TE AsylGH Beschluss 2008/08/27 C5 314023-2/2008

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Veröffentlicht am 27.08.2008
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Spruch

C5 314.023-2/2008/3Z

 

BESCHLUSS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Schaden als Vorsitzenden über die Beschwerde des Herrn S.K., geb. 00.00.1979 alias 00.00.1979, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.7.2007, 05 11.325-BAW, beschlossen:

 

Gemäß § 62 Abs. 4 AVG iVm § 23 AsylGHG wird der Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 30.5.2008, Zahl:

314.023-1/3E-X/47/07, dahingehend berichtigt, dass es in der Übersetzung des Spruches statt "Dr. Ruso" zu lauten hat "Dr. Schaden".

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

1. Mit Bescheid vom 30.5.2008, 314.023-1/3E-X/47/07, wies der unabhängige Bundesasylsenat die Berufung des Herrn S.K. gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.7.2007, 05 11.325-BAW, gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG** idF BGBl. I Nr. 101/2003 ab. Auf Grund eines technischen Versehens ist in der Übersetzung des Spruches in die Sprache Punjabi (anders als in der deutschen Fassung) der Name des bescheiderlassenden Mitglieds des unabhängigen Bundesasylsenates falsch wiedergegeben (nämlich mit "Dr. Ruso" anstatt richtig mit "Dr. Schaden").

 

2.1.1. Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde jederzeit von Amts wegen ua. Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden berichtigen. Dies setzt voraus, dass ein Bescheid fehlerhaft ist und dass diese Unrichtigkeit auf einem Versehen beruht und offenkundig ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 [1998], E 180 zu § 62 AVG wiedergegebene Rechtsprechung und zuletzt VwGH 17.11.2004, 2004/09/0019). Dafür reicht es aus, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, seine Unrichtigkeit hätten erkennen können und wenn sie die Behörde - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei seiner Erlassung hätte vermeiden können (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, E 182 zu § 62 AVG wiedergegebene Rechtsprechung und zuletzt VwGH 24.1.2006, 2005/08/0221; vgl. jedoch VwGH 5.11.1997, 95/21/0348).

 

Ein Versehen ist dann klar erkennbar, wenn dazu kein längeres Nachdenken und keine Nachschau in Gesetzeswerken notwendig sind; dabei ist vom Maßstab eines mit der Materie vertrauten Durchschnittsbetrachters auszugehen (VwGH 14.12.2005, 2002/12/0183).

 

2.1.2. Bei der irrigen Wiedergabe des Namens des bescheiderlassenden Senatsmitglieds in der Übersetzung des Spruches handelt es sich offenkundig um ein Versehen, das einer Berichtigung zugänglich ist.

 

Der unabhängige Bundesasylsenat hätte daher seinen Bescheid vom 30.5.2008 gemäß § 62 Abs. 4 AVG berichtigen können.

 

2.2.1.1. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005, Art. 2 BGBl. I Nr. 100 (in der Folge: AsylG 2005) sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 2 Asylgesetz 1997 BGBl. I 76 (in der Folge: AsylG 1997) idF der Asylgesetznovelle 2003 BGBl. I 101 (AsylGNov. 2003) sind Verfahren über Asylanträge, die ab dem 1.5.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 in der jeweils geltenden Fassung, di. nunmehr die Fassung der AsylGNov. 2003, zu führen.

 

Der damalige Berufungswerber hat seinen Asylantrag nicht vor dem 1.5.2004 gestellt; das Verfahren war am 31.12.2005 anhängig; das Berufungsverfahren wurde daher nach dem AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 geführt.

 

2.2.1.2. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (in der Folge: AsylGHG, Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz BGBl. I 4/2008 [in der Folge: AsylGH-EinrichtungsG]) ist auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof grundsätzlich das AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Die sinngemäße Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG kann nichts anderes bedeuten, als dass der Asylgerichtshof eine Entscheidung, die er erlassen hat, berichtigen kann.

 

Da das Berufungsverfahren nach dem AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 zu führen war, muss dies auch für das Verfahren über den Berichtigungsbeschluss gelten.

 

Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofs zur Erlassung eines Berichtigungsbeschlusses stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1. Juli 2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieses Gericht gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen.

 

Das vorliegende Verfahren war am 1.7.2008 nicht anhängig, da es durch den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 30.5.2008 abgeschlossen worden war. Der Asylgerichtshof geht davon aus, dass er dennoch - in analoger Anwendung des Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG - zuständig ist, den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates gemäß § 62 Abs. 4 AVG iVm § 23 AsylGHG so zu berichtigen, wie ihm dies nach dieser Bestimmung gegenüber einer Entscheidung des Asylgerichtshofes selbst zukommt. Wäre dies anders, so bliebe eine Lücke, weil es dann unmöglich wäre, Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates nach § 62 Abs. 4 AVG zu berichtigen, wenn die Notwendigkeit dazu erst nach dem 30.6.2008 offenbar wird, während dies vorher ebenso möglich war wie es seither - gegenüber Entscheidungen des Asylgerichtshofes - möglich ist. Dies kann dem Gesetzgeber nicht als gewollt unterstellt werden.

 

2.2.2. Zur Frage der Gerichtsbesetzung hat der Asylgerichtshof erwogen:

 

2.2.2.1. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder Kammersenate vorgesehen ist. Da es keine anderweitige Regelung gibt, ist davon auszugehen, dass die Berichtigung einer Entscheidung des Asylgerichtshofes in derselben Besetzung (Senat, Einzelrichter oder Kammersenat) zu beschließen ist wie die zu berichtigende Entscheidung selbst. Hat der Asylgerichtshof einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates zu berichtigen, so richtet sich die Gerichtsbesetzung - wieder mangels anderer Regelung - danach, in welcher Besetzung der Asylgerichtshof die zu berichtigende Entscheidung zu treffen gehabt hätte, wäre sie nach dem 30.6.2008 gefallen. Der Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 16.6.2008, der hier zu berichtigen ist, fiele - hätte ihn der Asylgerichtshof als Erkenntnis zu erlassen - in die Zuständigkeit des Senates, da das Verfahren unter keine der im AsylG 2005 aufgezählten Aufnahmen fällt (weder unter § 75 Abs. 7 Z 1 noch unter § 61 Abs. 3 Z 1 - unabhängig von der Frage, ob diese Bestimmung auf das vorliegende Verfahren überhaupt anzuwenden wäre, das am 31.12.2005 anhängig war und daher gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 nach dem AsylG 1997 zu führen ist; vgl. oben Pt. 2.2.1.2). Auch die Berichtigung des Bescheides fällt daher in die Zuständigkeit des Senates.

 

2.2.2.2. Weiters war zu prüfen, ob diese Berichtigung dem Senat als kollegialem Spruchkörper oder dem Vorsitzenden des Senates allein zukommt. Der Asylgerichtshof schließt aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.6.1996, 95/12/0004), dass die Berichtigung jenem Organ zukommt, dem der Fehler unterlaufen ist:

Ein Fehler bei der kollegialen Beschlussfassung ist dem Senat zuzurechnen und von ihm zu berichtigen, ein Fehler bei einem zeitlich nach dieser Beschlussfassung liegenden Akt, den der Vorsitzende des Senates allein gesetzt hat, ist von ihm zu berichtigen.

 

§ 11 AsylGHG, der unter der Überschrift "Aufgaben des Vorsitzenden und des Beisitzers eines Senates" steht, lautet auszugsweise:

 

"(1) Der Vorsitzende leitet die Geschäfte des Senates und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Verfahrensanordnungen bedürfen keines Senatsbeschlusses. Er entscheidet, ob eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, eröffnet, leitet und schließt diese. Er verkündet die Beschlüsse des Senates, unterfertigt die schriftlichen Ausfertigungen, arbeitet den Erledigungsentwurf aus und stellt im Senat den Beschlussantrag.

 

(2) Stimmt der Beisitzer dem Erledigungsentwurf des Vorsitzenden zu, so hat der Vorsitzende die Entscheidung auszuarbeiten.

 

(3) Stimmt der Beisitzer dem Erledigungsentwurf des Vorsitzenden nicht zu, so hat der Beisitzer binnen zwei Wochen einen eigenen Erledigungsentwurf auszuarbeiten und dem Vorsitzenden vorzulegen. Stimmt der Vorsitzende dem Entwurf des Beisitzers zu, so hat der Beisitzer die Entscheidung auszuarbeiten."

 

Das Gesetz unterscheidet also zwischen der Ausarbeitung des Erledigungsentwurfes und jener der Entscheidung; die Entscheidung ist erst auszuarbeiten, wenn der Erledigungsentwurf (der zuvor gleichfalls "ausgearbeitet" worden ist) beschlossen worden ist. Dies wirft die Frage auf, in wieweit sich der Erledigungsentwurf auf "Grundzüge" (etwa auf die tragenden Gründe) beschränken darf und was er der auszuarbeitenden Entscheidung überlassen darf. Dies braucht hier nicht abschließend erörtert zu werden; es ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Einfügung von Daten in den Spruch nicht zwingend bereits im Erledigungsentwurf vorgesehen sein muss. Es ist zulässig, wenn nach Beschlussfassung über den Erledigungsentwurf die Daten (Namen der entscheidenden Richter) vom Vorsitzenden in die Übersetzung des Spruches eingefügt werden.

 

Wäre der Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates, der hier zu berichtigen ist, als Erkenntnis des Asylgerichtshofes von einem Senat beschlossen worden, so wäre es daher zulässig gewesen, wenn unter der Verantwortlichkeit des Vorsitzenden dieses Senates (und erst nach der kollegialen Beschlussfassung) jene Teile in die Ausfertigung eingefügt worden wären, bei denen der Fehler tatsächlich unterlaufen ist.

 

2.2.2.3. Im Ergebnis ist daher der Senatsvorsitzende (allein) zuständig, den Spruch des Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 30.5.2008 im den oben dargestellten Punkt zu berichtigen.

 

2.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Berichtigung der Entscheidung (ab 08.09.2008)
Zuletzt aktualisiert am
16.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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