TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/27 C3 316726-1/2008

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Veröffentlicht am 27.08.2008
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Spruch

C3 316726-1/2008/6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. van Best-Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde der L.K., geb. 00.00.1983, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.11.2007, GZ. 07 00.252-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.05.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

1, Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Indien. Am 8.1.2007 stellte sie einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie wurde hiezu am gleichen Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Bei ihrer Einvernahme gab sie an, ihre Heimat - gemeinsam mit ihrem Freund S.R. - am 25.12.2006 Richtung Moskau verlassen zu haben. Von Moskau aus wären sie mit zwei Autos (über ihr unbekannte Länder) bis nach Österreich gereist. Gestern in der Nacht sei sie am Westbahnhof/Wien abgesetzt worden; ihr Freund sei schon vor der Stadtgrenze abgesetzt worden. Der Schlepper habe ihr gesagt, dass er ihn später nachholen werde. Die Reise hätte ihr Freund organisiert; wie viel die Reise gekostet habe, wisse sie nicht. Hinsichtlich der Fluchtgründe gab sie an, sie und ihr Freund wären Anhänger der Akali Dal Partei gewesen und hätten für wenig Geld Werbematerial der Partei verteilt. Auch hätten sie an Versammlungen und Demonstrationen der Partei teilgenommen. Von der Congress Partei wären sie aufgefordert worden, ihre Tätigkeit einzustellen und wäre ihr Freund dreimal von Leuten der Congress Partei verprügelt worden. Es habe falsche Anzeigen gegen ihren Freund gegeben, damit dieser von der Polizei verfolgt werde.

 

In weiterer Folge wurde die Beschwerdeführerin am 17.1.2007, 16.3.2007 und am 14.11.2007 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Ihre damaligen Vorbringen wurden im den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.11.2007, Zahl: 07 00.252-BAW, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhoben wird.

 

Das Bundesasylamt hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Absatz 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführerin den Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt, der Beschwerdeführerin gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt sowie gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG die Asylwerberin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass das Vorbringen der Antragstellerin bezüglich ihrer Fluchtgründe den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung nicht genügt.

 

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerecht berufen und wiederholte im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.

 

Am 28.5.2008 fand beim unabhängigen Bundesasylsenat eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung statt.

 

2, Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetzt 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 01. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetzt (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anders ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991-AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren. Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; das Berufungsverfahren ist daher nach dem AsylG zu führen. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet das sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist. Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Das Bundesasylamt hat sowohl betreffend Spruchteil I., Spruchteil II. als auch betreffend Spruchteil III. in der Begründung des Bescheides vom 29.11.2007, Zahl: 07 00.252-BAW, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides.

 

Zu den bereits vom Bundesasylamt aufgezeigten Widersprüchen und Ungereimtheiten, sind in der mündlichen Berufungsverhandlung noch weitere Widersprüche hinzugekommen.

 

So gab die Beschwerdeführerin in der mündlichen Berufungsverhandlung an, dass sie als Touristin im Sommer 2005 nach Österreich gereist aber nur kurz geblieben sei, da ihr Schwager namens S.G. verstarb, hingegen bei der Visumsbeantragung im Jahr 2005 (AS 119) gab die Beschwerdeführerin an, ihr Schwager heiße S.B.. Auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht, gab sie lapidar zur Antwort, sie habe das Formular nicht ausgefüllt, sie habe es lediglich unterschrieben.

 

Widersprüchlich waren auch die Angaben der Beschwerdeführerin hinsichtlich der von ihr in Europa aufgesuchten Länder. Bei der Einvernahme am 14.11.2007 (AS 191) gab sie an, lediglich in Österreich gewesen zu sein. Im Rahmen der Berufungsverhandlung gab sie wiederum an, auch in Italien gewesen zu sein. Auf Vorhalt ihrer unterschiedlichen Angaben, antwortete sie nur, wahrscheinlich die Frage falsch verstanden zu haben. Auch auf nochmaligen Vorhalt konnte sie diesen Widerspruch nicht aufklären.

 

Betreffend die Reiseroute ihres Besuches im Jahr 2005 beantworte sie die Frage, ob sie damals mit dem Zug über Italien nach Österreich eingereist sei, mit ja. Auf Vorhalt, dass sie direkt von Delhi nach Wien geflogen sei, verneinte sie dies und gab erneut an, von Italien kommend in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Nach Vorhalt eines im Akt beiliegenden Tickets (AS 69), gab sie an, es habe sich hier vielleicht um eine Zwischenlandung gehandelt; sie bleibe aber dabei, dass sie nach Italien und dann von Wien zurück nach Indien geflogen sein.

 

Weiters gab die Beschwerdeführerin unter anderem in der Berufungsverhandlung an, sie und ihr Freund wären in Jalandahar bei einer Bushaltestelle von einigen Männern geschlagen worden. Weiters wäre ihnen auf dem Weg ins Dorf Patti aufgelauert und wären sie auch geschlagen worden. Auf Vorhalt, sie habe in der Erstbefragung (AS 25) nicht angegeben bedroht bzw. geschlagen worden zu sein, erwiderte sie, dass sie dies gesagt habe. Nach Vorlage des entsprechenden Protokolls, gab sie an, nur kurz befragt worden zu sein; in weiterer Folge habe sie ausführlicher berichten können. Darauf wurde ihr entgegnet, dass sie auch im Rahmen der Einvernahme am 16.3.2007 (AS 143) nur angegeben habe, bedroht nicht jedoch verprügelt worden zu sein. Weiters machte die Beschwerdeführerin auch unterschiedliche Angaben zu der Frage wie oft ihr Freund von Anhänger der Kongresspartei verprügelt worden sei und gab in der Berufungsverhandlung auch erstmalig an, einmal von der Polizei geladen worden zu sei.

 

Auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung ist es nicht plausibel, dass derart einschneidende Erlebnisse so widersprüchlich vorgebracht werden. Selbst Erinnerungslücken würden derart eklatante Widersprüche nicht erklären. Das Bundesasylamt ist sohin zu Recht davon ausgegangen, dass die Asylwerberin nicht den Tatsachen entsprechende Umstände vorschiebt, um den gewünschten Verfahrensausgang zu bewirken, sodass nicht glaubhaft gemacht werden konnte, dass die Asylwerberin Flüchtling im Sinne der GFK ist.

 

Aus der allgemeinen Situation allein lässt sich, auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid betreffend die allgemeine Situation Indiens wird nochmals verwiesen, keine asylrelevante bzw. im Bereich des § 8 Abs. 1 AsylG relevante Verfolgungsgefahr betreffend den Berufungswerber erkennen.

 

Mit Abweisung des Asylantrages kommt der Asylwerberin kein Aufenthaltsrecht (mehr) zu und bestehen auch keinerlei sonstige Gründe, die gegen eine Ausweisung sprächen.

 

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass das Vorbringen der Asylwerberin nicht geeignet ist, den Status der Asylberechtigten oder den Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, auch keine Hinweise dafür bestehen, dass sich aus der allgemeinen Situation allein etwas für die Beschwerdeführerin gewinnen ließe, und bestehen auch keine ausreichenden Gründe, die gegen eine Ausweisung der Beschwerdeführerin nach Indien sprächen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
14.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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