B6 262.925-0/2008/4E
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ als Vorsitzenden und den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Beisitzer über die Beschwerde von D.D., geb. 00.00.1967, StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.05.2005, FZ. 03 23.371-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 63 Abs. 5 AVG 1991 BGBl. I Nr. 51 i. d.g.F. als unzulässig zurückgewiesen.
BEGRÜNDUNG :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Die beschwerdeführende Partei hat am 04.08.2003 einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt.
Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 09.05.2005, FZ. 03 23.371-BAW, ab, wogegen die vorliegende Beschwerde (bis 30.06.2008 Berufung) erhoben wurde.
2. Aufgrund des Rückscheins ergibt sich, dass der Bescheid nach zwei vergeblichen Zustellversuchen am 11. und 12.05.2005 an der Adresse X, beim Postamt hinterlegt und seit 13.05.2005 zur Abholung bereitgehalten wurde. Der Bescheid wurde nicht behoben und an das Bundesasylamt retourniert.
Eine Anfrage des Bundesasylamts beim Zentralen Melderegister am 09.05.2005 ergab, dass die beschwerdeführende Partei seit 14.10.2004 an der obengenannten Adresse abgemeldet war und in die XX in den 00. Wiener Gemeindebezirk verzogen ist, wo sie bis 17.01.2005 gemeldet war. Eine elektronische Abfrage bei der Grundversorgungsstelle Wien (GVS) am 09.05.2005 enthielt ebenfalls die Anmerkung: " ... ab 01.05.2004 Adressänderung per 14.10.2004: XXX". Eine vom Asylgerichtshof am 30.07.2008 durchgeführte elektronische Abfrage bei der Grundversorgungsstelle Wien bestätigte, dass als Wohnadresse der beschwerdeführenden Partei von 14.10.2004 bis 01.08.2005 die zuletzt genannte Adresse und von 01.08.2005 bis 14.10.2006 die Adresse "XXXX" vermerkt wurde.
3. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Verwaltungsakten, den elektronischen Abfragen bei der GVS Wien und dem Zentralen Melderegister. Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife der Sache nicht mehr erforderlich.
4. Es wird daher festgestellt, dass im Zeitpunkt der zwei Zustellversuche im Mai 2005 an der Adresse X keine Abgabestelle i. S.d Zustellgesetzes gegeben war.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F. BGBl. I Nr. 4/2008) in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.
Gemäß § 61 Abs. 1 Asylgesetz entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter (1.) über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und (2.) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren - abgesehen von im gegebenen Zusammenhang nicht relevanten Bestimmungen - nach dem Asylgesetz 1997 zu Ende zu führen, wobei § 44 dieses Gesetzes gilt. Dieser normiert, dass Verfahren über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt wurden, nach dem Asylgesetzes 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002 geführt werden, jedoch mit der Maßgabe, dass einzeln aufgezählte Bestimmungen - darunter § 8 AsylG - in der Fassung der Novelle anzuwenden sind.
Da der Antrag der beschwerdeführenden Partei vor dem 01.05.2004 gestellt wurde, kommt im gegenständlichen Verfahren das Asylgesetz 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002 - mit der genannten Maßgabe - zur Anwendung.
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 und 3 Asylgesetz 2005 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat bzw. die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenats geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.
Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
2. Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Beschwerde von der Partei binnen 2 Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt gemäß der genannten Bestimmung für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung des schriftlichen Ausfertigungsbescheides zu laufen, im Falle bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 63 Abs. 5 AVG kann sich eine Beschwerde nur gegen einen Bescheid richten. Ist der erstbehördliche Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden, so hat dies den Mangel der Zuständigkeit der Behörde zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel der beschwerdeführenden Partei zur Folge. Die Zuständigkeit der Rechtsmittelbehörde reicht in derartigen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen (siehe die in E 18 zu § 63 AVG zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I², 1998).
3. Gemäß § 40 Abs 5 ZustellG 1982 BGBL I Nr. 10 i.d.g.F. BGBl. I Nr. 5/2008 traten unter anderem die Bezeichnung des 1. Abschnitts, § 2 Z 2, Z 4, 5, 6 und 8 (Z 3 bis 6 neu) und Z 7 bis 9 sowie § 17 in der Fassung in der Fassung BGBL. I Nr. 5/2008 mit 01.01.2008 in Kraft, gleichzeitig traten § 2 Z 3 und 7, die Überschriften nach § 8 (zum früheren § 8a) und nach § 17 (zum früheren § 17a) i.d.F. BGBl. I Nr. 10/2004 außer Kraft.
Die gegenständliche Hinterlegung erfolgte im Mai 2005, weshalb sie nach dem ZustellG 1982 in der vorgehenden Fassung BGBl. I Nr. 10/2004 zu beurteilen ist.
4. Gemäß § 2 Z 5 ZustellG bedeutet im Sinne dieser Bestimmung der Begriff "Abgabestelle" die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort.
Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustellG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist gemäß § 17 Abs. 1 ZustellG das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen. Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen (§ 17 Abs. 2 ZustellG). Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte (17 Abs. 3 ZustellG). Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde (17 Abs. 4 ZustellG).
Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung gemäß § 7 Abs. 1 ZustellG als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.
5. Im vorliegenden Fall hat das Bundesasylamt versucht, den bekämpften Bescheid an einer Wohnadresse im X Wiener Gemeindebezirk zuzustellen, an der die beschwerdeführende Partei zum Zeitpunkt der Zustellversuche am 11. und 12.05.2005 laut einer Abfrage beim Zentralen Melderegister nicht mehr gemeldet und laut Speicherauszug der Grundversorgungsstelle Wien auch nicht mehr wohnhaft war. Vielmehr geht aus beiden Abfragen hervor, dass die beschwerdeführende Partei ihren Wohnsitz am 14.10.2004 an eine Adresse im XX Wiener Gemeindebezirk verlegt hat. Sohin lag aber an der Wohnadresse im X Wiener Gemeindebezirk zum Zeitpunkt der Zustellversuche keine Abgabestelle mehr vor (Vgl. VwGH vom 15.03.2006, 2003/18/0019) und fehlten somit die Voraussetzungen für die Rechtswirksamkeit der Hinterlegung gemäß § 17 ZustellG.
Eine Heilung des Zustellungsmangel gemäß § 7 ZustellG kann insofern ausgeschlossen werden, als der beschwerdeführenden Partei der Bescheid auch nicht tatsächlich zugekommen ist. Zwar ist dem Vertreter der beschwerdeführenden Partei am 10.06.2005 im Rahmen einer Akteneinsicht eine Kopie des Bescheides zugekommen (vgl. As 151), doch reicht das Zukommen einer "Kopie" des Bescheides für eine Heilung des Zustellmangels nach § 7 ZustG nicht aus (vgl. VwGH vom 28.06.2001, 99/11/0155; VwGH vom 30.09.1999, 99/02/0102; VwGH vom 12.04.1999, 98/11/0289). Der vom Postamt retournierte Bescheid befindet sich nach wie vor im Akt des Bundesasylamts.
Somit liegt keine rechtswirksame Zustellung beziehungsweise Erlassung des bekämpften Bescheids vor.
6. Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte somit abgesehen werden, da sämtliche für die Erlassung des angefochtenen Bescheides relevante Angaben bereits dem Akteninhalt zu entnehmen waren.