hätten, dass er ihnen die Wohnung überlassen solle und versucht hätten ihn einzuschüchtern, indem sie dem Beschwerdeführer mit seiner Vernichtung und auch der der Kinder gedroht hätten. Er erstattete am 3.6.2007 Anzeige bei der Polizei und wurde noch am selben Tag angerufen und bedroht, er solle die Anzeige zurückziehen. Um den 24.6.2007 sei er zusammengeschlagen worden.Um denn 5.7.2007 - nachdem er ein zweites Mal die Forderungen abgelehnt hätte - sei er nochmals zusammengeschlagen worden und man hätte versucht ihn mit einem Messer zu verletzen. Aus diesem Grund hätte er - wie gefordert - eine "Vollmacht" unterschrieben und im Gegenzug dazu seinen eigenen und den Pass seines Sohnes A. erhalten. Anzeige hätte er nicht mehr erstattet. Seine Frau und seine Söhne M. und V. hätten Kirgisistan bereits am 1. oder 2. Juli 2007 verlassen. Sein volljähriger Sohn A.K. wäre am 3.7.2007 zusammengeschlagen worden und hätte schwere Kopfverletzungen davongetragen. In weiterer Folge hätte er mit seinem ältesten Sohn Kirgisistan verlassen.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.12.2007 wurde der Asylantrag im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass nicht festgestellt werden könne, dass dem Beschwerdeführer in Kirgisistan eine asylrelevante - oder sonstige - Verfolgung oder Strafe maßgeblicher Intensität oder Todesstrafe drohen würde. Eine gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 und 2 FPG 2005 würde nicht vorliegen, die Ausweisung aus Österreich und Abschiebung sei somit zulässig. Weiters wurde festgehalten, dass zur Kernfamilie des Beschwerdeführers seine Ehefrau N.K. (D 4 315.203-1/2008) und die beiden minderjährigen Söhne M.K. (D 4 315.201-1/2008) und V.K. (D 4 315.202-1/2008) zählen würden, deren Asylanträge erstinstanzlich bereits abweisend entschieden worden seien, die Ausweisung beschieden wurde und gegen die Berufung erhoben wurde.

 

Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die Feststellungen der Erstbehörde zum Herkunftsstaat im angefochtenen Bescheid verwiesen. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Aussagen des Beschwerdeführers nicht geeignet gewesen seien um die Flüchtlingseigenschaft glaubhaft zu machen, da sie nicht ausreichend substantiiert gewesen seien und zum Teil die Angaben der Ersteinvernahme im Hinblick auf den Zeitpunkt der ersten Misshandlung (24.6.2007) widersprüchlich zu den Angaben in der zweiten Einvernahme (23.6.2007) sowie der seiner Ehefrau (21.6.2007) seien. Ebenso hätte es Unterschiede in den Angaben über die Zurückziehung der Anzeige bei der Polizei - die Ehefrau hätte angegeben, dass der Beschwerdeführer die Anzeige zwischen dem 20. und 24.6.2007 zurückgezogen hätte, der Beschwerdeführer hätte angegeben, dass er die Anzeige im Juli 2007 zurückgezogen hätte.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist im Wesentlichen mit der Begründung berufen, dass aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung eine unrichtige Tatsachenfeststellung erfolgt sei. Es erfolgte eine chronologische Schilderung der Abfolge der Verfolgungshandlungen und es wurde darauf hingewiesen, dass die erduldeten Misshandlungen und Drohungen zwar von Privatpersonen ausgeübt und ausgesprochen worden seien, jedoch in ihrer Volkszugehörigkeit begründet seien und deshalb sehr wohl asylrechtlich relevant seien. Die staatlichen Behörden würden keinen hinreichenden Schutz vor dieser Verfolgung bieten. Darüber hinaus bestehe der begründete Verdacht, dass die drohenden Personen offenbar mit der Polizei zusammenarbeiten oder in irgendeinem Naheverhältnis stehen würden. Auch die Länderfeststellung wurde als beschönigend angesehen.

 

Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am Asylgerichtshof am 31.7.2008, zu der sich ein Vertreter der Erstbehörde entschuldigen ließ, führte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer, zu seiner Flucht im Wesentlichen folgendermaßen aus:

 

Im Mai 2005 sei im Rahmen einer Revolution der Präsident Akajew abgesetzt worden. Sein Nachfolger sei nunmehr Bakiew. Die Revolution 2005 hätte die Familie überstanden, obwohl sie auch damals bestohlen worden sei. Es sei Ende April 2007 wieder zu einer Revolution und zu Unruhen gekommen. Die Daten könne er nicht mehr so genau angeben. Auf Grund der Unruhen fuhr die Familie für ein paar Tage zu seiner Schwiegermutter.

 

Genau in diesem Zeitraum sei in die Wohnung der Familie eingebrochen worden. Als der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau von seiner Schwiegermutter zurückgekommen sei, hätten sie bemerkt, dass die Tür aufgebrochen worden und die Wohnungstür offen gestanden sei. Aus der Wohnung seien Dokumente (Pässe, Geburtsurkunden, alle Familiendokumente und alle Dokumente bezüglich der Wohnung), andere Gegenstände und Geld gestohlen worden. Auch in das Auto der Familie sei kurz nach Rückkehr der Familie in der Nähe der Wohnung eingebrochen. Den genauen Zeitpunkt könne er nicht sagen, er wüsste nicht, ob es am gleichen oder am folgenden Tag passiert sei.

 

Ca. Ende April erhielt er auf seinem Handy einen Anruf. Der Anrufer hätte gesagt, dass er wegen des Diebstahls nicht zur Polizei gehen soll. Dieser hätte ihm zu verstehen gegeben, dass er es "sich mit den Leuten nicht verscherzen solle", da diese Leute an der Macht seien. Er wüsste nicht, wen der Anrufer mit "Leute" gemeint hätte. Er hätte sich aber doch trotzdem ca. Ende Juni an die Polizei gewandt. Die "Leute" wollten, dass er aus Kirgisien verschwinde, seine Arbeitstätigkeit beende und eine die Wohnung betreffende Vollmacht - gemeint ist ein Schenkungsvertrag - unterschreiben würde. Er hätte versucht Widerstand zu leisten. Er wollte weiter dort leben und arbeiten. Ende April sei er ein- oder zweimal angerufen worden und am 25. Mai 2007 hätte sein Sohn A. das Handy abgehoben und dieser sei - aufgrund der Stimmenähnlichkeit und der daraus offensichtlich folgenden Verwechslung - auch bedroht worden. Erst zu diesem Zeitpunkt hätte sein Sohn von den Drohungen erfahren. Seine Frau hätte davor von den Drohungen, vom Autoeinbruch jedoch nicht gewusst. Auf den Vorhalt, dass er in seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt gesagt hätte, dass seine Frau sehr wohl vom Autoeinbruch gewusst habe, gab er an, dass seine Frau erst später vom Autoeinbruch erfahren hätte.

 

Ende Juni sei er telefonisch von den "Leuten" aufgefordert worden sich mit ihnen außerhalb der Stadt zu treffen. Dort sei er zusammengeschlagen worden(Er hätte daher in Österreich zweimal operiert werden müssen.). Zuvor hätte er bei der Polizei eine Anzeige gegen diese "Leute" erstattet. Als diese ihn zusammengeschlagen hätten, hätten sie ihn aufgefordert, die Anzeige zurückzuziehen. Woher sie von der Anzeige gewusst hätten, wüsste er nicht. Danach hätte er die Anzeige zurückgezogen.

 

Anfang Juli (5. oder 6. Juli 2007) sei er ein zweites Mal zusammengeschlagen worden. Zwischen den beiden Handgreiflichkeiten sei er wieder aufgefordert worden, sich mit den "Leuten" zu treffen. Die "Leute" hätten gesagt, dass wegen der Dokumente ein Treffen notwendig sei. Gleichzeitig sei er bedroht und aufgefordert worden, Kirgisistan zu verlassen, weil er Russe sei. Er hätte sich dann mit den Leuten am 3. Juli 2007 am Rande der Stadt getroffen. Zum selben Zeitpunkt sei sein Sohn A. zusammengeschlagen worden und hätte eine Gehirnerschütterung erlitten. A. sei auch in Österreich untersucht worden und solle auch weiter behandelt werden. Im Anschluss daran hätte er seinen Sohn nach Kasachstan gebracht und dort versteckt.

 

Seine Frau und seine beiden anderen Kinder hätte er am 1. oder 2. Juli nach Kasachstan gebracht. Von dort seien diese mittels von ihm bezahlter Schlepper nach Österreich geschickt worden.

 

Das dritte Treffen hätte nach einem weiteren Anruf stattgefunden. In einem Telefonat sei ihm mitgeteilt worden, dass dieses "das letzte Treffen sein würde". Man hätte ihm gedroht, seine Familie zu vernichten, wenn er nicht "zu Verstand kommen würde". Er hätte sich mit den "Leuten" in einem anderen Cafe getroffen. Er hätte mit den Leuten verhandeln und für die Rückgabe der Dokumente zahlen wollen. Die "Leute" hätten ihn unmittelbar bei diesem Geschäft zusammengeschlagen und auch mit einem Messer bedroht. Er hätte Angst bekommen, versucht sich zu wehren und hätte deshalb Schnittwunden an seinen Händen. Weil er dort weiter bedroht worden sei und auch Drohungen gegen seine Familie ausgestoßen worden seien, hätte er ein Schriftstück unterschrieben, das er nicht lesen hätte dürfen. Er hätte daraufhin seinen und den Pass von A., aber keine anderen Dokumente zurück erhalten.

 

2007 hätte er Duplikate der Geburtsurkunden seiner Kinder ausstellen lassen. Für seine volljährige Frau sei das nicht möglich gewesen. Er hätte über die Schwiegermutter erfahren, wo sich seine Frau befinden würde und seine Schwiegermutter hätte dann die Duplikate der Geburtsurkunden nach Österreich geschickt. Zu diesem Zeitpunkt sei er bereits in Österreich aufhältig gewesen.

 

Er vermutet, dass die "Leute" korrupte Polizisten seien, da sie sich wie Polizisten benommen und von seiner Anzeigeerstattung gewusst hätten. Er wüsste nicht, woher diese sonst von der Anzeige erfahren hätten. Schon auf dem Nachhauseweg von der Polizei, wo er die Anzeige erstattet hätte, hätte er den Drohanruf erhalten, dass er die Anzeige zurückziehen solle. Er hätte nur eine einzige Anzeige - nämlich über den ersten Vorfall - erstattet, danach hätte er nur noch die Polizei um Hilfe gebeten, um die Dokumente wieder zu erhalten.

 

Er habe dem Mittelstand angehört. Er glaubte, dass die Person, die ihn angerufen hätte, nicht eine der Personen war, die ihn zusammengeschlagen hätten.

 

Er würde auch auf Grund seiner Religionszugehörigkeit verfolgt. Die Familie sei aufgefordert worden zum islamischen Glauben zu konvertieren, wenn sie weiterhin in Kirgisistan bleiben würden. Seine Schwiegermutter würde weiterhin in Kirgisistan dazu aufgefordert werden. Die Familie sei seit Ende 2006 bis zu drei Mal pro Woche von muslimischen Vertretern aufgesucht und aufgefordert worden zu konvertieren. Er hätte diesen jedes Mal erklärt, dass die Familienmitglieder christlich getauft seien. Sie hätten ihm gesagt, dass die Familie früher oder später konvertieren müsste, wenn sie in Kirgisistan bleiben wolle. Körperlich sei er nicht angegriffen worden. Auf die Frage, warum er dieses Vorbringen bis zur Verhandlung vor dem Asylgericht nicht erstattet habe, gab er an, dass er sich in einem Schockzustand befunden hätte, als er nach Österreich gekommen sei. Bei der zweiten Einvernahme hätte er es deshalb nicht gesagt, da er zu diesem Zeitpunkt krank gewesen sei (Fieber). Er hätte es vorbringen wollen, aber der zuständige Einvernehmende hätte andere Sachen hören wollen. Er hätte auch die Verletzungen seines mittleren Sohnes erzählen wollen, der in der Schule auf Grund seiner Volkszugehörigkeit zusammengeschlagen geworden sei. Auch bei der ersten Einvernahme in Thalham hätte er über meinen Sohn M. sprechen wollen - dies sei aber offensichtlich nicht aufgeschrieben worden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentliche Sachverhalt als erwiesen fest:

 

1. Zur Person:

 

Die beschwerdeführende Partei ist kirgisischer Staatsangehörige, gehört der deutsch-russischen Volksgruppe an, ist russisch-orthodoxen Bekenntnisses, war im Heimatstaat zuletzt wohnhaft in B. reiste am 10.10.2007 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 10.10.2007 einen Asylantrag.

 

Der Beschwerdeführer wurde am 00.00.1966 im Dorf K. geboren und hat in B., gemeinsam mit seiner Ehefrau, welche er 1988 ehelichte, gelebt. Bis zu seiner Ausreise betrieb er eine Werkstätte in B..

 

Im Zuge der Revolution im April 2007 wurde in seine Wohnung eingebrochen und es wurden sämtliche Dokumente, Wertgegenstände und Geld gestohlen. Der Beschwerdeführer und seine Familie befanden sich zu diesem Zeitpunkt bei seiner Schwiegermutter, um den Unruhen zu entgehen. Ebenso wurde in das Auto des Beschwerdeführers eingebrochen. Ende April erhielt der Beschwerdeführer einen Anruf an seinem Handy und wurde von ihm unbekannten "Leuten" aufgefordert, diesen das Eigentumsrecht an seiner Wohnung zu übertragen. Es wurde ihm mitgeteilt, dass er es sich mit den "Leuten nicht verscherzen soll". Ein weiterer Anruf erfolgte am 25. Mai 2007. Der Anruf wurde jedoch von seinem Sohn A. angenommen, der am Telefon - aufgrund einer Verwechslung der Stimme - mit den Drohungen konfrontiert wurde. Ende Juni erstatte der Beschwerdeführer gegen diese "Leute" Anzeige bei der Polizei. Bei einem Treffen mit den "Leuten" wurde der Beschwerdeführer zusammengeschlagen, ihm wurden fünf Zähne ausgeschlagen und seine Zehen am rechten Fuß durch Schläge verletzt. Er wurde aufgefordert, die Anzeige zurückzuziehen und kam der Aufforderung unverzüglich nach. Während eines zweiten Treffens am 3. Juli 2007 wurde sein volljähriger Sohn A. zusammengeschlagen und erlitt eine Gehirnerschütterung. Der Beschwerdeführer selbst war dabei nicht anwesend. Am 5. oder 6. Juli 2007 wurde der Beschwerdeführer während eines dritten Treffens, das von den "Leuten" gefordert worden war, wieder zusammengeschlagen, er wurde mit einem Messer bedroht und unterzeichnete einen Vertrag über den Eigentumsübergang der Wohnung. Bei den "Leuten" handelte es sich um Polizisten (Kirgisen, Usbeken und Uiguren), weshalb diese auch von der vom Beschwerdeführer erstatteten Anzeige wussten. Weiters wurde der Beschwerdeführer laufend aufgefordert, gemeinsam mit seiner Familie zum islamischen Glauben zu konvertieren, wenn die Familie weiter in Kirgisistan bleiben würde.

 

Sein mittlerer Sohn wurde in der Schule auf Grund seiner russischen Volkszugehörigkeit zusammengeschlagen. Die Ehefrau und die beiden minderjährigen Söhne des Beschwerdeführers verließen am 1. oder 2. Juli 2007 Kirgisistan in Richtung Österreich. Der Beschwerdeführer und sein volljähriger Sohn A. verließen Kirgisistan im September 2007 Richtung Österreich.

 

2. Zur Lage in Kirgisistan wird Folgendes festgestellt:

 

Situation der russischen Minderheit:

 

Ethnische Russen machen 10,3 % und ethnische Kirgisen 67,4 % der Bevölkerung Kigisistans aus. Nichtkirgisische Bürger werden diskriminiert, insbesondere von den Behörden. Betroffen sind die Bereiche Arbeitsmarkt, Wohnungsvergaben und Beförderungen. Seit dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 hat sich die Lage der Russen in Kirgisistan verschlechtert. Die meisten Russen haben ihre privilegierte Stellung verloren, auch ihr politischer Einfluss ist geschwunden. Seit März 2005 (Sturz der Regierung Akajew) haben ethnische Minderheiten - besonders die Russen - Befürchtungen über gesteigerten kirgisischen Nationalismus geäußert. Russen und Usbeken sind in der Regierung unterrepräsentiert. Während der Plünderungen nach der Stürmung des Gebäudes der Präsidentenverwaltung im März 2005 haben Geschäfte, die Angehörigen ethnischer Minderheiten gehörte, überproportionale Verluste erlitten. Seither verlassen immer mehr Russen auf Grund der instabilen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Situation, der unsicheren Zukunft des Landes und der Angst vor einem Bürgerkrieg sowie inter-ethnischer Spannungen Kirgisistan. Der Anteil der Russen an der Gesamtbevölkerung ist seit 1991 von 22% auf 13% gefallen. Im Bereich der Polizei und Justiz herrscht Korruption. Kriminelle können sich durch die Zahlung von Bestechungen der Strafverfolgung entziehen.

 

Der Präsident, Kurmanbek Bakijew, wurde direkt für einen Zeitraum von fünf Jahren gewählt. Er ernennt den Premierminister, der vom Parlament gebilligt werden muss.

 

Das Parlament, Jogorku Kenesh, hat seit 2003 eine Kammer und 75 Mitglieder, die direkt in Einmandat-Wahlkreisen für einen Zeitraum von fünf Jahren gewählt wurden. Da viele Bürger und auch politische Führungspersönlichkeiten, wie Rosa Otunbajewa, weiterhin davon überzeugt sind, dass die derzeitigen Mitglieder kein echtes Mandat zur Vertretung des Volkes haben, ist die Position des Parlaments geschwächt. Weit verbreitet ist auch die Ansicht, die Abgeordneten seien stark darauf bedacht, persönliche und Interessen des "Clans" zu fördern, statt im nationalen Interesse zu handeln. Derzeitiger Parlamentspräsident ist Marat Sultanow.

 

Im Frühjahr 2006 gründete die Opposition die gemeinsame Plattform Za Reformy ("Für Reformen") und veranstaltete große Demonstrationen. Nach anderthalb Jahren politischer und verfahrensrechtlicher Streitigkeiten kam es im November 2006 zu einem Machtkampf zwischen Exekutive und Parlament. Die regierungsfeindlichen Demonstrationen im Zentrum der Hauptstadt Bischkek nahmen zu und wurden mit der Veranstaltung regierungsfreundlicher Demonstrationen beantwortet. Tausende Angehörige der Truppen des Innenministeriums und der Bereitschaftspolizei wurden mobilisiert, um das Weiße Haus zu schützen und eine Wiederholung der "Tulpenrevolution" zu verhindern.

 

Während die Demonstrationen andauerten, zeigte sich einige Tage später, dass das Parlament weder in der Lage war, einen von Präsident Bakijew eingebrachten Verfassungsentwurf zu erörtern noch einen konkurrierenden Verfassungsentwurf anzunehmen. Die Spannungen auf der Straße eskalierten, die Bereitschaftspolizei löste die Menge mit Schockgranaten und Tränengas auf. Angesichts der Gefahr eines Abdriftens in unkontrollierbare Gewalt und Chaos einigten sich Präsident Bakijew und seine Kontrahenten rasch auf eine neue Verfassung und Präsident Bakijew nutzte diese Gelegenheit, um einige der früheren Befugnisse des Präsidenten wieder einzusetzen, die dem Parlament überlassen worden waren.

 

Aus nicht ganz erkennbaren Gründen gab Premierminister Kulow seinen Rücktritt bekannt, offenbar entsprechend einer Abmachung mit Präsident Bakijew, deren Ziel darin bestand, die Zustimmung des Parlaments zu den Änderungen an der Verfassung zu vereinfachen. Die Änderungen wurden angenommen, und Präsident Bakijew unterzeichnete im Januar 2007 die neue Verfassung.

 

Das Parlament lehnte danach zweimal die vom Präsidenten vorgeschlagene Ernennung von Kulow zum Premierminister ab. Den späteren Aussagen Kulows zufolge hatte Bakijew versprochen, ihn auch ein drittes Mal zu nominieren, wodurch das Parlament gezwungen gewesen wäre, entweder zuzustimmen oder sich aufzulösen. Bakijew entschied sich jedoch, einen unauffälligen, loyalen Gefolgsmann namens Azim Isabekow zu nominieren, der gebilligt wurde, jedoch bereits zwei Monate später zurücktrat. Danach wurde der gemäßigte Oppositionspolitiker Almazbek Atambajew Premierminister.

 

Kulow steht heute an der Spitze der Partei Ar-Namys ("Würde"). Im Februar 2007 gab er die Gründung einer neuen Oppositionsbewegung, "Vereinte Front für eine würdige Zukunft Kirgisistans", bekannt. Diese Bewegung drängt auf den sofortigen Rücktritt von Präsident Bakijew und hat die Opposition gespalten. Mitte April 2007 kam es wieder zu regierungsfeindlichen Protesten in Bischkek. Die Opposition forderte erneut Änderungen der Verfassung, um die Befugnisse des Präsidenten einzuschränken. Nachdem es bei den Protesten zu Gewalttätigkeiten gekommen war, griffen die Sicherheitskräfte ein und räumten den Ala-Too-Platz in der Nähe des Weißen Hauses, der als Ausgangspunkt für die Demonstrationen gedient hatte. Später folgten Razzien in einer Druckerei, die mit Unterstützung der USA eingerichtet worden war, und in der Dokumente der Opposition konfisziert wurden, sowie Durchsuchungen im Hauptquartier der Vereinten Front Kulows.

 

Die Judikative gilt in weiten Kreisen der Öffentlichkeit als äußerst korrupt und weit davon entfernt, unabhängig zu sein. Vorwürfe, die Judikative habe ebenso wie die politische Elite enge Beziehungen zum organisierten Verbrechen, werden im Land immer wieder laut, Experten stimmen dem zumindest teilweise zu. Es herrscht allgemein Übereinstimmung darüber, dass seit der Revolution das organisierte Verbrechen durch die Spaltungen und Schwächen begünstigt wurde, die heute kennzeichnend für die Staatsbehörden sind. Eine Reihe von Morden steht in Zusammenhang mit dieser Entwicklung. Mehrere Abgeordnete wurden erschossen, was das Parlament dazu veranlasste, Rechtsvorschriften zu erlassen, um seinen Mitgliedern das Tragen von Waffen zu gestatten.

 

Die weit verbreitete Desillusionierung scheint auch das Interesse am radikalen Islamismus zu erhöhen, der sich selbst als Alternative zu Korruption, Kriminalisierung und fehlender Ordnung darstellt. Dieses Interesse und die Schwäche der staatlichen Sicherheitsstrukturen scheinen auch zu einer Zunahme der Tätigkeiten gewalttätiger Gruppen geführt zu haben. Im vergangenen Jahr kam es im Fergana-Tal an oder nahe der Grenze zu Tadschikistan zu einigen Vorfällen, die Opfer forderten, und an denen auch mutmaßliche Terroristen beteiligt waren. Die Ermordung des populären Imams Mohammad Rafah Kamalow im August 2006, dem die Behörden zunächst vorgeworfen hatten, ein Radikaler zu sein, der mit Extremisten zusammenarbeitet, rief großen Zorn hervor.

 

Die Lage der Menschenrechte ist in vieler Hinsicht besorgniserregend, zu den größten Problemen gehören politisch motivierte Morde, Folter, sehr schlechte Bedingungen in den Gefängnissen und Gewalt gegen Frauen. Die Durchsetzung der Menschenrechte wird auch durch mangelnde rechtsstaatliche Tradition und eine fehlende unabhängige Justiz erschwert. Es gibt weder eine rechtstaatliche Tradition noch eine unabhängige Justiz. In der Praxis ist die Folter nicht abgeschafft. Die Zustände auf Polizeistationen, in der Untersuchungshaft und in Gefängnissen sind in vielen Fällen menschenwidrig.

 

Kriminalität und Korruption:

 

Als Folge der schwierigen Wirtschaftslage nimmt die Kriminalität stark zu. Korruption, Amtsmissbrauch, Übergriffe durch Staatsorgane, Fehlverhalten und Polizeigewalt sind ein weit verbreitetes Problem. Insbesondere auch aufgrund der herrschenden Unterbezahlung stellt Bestechung und Korruption ein großes Problem in Kirgisistan dar. Seitens der Regierung werden aber auch Schritte zur Bekämpfung der Korruption im Privaten- wie auch im Öffentlichensektor gesetzt, trotzdem stellt Korruption auf allen Ebenen der Gesellschaft weiterhin ein Problem dar.

 

Beweis wurde erhoben durch die Einvernahme des Beschwerdeführers durch die Behörde erster Instanz am 22.10.2007, sowie durch die Befragung des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung des Asylgerichtshofes vom 31.07.2008, weiters durch Einsicht in den amnesty international Jahresbericht 2007, ACCORD- Anfragebeantwortungen vom 15.2.2007 und 27.6.2006, Länderfeststellungen, Mitteilung über die kirgisische Republik des EU-Parlaments vom 09.05.2007, Bericht vom Freedom-House, Kirgisistan (2008).

 

III. Beweiswürdigung:

 

Der Beschwerdeführer erweckt in der mündlichen Berufungsverhandlung einen persönlich glaubhaften Eindruck. Die zentralen fluchtauslösenden Ereignisse vermochte der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof detailreich, engagiert und anschaulich zu schildern. Er antwortete auf die ihm gestellten Fragen gewissenhaft und detailreich und überzeugend, sodass in einer Zusammenschau sämtlicher Angaben ein detailreiches nachvollziehbares und geschlossenes Bild der fluchtauslösenden Vorfälle entstand. Ungereimtheiten in den Angaben konnten während der Beschwerdeverhandlung nicht festgestellt werden.

 

Zu den Ausführungen des Bundesasylamtes, dass die Aussagen des Beschwerdeführers nicht ausreichend substantiiert gewesen seien und zum Teil die Angaben der Ersteinvernahme im Hinblick auf den Zeitpunkt der ersten Misshandlung widersprüchlich zu den Angaben in der zweiten Einvernahme, sowie zu den Angaben seiner Ehefrau seien, ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer stets gleichlautende Angaben getätigt hat und die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Widersprüche ausschließlich einen Zeitraum von 24 Stunden, sowie der Widerspruch zu Aussagen der Ehefrau zwei bis drei Tage betroffen haben. Die Ausführungen des Beschwerdeführers sind sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Verfahren vor dem Asylgerichtshof durchaus klar, konkret und in hinreichender detailliert. Der Beschwerdeführer schilderte den Sachverhalt in sämtlichen Einzelheiten. Er war in der Lage diejenigen Vorfälle, die zur Ausreise geführt haben, konkret zu beschreiben. Das Vorbringen des Beschwerdeführers und auch seiner Ehefrau und seines volljährigen Sohnes entspricht durchaus den allgemeinen Erfahrungen und ist auch mit den politischen historischen Geschehnissen und den bereits erfolgten Misshandlungen, sowie der Aussagen der einvernommenen Familienmitglieder untereinander zum Zeitpunkt der Verfolgung in Einklang zu bringen. Es erscheint somit keineswegs mit den allgemeinen Verhältnissen in Kirgisistan unvereinbar. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe sind als wahrscheinlich anzusehen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist sowohl im erstinstanzlichen als auch im zweitinstanzlichen Verfahren gleichlautend und es sind keine Abweichungen zu erkennen.

 

Die Feststellungen zur Lage in Kirgisistan ergeben sich aus den zuvor zitierten Unterlagen.

 

Da die Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Situationsdarstellungen zu zweifeln. Auch seitens der Parteien wurden hinsichtlich der herangezogenen Quellen keine Einwände erhoben.

 

IV. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG sind beim Unabhängigen Bundesasylsenat am 01.07.2008 anhängige Verfahren in denen bis zu diesem Zeitpunkt keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, vom dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

§ 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 besagt:

 

Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Gemäß Abs. 5 leg. cit. ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die

 

Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Flüchtling ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung."

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in

 

dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen.

 

Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht, (zB VwGH vom 19.12.1995, 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998, 98/01/0262). Im Hinblick auf die den Beschwerdeführer treffenden Ereignisse des Frühling/Sommer 2007 ist die Furcht vor Verfolgung des Beschwerdeführers objektiv nachvollziehbar.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung ausgeführt, dass als Fluchtgründe unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes nur solche Maßnahmen in Betracht kommen, die einen weiteren Verbleib im Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich erscheinen lassen (VwGH vom 16.09.1992, 92/01/0544, VwGH vom 07.10.2003, 92/01/1015, 93/01/0929, u.a.).

 

Die vom Asylwerber vorgebrachten Eingriffe in seine vom Staat zu schützende Sphäre müssen in einem erkennbaren zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise aus seinem Heimatland liegen. Die fluchtauslösende Verfolgungsgefahr bzw. Verfolgung muss daher aktuell sein (VwGH 26.06.1996, Zl. 96/20/0414) - Verfolgung im Frühling/Sommer 2007 - Flucht September 2007. Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

 

Die Würdigung der Erstbehörde, der Beschwerdeführer hätte keine Verfolgung im Sinne der GFK glaubhaft machen können, ist jedenfalls verfehlt und kann auch hinsichtlich der getroffenen Länderfeststellungen im konkreten Fall des Beschwerdeführers von keiner hinreichenden Schutzfähigkeit bzw. -willigkeit des kirgisischen Staates ausgegangen werden.

 

Die Verfolgungsgefahr beruht auch auf einem in der GFK anerkannten Verfolgungsgrund, nämlich aufgrund einer speziellen Mischlage aus ethnischen (Zugehörigkeit zur deutsch-russischen Minderheit) und religiösen (Zugehörigkeit zum christlich-orthodoxen Glauben) Elementen. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer keinesfalls mit einem effektiven staatlichen Schutz rechnen kann - im Gegenteil scheint die Verfolgung durch Vertreter staatlicher Einrichtungen zu erfolgen - ist nicht davon auszugehen, dass für den Beschwerdeführer die Möglichkeit besteht in irgendeinem Teil der Republik Kirgisistan Schutz vor der gegenständlichen Verfolgung zu finden, weshalb die Annahme einer innerstaatlichen Flucht- bzw. Schutzalternative ausscheidet.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Kirgisistan mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Eingriffe von sehr hoher Intensität in ihre zu schützende persönliche Sphäre (Leben, Gesundheit, Freiheit) drohen und zwar aus einem in der GFK angeführten Verfolgungsgrund.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
ethnische Verfolgung, gesamte Staatsgebiet, Religion, Schutzunfähigkeit, Schutzunwilligkeit, Volksgruppenzugehörigkeit
Zuletzt aktualisiert am
11.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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