TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/30 97/02/0171

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.03.2001
beobachten
merken

Index

L46106 Tierhaltung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
TierschutzG Stmk 1984 §8 Abs2 idF 1993/045;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des L in E, vertreten durch Dipl. Ing. Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in Graz, Griesplatz 2/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 16. August 1996, Zl. 8 - 78 La 2/3-96, betreffend Haltung von Wildtieren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 7. März 1996 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 und 3 des Steiermärkischen Tierschutz- und Tierhaltegesetzes (LGBl. Nr. 74/1984, i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 45/1993, im Folgenden kurz: TG) i.V.m. dem Fleischuntersuchungsgesetz und der Fleischuntersuchungsverordnung die Bewilligung zur Haltung und Züchtung von Wildtieren für nichtjagdliche Zwecke und zwar zur Haltung von Rotwild und zur Haltung von Damwild, jeweils in einem getrennten Gatter, im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zur Zucht und zur Gewinnung von Fleisch auf näher bezeichneten Grundstücken "auf der Basis des Bewilligungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 13.07.89, GZ: 8 L 47/1989, sowie der darin vorgeschriebenen Auflagen unter Vorschreibung nachstehender weiterer Auflagen/Bedingen weiterhin" erteilt:

"1. Die Trennung von Rotwild und Damwild, jeweils Haltung in einem eigenen Gatter, welches sämtliche vorgeschriebenen Gattereinrichtungen beinhalten muss, ist bis längstens 30.07.1997 herzustellen.

2. Diese Bewilligung wird auf die Dauer von 10 Jahren, das ist bis 30.05.2006 erteilt.

3. Sollte im Einzugsbereich des Geheges in freier Wildbahn künftig Rotwild, und sei es als Wechselwild, vorkommen, ist die Haltung von Rotwild umgehend aufzugeben."

Gegen die zitierte Auflage 3. erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung, welche mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. August 1996 als unbegründet abgewiesen wurde.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 25. Februar 1997, B 3239/96, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

§ 8 TG lautet:

"(1) Das Halten von Wildtieren, außer in Wildgattern gemäß § 4 Steiermärkisches Jagdgesetz 1986, LGBl. Nr. 23, in der geltenden Fassung, ist verboten.

(2) Die Behörde kann Ausnahmen vom Verbot des Abs. 1 bewilligen, wenn den Bedürfnissen des Tierschutzes Rechnung getragen wird, das Wildtier im Bereich des geplanten Geheges in freier Wildbahn nicht, auch nicht als Wechselwild, vorkommt, und

a) die Haltung von Rot-, Dam-, Muffel- oder Schwarzwild im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zur Zucht oder Gewinnung von Fleisch erfolgt oder

b) die Tierhaltung im öffentlichen Interesse liegt.

(3) Die Behörde kann die Bewilligung gemäß Abs. 2 befristen sowie durch Auflagen oder Bedingungen sicherstellen, dass den Bedürfnissen des Tierschutzes Rechnung getragen wird."

Der Verwaltungsgerichtshof teilt zunächst die Ansicht der belangten Behörde, dass die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides angeführte Bewilligung der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 13. Juli 1989, womit dem Beschwerdeführer unter Berufung auf § 8 Abs. 2 und 3 TG (in der Stammfassung) die Bewilligung zur Haltung und Züchtung von "Wildtieren für nicht jagdliche Zwecke" erteilt wurde, lediglich "Damwild" (und nicht auch "Rotwild") betraf, was sich nicht nur aus dem in der Begründung zitierten "Befund und Gutachten", sondern auch daraus ergibt, dass weiters in der Begründung dieses Bescheides (die nach der ständigen hg. Rechtsprechung bei einem unklaren Spruch zu dessen Auslegung heranzuziehen ist) auch im Zusammenhang mit der Fläche von einem "Damwildgatter" die Rede ist.

Nach der Aktenlage wurde der den Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides vom 7. März 1996 bildende Antrag des Beschwerdeführers anlässlich einer mündlichen Verhandlung am 27. November 1995, betreffend die Überprüfung des gegenständlichen "Wildgatters" gestellt, und zwar dahin, dass der Beschwerdeführer zunächst angab, schon jetzt neben Damwild auch Rotwild zu halten und sodann den Antrag stellte, eine Frist bis 30. September 1997 "für die Trennung des Rotwildes von Damwild" einzuräumen.

Dieser Antrag des Beschwerdeführers konnte daher durchaus als Antrag auf Bewilligung der Haltung auch von Rotwild angesehen werden, zumal der Beschwerdeführer - wie erwähnt - nicht Inhaber einer solchen war.

Allerdings erweist sich der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 7. März 1996 und damit auch der diesen aufrecht erhaltende angefochtene Bescheid vom 16. August 1996 mit folgender Rechtswidrigkeit belastet:

Voraussetzung für eine Bewilligung nach § 8 Abs. 1 TG war jedenfalls u.a., dass "das Wildtier im Bereich des geplanten Geheges in freier Wildbahn nicht, auch nicht als Wechselwild, vorkommt" (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 6. August 1996, Zl. 96/02/0192). In der Begründung des angefochtenen Bescheides legt die belangte Behörde allerdings dar, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Äußerung des Bezirksjägermeisters "korrigiert" werden müsse; auch während der Zeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens sei Rotwild im Bereich des Geheges zumindest als Wechselwild vorgekommen. Es sei daher auch rechtlich zutreffend, wenn der forstliche Amtssachverständige der belangten Behörde ausführe, dass die Haltung von Rotwild im gegenständlichen Gehege "nicht bewilligt bzw. das Rotwild aus dem Gatter ehestmöglich entfernt werden müsse".

Ausgehend davon war die belangte Behörde - sollte diese Feststellung zutreffen - gemäß § 66 Abs. 4 AVG verpflichtet, die angestrebte Bewilligung zu versagen (zumal nach der ständigen hg. Rechtsprechung im Administrativverfahren das Verbot der reformatio in peius nicht gilt und die vom Beschwerdeführer bekämpfte Auflage zu 3. vom bewilligenden Spruch nicht trennbar ist). Dadurch, dass die belangte Behörde (lediglich) die Berufung gegen diese Auflage abwies, hat sie allerdings durch die so erfolgte Übernahme des restlichen Teiles des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides (hinsichtlich dessen durch die Untrennbarkeit nicht etwa "Teilrechtskraft" eingetreten ist) den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil er in sich widersprüchlich ist:

Einerseits wird dadurch nämlich dem Beschwerdeführer die Bewilligung (auch) für die Haltung von Rotwild erteilt, was der Beschwerdeführer aber andererseits nach der erwähnten Feststellung über das Vorkommen des Rotwildes im Bereich des Geheges von vornherein unterlassen müsste. Am Rande sei erwähnt, dass dann, wenn ein solches Vorkommen des Rotwildes noch nicht zu bejahen wäre, die zu 3. vorgeschriebene Auflage dem Bestimmtheitsgebot des § 59 AVG (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 448, zitierte hg. Vorjudikatur) widersprechen würde, zumal es nicht Aufgabe des Beschwerdeführers sein kann, den "Einzugsbereich" des Geheges oder etwa die Einstufung des Rotwildes als "Wechselwild" einzuschätzen, um die Haltung von Rotwild aufgeben zu müssen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand zu nehmen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren betreffend Umsatzsteuer war abzuweisen, weil diese bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwandersatz enthalten ist. Ersatz von Bundesstempeln war nicht zuzusprechen, weil im Falle der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz von Stempelgebühren gebührt, die er im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten musste (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. August 1996, Zl. 96/02/0165).

Wien, am 30. März 2001

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Inhalt des Spruches Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1997020171.X00

Im RIS seit

20.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten