TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/26 B9 304752-1/2008

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Veröffentlicht am 26.08.2008
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Spruch

B9 304.752-1/2008/8E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde des A.S., geb. 00.00.1983, StA.:

Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.08.2006, FZ. 06 07.616-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

SPRUCH

 

Der Antrag auf internationalen Schutz von A.S. vom 21.07.2006 wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen. A.S. wird der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

 

II. Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG wird A.S. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt.

 

III. Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG wird A.S. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Der Berufungswerber (in der Folge Beschwerdeführer genannt) behauptete im Zuge des Asylverfahrens Staatsangehöriger von Indien zu sein und am 20.07.2006 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist zu sein. Am 21.07.2006 brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

Bei der Erstbefragung am 21.07.2006, durchgeführt durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der PI Traiskirchen, EAST Ost, gab der Beschwerdeführer an, dass er schlepperunterstützt von Delhi nach Moskau geflogen wäre. Von Moskau wäre er wiederum schlepperunterstützt in einem Lkw versteckt durch ihm unbekannte Länder bis nach Österreich gebracht worden. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er in seiner Heimat von einer Jugendbande geschlagen und mit dem Umbringen bedroht worden wäre. Er hätte dies der Polizei gemeldet, jedoch hätte diese nichts unternommen, da von der Bande politischer Einfluss auf sie genommen wurde.

 

Am 31.07.2006 und am 03.08.2006 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines geeigneten Dolmetschers der Sprache Punjabi durch das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, niederschriftlich einvernommen. Im Zuge dieser Einvernahme brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vor:

 

Einvernahme am 31.07.2006:

 

"Frage: Können Sie genauere Angaben über die Reise von Moskau nach Österreich machen?

 

Antwort: Ich war in dem Lkw versteckt. Wir sind nur nachts stehen geblieben, damit wir nicht erfahren konnten, wo wir sind.

 

Frage: Wie oft sind Sie stehen geblieben?

 

Antwort: Etwa 7 - 8 Mal.

 

Frage: Was haben Sie dabei wahrgenommen oder gesehen?

 

Antwort: Nein, es war immer in der Nacht in einem Wald.

 

Frage: Wurden Sie während der Fahrt angehalten oder kontrolliert?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie Grenzkontrollen wahrgenommen?

 

Antwort: Wir sind teilweise auch durch Waldwege zu Fuß gegangen, aber wir wurden nie kontrolliert.

 

Frage: Sind Sie mit Ihrem eigenen RP ausgereist?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Wann und von wem wurde der Reisepass ausgestellt?

 

Antwort: Vom Passamt in Jalandhar Anfang des Jahres 2006.

 

Frage: Wo befindet sich der Reisepass jetzt?

 

Antwort: Den hat mir der Schlepper in Moskau abgenommen.

 

Frage: Hatten Sie auch ein Visum in Ihrem Reisepass?

 

Antwort: Der Schlepper hat mir ein russisches Visum besorgt.

 

Frage: Wie viel mussten Sie für die Schleppung bezahlen?

 

Antwort: Mein Vater hat alles bezahlt, ich weiß nicht wie viel er dafür bezahlt hat.

 

Frage: Haben Sie jemals in einem EU-Staat einen Asylantrag gestellt?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Sind Sie ansonsten jemals in einen EU-Staat eingereist?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Sind Sie vorbestraft oder haben Sie strafbare Handlungen begangen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Waren Sie jemals in Haft?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Besteht gegen Sie in Ihrem Heimatland ein Haftbefehl?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Werden Sie derzeit von den Behörden in Ihrem Heimatland gesucht?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Hatten Sie jemals Probleme mit den Behörden in Ihrem Heimatland?

 

Antwort: Es war nur manchmal die Polizei bei uns, weil die anderen Parteimitglieder uns angezeigt haben, sonst nichts.

 

Frage: Waren Sie jemals aktiv politisch tätig oder einer Partei zugehörig?

 

Antwort: Ich war eingeschriebenes Mitglied der BJP seit 2004. Meine Mitgliedskarte werde ich mir nachschicken lassen.

 

Frage: Haben Sie dabei auch eine Funktion ausgeübt?

 

Antwort: Ich habe an Versammlungen teilgenommen und bei Wahlen Werbung gemacht und Plakate angebracht.

 

Frage: Geben Sie alle Gründe an, weswegen Sie Ihr Heimatland verlassen haben und in Österreich einen Asylantrag stellen.

 

Antwort: Die Mitglieder der Kongress-Partei haben mir mein Leben schwer gemacht. Sie haben mich 3 Mal geschlagen. Sie haben mich auf der Straße aufgehalten und geschlagen.

 

Frage: Schildern Sie etwas genauer, was dabei vorgefallen ist?

 

Antwort: Mein Onkel, V.K., ist seit 2 Jahren verschollen und wir wissen bis heute nicht, wo er ist. Er war auch Mitglied der BJP und wurde von den Mitgliedern der Kongress-Partei bedroht. Er hatte ein Lebensmittelgeschäft und seit er verschollen ist, war ich in dem Geschäft. Die Leute der Kongress-Partei kamen seitdem immer in das Geschäft und haben nach ihm gefragt. Dabei haben sie mich auch geschlagen. Einige Male kam auch die Polizei in das Geschäft und hat nach ihm gefragt. Die Mitglieder der Kongress-Partei haben mich auch mit dem Umbringen bedroht. Deswegen habe ich Anzeige bei der Polizei erstattet. Ich war bei der Polizeidienststelle in L.G. und zwar im Jahr 2005 einmal und 2006 einmal und habe dort Anzeige erstattet. Ich habe danach auch noch mehrmals bei der Polizei nachgefragt, aber sie haben mich nur geschimpft und wieder nach Hause geschickt. Das ist so, weil die Kongress-Partei an der Regierung ist. Ich habe die letzten 3 Monate, bevor ich das Land verlassen habe, das Geschäft nicht mehr aufgesperrt, weil ich Angst hatte, dass sie mich umbringen oder entführen könnten. Das waren meine ganzen Probleme.

 

Vorhalt: Warum haben Sie bei Ihrer Erstbefragung angegeben, dass Sie von einer Jugendbande bedroht wurden und nichts von den politischen Parteien erwähnt?

 

Antwort: Das war eine Schlägerbande, die mit Mitgliedern der Kongress-Partei mit waren. Ich glaube, dass es auch Mitglieder der Kongress-Partei waren. Einige Mitglieder habe ich gekannt. Ich habe auch der Erstbefragung gesagt, dass sie zur Kongress-Partei gehören.

 

Frage: Wann wurden Sie das letzte Mal bedroht?

 

Antwort: Vor zwei Monaten.

 

Frage: Waren Sie wegen dieser Vorfälle irgendwann im Spital?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Wovon haben Sie Ihren Lebensunterhalt bestritten?

 

Antwort: Mein Vater hatte auch ein Geschäft.

 

Frage: Ist Ihr Vater auch Mitglied der BJP?

 

Antwort: Er war früher auch Mitglied der BJP, aber seit 5 oder 6 Jahren nicht mehr.

 

Frage: Hat außer Ihnen in Ihrer Familie noch irgendjemand Probleme deswegen?

 

Antwort: Zuerst mein Onkel und jetzt ich, sonst niemand.

 

Frage: Wieso dann ausgerechnet Sie?

 

Antwort: Seit mein Onkel verschollen ist, habe ich sein Geschäft übernommen und seitdem habe ich diese Probleme.

 

Frage: Dann haben Sie diese Probleme wegen der Übernahme des Geschäftes?

 

Antwort: Ich habe früher auch schon bei meinem Onkel mitgearbeitet und dann habe ich das Geschäft alleine geführt. Dadurch habe ich die Probleme bekommen.

 

Frage: Hätten Sie nicht in einen anderen Teil Ihres Landes ziehen können?

 

Antwort: Über das habe ich mir keine Gedanken gemacht. Mein Vater hat mir gleich den Schlepper besorgt.

 

Frage: Was glauben Sie, dass Ihnen passieren hätte können, wenn Sie wo anders hingezogen wären?

 

Antwort: Ich war ein oder zwei Mal in Jalandhar. Aber ich habe immer Angst gehabt, dass sie mich vielleicht ausfindig machen. Die Kongress-Partei regiert in ganz Indien.

 

Frage: Was wäre gewesen, wenn Sie nach Delhi gezogen wären?

 

Antwort: Ich habe meinen Eltern gesagt, ich habe Angst in Indien und ich will nicht mehr in Indien bleiben.

 

Frage: Was hätte Ihnen dort konkretes passieren können?

 

Antwort: Sie hätten mich dort ausfindig gemacht.

 

Frage: Warum hätte das noch jemand tun sollen?

 

Antwort: Erstens war ich Mitglied der BJP und zweitens wollten sie unbedingt wissen, wo sich mein Onkel versteckt hält.

 

Frage: Wie glauben Sie, dass Sie in einer so großen Stadt wie Delhi ausfindig gemacht werden könnten?

 

Antwort: Ich habe nie in Delhi gewohnt und weiß nicht, wie es dort ist. Aber ich hatte Angst, dass sie mich überall ausfindig machen hätten können.

 

Frage: Was hätten Sie bei einer Rückkehr in Ihr Heimatland zu befürchten?

 

Antwort: Ich habe Angst vor den Mitgliedern der Kongress-Partei. Mein Leben ist in Gefahr.

 

Frage: Wollen Sie weitere Fluchtgründe angeben oder Ihr Vorbringen ergänzen?

 

Antwort: Ich habe alles gesagt."

 

Einvernahme am 03.08.2006:

 

"Sie haben nunmehr Gelegenheit, zur geplanten Vorgehensweise des Bundesasylamtes Stellung zu nehmen. Wollen Sie diesbezüglich etwas angeben?

 

Antwort: Mein Leben ist in Indien in Gefahr, ich kann nicht zurück.

 

Frage: Haben sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet)?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Leben sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Falls dies der Fall ist, beschreiben sie diese Gemeinschaft.

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Liegt eine anderweitige Integrationsverfestigung ihrer Person vor bzw. inwieweit würde ihr Privat- und Familienleben durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme beeinträchtigt werden

 

Antwort: Nein.

 

Fragen des Rechtsberaters:

 

Keine Fragen, keine Anträge."

 

Am 31.07.2006 wurde dem Beschwerdeführer die Mitteilung gemäß § 23 Abs. 3 AsylG übermittelt und ihm mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen. Mit der Übergabe der Mitteilung wurde das Ausweisungsverfahren eingeleitet. Im Zuge der Inschubhaftnahme wegen illegalen Aufenthaltes in Wien wurde ein Ausweisungsverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, vom 07.08.2006, Zahl: 06 07.616-EAST Ost, wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 iVm § 11 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, dem Beschwerdeführer der Statuts des Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgesprochen. Begründend wurde hierzu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgung im Sinne des AsylG 2005 nicht glaubhaft machen konnte. Der Beschwerdeführer sei in keiner Phase der Befragung in der Lage gewesen, konkrete, detaillierte und differenzierte Angaben zum Sachverhalt darzulegen. Sein nicht und in nichts substantiiertes, auf keinerlei Beweismittel gestütztes Vorbringen, sei lediglich auf wenige schablonenhafte Stehsätze gestützt, die auch nach näherer Hinterfragung keine Facetten hervorgebracht, wie es bei der Schilderung tatsächlich erlebter Ereignisse zu erwarten gewesen wäre. In Verbindung mit der stereotypen Präsentation der Geschichte sei der zwingende Einruck einer bloßen Konstruktion entstanden. Auch wenn man den Angaben des Antragstellers Glauben schenken würde, würde dies nicht zur Asylerlangung führen, zumal die Verfolgung von staatlichen und nicht wie vom Antragsteller vorgebracht durch Leute der Kongresspartei. Zudem wurde seitens der Erstbehörde ausdrücklich auf die Möglichkeit der "innerstaatlichen Fluchtalternative" hingewiesen (siehe Seite 24 des erstinstanzlichen Bescheides).

 

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22.08.2006 fristgerecht eine Berufung (in der Folge Beschwerde genannt) eingebracht und führte darin im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen jedenfalls asylrelevant sei, da er vorgebracht habe, dass er in ganz Indien von Mitgliedern der Kongresspartei verfolgt werde. In einer handschriftlichen Beschwerdesergänzung bringt der Beschwerdeführer hauptsächlich vor beim erstinstanzlichen Interview vom Dolmetscher beschimpft und nicht richtig wiedergegeben worden zu sein.

 

Am 04.10.2006 sowie am 29.01.2007 fand vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

 

Verhandlung vom 04.10.2006:

 

"Frage zur individuellen Verfolgung, wieso haben Sie Ihre Heimat verlassen?

 

Als aller erster möchte ich angeben, dass ich mir auch Beweise für meine Vorbringen schicken habe lassen und möchte ihnen dies Vorlegen. Bitte machen Sie eine Kopie (Beilage 3) davon, damit ich die Originale wieder bekomme. Aus diesen Beweismitteln geht hervor, dass ich ein Mitglied der BJP bin. Aus diesem Grund wurde ich von Anhänger der Congress-Partei schikaniert. Als ich in Indien war, habe ich im Geschäft meines Onkels gearbeitet. Mein Onkel war auch ein BJP Mitglied. Auch mein Onkel wurde von der Congress-Partei schikaniert. Vor ca. 1 1/2 -2 Jahren ist er verschwunden, bis heut ist er nicht mehr aufgetaucht. Ich habe die Polizei um Hilfe gebeten, aber an statt mir zu helfen, wurde ich von ihnen geschlagen.

 

Als diese Schikanen immer mehr wurden, habe ich beschlossen aus Indien zu flüchten.

 

VL: Wer hat Sie Schikaniert?

 

BW: Das sind die Handlanger der Congress-Partei. Damals als ich zur Polizei ging, habe ich die Namen von einigen noch gekannt und der Polizei gesagt. Ich kenne sie weil, sie auch aus Amritsar sind. Aber sie haben auch Kontakte außerhalb der Stadt.

 

Ich wurde drei Mal auf offener Straße geschlagen. Die Polizei hat mich auch schikaniert, anstatt mir zu helfen, diese standen nämlich auf deren Seite.

 

VL: Erzählen Sie so einen Vorfall genauer. Wie war das beim ersten Mal?

 

BW: Es waren 8-10 Personen, die mich mit den Fäusten am ganzen Körper geschlagen haben. Einige von denen trugen Knöchelschützer. Ich bin durch diese Schläge auf den Boden gefallen und wurde mit den Füssen getreten.

 

VL: Warum taten diese Leute dies?

 

BW: Der Grund war, die Feindschaft zwischen der Congress-Partei und der BJP.

 

VL: Sollten Sie so überzeugt werden?

 

BW: Sie wollten auch wissen, wo mein Onkel sich aufhält, aber der Hauptgrund war die Feindschaft zwischen den Parteien. Sie kannten mich vom Gesicht her.

 

VL: Wie viele Einwohner hat Amritsar?

 

BW: Ca. 500.000 - 600.000 Einwohner.

 

VL: Da hätten Sie sich durch einen Umzug, in eine anderen Stadtteil, wo Sie keiner kennt bereits in Sicherheit bringen können.

 

BW: Ich bin ein Mal nach Jalandhar gereist, wurde aber von der Polizei zurückgeholt. Ich hielt mich bei Freunden auf. Irgendwer hat die Polizei auf mich gehetzt. Die Congress-Partei Anhänger haben eine Anzeige gegen mich erstattet. Sie haben gesagt, dass ich ein Unruhestifter und Schläger bin und ständig in Schlägereien verwickelt bin.

 

VL: Im Protokoll in der ersten Instanz, gaben Sie an ein oder zwei Mal in Jaladhar gewesen zu seien. Davon, dass sie die Polizei suchte, haben Sie nichts erwähnt. Das ist seltsam.

 

BW: Ich möchte hier Angeben, dass der Pakistanischer Dolmetscher Hr. Q. mich bei der Einvernahme beschimpft und sehr unter Druck gesetzt hat. Dieser hat auch meine Angaben nicht richtig protokolliert. Ich wollte damals gegen ihn schon eine Beschwerde machen, aber aus Angst habe ich davon abgesehen.

 

Feststellung zur derzeitigen Lage in Indien

 

Zur Lage in Indien wird vorgelegt, verlesen und übersetzt ein Bericht von Mag. B.. Die Behörde geht davon aus, dass Sie sich außer Ihrer engeren Heimat gefahrlos niederlassen könnten, weil Sie sicher nicht in ganz Indien gesucht werden. Ihre politische Bedeutung ist dafür nicht groß genug."

 

Verhandlung am 29.01.2007:

 

"VL: Schildern Sie nochmals die Situation mit Ihrem Onkel und dem Geschäft.

 

BW: Mein Onkel ist immer noch nicht aufgetaucht und die Anhänger der Kongresspartei sind mit der Polizei gekommen und haben mich schikaniert. Ich wurde auch von Handlangern der Kongresspartei geschlagen. Wie ich bereits bei meiner letzten Einvernahme vor dem UBAS angegeben habe, wurde ich von der Polizei festgenommen und in der Polizeistation angehalten. Dort wurde ich auch misshandelt. Durch meinen Anwalt konnte ich die Freilassung bewirken. Seine Bestätigung habe ich als Beweis vorgelegt. Das ich mein Vorbringen.

 

VL: Hätten Sie durch Wohnsitzänderung Ihren Verfolgern entgehen können?

 

BW: Mein Onkel ist wegen seiner politischen Gesinnung verschwunden. Wir wissen nicht, ob er noch lebt. Ich habe auch Beweise für meine politische Aktivität vorgelegt. Sie können diese gerne in Indien bestätigen lassen. In Indien braucht man sehr viel Geld, um sich in einer anderen Ortschaft niederzulassen. Es ist nicht leicht, einen neuen Anfang zu machen.

 

VL: Die Behörde geht davon aus, dass es für Sie trotzdem möglich ist, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen.

 

BW: In Indien herrscht große Arbeitslosigkeit, selbst Akademiker finden keine Arbeit und müssen verhungern. Wie sollte ich mich dort über Wasser halten, noch dazu, in einer fremden Stadt?

 

VL: Ich verweise auf das Gutachten von Mag. B., Beilage 2, der letzten Verhandlung, wonach es durchaus möglich ist, für Menschen wie Sie, sich außerhalb Ihrer engeren Heimat eine Existenzgrundlage zu schaffen.

 

BW: In Indien gibt es eine große Überbevölkerung. Eine große Anzahl der jungen Leute ist ohne Job. Nur jene, die Kontakte haben oder Bestechungen zahlen können, haben einen Job. Ich habe weder Kontakte noch Geld. Ihr Experte hat das Problem nicht erkannt und schreibt seine Berichte als ein Tourist, der Indien nur oberflächlich kennt. Wenn eine Lösung für meine Probleme gefunden werden kann, werde ich zurückkehren können.

 

VL: Ich gehe davon aus, wenn Sie nicht in Ihr Dorf zurückkehren, hätten Sie diese Probleme nicht.

 

BW: Warum glauben Sie mir nicht? Ich habe doch Beweise vorgelegt, dass ich in Indien gefährdet bin.

 

VL: Das haben Sie nicht, Sie haben vorgelegt, dass Sie Mitglieder einer Partei sind. Das glaube ich Ihnen ohnehin.

 

BW: Ich habe Ihnen auch den Beweis meines RA vorgelegt, woraus hervorgeht, dass ich durch die Polizei schikaniert wurde. Wie gesagt, es ist nicht möglich, eine neue Existenz in Indien aufzubauen, weil ich verfolgt werde und auch von der Regierung keine Hilfe erwarten kann.

 

VL: Ihr Vorbringen entspricht nicht den Voraussetzungen für Asylgewährung.

 

BW: Sie können gerne von Ihrem Experten die Beweise in Indien überprüfen lassen. Es wird herauskommen, dass ich Probleme habe und dass ich nicht zurückkehren kann.

 

BW: Sie sagen immer wieder, dass ich wo anders wohnen könnte. Dazu kann ich nur sagen, dass ich nicht genug Geld habe, um einen neuen Anfang zu machen. Man braucht um die 500.000 bis 600.000 Rupien (= ca. 10.000 ¿) um einen neuen Anfang zu wagen, ohne die Garantie, dass dieses neue Unternehmen ein Erfolg wird. Um einen Job zu finden, muss man Akademiker sein, ich habe nicht einmal mein College beendet und habe auch kein Geld für Bestechungen.

 

VL wiederholt, dass die Gründe des BW nicht für eine Asylgewährung ausreichen und auch nicht für Refoulementschutz.

 

BW: Ich verstehe Ihren Standpunkt, aber bitte verstehen Sie auch meinen. Ich kann nicht zurückkehren, so lange ich in Indien Probleme habe."

 

Auf Grundlage der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch die Behörde erster Instanz am 21.07.2006, 31.07.2006 und am 03.08.2006 sowie auf Grundlange der Beschwerde vom 22.08.2006 und der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Weiters konnte lediglich festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer am 21.07.2006 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht hat.

 

Der Beschwerdeführer legte einen Mitgliedsausweis der BJP vor. Allerdings konnte in der Verhandlung nicht festgestellt werden, dass die politische Bedeutung des Beschwerdeführers so groß wäre, dass die Schikanen durch Parteianhänger der Kongresspartei sich über den engsten Aufenthaltsort - wo der Beschwerdeführer persönlich bekannt ist - erstrecken würden. Die Behörde geht sogar davon aus, dass eine Wohnsitzverlegung in der Stadt Amritsar (mit ca. 600 000 Einwohnern) für den Beschwerdeführer die erwünschte Sicherheit gebracht hätte.

 

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer vor einer etwaigen seinem Vorbringen im Verfahren entsprechenden Bedrohung, nämlich Schikanen durch Parteigänger der Kongressparte, jedenfalls Sicherheit durch Verlegung seines Aufenthaltsortes in einen anderen Teil von Indien finden könnte.

 

Irrelevant ist es, welche Partei an der Macht ist, da es dadurch zu keiner Verschlechterung für die Bevölkerung und somit auch des Beschwerdeführers gekommen ist. Mitglieder anderer politischer Parteien werden wegen ihrer politischen Haltung keinesfalls benachteiligt (siehe hierzu die getroffenen Feststellungen zu Indien).

 

Weiters kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Indien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

 

Zur Situation in Indien wird festgestellt:

 

Indien ist mit 1,05 Milliarden Menschen die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt. Es ist ein demokratischer Rechtsstaat mit einem Mehrparteiensystem. Der föderal strukturierten Republik gehören 28 Bundesstaaten an. Auf nationaler Ebene gibt es ein parlamentarisches Zweikammersystem bestehend aus Unter- (Lok Sabha) und Oberhaus (Raya Sabha). In Indien gilt ein reines Mehrheitswahlsystem. Aus den Nationalwahlen zum Unterhaus im Mai 2004 gingen die bis dato oppositionelle Kongress-Partei und ihre Verbündeten als Sieger hervor. Unter Führung der Kongress-Partei löste die Minderheitsregierung der "United Progressive Alliance" (UPA) die bisher regierende "National Democratic Alliance" (NDA) unter Führung der hindunationalen Bharatiya Janta Paraty (BJP) ab. Mit Dr. Manmohan Singh, einem Sikh, wurde zum ersten Mal ein Angehöriger einer religiösen Minderheit Premierminister. Die Minderheitsregierung wird durch die Linke unterstützt. Erklärtes Ziel der neuen Regierung ist die Stärkung des säkularen Staates und die Förderung der Harmonie zwischen den Religionsgemeinschaften. Die indische Demokratie steht trotz anhaltender innerer - sozialer, religiöser und ideologischer - Spannungen auf einer im Wesentlichen soliden, von einem säkularen Grundkonzept bestimmten Basis. Dringend überfällige Reformen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft kommen allerdings nur langsam voran. Nachdem der Terrorismus im Punjab, der sich die Unabhängigkeit von "Khalistan" auf die Fahnen geschrieben hatte, in den 80-iger Jahren niedergeschlagen wurde, ist die terroristische Gewalt im Punjab seit 2000 nahezu vollständig zum Erliegen gekommen, die Situation hat sich normalisiert. Ein Anschlag auf ein Kino in Neu Delhi im Mai 2005, der der Babbar Khalsa zugeschrieben wird, hat zu keiner weiteren Gewalt geführt. Die Sikhs, 60 % der Bevölkerung des Punjabs, stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen. Die Angehörigen der verschiedenen militanten Gruppen haben den Punjab verlassen und operieren aus anderen Bundesstaaten oder Pakistan. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland. (Quelle: AA Berlin:

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Abschnitt I.1., Stand: September 2005, Staatendokumentation des Bundesasylamtes, Länderabriss zu Indien, Pkt. 3.2., Stand: März 2006).

 

Indien wird als die größte Demokratie der Welt bezeichnet. Die politische Opposition kann sich unbehindert betätigen, was man allein schon an der enormen Vielzahl an politischen Parteien und Gruppierungen ersehen kann. Eine Einschränkung derselben würde ohnehin von der Presse aufgegriffen und von den politischen Parteien selbst politisch ausgeschlachtet werden.

 

Die Polizei handelt aufgrund von Polizeigesetzen der einzelnen Bundesstaaten. Auch das Militär kann im Inneren tätig werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit notwendig ist. In Indien kommt es immer wieder zu willkürlichen Übergriffen der Staatsorgane, insbesondere der Polizeikräfte, vor allem gegenüber Häftlingen im Polizeigewahrsam. Von etlichen Ausnahmen abgesehen werden gesetzeswidrige Handlungen in diesem Bereich geahndet. Die angerufenen Gerichte haben hierbei in den letzten Jahren verstärkt Verantwortung gezeigt, zumal Nichtregierungsorganisationen und die Presse kritisch über die ihnen bekannt gewordenen Fälle berichten. Auch über Übergriffe der Militärs und der paramilitärischen Gruppen bei ihren Einsätzen im Inneren (v.a. Jammu und Kaschmir sowie in Indiens Nordosten) berichten Menschenrechtsorganisationen und NHRK. In den Jahren 2002/03 habe die NHRK 60 Klagen wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen durch Soldaten erhalten. In den zwei Fällen, in denen sich die Vorwürfe bestätigt hätten, seien die Schuldigen aus der Armee entlassen worden. (Quelle: AA Berlin:

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Abschnitt I.2.,Stand: September 2005, Staatendokumentation des Bundesasylamtes, Länderabriss zu Indien, Pkt. 4.5., Stand: März 2006).

 

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern. Volle Bewegungsfreiheit ist gewährleistet. Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem für indische Bürger. Die Bürger besitzen in der Mehrzahl keine Ausweise. Wer sich verfolgt fühlt, kann sich demnach in einem anderen Landesteil niederlassen. Auch bei strafrechtlicher Verfolgung ist in der Regel ein unbehelligtes Leben in ländlichen Gebieten in anderen Teilen Indiens möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss. In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. In Neu Delhi wurden Separatisten aus dem Punjab nach mehreren Jahren friedlichen Aufenthaltes aufgespürt und verhaftet. (Quelle: AA Berlin: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Abschnitt II.4., Stand: September 2005). Die indische Verfassung garantiert indischen Staatsangehörigen das Recht auf Bewegungsfreiheit im Staatsgebiet sowie das Recht auf Niederlassung und Aufenthalt in jedem Teil des Landes. Diese Rechte unterliegen gewissen Einschränkungen im öffentlichen Interesse. Es gibt keine Überprüfungen von Personen, die neu aus einem Teil von Indien in einen anderen Teil von Indien ankommen, auch wenn es sich um einen Sikh aus dem Punjab handelt. Die lokalen Polizeidienststellen haben weder die Ressourcen noch die sprachlichen Fähigkeiten, um Hintergrundüberprüfungen über Personen, die aus anderen Teilen von Indien eintreffen, durchzuführen. Es gibt kein allgemeines Meldewesen und häufig haben die Menschen auch keine Identitätsausweise. (Quelle: UK Home Office, India Country Report April 2005, Abschnitt 6.157-6.159).

 

In Indien lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unter dem veranschlagten Existenzminimum der Vereinten Nationen. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch der untersten Schichten der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. (Quelle: AA Berlin: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Abschnitt IV.1.a),Stand: September 2005, Staatendokumentation des Bundesasylamtes, Länderabriss zu Indien, Pkt. 7.2., Stand: März 2006)

 

Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts hat das Stellen eines Asylantrags allein keine nachteiligen Konsequenzen für abgeschobene indische Staatsangehörige. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme von Seiten des indischen Staates zu befürchten. Gesuchte Personen werden allerdings den Sicherheitsbehörden übergeben. (Quelle: AA Berlin: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Abschnitt IV.2.,

Stand: September 2005; Schreiben der UNHCR-Vertretung in Österreich vom 22.6.2004; UK Home Office, India Country Report April 2005, Abschnitt 6.157-6.159, Staatendokumentation des Bundesasylamtes,

Länderabriss zu Indien, Pkt. 8., Stand: März 2006).

 

Die Feststellungen über Indiens und der Person des Beschwerdeführers gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Das Datum der Asylantragsstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.

 

Hinsichtlich der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gibt es keine Anhaltspunkte dafür, anzunehmen, dass der Beschwerdeführer nicht Staatsangehöriger von Indien wäre.

 

Die Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ergeben sich aus den zitierten Quellen. Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen, besteht für die Beschwerdesbehörde kein Grund, die Richtigkeit dieser Ausführungen in Zweifel zu ziehen.

 

Die Feststellungen zur Möglichkeit des Beschwerdeführers, sich im Falle der tatsächlichen Existenz der behaupteten Bedrohungen, sich in einen anderen Landesteil zu begeben und sich so den ins Treffen geführten Problemen zu entziehen, resultieren ebenso aus den länderspezifischen Feststellungen zu Indien.

 

Rechtlich folgt daraus:

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.

 

Gemäß § 23 AsylGH (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz-B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetzt 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetztes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 23 AsylG (bzw. § 23 Abs. 1 AsylG idF der ASylGNov. 2003) ist auf Verfahren nach dem AsylG, soweit nicht anderes bestimmt ist, das AVG anzuwenden (vgl. auch Art. II Abs. 2 lit. D Z 43 a EGVG). Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling im Sinne des AsylG 2005 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach einer Prognose zu erstellen ist. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH E 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen vermag nicht zu der Beurteilung zu führen, dass ihm in seinem Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung droht.

 

Der Beschwerdeführer wechselt bei jeder Befragung die Details der Fluchtgeschichte, wie zum Beispiel Verfolgung durch eine kriminelle Jugendbande, dann wieder Bedrohung durch Mitglieder der Kongresspartei von denen er annimmt landesweit gesucht zu werden. Der ebenfalls bedrohte Onkel führt einerseits bei Befragung durch die Erstinstanz ein Lebensmittelgeschäft bei der Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat an dann eine Apotheke.

 

Der Grund für die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Bedrohung blieb ebenso im Unklaren da er einerseits von der Feindschaft zwischen Congress-Partei und der BJP sprach anderseits der Schlägertrupp nur an der Person des Onkels interessiert gewesen wäre.

 

Zusammengefasst bleibt der Eindruck einer großteils konstruierte Fluchtgeschichte.

 

Selbst wenn die Schilderungen, die Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers betreffend, der Wahrheit entsprechen würden, wovon die Beschwerdebehörde nicht ausgeht, hätte, wie ausführlich angeführt, die Möglichkeit für den Beschwerdeführer bestanden, sich im Land, etwas von der Heimatregion entfernt, niederzulassen und somit den örtlichen bezogenen Problem zu entgehen.

 

Er gab an dass er seiner Heimat zu keinem Zeitpunkt Probleme mit Behörden, der Polizei oder dem Militär gehabt habe. Der Beschwerdeführer wendet sich in der Beschwerde auch hauptsächlich gegen die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative.

 

Auf Grund der getroffenen Länderfeststellungen ist der Bescheid der Erstinstanz auch in dieser Hinsicht zu bestätigen.

 

Ad II)

 

Gem. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMR oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs. 2 leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, Zl. 98/20/0561; 20.5.1999, Zl. 98/20/0300). Kann dieser nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bzgl. des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen (Abs. 6 leg cit).

 

Nach der auch hier anwendbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in ständiger Rechtsprechung, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (z.B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).

 

Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (z.B. ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 u. a.), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl. VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl. auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279.

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist sohin auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

 

Im gegenständlichen Fall liegt aus den dargestellten Gründen eine reale und nicht nur auf Spekulationen gegründete Bedrohung im Sinne von § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vor. Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.

 

Darüber hinaus kann, wenngleich seitens der erkennenden Behörde durchaus zuzugestehen ist, dass der Beschwerdeführer mit schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen konfrontiert sein mag, nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seine Heimat dort die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zahl:

2003/01/0059, zur für Bewohner des Kosovo dargestellten "Schwelle" des Art. 3 EMRK; in dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Fall habe der damalige Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus dem Kosovo mit seiner Mutter und drei Brüdern, fallweise auch mit dem Großvater, in einem notdürftig errichteten Zelt neben dem zerstörten Haus gelebt, Nahrungsmittel in gerade noch ausreichenden Maß sowie Holz zum Kochen und für die Heizung seien der Familie von Freunden und Verwandten zur Verfügung gestellt bzw. sei Holz zusätzlich durch eigenes Sammeln zusammen getragen worden). Solches hat der Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet. Von einer Gefährdung ist daher nicht auszugehen.

 

Ad III)

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG hat die Behörde den Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen ist und die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

Bezüglich Spruchpunkt III. werden die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhoben. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt, weshalb im gegenständlichen Verfahren auch kein Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vorliegt und die Ausweisung daher keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstellt.

 

Gemäß Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG, in der Fassung BGBl. I 1998/28 i. V.m. § 67d AVG konnte von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde (in der der Beschwerdeführer keine neuen Tatsachenbehauptungen aufstellte) zur Beurteilung ausreichend geklärt erschien. Als geklärt im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Zl. 98/01/0308 v. 11.11.1998) ist der Sachverhalt dann anzusehen, wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Beschwerde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt neu und in konkreter Weise behauptet wird.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverband, Glaubwürdigkeit, inländische Schutzalternative, Lebensgrundlage, non refoulement, politische Gesinnung
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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