S6 401.067-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des D.A., geb. 1983 alias 00.00.1987, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.08.2008, GZ. 08 05.576-EAST Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 AsylG 2005 mit der Maßgabe abgewiesen, dass Satz 2 des Spruchpunktes I zu lauten hat: "Für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz ist gem. Art. 16/1/e i. V.m. Art. 20 (1) (c) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Italien zuständig".
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Behörde ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt.
Der nunmehrige Beschwerdeführer ist am 28.06.2008 in einem PKW versteckt aus Italien kommend nach Österreich eingereist. Der Beschwerdeführer stellte am 29.06.2008 in der Erstaufnahmestelle Ost einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Am 30.06.2008 hat vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Traiskirchen eine Erstbefragung sowie am 30.07.2008 eine Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, in Gegenwart eines Rechtsberaters stattgefunden.
Am 04.07.2008 richtete das Bundesasylamt aufgrund eines EURODAC-Treffers (Asylantragstellung am 09.04.2007) an Italien ein Ersuchen um Aufnahme des Beschwerdeführers gem. Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 (Dublin II-VO), welches am selben Tag elektronisch über Dublinet übermittelt wurde (siehe Aktenseiten 33 bis 37 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).
Die Mitteilung über die Führung von Konsultationen gem. § 28 Abs. 2,
2. Satz Asylgesetz wurde dem Beschwerdeführer am 07.07.2008, sohin innerhalb der 20-Tages-Frist nach der Antragseinbringung übermittelt.
Der nunmehrige Beschwerdeführer brachte im Verfahren folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt vor:
Vor ca. zwei Jahren und drei Monaten habe er sein Heimatland in Richtung Iran, später in Richtung Türkei, verlassen. Schlepperunterstützt hätte ihn ein LKW mittels Fährüberfahrt nach Italien gebracht. In Italien wäre der Beschwerdeführer von der Polizei aufgegriffen worden und hätte er einen Asylantrag gestellt. Die Dokumente der italienischen Behörden über die Ablehnung seines Asylantrages samt Ausreiseaufforderung könne er vorlegen.
In Griechenland sei er nie gewesen.
Er habe sich in Italien knappe zwei Jahre aufgehalten, bis er am 27.06.2008 in einem PKW versteckt in Österreich angekommen sei. Mit einem Zug wäre er dann nach Wien gefahren.
Er könne nicht nach Italien zurück, weil er Angst vor einer Ausweisung nach Afghanistan hätte. Er würde in Italien keine Unterkunft bekommen, nur vier Monate lang durfte er sich in einem Lager in B. aufhalten.
Er habe einen Verwandten in Österreich, welcher seit ca. vier Jahren hier lebe, er habe jedoch zu ihm keine engere Beziehung und wisse auch nicht wo dieser wohne.
Ein Eurodac-Treffer vom 18.10.2006 zeigt, dass der Beschwerdeführer in Griechenland aufhältig war, verneinte der Beschwerdeführer jedoch diese Einreise trotz mehrmaliger Befragung. Verneinte der Beschwerdeführer auch anfangs noch die Asylantragstellung in Italien, gab er diese nach mehrmaliger Befragung und Wahrheitserinnerung schließlich zu.
Der Beschwerdeführer legte Unterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass ihm am 07.04.2008 ein Ausweisungsbescheid von der Ufficio Immigrazione in B. übermittelt wurde.
Dem österreichischen Aufnahmeersuchen vom 04.07.2008 entsprach Italien nicht zeitgerecht, weshalb die Erstbehörde von einer Zuständigkeit nach Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO ausgegangen ist.
Mit Schreiben vom 30.07.2008 übermittelte Italien die ausdrückliche Zustimmung zur Rückübernahme des Beschwerdeführers D.A. gem. Art. 20 Abs. 1 lit. c der Dublin II-VO.
2. Das Bundesasylamt hat mit dem verfahrensgegenständlichen angefochtenen Bescheid vom 04.08.2008, Zahl: 08 05.576-EAST Ost, den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers ohne in die Sache einzutreten gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gem. Art. 16 Abs. 1 lit. c iVm Art. 20 Abs. 1 lit. c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG), des Rates Italien zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen und gem. § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung nach Italien zulässig sei.
Die Erstbehörde traf in diesem Bescheid Feststellungen zum italienischen Asylverfahren, zur Praxis des Non-Refoulement-Schutzes, der Ausweisung und zur Versorgung von Asylwerbern in Italien.
Beweiswürdigend wurde hervorgehoben, dass der Antragsteller keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht habe, dass er tatsächlich Gefahr liefe, in Italien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu sein, oder ihm eine Verletzung der in Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Der Beschwerdeführer hätte keine nachvollziehbaren Gründe genannt und gäbe es keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte dafür, dass Italien etwa rechtliche Sonderpositionen vertreten würde, nach denen der Beschwerdeführer, auch bei Zugrundelegung seiner Behauptungen, sofern ihm im Herkunftsstaat eine Bedrohung der im Asyl- und Refoulementbereich relevante Rechtsgüter tatsächlich droht, eine Schutzverweigerung zu erwarten hätte.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 13.08.2008 (einlangend) Beschwerde erhoben. Darin wird im Wesentlichen behauptet, dass Italien kein sicherer Drittstaat sei, dass das italienische Asylverfahren im krassen Missverhältnis zu Menschenrechtsstandards stehe und die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes geboten wäre.
Die gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 18.08.2008 beim Asylgerichtshof ein.
II. Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Richter über die gegenständliche Beschwerde wie folgt erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.
2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
Mit Datum 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG idF BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der § 10 Abs 3 und Abs 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden. Die Dublin II VO ist eine Verordnung des Gemeinschaftsrechts im Anwendungsbereich der 1. Säule der Europäischen Union (vgl Art. 63 EGV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebenso wenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.
2.1.1. Es ist daher zunächst zu überprüfen, welcher Mitgliedstaat nach den hierarchisch aufgebauten (Art. 5 Abs 1 Dublin II VO) Kriterien der Art. 6-12 bzw 14 und Art. 15 Dublin II VO, beziehungsweise dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II VO zur inhaltlichen Prüfung zuständig ist.
Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass eine Zuständigkeit Italiens gem. Art. 20 Abs. 1 lit. c der Dublin II-VO besteht, nach der Aktenlage wäre ursprünglich eine Zuständigkeit nach Art. 16/1/e Dublin II-VO vorgelegen. Die falsche Zitierung des Art. 16/1/c Dublin II-VO im ursprünglichen österreichischen Wiederaufnahmeersuchen hat jedoch keine negativen Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Beschwerdeführers. Der Eurodac-Treffer beweist eine Asylantragstellung in Italien.
Das aufgrund der Dublin II-VO eingeleitete Wiederaufnahmeersuchen an Italien erfolgte innerhalb der Frist von drei Monaten nach Einreichung des Asylantrages durch den Beschwerdeführer (Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO).
Artikel 18 Abs. 7 Dublin II-VO konstituiert eine Zustimmungsfiktion im Falle der Verfristung bei der Beantwortung eines Aufnahmegesuches. Im gegenständlichen Verfahren geht die Erstbehörde zu recht davon aus, dass mangels Antwort die Wiederaufnahme des Asylwerbers durch Verfristung akzeptiert wurde. Darüber hinaus langte jedoch auch noch eine nachträgliche ausdrückliche Zustimmung Italiens, den Beschwerdeführer wiederaufzunehmen, ein.
2.1.1.2. Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte bis auf die irrtümliche Zitierung des lit. c statt des lit. e des Art. 16 Abs. 1 mängelfrei.
Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben und ist diese im Verfahren nicht bestritten worden.
2.1.2. Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs 2 Dublin II VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11 festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs 2 Dublin II VO zwingend geboten sei.
Die Judikatur des VwGH zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich richtigerweise an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs 1 lit. e Dublin II VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO, K13. zu Art 19 Dublin II VO).
Weiterhin hatte der Asylgerichtshof folgende Umstände zu berücksichtigen:
Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen.
Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.
Der Verordnungsgeber der Dublin II VO, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II VO), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen hat, diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der menschenrechtskonformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei ausnahmsweiser Verletzung der EMRK bei Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine Überstellung nicht stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II VO umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren verbietet) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO², K8-K13. zu Art. 19).
Die allfällige Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftsrecht kann nur von den zuständigen gemeinschaftsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat jüngst festgestellt, dass die Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (30.06.2005, Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).
Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Es trifft zwar ohne Zweifel zu, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann), und dies mitzubeachten ist (VwGH, 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949), dies kann aber nicht pauschal dazu führen, die vom Gesetzgeber - im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht - vorgenommene Wertung des § 5 Abs 3 AsylG überhaupt für unbeachtlich zu erklären (dementsprechend in ihrer Undifferenziertheit verfehlt, Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, 225ff). Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in Bezug auf Drittstaaten wäre jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig.
2.1.2.1. Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK
Familiäre Bezüge in Österreich im Verfahren sind nicht hervorgekommen, ebenso wenig - schon aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer - schützenswerte Aspekte des Privatlebens.
Der Beschwerdeführer nennt zwar einen Verwandten, nämlich seinen Cousin, als in Österreich aufhältig, jedoch gibt er an, mit ihm keine engere Beziehung zu haben und auch nicht zu wissen, wo er wohne.
Infolge Nennung unrichtiger Angaben gegenüber den österreichischen Behörden, z.B. zu seinem Aufenthalt in Griechenland, den er bis zuletzt verneint, sowie seiner Asylantragstellung in Italien, die er erst über mehrmaliges Befragen zugibt, hat der Beschwerdeführer auch seine Mitwirkungspflichten am vorliegenden Verfahren verletzt.
2.1.2.2. Kritik am italienischen Asylwesen, mögliche Verletzung des Art. 3 EMRK
Hierzu ist einleitend festzuhalten, dass die seinerzeitige Judikatur zu § 4 AsylG 1997 vor dem Beitritt einiger Nachbarstaaten Österreichs zur Europäischen Union am 01.05.2004 nicht mehr unmittelbar relevant ist (zuletzt VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673). Im Sinne der im Erkenntnis des VwGH vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095 für Fälle des Art. 16 Abs. 1 lit. e VO Nr. 343/2003 herausgearbeiteten Anforderungen ist klarzustellen, dass vom Beschwerdeführer im Verfahren keine konkreten Anhaltspunkte in Bezug auf die inhaltliche Bedenklichkeit seines in Italien geführten Asylverfahrens dargetan wurden. Konkrete Hinweise, dass Italien im Umgang mit Asylwerbern unvertretbare rechtliche Sonderpositionen verträte, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Im Gegenteil gab der Beschwerdeführer sogar in seiner Einvernahme vom 30.07.2008 an, dass er Berufung gegen die Entscheidung der italienischen Erstinstanz eingelegt habe, dann ein weiteres Rechtsmittel mithilfe eines Rechtsanwalts, dann ein weiteres Rechtsmittel mithilfe eines Rechtsanwalts seitens der Vereinten Nationen. Eine Übersetzung der vorgelegten Unterlagen der italienischen Asyl- und Fremdenbehörde konnte schon aus diesem Grund - der oftmaligen Überprüfung durch Instanzentscheidungen - unterbleiben. Es ergibt sich aber eindeutig (ein Dokument ist auch teilweise in Englisch abgefasst), dass der Beschwerdeführer am 19.03.2008 eine negative zweitinstanzliche Asylentscheidung erhalten hat. Ferner, dass er einen Ausweisungsbescheid der italienischen Behörde erhalten hat und dass er zu seinen Fluchtgründen inhaltlich befragt wurde (AS. 75 bis 95 BAA).
Offenkundige Zweifel an der Integrität des so mit dem Beschwerdeführer durchgeführten asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren ergeben sich aus der individuellen Aktenlage daher nicht.
Er hat in keinster Weise substantiiert dargebracht, warum "der Einzelfall" (nämlich, dass seine Grundrechte durch eine Kettenabschiebung bedroht wären) in seinem Fall vorliegen würde.
Die Beschwerde bezieht sich darauf, allgemeine Berichte und Judikatur wiederzugeben, führt jedoch kein konkretes individualisiertes Vorbringen an.
Nach den Angaben des Beschwerdeführers wurde sein Asylverfahren negativ beendet, doch sind Hinweise auf besondere individuelle Vulnerabilität nicht hervorgekommen.
Die Erstinstanz hat detaillierte Feststellungen zum italienischen Asylverfahren, insbesondere auch zur Ausweisung getroffen und werden diese zum Gegenstand dieses Erkenntnisses erklärt.
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerdeschrift unter dem Punkt "Asylverfahren in Italien", dass in Italien das Asylverfahren im krassen Missverhältnis zu Menschenrechtsstandards stehe und zitiert hier auszugsweise und ohne konkreten Bezug zum Beschwerdeführer den Jahresbericht 2007 von Amnesty International. Wäre dies tatsächlich der Fall, wären die gemeinschaftsrechtlich zuständigen europäischen Organe verpflichtet, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien einzuleiten, weil Italien so nicht Mitglied der Europäischen Union, als auch einer dem Menschenrechtsschutz verpflichteten europäischen Wertegemeinschaft, sein dürfte. Für eine derartige Sichtweise bestehen aus Sicht des Asylgerichtshofes aber keine Anhaltspunkte, gegen Italien ist im Zusammenhang mit dem Dublin II VO auch kein Verfahren vor dem EUGH anhängig. Darüber hinausgehende konkrete Hinweise auf ein im individuellen Fall unzumutbares Vorgehen italienischer Asylbehörden sind der Beschwerde nicht zu entnehmen.
Der Beschwerdeführer konnte keine besonderen Gründe, die für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK in Italien sprechen, glaubhaft machen, weshalb die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005, wonach ein Asylwerber in einem "Dublinstaat" Schutz vor Verfolgung findet, greift.
2.1.2.3. Medizinische Aspekte
Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Griechenland nicht zulässig wäre, wenn durch den Überstellungsvorgang eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin II VO zwingend auszuüben wäre.
Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer weder eine körperliche noch psychische Erkrankung vorgebracht und sind auch sonst keinerlei Hinweise hervorgekommen.
Zusammengefasst stellt daher eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Griechenland keinesfalls eine Verletzung des Art. 3 EMRK und somit auch keinen Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes Österreichs nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO dar.
2.1.3. Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidung war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse und rechtlichen Würdigung der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung zu bestätigen.
Die Erwägungen der Erstbehörde zu Spruchpunkt II waren vollinhaltlich zu übernehmen. Auch im Beschwerdeverfahren sind keine Hinweise hervorgekommen, die eine Aussetzung der Überstellung nach Italien in Vollzug der Ausweisung aus Österreich erforderlich erschienen ließen. Diese erweist sich daher bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt als zulässig.
2.3. Gemäß § 41 Abs 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.