C7 222637-22/2008/30E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde des S.A., geb. 00.00.1973, StA.
Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.12.2005, AZ:
04 10.193-BAW, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl 1991/51 idgF, als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 02.04.2001 seinen ersten Asylantrag. Bei seiner am 04.05.2001 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme gab er bezüglich seiner Fluchtgründe zusammengefasst an, dass er in seiner Heimatstadt X Generalsekretär der PML gewesen sei. Nach dem Putsch wollte die pakistanische Armee den Justizminister von X verhaften, woraufhin sich der Minister etwa eine Woche im Haus des Beschwerdeführers versteckt habe. Eine Woche später sei der Minister jedoch verhaftet worden. Er sei gemeinsam mit dem Präsidenten der PML X angezeigt worden, Lebensmittel von Regierungslagern nach Afghanistan geschmuggelt zu haben. Der Minister und der Präsident hätten der Armee gesagt, dass auch der Beschwerdeführer an diesem Schmuggel teilgenommen habe. Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, dass XY einen Mann namens M.K., welcher auch Mitglied der PML gewesen sei, ermordet habe, jedoch in der Mordsache auch den Namen des Beschwerdeführers erwähnt habe, weshalb der Beschwerdeführer verhaftet worden sei. Für eine Kaution von 10.000 Rupien sei der Beschwerdeführer wieder freigelassen worden.
Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.05.2001, Zl. 01 07.728-BAL, gemäß § 6 Z 2 und 3 AsylG 1997 als offensichtlich unbegründet abgewiesen (Spruchteil I) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Pakistan gemäß § 8 AsylG zulässig ist (Spruchteil II). Das Vorbringen des Asylwerbers wurde vom Bundesasylamt als offensichtlich unbegründet und unglaubwürdig gewertet.
Dagegen richteten sich die rechtzeitig erhobene Berufung vom 25.05.2001 sowie die Berufungsergänzung vom 09.08.2001.
Bezüglich der Berufungsergänzung vom 09.08.2001 wurde mit Schreiben vom 17.09.2001 eine Stellungnahme des Bundesasylamtes eingebracht, in welcher kurz zusammengefasst vorgebracht wurde, dass die Berufungsergänzung nicht geeignet sei, die Überzeugung von der Richtigkeit der im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen Feststellungen zu erschüttern, vielmehr seien durch die nachträgliche Wissenserweiterung, Vorbringenssteigerung und teilweise Abänderung des ursprünglichen Vorbringens zusätzliche Widersprüchlichkeiten geschaffen worden bzw. sei die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers erheblich erschüttert worden.
Im Schreiben vom 30.09.2002 schilderte der Beschwerdeführer nochmals sein Fluchtvorbringen und legte unter anderem einen Mitgliedsausweis der PML/College, sowie ein Schreiben des Präsidenten der PML X, in welchem bestätigt wurde, dass der Beschwerdeführer Generalsekretär der PML in X gewesen sei, bei.
Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts wurde am 28.01.2003 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor der (damaligen) Berufungsbehörde abgehalten.
Mit Bescheid vom 26.05.2003, Zl. 222.637/0-II/06/01, gab der Unabhängige Bundesasylsenat
der Berufung des Beschwerdeführers vom 25.05.2001 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.05.2001, Zl. 01 07.728-BAL, gemäß § 32 Abs. 2 AsylG 1997 statt, der bekämpfte Bescheid wurde behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Zur Abklärung der pakistanischen Rechtslage wurden am 04.06.2003 und am 01.07.2003 an die pakistanische Botschaft in Wien allgemeine Anfragen hinsichtlich des Bestehens der Möglichkeit, im Falle einer Mordanklage durch Hinterlegung einer Kaution auf freien Fuß gesetzt zu werden, gerichtet. Aus der Anfragebeantwortung ging hervor, dass bei schwerwiegenden Arten von Mord wie etwa vorsätzlicher Mord oder Terrorismus eine Enthaftung auf Kaution ausscheide. Ebenso sei eine Enthaftung auf Kaution nicht möglich, wenn zu befürchten ist, dass sich der Verdächtige verbergen oder fliehen werde. Als Minimalbetrag der Kaution könne im Falle einer Mordanklage der Betrag von 50.000 Rupien gesehen werden.
Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.07.2003, Zl. 01 07.728-BAL, gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchteil I) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Pakistan gemäß § 8 AsylG zulässig ist (Spruchteil II). Das Vorbringen des Asylwerbers wurde vom Bundesasylamt als unglaubwürdig gewertet.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 25.07.2003 durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt zugestellt und erwuchs am 08.08.2003 in Rechtskraft.
2. Am 09.04.2004 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Asylantrag.
Bei der am 16.12.2004 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer an, dass er Österreich seit seiner Einreise im Jahr 2001 nicht mehr verlassen habe. Er habe in Pakistan Probleme und deshalb wolle er nochmals um Asyl ansuchen. Befragt, ob der Beschwerdeführer neue Unterlagen oder Beweismittel vorlegen könne, brachte dieser vor, dass er einen Brief seines Vaters, einen Mitgliedsausweis der MSF sowie eine Bestätigung von A.F., aus welcher hervorgeht, dass er der Sekretär der MSF war, vorlegen wolle. Er habe alle diese Dokumente bereits im Jahr 2002 von seinem Vater erhalten und habe diese Schriftstücke auch schon vor der (damaligen) Berufungsbehörde vorgelegt. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer nunmehr neue Gründe für die Begründung seines nunmehrigen Asylantrages vorbringen könne, antwortete der Beschwerdeführer, dass er immer noch dieselben Probleme habe wie bei seinem ersten Asylantrag. Im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan befürchte der Beschwerdeführer, von der Polizei festgenommen und eingesperrt zu werden.
Mit Bescheid vom 13.12.2005, Zl. 04 10.193 - BAW, wies das Bundesasylamt den Asylantrag vom 09.04.2004 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Der Bescheid wurde am 17.12.2005 dem Beschwerdeführer per Hinterlegung beim zuständigen Postamt zugestellt.
Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht am 02.01.2006 eine Beschwerde.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). "Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207). Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Beschwerde nicht neu geltend gemacht werden (s. z.B. VwSlg. 5642A, VwGH 28.11.1968, 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Beschwerdeverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).
Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, Zl. 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, Zl. 92/12/0127; 23.11.1993, Zl. 91/04/0205; 26.04.1994, Zl. 93/08/0212; 30.01.1995, Zl. 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, Zl. 83/07/0274; 21.02.1991, Zl. 90/09/0162; 10.06.1991, Zl. 89/10/0078; 04.08.1992, Zl. 88/12/0169; 18.03.1994, Zl. 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, Zl. 1202/58; 03.12.1990, Zl. 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH vom 24.02.2000, Zl. 99/20/0173-6).
2. Im zweiten Asylverfahren brachte der Beschwerdeführer vor, dass er dieselben Probleme wie bei seinem ersten Asylverfahren geltend machen wolle und legte diesbezüglich einige Schriftstücke als Beweismittel vor, welche er aber schon während seines ersten Asylverfahrens von seinem Vater erhalten hat und damals bei der Beschwerdeinstanz eingebracht hat.
Bei diesem Vorbringen handelt es sich um Umstände, die der Beschwerdeführer bereits in seinem ersten Asylverfahren vorgebracht hat, die bereits Gegenstand dieses ersten Asylverfahrens waren und zu einer negativen rechtskräftigen Entscheidung geführt haben, in welcher die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers als unglaubhaft gewertet wurden. Die Aufrechterhaltung derselben Verfolgungsbehauptung und die Bezugnahme darauf stellen sich nicht als wesentlich geänderter Sachverhalt, sondern als Bekräftigung (bzw. als Behauptung des "Fortbestehens und Weiterwirkens", VwGH 20.3.2003, 99/20/0480) eines Sachverhalts dar, über den bereits rechtskräftig abgesprochen wurde.
Auch die Beweismittel waren bereits Gegenstand des ersten - rechtskräftig abgeschlossenen - Asylverfahrens.
Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesasylamt von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen wären, vor, da sich die allgemeine Situation in Pakistan bezogen auf den Gesamtstaat in der Zeit, bis der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde, nicht wesentlich geändert hat, wie sich der Asylgerichtshof durch Beachtung der Quellenlage versichert hat.
Mit diesen Ausführungen ist klargestellt, dass in der persönlichen Sphäre des Beschwerdeführers keine Umstände eingetreten sind, welche geeignet wären, einen zulässigen neuerlichen Asylantrag zu begründen, sind doch diesem Vorbringen keine neuen asylrelevanten Sachverhaltsänderungen zu entnehmen, die eine andere Beurteilung zuließen.
Da sich auch die Rechtslage in der Zwischenzeit nicht entscheidungswesentlich geändert hat, ist das Bundesasylamt im Ergebnis daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Behandlung des zweiten Asylantrages das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.
3. Gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 c AsylG 2005 war in diesem Fall durch Einzelrichtererkenntnis zu entscheiden.