TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/28 A11 400805-1/2008

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Veröffentlicht am 28.08.2008
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Spruch

A11 400.805-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Huber als Vorsitzenden und den Richter Mag. Benda als Beisitzer über die Beschwerde des C.S., geb. 00.00.1978, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.7.2008, Zahl: 08 04.278-BAE, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger von Nigeria und ist am 14.5.2008 ins Bundesgebiet eingereist. Am selben Tag hat er einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wurde hieraufhin vor der PI Traiskirchen EAST niederschriftlich einvernommen. Am 20.5.2008 und am 24.6.2008 wurde der Asylwerber vom Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.7.2008, Zahl: 08 04.278-BAE, im Wesentlichen wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhoben wird.

 

Im Wesentlichen zusammengefasst behauptete der Asylwerber, dass er und sein Bruder aufgrund von Streitigkeiten mit seinem Onkel, welcher sodann von Unbekannten erschossen worden wäre, von der Polizei verhaftet worden seien. Er und sein Bruder seien sodann im Rahmen ihres Gefängnisaufenthaltes gefoltert worden, sein Bruder sei im Gefängnis vergiftet worden. Er selbst sei aus dem Gefängnis freigekommen, fürchte nun aber, von der Familie seines Onkels getötet zu werden.

 

Das Bundesasylamt hat den Antrag des Asylwerbers mit Bescheid vom 16.7.2008, Zahl: 08 04.278-BAE, abgewiesen und unter einem festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Weiters wurde der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Begründend führte das Bundesasylamt - unter Darlegung näherer Erwägungen - aus, dass dem Vorbringen des Asylwerbers jegliche Glaubwürdigkeit zu versagen sei.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Antrag auf internationalen Schutz: das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1

 

Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser

 

in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird

 

oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht

 

zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Bereits die Behörde erster Instanz hat unter Darlegung umfassender Erwägungen in schlüssig nachvollziehbarer Weise zutreffenderweise ausgeführt, dass das Vorbringen des Asylwerbers zu seinen Fluchtgründen aufgrund von massiven Widersprüchen in seinen Angaben nicht glaubhaft sei.

 

Das Bundesasylamt hat hinsichtlich aller drei Spruchpunkte in der Begründung des Bescheides vom 16.7.2008, Zahl: 08 04.278-BAE, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfragen klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Lediglich zur Verdeutlichung sei nochmals betont, dass der Eindruck der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers zunächst bereits dadurch entsteht, dass dieser sich im Rahmen seiner Einvernahmen hinsichtlich zentraler Daten in Zusammenhang mit seiner Fluchtgeschichte in Widersprüche verstrickte: So gab dieser im Rahmen der Erstbefragung vor der Polizei am 14.5.2008 an, dass sein Bruder im April 2008 verstorben sei (Aktenseite 5 des Verwaltungsaktes), wohingegen er in der Ersteinvernahme vor dem Bundesasylamt am 20.5.2008 plötzlich erklärte, sein Bruder sei im März 2008 gestorben (Aktenseite 25 u. 39 des Verwaltungsaktes). Bedenkt man, dass der behauptete Todeszeitpunkt des Bruders bezogen auf die Zeitpunkte der beiden Einvernahmen nicht mehr als maximal einen bzw. zwei Monate zurückliegen kann, erscheint undenkbar, dass der Asylwerber nicht mehr das genaue Sterbedatum seines Bruders - sohin eines seiner nächsten Verwandten (!) - anzugeben wüsste, sodass schon hiedurch Zweifel am Wahrheitsgehalt seines gesamten Vorbringens auftreten.

 

Als unauflöslicher Widerspruch stellt es sich weiters dar, dass der Asylwerber zwar in seiner Erstbefragung als zentral fluchtauslösendes Motiv angegeben hatte, Angst zu haben, von seinem Onkel ermordet zu werden (Aktenseite 11 des Verwaltungsaktes), er allerdings in der folgenden niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesasylamt nunmehr behauptete, dass dieser Onkel jedenfalls bereits vor seiner (des Asylwerbers) Ausreise aus Nigeria von unbekannter Seite erschossen worden wäre (Aktenseite 39 des Verwaltungsaktes).

 

Der Asylwerber wusste nach Vorhalt seiner widersprüchlichen Angaben auch keine plausible Erklärung für diese zu liefern, sondern beharrte darauf, im Rahmen der Erstbefragung sehr wohl schon angegeben zu haben, dass sein Onkel verstorben sei und dessen Angehörige sodann ihn und seinen Bruder durch die Polizei verhaften ließen (wie oben). Ausgehend davon, dass der Asylwerber nach erfolgter Rückübersetzung im Anschluss an die Erstbefragung keine Beanstandungen des Einvernahmeprotokolls vorgenommen und die inhaltliche Richtigkeit der Niederschrift auch durch seine Unterschrift bestätigt hat, erscheinen seine nunmehrigen Angaben jedoch insofern als bloße Ausrede, um sein als unglaubwürdig erkanntes Vorbringen zu "retten".

 

Auch fällt auf, dass der Asylwerber, der in der Erstbefragung lediglich behauptet hatte, dass sein Onkel nach dem Tod seines Vaters dessen ganzes Vermögen beansprucht hätte und ihn (den Asylwerber) daher töten hätte wollen, sein Vorbringen in der folgenden Einvernahme vor dem Bundesasylamt dahingehend steigerte, dass die Angehörigen seines erschossenen Onkels ihn und seinen Bruder zu Unrecht der Tat verdächtigt und verhaften hätten lassen, er in der Folge zwei Wochen inhaftiert gewesen sei und während der Haft gefoltert worden wäre (Aktenseite 39 des Verwaltungsaktes). Es ist nach menschlichem Ermessen undenkbar, dass eine Person, die tatsächlich zu Unrecht inhaftiert und zudem in der Haft gefoltert worden wäre, dies nicht umgehend bei der Schilderung ihrer Fluchtgründe im Rahmen des Asylverfahrens bei erster Gelegenheit vorbringen würde, sodass wiederum evident wird, dass es sich bei den behaupteten Geschehnissen um ein frei erfundenes Konstrukt handelt. Verdeutlicht wird dieser Eindruck dadurch, dass der Asylwerber auch hinsichtlich der Dauer seines Gefängnisaufenthaltes unterschiedliche Angaben zu Protokoll gab, da er zunächst in der Ersteinvernahme noch von einem ca. zweiwöchigen Gefängnisaufenthalt gesprochen hatte, er aber in der folgenden Einvernahme am 24.6.2008 behauptete, für vier Wochen inhaftiert gewesen zu sein (Aktenseite 79 des Verwaltungsaktes). Ausgehend davon, dass es sich bei einem Gefängnisaufenthalt, in dessen Rahmen man zudem wie bereits angeführt Folter ausgesetzt gewesen sein soll, im Falle wahrheitsgemäßer Umstände wohl um ein höchst einschneidendes Erlebnis für den Asylwerber gehandelt haben müsste, ist wiederum nicht vorstellbar und daher unglaubwürdig, dass dieser nicht mehr erinnerlich hätte, ob er nun tatsächlich zwei oder gar vier Wochen inhaftiert gewesen wäre. In diesem Zusammenhang ist weiters zu erwähnen, dass der Asylwerber auch die näheren Umstände seiner Verhaftung in seinen Einvernahmen unterschiedlich schilderte, da seine Angaben in der Ersteinvernahme nur so zu verstehen sind, dass er zusammen und zeitgleich mit seinem Bruder verhaftet wurde ("Seine Familie ließ uns verhaften. Wir kamen ins Gefängnis; Aktenseite 39 des Verwaltungsaktes), er aber in seiner späteren Einvernahme dementgegenstehend behauptete, dass zuerst sein Bruder festgenommen worden wäre und er selbst erst im Zuge dessen, da er selbst zur Polizei ging, um sich nach seinem Bruder zu erkundigen, im Nachhinein inhaftiert worden sei (Aktenseite 79 des Verwaltungsaktes), sodass erneut deutlich wird, dass es sich beim Vorbringen des Asylwerbers um eine oberflächlich zu Recht gelegte Rahmengeschichte handelt, deren Details dieser ad hoc nicht stimmig wiederzugeben imstande war.

 

Vollends klar wird der Umstand, dass es sich bei den Schilderungen des Asylwerbers nicht um die Wiedergabe selbst erlebter Umstände handelt, schließlich dadurch, dass dieser hinsichtlich der Todesursache seines Bruders in der Erstbefragung noch behauptet hatte, dass sein Bruder von seinem Onkel getötet worden sei (Aktenseite 11 des Verwaltungsaktes), nach der in der späteren Ersteinvernahme vorgetragenen Version sein Bruder jedoch im Rahmen seines Gefängnisaufenthaltes vergiftet worden und hierdurch ums Leben gekommen sein soll (Aktenseite 39 des Verwaltungsaktes) und er schließlich nach einer weiteren Version angab, dass sein Bruder im Zuge des Gefängnisaufenthaltes krank geworden und verstorben sei (Aktenseite 79 des Verwaltungsaktes).

 

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch die Narbe des Asylwerbers nicht den Wahrheitsgehalt seiner Fluchtgeschichte zu stützen vermag, da die Entstehungsgeschichte der Narbe letztlich nicht erweislich ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Angaben des Asylwerbers zu den konkreten Zusammenhängen glaubwürdig sind oder nicht, da die die Narbe ehemals verursachende Verletzung gleichwohl auch aus anderen Erlebnissen resultieren kann. Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche im Vorbringen des Asylwerbers kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Angaben zur konkreten Fluchtgeschichte mit der Wirklichkeit übereinstimmen.

 

Bei einer Abwägung jener Gründe, die für die Glaubwürdigkeit der vorgebrachten Bedrohungssituation sprechen - dies ist allein die Behauptung des Asylwerbers, dass seine Geschichte wahr ist - und jener Gründe, die gegen die Glaubwürdigkeit der konkreten Bedrohungssituation sprechen, überwiegen die für eine erfundene Geschichte sprechenden Argumente deutlich.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
14.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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