TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/28 D9 313792-2/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.08.2008
beobachten
merken
Spruch

D9 313792-2/2008/3E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Kanhäuser als Einzelrichter über die Beschwerde der R.T., geb. 00.00.1969, Staatsangehörigkeit Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Juli 2008, Zahl 08 05.918-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, und § 10 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Die Beschwerdeführerin, deren Identität feststeht, stammt aus der Ukraine, reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle gemeinsam mit ihrer Tochter und ihrem Lebensgefährten in das Bundesgebiet und brachte am 10. August 2005 ihren ersten Asylantrag, Zahl 05 12.143-BAS, beim Bundesasylamt ein.

 

Die Beschwerdeführerin wurde am 12. August 2005 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich befragt, behauptete R.T. zu heißen und 1969 in Kiew geboren, jüdisch-orthodox zu sein und aus der Ukraine zu stammen. Die Beschwerdeführerin sei von Beruf Arbeiterin sowie selbständige Hauptbuchhalterin und hätte zuletzt in R. gelebt. Die Beschwerdeführerin gab an, dass in der Ukraine ihre Rechte nicht eingehalten worden seien. Von Seiten verschiedener politischer Organisationen sei auf sie physischer und psychischer Druck ausgeübt worden. Außerdem sei sie auf Grund der Herkunft ihrer Tochter, die in Finnland während eines anhängigen Asylverfahrens geboren worden sei, zur Ausreise veranlasst worden. Diese habe in der Ukraine weder Sozial[versicherungs]nummer, Volksgruppenzugehörigkeit noch Staatsbürgerschaft. In der Ukraine wäre eine gerichtliche Entscheidung ergangen, wonach ihr ihre Tochter weggenommen werden soll. Ein EURODAC-Treffer ergab, dass die Beschwerdeführerin für sich und ihre minderjährige Tochter bereits in Polen mehrere Asylanträge gestellt hat. In der Einvernahme wurde der Beschwerdeführerin die Absicht des Bundesasylamtes mitgeteilt, ihren Asylantrag zurückzuweisen. Nach Führung von Konsultationen nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. L 50 S 1-10 (Dublin II VO), erklärte sich Polen mit Schreiben der polnischen Asylbehörde vom 22. August 2005 unter Berufung auf Art. 16 Abs. 1 lit. d Dublin II VO für zuständig.

 

Am 24. August 2005 langte eine gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren beim Bundesasylamt ein, wonach bei der Beschwerdeführerin eine krankheitswertige psychische Störung vorliege, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Gefahr eines Dauerschadens oder von Spätfolgen im Fall der Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union beinhaltet. Begründend wurde von der Gutachterin Frau Dr. M. insbesondere ausgeführt, dass der psychische Zustand der Beschwerdeführerin instabil sei und es wurden adäquate Schutzmaßnahmen (stabile Systeme, Therapie etc.) empfohlen.

 

Das Asylverfahren wurde daraufhin zugelassen und die Beschwerdeführerin am 25. Juli 2006 neuerlich niederschriftlich einvernommen. Zusammengefasst gab sie zu ihren Fluchtgründen befragt an, als Jüdin und Geschäftsfrau diskriminiert worden zu sein und verwies neuerlich auf die Schwierigkeiten, für ihre Tochter Dokumente zu beschaffen. Seit dem Jahr 1996/1997 habe sie Probleme mit der Partei UNAUNSO, deren Mitglieder ihr Körperverletzungen zugefügt und Druck ausgeübt hätten. Ihre Halle, in der sie selbständig ein Unternehmen betrieben hätte, sei angezündet worden. Nach dem Brand in ihrem Unternehmen sei sie wegen Nichteinhaltens von Sicherheitsvorschriften zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Sie habe Probleme mit einem Abgeordneten gehabt. Als sie sich an die Polizei gewendet hätte, seien ihre Anzeigen zwar entgegengenommen, ihr aber immer nur mitgeteilt worden, dass "Ermittlungen am Laufen" seien. Der weitere Teilhaber des Unternehmens sei umgebracht und im Wald begraben worden, weshalb sie Angst vor einem inszenierten Unfall habe. (Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zahl 05 12.143-BAS, Seite 117 bis 137).

 

Mit Bescheid vom 13. April 2007, Zahl 05 12.143-BAS, wurde der Asylantrag der Beschwerdeführerin in Spruchteil I gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF abgewiesen. In Spruchteil II wurde festgestellt , dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei; unter einem wurde die Beschwerdeführerin in Spruchteil III des Bescheides unter Berufung auf § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen. Dieser Bescheid wurde am 17. April 2007 dem rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt, welcher keine Berufung erhob. Der Bescheid erwuchs sodann mit Ablauf des 2. Mai 2007 in Rechtskraft.

 

Am 14. Mai 2007 brachte die Beschwerdeführerin einen weiteren Antrag, diesmal auf internationalen Schutz, beim Bundesasylamt ein. Hiezu wurde die Beschwerdeführerin am 15. Mai 2007 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der PI St. Georgen im Attergau befragt, wobei die Beschwerdeführerin angab, keine anderen Gründe als bei der Erstantragstellung zu haben. In weiterer Folge wurde sie am 22. Mai 2007 und am 19. Juni 2007 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Die Beschwerdeführerin gab im Wesentlichen zusammengefasst an, dem im Erstverfahren ausgewiesenen Rechtsvertreter nie Vollmacht erteilt zu haben und sie wolle, dass ihr erstes Verfahren wieder "geöffnet" werde. Sie sei in Österreich von Tschetschenen geschlagen worden. Befragt, ob sich an ihren bisherigen Angaben etwas geändert habe, führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie die Wahrheit gesagt habe und ihre Angaben noch immer gelten würden. Sie verwies auf einen Wohnsitzwechsel ihrer Schwester und ihrer Mutter und dass "man in der Ukraine für $ 100 einen Killer nehmen" könne. Sie habe Angst, dass ihr ihr Kind weggenommen und sie selbst umgebracht werde. (Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zahl 07 04.456-EAST-West, Seite 25 bis 33, 55 bis 63, 97 bis 107)

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. Juli 2007, Zahl 07 04.456-EAST West, wurde der Asylantrag (gemeint wohl: "Antrag auf internationalen Schutz") in Spruchpunkt I. gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl 1991/51 idgF wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen.

 

Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass weder in der maßgeblichen Sachlage - und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Antragstellerin gelegen sei, noch auf jene, welche von Amts wegen aufzugreifen sei - noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, sodass die Rechtskraft des ergangenen Bescheides vom 13. April 2007, Zahl 05 12.143-BAS, dem neuerlichen Antrag entgegen stehe, weswegen die Asylbehörde zu einer Zurückweisung verpflichtet sei. Die Antragstellerin halte sich zusammen mit ihrem Lebensgefährten, der gemeinsamen Tochter und ihrem Sohn, welche alle gemeinsam mit ihr einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht hätten, in Österreich auf. Weitere Familienmitglieder bzw. Verwandte der Antragstellerin befänden sich nicht im österreichischen Bundesgebiet. Es liege somit kein Familienbezug (Kernfamilie) zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vor. Der Aufenthalt der Angehörigen sei so wie der der Antragstellerin nur ein vorübergehender. Die Ausweisung stelle daher keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens würden auch sonst keine Hinweise vorliegen, welche den Schluss zuließen, dass durch eine Ausweisung auf sonstige Weise unzulässiger Weise in das Privatleben der Antragstellerin eingegriffen werden würde.

 

Gegen diesen Bescheid, welcher der Beschwerdeführerin am 9. Juli 2007 persönlich zugestellt wurde, wurde mit Schreiben vom 18. Juli 2007 fristgerecht Berufung erhoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen wiederholt. Die Beschwerdeführerin machte neuerlich geltend, dass der Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. April 2007, Zahl 05 12.143-BAS, fehlerhaft zugestellt worden sei, zumal der rechtsfreundliche Vertreter keine Vollmacht inne gehabt hätte, somit zur Entgegennahme des Bescheides nicht berechtigt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin selbst habe den Bescheid vom rechtsfreundlichen Vertreter erst nach Ablauf der Berufungsfrist durch die Pensionsleiterin übergeben bekommen. Überdies sei nicht auszuschließen, dass diese den Inhalt des Bescheides mit Hilfe ihres Sohnes, der eine Firma besitze, an russische oder ukrainische Behörden weitergeleitet habe. Überdies habe die Beschwerdeführerin erfahren, dass den ukrainischen Behörden bekannt sei, dass ihre Familie in Österreich um Asyl angesucht habe. Außerdem sei der Militärstaatsanwaltschaft der Stadt C. bekannt, wo der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin gemeldet sei. Sie würden überdies auf Grund des Diebstahls (gemeint wohl: "Entführung") der Tochter vom Innenministerium gesucht werden. Außerdem sei der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin in Österreich von Tschetschenen bedroht worden, weil bekannt geworden sei, dass er auf russischer Seite gekämpft habe. Die Tochter der Beschwerdeführerin leide heute noch unter dem Erlebten und sei psychisch krank. Auch der Sohn sei an der Grenze seiner Psyche.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. August 2007, Zahl 313.792-1/2E-XVIII/59/07, wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 61 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen. Insbesondere führte der Unabhängige Bundesasylsenat in seiner Begründung aus, dass das Bundesasylamt zu Recht davon ausgegangen sei, dass der erste Asylantrag rechtmäßig an den rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt und ob der fehlenden Berufung in Rechtskraft erwachsen sei (Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. August 2007, Zahl 313.792-1/2E-XVIII/59/07, Seite 6 und 7).

 

Die Beschwerdeführerin brachte am 9. Juli 2008 in Schubhaft ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz beim Bundesasylamt, Zahl 08 05.918-EAST Ost, ein.

 

Am selben Tag wurde die Beschwerdeführerin vor dem Landespolizeikommando für Wien, Polizeianhaltezentrum 1080 Wien, durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. In der Befragung gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, am 8. Juli 2008 aus Helsinki abgeschoben worden zu sein, nachdem sie ungefähr sechs Monate in Finnland aufhältig gewesen sei. Zu den Fluchtgründen befragt führte sie aus, dass sie bei ihren bisher angegebenen Fluchtgründen bleibe und diesen auch nichts hinzuzufügen habe. Sie wolle in Österreich bleiben. In Finnland habe sie um die Staatsbürgerschaft für ihr Kind angesucht. Ihre Befürchtungen für den Fall ihrer Rückkehr habe sie bereits in ihrem letzten Asylverfahren dargetan. Die Beschwerdeführerin führte aus, dass der Vater ihres Kindes große Probleme in der Ukraine habe, wobei sie diesen Umstand bei der letzten Asylantragstellung erzählt habe. Auch sie müsse daher mit Konsequenzen seitens der ukrainischen Justizbehörde rechnen.

 

In der niederschriftlichen Einvernahme vom 16. Juli 2008 wurden seitens der Beschwerdeführerin ihr Lebenslauf in deutscher Sprache, eine Bestätigung der finnischen Botschaft in Warschau vom 11. Februar 2005 betreffend die Geburt ihrer Tochter in Finnland, eine Bestätigung des finnischen Magistrates, ein Bericht des finnischen Migrationsamtes vom 12. Mai 2008, eine Bestätigung des Krankenhauses aus 2008 sowie ein Ansuchen eines ukrainischen Rechtsanwaltes an die finnische Botschaft in Kiew vorgelegt. Sie sei am 2. April 2000 nach Finnland gereist und sei dort während ihres zweieinhalbjährigen Aufenthaltes ihre Tochter geboren. Am 12. Juli 2002 sei sie gemeinsam mit ihrer Tochter und ihrem Sohn von Finnland in die Ukraine abgeschoben worden, wo sie bis zum Jahr 2003 aufhältig gewesen sei. Anschließend sei sie nach Polen gereist, wo sie bis ins Jahr 2004 illegal wohnhaft gewesen sei. Im Jahr 2004 habe sie um humanitären Aufenthalt in Polen angesucht. Im Jahr 2005 sei sie mit ihrem Lebensgefährten, ihrem Sohn und ihrer Tochter nach Österreich gefahren. Im Jahr 2007 sei sie mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter nach Deutschland weitergereist und habe dort um Asyl angesucht. Ihr Sohn sei in Österreich geblieben. In Deutschland habe sie erfolglos versucht, über die finnische Botschaft Papiere für ihre Tochter zu erhalten. Bis November 2007 sei die Familie in Deutschland geblieben und anschließend nach Schweden gereist. In Schweden hätten sie, nachdem ihre Tochter krank geworden sei, um Asyl angesucht. Nach einem dreimonatigen Aufenthalt in Schweden seien sie am 25. Jänner 2008 nach Finnland gefahren, wo sie um Asyl angesucht hätten. Im Juli 2008 seien sie schließlich nach Österreich gebracht worden. Ihre Mutter und Schwester würden in Finnland leben, ihr Lebensgefährte, ihre Tochter und ihr Sohn seien in Österreich. Mit ihrem Sohn habe sie bis Ende Juli/Anfang August 2007 zusammen gelebt. Als sie mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter nach Finnland gereist sei, habe ihr Sohn nicht mitkommen wollen, da er mit seiner Freundin in Österreich im gemeinsamen Haushalt lebe und sie ein Kind von ihm erwarte. Zu ihrem Sohn bestehe ein sehr gutes Mutter - Sohn - Verhältnis. Eine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit zwischen ihr und ihrem Sohn bestünde nicht, dieser habe ein eigenes Einkommen. Befragt, warum die Beschwerdeführerin einen neuen Antrag auf internationalen Schutz stelle, gab diese an, dass sie nicht wisse, wohin sie ihre Tochter bringen solle. Solange die Frage der Staatsbürgerschaft ihrer Tochter nicht geklärt sei, wolle sie in Österreich bleiben. Am 9. oder 10. Juli 2008 sei sie mit ihrer Tochter in Begleitung eines Polizeibeamten in Zivil zum ukrainischen Konsul in Wien gebracht worden. Dieser habe ihr erklärt, dass ihre Tochter nicht in die Ukraine einreisen könne, da sie keine Geburtsurkunde besitze, das Kind in der Ukraine nicht registriert sei und auch keine ukrainische Staatsbürgerschaft bekommen werde. Über Nachfrage des einvernehmenden Organwalters des Bundesasylamtes zu ihren Fluchtgründen gab die Beschwerdeführerin an, dass es sich um die gleichen Fluchtgründe handle. Bei ihrem ersten Asylantrag habe man ihr in Österreich mitgeteilt, dass sie "lüge" und dass es keine Probleme mit ihrer Tochter gebe. Für den Fall ihrer Rückkehr fürchte sie, dass ihr ihre Tochter weggenommen und sie selbst wegen Kindesentführung ins Gefängnis gesteckt werde. Sie werde auch Probleme wegen der Asylantragstellung bekommen. Im Jahr 2003 oder 2004 habe man ihr mit Haft gedroht, wenn sie keine Dokumente für ihr Kind vorlege. In Österreich sei ihr Sohn, der mit seiner schwangeren Lebensgefährtin die Hochzeit vorbereite. Die Beschwerdeführerin habe in Österreich ein Jahr lang als Reinigungskraft gearbeitet. Ihre Tochter sei traumatisiert, befinde sich derzeit aber nicht in ärztlicher Behandlung oder Therapie. Seit dem Jahr 2003 habe ihre Tochter psychische Probleme. Zwischen ihrer Tochter und ihrem Sohn bestehe kein Abhängigkeitsverhältnis. (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 57 bis 89)

 

Mit E-Mail der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. Juli 2008 wurde dem Bundesasylamt ein Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft vom 11. Juli 2008 übermittelt und mitgeteilt, dass ein Vorführersuchen und eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch der Vizekonsulin mit den Fremden bereits im August 2007 erfolgt seien. Für die ukrainische Konsularabteilung stehe die ukrainische Staatsbürgerschaft der Tochter der Beschwerdeführerin fest. Das ukrainische Konsulat in Wien stehe mit dem ukrainischen Justizministerium wegen der Dokumente für die Tochter der Beschwerdeführerin in Kontakt.

 

In einer weiteren Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 21. Juli 2008 in Anwesenheit eines Rechtsberaters gab die Beschwerdeführerin an, dass es einen Gerichtsbeschluss gebe, wonach sie einer Fabrik 400.000 Griven wegen des Brandes bezahlen müsse. Sie habe bereits im ersten Asylverfahren angegeben, dass die Fabrik zu 80% einem Abgeordneten namens S. gehöre und sie deshalb von ukrainischen Sicherheitsdiensten gesucht werde. Bei ihrer Rückkehr werde sie gerichtlich verurteilt, da sie nicht auffindbar gewesen sei und das Geld nicht bezahlt habe. Über Nachfrage, ob sie während ihres Aufenthaltes in der Ukraine in den Jahren 2002/2003 wegen der Verurteilung Probleme gehabt habe, führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie das bereits in ihrem ersten Verfahren angegeben habe. Sie habe acht bis neun Mal den Wohnort gewechselt, sei nirgends gemeldet gewesen. Erst im Jahr 2004 habe sie sich 100 Kilometer von Kiew entfernt in einem Dorf angemeldet. Als sie sich selbst angemeldet habe, sei sofort ersichtlich gewesen, dass sie gesucht werde. Zum Verfahren ihrer Tochter gab die Beschwerdeführerin nach Vorhalt der Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck an, dass ihre Tochter nicht in die Ukraine zurückkehren könne, da sie keinen Namen habe und es auch keine Bestätigung über die Mutterschaft gebe. Der Beschwerdeführerin wurde weiters ein Telefax des Oulu Police Department, Finnland, vom 2. Juli 2008 vorgehalten, wonach der ukrainische Konsul in Finnland erklärt habe, dass für die Tochter der Beschwerdeführerin ein ukrainischer Staatsbürgerschaftsnachweis ausgestellt werde. Aus dem Schreiben geht weiters hervor, dass es bisher an den Eltern gelegen sei, dass für das Kind kein Staatsbürgerschaftsnachweis und keine Reisedokumente ausgestellt worden seien, da ein Termin bei der ukrainischen Botschaft nicht wahrgenommen worden sei. Nach Vorhalt dieses Schreibens führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie in den Jahren 2000 bis 2004 versucht habe, ihre Tochter in der Ukraine registrieren zu lassen. Ihr Kind sei der Beschwerdeführerin daraufhin weggenommen worden. Über nochmaligen Vorhalt antwortete die Beschwerdeführerin: "Warum soll ich dort hingehen, wenn ich bereits einen Antrag auf die finnische Staatsbürgerschaft meiner Tochter gestellt habe." Der Beschwerdeführerin wurden im Lauf der Einvernahme Länderdokumente zur Versorgungslage in der Ukraine vorgehalten, worauf die Beschwerdeführerin angab, dass ihre Tochter keine ukrainische Staatsbürgerin sei und keine Mutter habe, weshalb ihre Tochter keine Behandlung oder soziale Hilfe und Unterstützung erhalten werde. Die Beschwerdeführerin führte aus, dass sie niemals Dokumente unterschreiben werde, dass ihre Tochter in die Ukraine einreisen darf. Zu ihrer persönlichen Situation und der Situation ihrer Tochter befragt gab die Beschwerdeführerin an, ein bisschen Deutsch zu sprechen und bei der Gemeinde in H. gearbeitet zu haben. Die Tochter der Beschwerdeführerin habe zwei Jahre lang in H. einen Kindergarten besucht. Die Tochter der Beschwerdeführerin spreche Russisch und außerdem Englisch und Finnisch. Bei ihrer Rückkehr werde sie vom Sicherheitsdienst verhört und ins Gefängnis gesteckt. Nach Rückübersetzung merkte die Beschwerdeführerin an, dass sie sich nach ihrer Rückkehr aus Finnland am 12. Juli 2002 nicht bis ins Jahr 2003, sondern bis September 2004 in der Ukraine aufgehalten habe. Sie merkte weiters an, dass ihr auf Grund eines gerichtsmedizinischen Untersuchungsergebnisses, wonach sie keine Gebärmutter mehr hätte, durch ein Gericht in Kiew ihre Tochter weggenommen worden sei. Ende September 2004 sei in der Ukraine ein Gerichtsverfahren wegen Kindesentführung eingeleitet worden. (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 107 bis 133)

 

Mit Bescheid vom 24. Juli 2008 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt II. wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seiten 135 bis 191).

 

Laut Übernahmebestätigung wurde verfahrensgegenständlicher Bescheid an die Beschwerdeführerin am 29. Juli 2008 gleichzeitig mit den Bescheiden die Tochter und den Lebensgefährten der Beschwerdeführerin betreffend persönlich ausgefolgt.

 

Gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes richtet sich die fristgerecht am 8. August 2008 per Telefax eingebrachte Beschwerde. In der Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bundesasylamt unzulässigerweise davon ausgehe, dass sich im Hinblick auf die Staatsbürgerschaft der Tochter der Beschwerdeführerin keine Änderung ergeben habe. Die Tochter der Beschwerdeführerin sei undokumentierte Staatenlose und hätte in der Ukraine keinen Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen. Es sei unrichtig, dass sich die Beschwerdeführerin nicht um Dokumente für ihre Tochter bemühe, vielmehr hätten sich die ukrainischen Behörden geweigert, Dokumente auszustellen. Die Beschwerdeführerin habe sich aus Angst vor einer Trennung der Familie bisher geweigert, einen Antrag auf Ausstellung von Heimreisezertifikaten zu unterschreiben. Der Tochter der Beschwerdeführerin würden alle Rechte als Staatsbürgerin der Ukraine verwehrt werden. Es sei nicht zutreffend, dass sich die Beschwerdeführerin geweigert habe, mit der ukrainischen Botschaft in Helsinki bezüglich der Staatsbürgerschaft ihrer Tochter zu sprechen, was auch aus einem Schreiben einer Sozialarbeiterin im Aufnahmezentrum an die Ausländerbehörde in Helsinki vom 12. Mai 2008, welches in Kopie beigelegt wurde, hervorgehe. Zum Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. Juli 2008 wurde ausgeführt, dass es sich bei dem Gespräch mit der ukrainischen Vizekonsulin lediglich um Heimreisezertifikate für das Kind und nicht um Staatsbürgerschaftsnachweise gehandelt habe. In der Beschwerde wurde eine Bestätigung der ukrainischen Vizekonsulin vom 28. Juli 2008 vorgelegt, aus der hervorgehe, dass die Konsularabteilung der Botschaft der Ukraine in Österreich die Tochter der Beschwerdeführerin als ukrainische Staatsbürgerin nicht anmelden könne. Die Tochter der Beschwerdeführerin leide außerdem an Enuresis, weshalb eine geeignete medizinische Behandlung einzuleiten sei. Die Lebensgefährtin des Sohnes der Beschwerdeführerin sei subsidiär Schutzberechtigte in Österreich und erwarte ein Kind. Zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Sohn bestünden enge Beziehungen.

 

Mit E-Mail teilte der Asylgerichtshof dem Bundesasylamt mit, dass die Beschwerdevorlage am 21. August 2008 beim Asylgerichtshof eingelangt ist.

 

II. Der Asylgerichtshof hat hinsichtlich der zulässigen Beschwerde erwogen:

 

1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, in der Fassung BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, ergehen Entscheidungen des Bundesasylamtes über Anträge auf internationalen Schutz in Bescheidform. Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst ergehen in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.

 

Der Asylgerichtshof entscheidet gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2008, in Verbindung mit § 61 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 leg. cit. vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Durch Einzelrichter/Einzelrichterin entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 ausnahmslos über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4 leg. cit.;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 leg. cit. sowie

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

 

Eine mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung fällt gemäß § 61 Abs. 3 Z 2 leg. cit. ebenfalls in die Kompetenz des/der zuständigen Einzelrichters/Einzelrichterin.

 

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, das gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden ist.

 

Auf die Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind gemäß § 23 AsylGHG, soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG 2005, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nichts anderes ergibt, die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2006 in Kraft. Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz wurde nach diesem Datum eingebracht weshalb das AsylG 2005 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten die außer den Fällen der §§ 69 und 71 leg. cit. die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 leg. cit. findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann, wenn das Begehren nicht ausdrücklich dahin lautet, wegen "res iudicata" zurückzuweisen. Die Wesentlichkeit einer Änderung des Sachverhalts als Kriterium der "res iudicata" ist nicht nach der objektiven Rechtslage, sondern nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen, rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat (VwGH 22. 05. 2001, 2001/05/0075).

 

Nach der Rechtsprechung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteienbegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen gemäß § 28 AsylG 1997 (nunmehr: § 18 AsylG 2005) - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Darüber hinaus muss die behauptete Änderung des Sachverhalts zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Änderung des Sachverhalts, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315).

 

Das im erstinstanzlichen Verfahren über den zweiten Asylantrag erstattete Vorbringen zu Tatsachen, die erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens eingetreten sind, ist in Bezug auf die Frage des Vorliegens einer Sachverhaltsänderung an dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt (und nicht unbedingt am damaligen Vorbringen) zu messen. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen gemäß § 28 AsylG (nunmehr: § 18 AsylG 2005) - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (VwGH 25. 10. 2000, 99/06/0169, VwGH 22. 05. 2001, 2001/05/0075, VwGH 20. 03. 2003, 99/20/0480).

 

Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist davon auszugehen, dass wenn ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die der Asylwerber jedoch nicht bereits im diesem ersten Asylverfahren vorgebracht hat, aus diesem Grund schon nach dem Vorbringen des Asylwerbers keine Sachverhaltsänderung vorliegt und der weitere Asylantrag vom Bundesasylamt wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist (VwGH 24. 08. 2004, 2003/01/0431).

 

Für den Asylgerichtshof ist Sache des gegenständlichen Verfahrens in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, die Frage, ob das Bundesasylamt mit Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zurückgewiesen hat.

 

Die Beschwerdeführerin gab an, seit 8. Juli 2008 wieder in Österreich aufhältig zu sein. Davor sei sie im August 2007 mit ihrer Tochter und ihrem Lebensgefährten von Österreich aus nach Deutschland, anschließend nach Schweden und danach nach Finnland gereist, wo sie am 8. Juli 2008 wiederum nach Österreich abgeschoben worden sei. Die Beschwerdeführerin begründete ihren neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz mit dem bereits im Verfahren betreffend den ersten eingebrachten Asylantrag dargelegten Vorbringen. Bereits im ersten Asylverfahren, in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 12. August 2005 (Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zahl: 05 12.143-BAS, Seite 55), verwies die Beschwerdeführerin auf ihre Probleme wegen fehlender Dokumente ihrer Tochter, die in Finnland geboren worden sei. Auch ihre finanziellen Verpflichtungen in Höhe von 400.000 Griwna in Folge eines Brandes hat die Beschwerdeführerin bereits detailreich in ihrem ersten Asylverfahren dargetan (Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zahl: 05 12.143-BAS, Seite 131), ebenso wie ihre Probleme mit einem Abgeordneten (Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zahl: 05 12.143-BAS, Seite 121). Dass der Teilhaber des Unternehmens umgebracht worden sei, wurde von der Beschwerdeführerin ebenso im ersten Asylverfahren geschildert (Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zahl: 05 12.143-BAS, Seite 133) wie befürchtete Konsequenzen wegen unterstellter Kindesentführung (schriftliche Stellungnahme vom 20. März 2007). Gleiches gilt für ihr Vorbringen, wonach sie wegen Asylantragstellung im Ausland mit Konsequenzen in der Ukraine zu rechnen habe (Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zahl: 05 12.143-BAS, Seite 223 bzw. Bescheid vom 13. April 2007, Seite 28). Von der Beschwerdeführerin selbst in der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im gegenständlichen Verfahren vom 9. Juli 2008 bestätigt, wurden die behaupteten Probleme ihres Lebensgefährten im ersten Asylverfahren behandelt (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 27).

 

Die Beschwerdeführerin gab im nunmehr dritten Asylverfahren somit dieselben Gründe an, die sie bereits anlässlich der vorangegangenen beiden Asylverfahren angegeben hatte. "Neu" brachte sie am 21. Juli 2008 vor, dass bei ihrer Anmeldung in der Ukraine im Jahre 2004 sofort eine "Information" gekommen sei, wonach sie "gesucht werde". Die Beschwerdeführerin brachte hiermit aber keinen asylrelevanten Sachverhalt oder entscheidungsrelevante Tatsachen vor, die nach rechtskräftigem Abschluss des in der Sache erledigenden Asylverfahrens eingetreten sind.

 

Auch von Amts wegen konnte kein neuer asylrelevanter Sachverhalt oder entscheidungsrelevante Tatsachen festgestellt werden, die nach Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 13. April 2007, Zahl 05 12.143-BAS, hervorgekommen sind.

 

Die Beschwerdeführerin brachte erstmals in der Beschwerde vor, dass sie von der Vizekonsulin der ukrainischen Botschaft ein Fax vom 28. Juli 2008 erhalten habe, welches auch in Vorlage gebracht wurde. Aus dem Schreiben sei ersichtlich, dass die Tochter der Beschwerdeführerin auf Grund der vorgelegten Dokumente von der Konsularabteilung der Botschaft der Ukraine in Österreich nicht als ukrainische Staatsbürgerin angemeldet werden könne.

 

Für den Asylgerichtshof ist in Anwendung des AVG ausschließlich die Frage zu behandeln, inwieweit die erstinstanzliche Behörde mit Recht den neuerlichen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat. Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind (vgl. z.B. VwGH 23. 01. 1997, Zl. 95/09/0189, und vom 6. 03. 1997, Zl. 94/09/0229). In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgebracht werden (VwGH 28. 10. 2003, Zl. 2001/11/0224).

 

Für den Asylgerichtshof kann Prüfungsmaßstab zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisungsentscheidung durch das Bundesasylamt nur jenes Vorbringen sein, das von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden ist. Die angeführten Umstände wurden bereits in den vorhergehenden Asylverfahren untersucht und haben zu einer rechtskräftigen negativen Entscheidung durch das Bundesasylamt vom 13. April 2007 und eine rechtskräftige Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache durch den Unabhängigen Bundesasylsenat vom 13. August 2007 geführt. Im verfahrensgegenständlichen Antrag bezog sich die Beschwerdeführerin ausschließlich auf ihre in den Vorverfahren angeführten Gründe, weshalb kein neues Sachverhaltselement, in dem ein "glaubhafter Kern" mit Asylrelevanz erkannt werden könnte, hervorgekommen ist.

 

Unbeschadet ist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hinzuweisen, dass in dem seitens der Beschwerdeführerin mit der Beschwerde vorgelegten Schreiben der ukrainischen Botschaft lediglich die "Anmeldung" der Tochter der Beschwerdeführerin problematisiert wird, nicht die Staatsangehörigkeit selbst. Weiters ergibt sich aus der Mitteilung der BH Vöcklabruck, dass bereits Kontakt mit dem ukrainischen Justizministerium aufgenommen wurde.

 

Die belangte Behörde geht in ihrer Entscheidung sowie schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung zu Recht von der Bindungswirkung der rechtskräftigen Bescheide vom 13. April 2007, Zahl 05 12.143-BAS und Zahl 05 12.141-BAS (Tochter) aus, wonach die festgestellte Staatsangehörigkeit der Tochter verbindlich ist.

 

Dem Vorbringen, wonach der Tochter der Beschwerdeführerin die ukrainische Staatsbürgerschaft und damit auch ihre Rechte in der Ukraine nicht zukämen bzw. laut Vorbringen in der Beschwerde Staatenlosigkeit vorläge, ist das Bundesasylamt mit den amtswegig beigeschafften Dokumenten (Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. Juli 2008 und E-Mail der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. Juli 2008 sowie Faxschreiben des Oulu Police Department, Finnland, vom 2. Juli 2008) entgegengetreten. Außerdem ist diesbezüglich auf das ukrainische Staatsbürgerschaftsrecht (englische Fassung: "Law of the Citizenship of Ukraine No. 2235-III" vom 18. Jänner 2001) und dessen Abschnitt II., Art. 7, wonach das Kind ukrainischer Eltern ukrainische Staatsbürgerin/ukrainischer Staatsbürger ist ("A person, whose parents or one of the parents were citizens of Ukraine at the time of his/her birth is a citizen of Ukraine."), zu verweisen, womit die Ausführungen der Beschwerdeführerin ins Leere laufen.

 

Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache erfolgte daher zu Recht, weshalb die Beschwerde diesbezüglich abzuweisen war.

 

2. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. Nr. 100, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist (§ 10 Abs. 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 75/2007). Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§ 10 Abs. 4 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100).

 

Die Beschwerdeführerin reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und brachte am 10. August 2005 einen Asylantrag ein. Das Verfahren wurde rechtskräftig negativ entschieden. Am 14. Mai 2007 stellte die Beschwerdeführerin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der ebenfalls rechtskräftig wegen entschiedener Sache im Instanzenweg zurückgewiesen wurde. Der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz wurde am 9. Juli 2008 eingebracht.

 

In der Beschwerde werden keinerlei überzeugende Einzelheiten genannt, aus denen schlüssig hervorgehen würde, dass das Bundesasylamt in der gesetzlich geforderten Interessensabwägung gefehlt hätte. Derartiges konnte auch nicht von Amts wegen festgestellt werden, weshalb sich der zur Entscheidung berufene Richter des Asylgerichtshofes den zutreffenden rechtlichen Ausführungen des Bundesasylamtes vollinhaltlich anschließt und diese zum Inhalt des Erkenntnisses erklärt.

 

3. Als "Familienangehöriger" gilt gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, der Elternteil eines minderjährigen Kindes, der Ehegatte oder das zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratete minderjährige Kind eines Asylwerbers. Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, gilt der Antrag des Familienangehörigen (bei dem im Gesetz verwendeten Verweis auf § 2 Z 22 handelt es sich offenkundig um einen Redaktionsfehler - gemeint ist § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005) eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, sind Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang (zur Anwendung durch den Asylgerichtshof vgl. § 34 Abs. 5 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008).

 

Die Beschwerdeführerin und ihre Tochter sind Familienangehörige des jeweils anderen im Sinne der zitierten Bestimmung. Beide ersuchten um Gewährung von Asyl. Darüber hinaus stellte der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin, seinerseits Vater der Tochter der Beschwerdeführerin ebenfalls einen Asylantrag. Keinem wurde bisher Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt, das Verfahren keines von ihnen wurde bisher zugelassen. § 34 Abs. 1 Z 3 und Abs. 4 AsylG 2005 ist anzuwenden.

 

Die Beschwerdeverfahren der Familienangehörigen haben nicht ergeben, dass ihre Verfahren zuzulassen wären, weshalb kein Grund für eine Zulassung des gegenständlichen Verfahrens gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 gegeben ist.

 

4. Wird gegen einen mit einer zurückweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundene Ausweisung Beschwerde ergriffen, hat der Asylgerichtshof dieser binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (§ 37 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008).

 

Gegenständliche Beschwerde langte am 21. August 2008 beim Asylgerichtshof ein. Da der Asylgerichtshof noch vor Ablauf der in § 37 Abs. 1 AsylG 2005 genannte Frist spruchgemäß entschied, konnte die Prüfung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerdevorlage entfallen.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverfahren, Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten