C3 316.807-1/2008/E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. van Best-Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des S. S., geb. 00.00.1983, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.12.2007, GZ. 07 06 05.977-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.05.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I, Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Am 7.6.2006 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz. Er wurde hiezu am gleichen Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Bei seiner Einvernahme gab er an, gemeinsam mit seinem Bruder einen Club betrieben zu haben. Am 00.00.2006 wären er und sein Bruder im Clublokal von der Polizei festgenommen und auf die Polizeistation B. gebracht worden; bis 00.00.2006 seien sie festgehalten und misshandelt worden. Man habe ihnen vorgeworfen, ein illegales Waffenlager zu besitzen und damit Raubüberfälle begangen zu haben. Anfang April habe er seine Heimat verlassen und sei zu Verwandten nach Amritsar auf Besuch gefahren. 15 Tage danach sei ihm telefonisch mitgeteilt worden, dass sein Bruder abermals von der Polizei festgenommen worden sei. Er habe Angst vor weiteren Schikanen der Polizei gehabt und habe daher seine Heimat verlassen; sein Bruder sei nach wie vor abgängig.
In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer am 7.6.2006, 12.6.2006 und am 26.11.2007 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Seine damaligen Vorbringen wurden im Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.12.2007, Zahl: 06 05.977-BAW, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhoben wird.
Das Bundesasylamt hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Absatz 1 AsylG 2005 abgewiesen und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt sowie gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG den Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass das Vorbringen des Antragstellers nicht glaubwürdig ist.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht berufen und wiederholte im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Darüber hinaus zitierte er Teile des" UNHCR-Handbuchs".
Am 29.05.2008 fand beim Unabhängigen Bundesasylsenat eine öffentlich mündliche Berufungsverhandlung statt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetzt 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 01. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetzt (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anders ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991-AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.
Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; das Berufungsverfahren ist daher nach dem AsylG zu führen.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet das sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist. Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Das Bundesasylamt hat sowohl betreffend Spruchteil I., Spruchteil II. als auch betreffend Spruchteil III. in der Begründung des Bescheides vom 18.12.2007, Zahl: 06 05.977-BAW, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof als Berufungsbehörde schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides.
Zu den bereits vom Bundesasylamt aufgezeigten Widersprüchen und Ungereimtheiten, sind in der mündlichen Berufungsverhandlung noch weitere Widersprüche hinzugekommen.
So gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Berufungsverhandlung an, Mieter des Clubs gewesen zu sein. Vermieter seien Bekannte von ihm gewesen; eine fixe Summe sei nicht ausgemacht worden. Hingegen gab er im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt vom 26.11.2007 (AS 77) an, Eigentümer des Clubs gewesen zu sein. Auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht, gab der Beschwerdeführer an, er habe dies gesagt, weil er wie ein Eigentümer gewesen sei.
Widersprüchlich waren die Angaben des Beschwerdeführers auch hinsichtlich der Öffnungszeiten des Clubs. Bei der Berufungsverhandlung gab er hierzu an, es habe keine fixen Öffnungszeiten gegeben; sie hätten es geöffnet wie sie wollten; manchmal früher, manchmal später. Auf Wiederholung der Frage gab der Beschwerdeführer an, dass das Früheste um sechs und das Späteste um zehn Uhr gewesen sei. Betreffend die Schließungszeiten gab er an, dass es keine fixen Zeiten dafür gegeben habe. Je nachdem wie lange die Leute drinnen gewesen wären, wäre der Club offen gewesen; zwischen neunzehn und zweiundzwanzig Uhr sei es geschlossen worden. Wenn Freunde anwesend waren, wäre auch länger offen gewesen. Auf Vorhalt der Angaben im Rahmen der Einvernahme am 26.11.2007 (AS 83), wonach der Club von zehn bis neunzehn Uhr geöffnet gewesen sei, antwortete er lapidar, dass dies die Kernzeit gewesen sei, manchmal hätte man früher geöffnet bzw. später geschlossen.
In der Berufungsverhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass die Polizei am Nachmittag, eher gegen Abend in seinem Club gekommen sei und einige Pistolen, Messer, Sicheln, eine Axt, Schwerter gefunden hätten. Hingegen in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 12.6.2006 (AS 39) gab er an, dass die Polizei zu Mittag gekommen sei und eine Waffe gefunden hätte. Auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht, gab dieser lediglich an, dass die Polizei zwischen Mittag und Abend gekommen sei und er nicht nur von einer Waffe sondern von Waffen gesprochen habe.
In der Berufungsverhandlung gab der Beschwerdeführer weiters an, sich vor Verlassen seines Heimatlandes eineinhalb bis zwei Monate in Delhi aufgehalten zu haben, jedoch in der Niederschrift am 26.11.2007 (AS 77) gab der Beschwerdeführer an, dass er sich unmittelbar vor seiner Ausreise in Amritsar bei der der Schwester seiner Mutter aufgehalten habe. Auch diesen Widerspruch konnte der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar auflösen.
Auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung ist es nicht plausibel, dass derart einschneidende Erlebnisse so widersprüchlich vorgebracht werden. Selbst Erinnerungslücken würden derart eklatante Widersprüche nicht erklären.
Das Bundesasylamt ist sohin zu Recht davon ausgegangen, dass der Asylwerber nicht den Tatsachen entsprechende Umstände vorschiebt, um den gewünschten Verfahrensausgang zu bewirken, sodass nicht glaubhaft gemacht werden konnte, dass der Asylwerber Flüchtling im Sinne der GFK ist.
Aus der allgemeinen Situation allein lässt sich, auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid betreffend die allgemeine Situation Indiens wird nochmals verwiesen, keine asylrelevante bzw. im Bereich des § 8 Abs. 1 AsylG relevante Verfolgungsgefahr betreffend den Beschwerdeführer erkennen.
Mit Abweisung des Asylantrages kommt dem Asylwerber kein Aufenthaltsrecht (mehr) zu und bestehen auch keinerlei sonstige Gründe, die gegen eine Ausweisung sprächen.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass das Vorbringen des Asylwerbers nicht geeignet ist, den Status des Asylberechtigten oder den Status des subsidiär Schutz-berechtigten zuzuerkennen, auch keine Hinweise dafür bestehen, dass sich aus der allgemeinen Situation allein etwas für den Beschwerdeführer gewinnen ließe, und bestehen auch keine ausreichenden Gründe, die gegen eine Ausweisung des Beschwerdeführers nach Indien sprächen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.