TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/28 D9 313791-2/2008

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Veröffentlicht am 28.08.2008
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Spruch

D9 313791-2/2008/3E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Kanhäuser als Einzelrichter über die Beschwerde des K.D., geb. 00.00.1968, Staatsangehörigkeit Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Juli 2008, Zahl 08 05.919-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, und § 10 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Beschwerdeführer, dessen Identität feststeht, stammt aus der Ukraine, reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter in das Bundesgebiet und brachte am 10. August 2005 seinen ersten Asylantrag, Zahl 05 12.139-BAS, beim Bundesasylamt ein.

 

Der Beschwerdeführer wurde am 12. August 2005 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich befragt, behauptete K.D. zu heißen und 1968 in C., Ukraine, geboren, orthodoxen Glaubens zu sein und aus der Ukraine zu stammen. Der Beschwerdeführer sei von Beruf Immobilienmakler und hätte zuletzt in R. gelebt. Der Beschwerdeführer gab zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er nicht in der ukrainischen Armee dienen habe wollen. Weiters habe die Gefahr bestanden, dass seine Familie auseinandergerissen werde, indem man ihm seine Tochter wegnehme. Er habe keine Dokumente für seine Tochter und es mache den Anschein, dass er seine Tochter entführt habe. Seitens der Polizei seien Ermittlungen gegen seine Person angestellt worden. Ein EURODAC-Treffer ergab, dass der Beschwerdeführer bereits in Polen mehrere Asylanträge gestellt hat. In der Einvernahme wurde dem Beschwerdeführer die Absicht des Bundesasylamtes mitgeteilt, seinen Asylantrag zurückzuweisen. Nach Führung von Konsultationen nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. L 50 S 1-10 (Dublin II VO), erklärte sich Polen mit Schreiben der polnischen Asylbehörde vom 22. August 2005 unter Berufung auf Art. 16 Abs. 1 lit. d Dublin II VO für zuständig

 

Am 24. August 2005 langte eine gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren beim Bundesasylamt ein, wonach beim Beschwerdeführer keine krankheitswertige psychische Störung vorliege, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Gefahr eines Dauerschadens oder von Spätfolgen im Fall der Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (der rechtlich zur Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet ist) beinhaltet. Im Gutachten der Lebensgefährtin und der Tochter des Beschwerdeführers wurde eine derartige Gefahr allerdings bejaht. Begründend wurde von der Gutachterin Frau Dr. M. insbesondere ausgeführt, dass der psychische Zustand der Tochter und der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers instabil sei und es wurden adäquate Schutzmaßnahmen (stabile Systeme, Therapie etc.) empfohlen.

 

Das Asylverfahren wurde daraufhin zugelassen und der Beschwerdeführer am 25. Juli 2006 neuerlich niederschriftlich einvernommen. Zusammengefasst gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, von 1986 bis 1988 den Militärdienst geleistet zu haben. 1988 habe er eine "spezielle Schule", eine "Geheimschule" abgeschlossen. Über die Ausbildung dürfe er nicht sprechen. Er habe eine Verpflichtungserklärung unterschreiben müssen, wonach er 25 Jahre für die Sowjetarmee dienen müsse. 1995 sei er nach Tschetschenien entsandt worden. Danach habe er erfolglos versucht, seine Entlassung einzureichen. Ihm seien Repressalien gegenüber seiner Familie angedroht worden. Im Jahr 1999 sei er desertiert. Er werde von der Militärstaatsanwaltschaft gesucht und gegen ihn sei ein Militärstrafverfahren eingeleitet worden. Weiters habe er für sein Kind keine Dokumente. Nachdem ihm das Kind vom Jugendamt weggenommen worden sei, sei er zur Entführung des Kindes aus dem Kinderheim und Ausreise nach Polen gezwungen gewesen. Wegen seiner Wehrdienstverweigerung habe er eine lebenslängliche Strafe zu erwarten. Für seine Tochter sei keine Sozial[versicherungs]nummer vergeben und keine Geburtsurkunde ausgestellt worden. Er werde beschuldigt, seine Tochter entführt zu haben. Er werde vom Gericht und der Staatsanwaltschaft im ganzen Umfang verfolgt, eine gerechte Gerichtsverhandlung gebe es in der Ukraine für ihn nicht. (Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zahl 05. 12.139-BAS, Seite 127 bis 145).

 

Mit Bescheid vom 13. April 2007, Zahl 05 12.139-BAS, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers in Spruchteil I gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF abgewiesen. In Spruchteil II wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei; unter einem wurde der Beschwerdeführer in Spruchteil III des Bescheides unter Berufung auf § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen. Dieser Bescheid wurde am 17. April 2007 dem rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt, welcher keine Berufung erhob. Der Bescheid erwuchs sodann mit Ablauf des 2. Mai 2007 in Rechtskraft.

 

Am 14. Mai 2007 brachte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag, diesmal auf internationalen Schutz, beim Bundesasylamt ein. Hiezu wurde der Beschwerdeführer am 15. Mai 2007 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der PI St. Georgen im Attergau befragt, wobei der Beschwerdeführer auf seinen ersten Asylantrag verwies und angab, dass die Gründe nach wie vor die gleichen seien. Er habe keine anderen Gründe. In weiterer Folge wurde er am 22. Mai 2007 und am 19. Juni 2007 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab im Wesentlichen zusammengefasst an, dem im Erstverfahren ausgewiesenen Rechtsvertreter nie Vollmacht erteilt zu haben. Befragt, ob sich an seinen bisherigen Angaben etwas geändert habe, führte der Beschwerdeführer aus, dass er die Wahrheit gesagt habe und seine Angaben noch immer gelten würden. Er gab außerdem an, dass die Rechtsschutzorgane der Ukraine von seinem Aufenthalt in Österreich in Kenntnis seien. Er verwies darauf, dass er dies bereits in Salzburg beim Bundesasylamt angegeben habe. Ansonsten habe er keine Gründe, die er geltend machen wolle. Er habe Angst vor einem Mordanschlag auf seine Person. Er befürchte neuerliche Folterungen wie im Dezember 2001 oder 2002. (Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zahl 07 04.457-EAST-West, Seite 25 bis 33, 51 bis 55, 91 bis 99)

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. Juli 2007, Zahl 07 04.457-EAST West, wurde der Asylantrag (gemeint wohl: "Antrag auf internationalen Schutz") in Spruchpunkt I. gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl 1991/51 idgF wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen.

 

Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass weder in der maßgeblichen Sachlage - und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Antragstellers gelegen sei, noch auf jene, welche von Amts wegen aufzugreifen sei - noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, sodass die Rechtskraft des ergangenen Bescheides vom 13. April 2007, Zahl 05 12.139-BAS, dem neuerlichen Antrag entgegen stehe, weswegen die Asylbehörde zu einer Zurückweisung verpflichtet sei. Der Antragsteller halte sich zusammen mit seiner Lebensgefährtin, der gemeinsamen Tochter und dem Sohn seiner Lebensgefährtin, welche alle gemeinsam mit ihm einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht hätten, in Österreich auf. Weitere Familienmitglieder bzw. Verwandte des Antragstellers befänden sich nicht im österreichischen Bundesgebiet. Es liege somit kein Familienbezug (Kernfamilie) zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vor. Der Aufenthalt der Angehörigen sei so wie der des Antragstellers nur ein vorübergehender. Die Ausweisung stelle daher keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens würden auch sonst keine Hinweise vorliegen, welche den Schluss zuließen, dass durch eine Ausweisung auf sonstige Weise unzulässiger Weise in das Privatleben des Antragstellers eingegriffen werden würde.

 

Gegen diesen Bescheid, welcher dem Beschwerdeführer am 9. Juli 2007 persönlich zugestellt wurde, wurde mit Schreiben vom 18. Juli 2007 fristgerecht Berufung erhoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen wiederholt. Der Beschwerdeführer machte neuerlich geltend, dass der Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. April 2007, Zahl 05 12.139-BAS, fehlerhaft zugestellt worden sei, zumal der rechtsfreundliche Vertreter keine Vollmacht inne gehabt hätte, somit zur Entgegennahme des Bescheides nicht berechtigt gewesen sei. Der Beschwerdeführer selbst habe den Bescheid vom rechtsfreundlichen Vertreter erst nach Ablauf der Berufungsfrist durch die Pensionsleiterin übergeben bekommen. Überdies sei nicht auszuschließen, dass diese den Inhalt des Bescheides mit Hilfe ihres Sohnes, der eine Firma besitze, an russische oder ukrainische Behörden weitergeleitet habe. Überdies habe der Beschwerdeführer erfahren, dass den ukrainischen Behörden bekannt sei, dass seine Familie in Österreich um Asyl angesucht habe. Außerdem sei der Militärstaatsanwaltschaft der Stadt C. bekannt, wo der Beschwerdeführer gemeldet sei. Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin würden überdies auf Grund des Diebstahls (gemeint wohl: "Entführung") der Tochter vom Innenministerium gesucht werden. Außerdem sei der Beschwerdeführer in Österreich von Tschetschenen bedroht worden, weil bekannt geworden sei, dass er auf russischer Seite gekämpft habe. Die Tochter des Beschwerdeführers leide heute noch unter dem Erlebten und sei psychisch krank. Auch der Sohn seiner Lebensgefährtin sei an der Grenze seiner Psyche.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. August 2007, Zahl 313.791-1/2E-XVIII/59/07, wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 61 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen. Insbesondere führte der Unabhängige Bundesasylsenat in seiner Begründung aus, dass das Bundesasylamt zu Recht davon ausgegangen sei, dass der erste Asylantrag rechtmäßig an den rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt und ob der fehlenden Berufung in Rechtskraft erwachsen sei (Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. August 2007, Zahl 313.791-1/2E-XVIII/59/07, Seite 6 und 7).

 

Der Beschwerdeführer brachte am 9. Juli 2008 in Schubhaft seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz beim Bundesasylamt, Zahl 08 05.919-EAST Ost, ein.

 

Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer vor dem Landespolizeikommando für Wien, Polizeianhaltezentrum 1080 Wien, durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. In der Befragung gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, am 8. Juli 2008 aus Finnland abgeschoben worden zu sein. Zu den Fluchtgründen befragt führte er aus, dass er seine bisherigen Angaben aufrecht halte und hinzufügen möchte, dass er seine bisherigen Angaben beweisen könne. Er bzw. seine Lebensgefährtin besäßen nun Dokumente aus Finnland. Er könne nur die Angaben seiner Lebensgefährtin bestätigen. Er wolle in Österreich bleiben. Er befürchte, in seiner Heimat sofort festgenommen zu werden und er fürchte außerdem um sein Leben. Seiner Frau könne das Gleiche passieren. Das gemeinsame Kind werde ihnen sofort weggenommen.

 

In der niederschriftlichen Einvernahme vom 16. Juli 2008 wurden seitens des Beschwerdeführers seine schwedische und finnische Asylkarte sowie sein Führerschein vom 22. April 1991 vorgelegt. Er sei im Jahr 1999 nach Finnland gereist. Im Jahr 2001 sei er in die Ukraine abgeschoben worden, wo er bis zum Jahr 2004 aufhältig gewesen sei. Anschließend sei er nach Polen gereist, wo er um Asyl angesucht habe. Im Jahr 2005 sei er nach Österreich gefahren und habe ebenfalls um Asyl angesucht. Im Jahr 2007 sei er nach Deutschland weitergereist. Bis Herbst 2007 sei er in Deutschland geblieben und anschließend nach Schweden gereist. In Schweden hätte er um Asyl angesucht. Ende Jänner 2008 sei er nach Finnland gefahren, wo er um Asyl angesucht hätte. Im Juli 2008 sei er schließlich zusammen mit seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter nach Österreich abgeschoben worden. Der Sohn seiner Lebensgefährtin sei in Österreich. Befragt, warum der Beschwerdeführer einen neuen Antrag auf internationalen Schutz stelle, gab dieser an, dass sein Verfahren im Jahr 2007 nicht rechtskräftig entschieden sei, da er keine Unterschrift geleistet habe. Über Vorhalt, dass sich aus den Akten eine rechtskräftige Erledigung seiner bisherigen Asylverfahren ergebe, führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Tochter keinerlei Dokumente bekommen habe. Informationen, die er dem Bundesasylamt weitergegeben habe, seien an die Ukraine weitergegeben worden. Die finnische Polizei habe das ukrainische Konsulat verständigt, dass er sich in Finnland aufhalte. Dem Konsul sei er nicht vorgeführt worden. Er sei von 17. Juni 2008 bis zu seiner Überstellung nach Österreich stationär in eine psychiatrische Klinik aufgenommen worden. Er werde in seiner Heimat umgebracht, da er im Jahr 1999 eine Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium abgelehnt habe. Der Beschwerdeführer gab an, dass er in Finnland ein Gerichtsverfahren anstrengen wolle, da seine Tochter auf Grund ihrer Geburt in Finnland ein Recht auf die finnische Staatsbürgerschaft habe. (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 99 bis 121)

 

Mit E-Mail der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. Juli 2008 wurde dem Bundesasylamt ein Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft vom 11. Juli 2008 übermittelt und mitgeteilt, dass ein Vorführersuchen und eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch der Vizekonsulin mit den Fremden bereits im August 2007 erfolgt seien. Für die ukrainische Konsularabteilung stehe die ukrainische Staatsbürgerschaft der Tochter des Beschwerdeführers fest. Das ukrainische Konsulat in Wien stehe mit dem ukrainischen Justizministerium wegen der Dokumente für die Tochter des Beschwerdeführers in Kontakt. (Verwaltungsakt der belangten Behörde betreffend die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers zu Zahl 08 05.918-EAST Ost, Seite 99 bis 103)

 

Am 16. Juli 2008 wurde der Beschwerdeführer durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapeutische Medizin untersucht. In der gutachterlichen Stellungnahme führte die Sachverständige auf Grund der durchgeführten Befunderhebung aus, dass der Beschwerdeführer an einer belastungsabhängigen, krankheitswertigen psychischen Störung leide. Einer Überstellung stünden jedoch keine schweren psychischen Störungen, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht bewirken würden, entgegen. Der Beschwerdeführer zeige eine Anpassungsstörung mit Selbstverletzung. Am Ehesten liege derzeit eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion, jedoch keine ausreichende Symptomatik für PTDS (Anmerkung dt.: Posttraumatische Belastungsstörung), vor. Ein Suizidversuch bzw. Selbstverletzung sei nicht auszuschließen.

 

In einer weiteren Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 21. Juli 2008 in Anwesenheit eines Rechtsberaters gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht in die Ukraine zurückgebracht werden könne, solange die Staatsbürgerschaft seiner Tochter nicht klar sei. Seine Tochter sei nicht Staatsbürgerin der Ukraine. Nach Vorhalt des Telefax des Oulu Police Department, Finnland, vom 2. Juli 2008, wonach der ukrainische Konsul in Finnland erklärt habe, dass für die Tochter des Beschwerdeführers ein ukrainischer Staatsbürgerschaftsnachweis ausgestellt werde, gab der Beschwerdeführer an, dass nach ukrainischem Recht eine Geburtsurkunde eines Kindes zur Registrierung vorgelegt werden müsse. Finnland verstoße gegen die Konvention der Menschenrechte zum Kinderrecht. Dem Beschwerdeführer wurden das Untersuchungsergebnis vom 16. Juli 2008 und Länderfeststellungen zur medizinischen Versorgung in der Ukraine vorgehalten. Er gab daraufhin an, dass man ihn in der Ukraine nicht behandeln werde. Zu seiner persönlichen Situation befragt gab der Beschwerdeführer an, ein bisschen Deutsch zu sprechen und bei der Gemeinde als Hilfsarbeiter gearbeitet zu haben. (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 137 bis 173)

 

Mit Bescheid vom 24. Juli 2008 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt II. wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen. (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seiten 175 bis 229)

 

Laut Übernahmebestätigung wurde verfahrensgegenständlicher Bescheid an die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers als Zustellungsbevollmächtigte am 29. Juli 2008 gleichzeitig mit den Bescheiden die Lebensgefährtin und die Tochter des Beschwerdeführers betreffend persönlich ausgefolgt.

 

Gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes richtet sich die fristgerecht am 8. August 2008 per Telefax eingebrachte Beschwerde. In der Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bundesasylamt unzulässigerweise davon ausgehe, dass sich im Hinblick auf die Staatsbürgerschaft der Tochter des Beschwerdeführers keine Änderung ergeben habe. Die Tochter des Beschwerdeführers sei undokumentierte Staatenlose und hätte in der Ukraine keinen Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen. Es sei unrichtig, dass sich der Beschwerdeführer nicht um Dokumente für seine Tochter bemühe, vielmehr hätten sich die ukrainischen Behörden geweigert, Dokumente auszustellen. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers habe sich aus Angst vor einer Trennung der Familie bisher geweigert, einen Antrag auf Ausstellung von Heimreisezertifikaten zu unterschreiben. Der Tochter des Beschwerdeführers würden alle Rechte als Staatsbürgerin der Ukraine verwehrt werden. Es sei nicht zutreffend, dass sich die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers geweigert habe, mit der ukrainischen Botschaft in Helsinki bezüglich der Staatsbürgerschaft seiner Tochter zu sprechen, was auch aus einem Schreiben einer Sozialarbeiterin im Aufnahmezentrum an die Ausländerbehörde in Helsinki vom 12. Mai 2008, welches in Kopie beigelegt wurde, hervorgehe. Zum Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. Juli 2008 wurde ausgeführt, dass es sich bei dem Gespräch mit der ukrainischen Vizekonsulin lediglich um Heimreisezertifikate für das Kind und nicht um Staatsbürgerschaftsnachweise gehandelt habe. In der Beschwerde wurde eine Bestätigung der ukrainischen Vizekonsulin vom 28. Juli 2008 vorgelegt, aus der hervorgehe, dass die Konsularabteilung der Botschaft der Ukraine in Österreich die Tochter des Beschwerdeführers als ukrainische Staatsbürgerin nicht anmelden könne. Die Tochter des Beschwerdeführers leide außerdem an Enuresis, weshalb eine geeignete medizinische Behandlung einzuleiten sei. Die Lebensgefährtin des Sohnes seiner Lebensgefährtin sei subsidiär Schutzberechtigte in Österreich und erwarte ein Kind. Zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Stiefsohn bestünden enge Beziehungen.

 

Mit E-Mail teilte der Asylgerichtshof dem Bundesasylamt mit, dass die Beschwerdevorlage am 21. August 2008 beim Asylgerichtshof eingelangt ist.

 

II. Der Asylgerichtshof hat hinsichtlich der zulässigen Beschwerde erwogen:

 

1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, in der Fassung BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, ergehen Entscheidungen des Bundesasylamtes über Anträge auf internationalen Schutz in Bescheidform. Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst ergehen in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.

 

Der Asylgerichtshof entscheidet gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2008, in Verbindung mit § 61 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 leg. cit. vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Durch Einzelrichter/Einzelrichterin entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 ausnahmslos über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4 leg. cit.;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 leg. cit. sowie

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

 

Eine mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung fällt gemäß § 61 Abs. 3 Z 2 leg. cit. ebenfalls in die Kompetenz des/der zuständigen Einzelrichters/Einzelrichterin.

 

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, das gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden ist.

 

Auf die Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind gemäß § 23 AsylGHG, soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG 2005, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nichts anderes ergibt, die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2006 in Kraft. Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz wurde nach diesem Datum eingebracht weshalb das AsylG 2005 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten die außer den Fällen der §§ 69 und 71 leg. cit. die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 leg. cit. findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann, wenn das Begehren nicht ausdrücklich dahin lautet, wegen "res iudicata" zurückzuweisen. Die Wesentlichkeit einer Änderung des Sachverhalts als Kriterium der "res iudicata" ist nicht nach der objektiven Rechtslage, sondern nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen, rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat (VwGH 22. 05. 2001, 2001/05/0075).

 

Nach der Rechtsprechung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteienbegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen gemäß § 28 AsylG 1997 (nunmehr: § 18 AsylG 2005) - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Darüber hinaus muss die behauptete Änderung des Sachverhalts zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Änderung des Sachverhalts, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315).

 

Das im erstinstanzlichen Verfahren über den zweiten Asylantrag erstattete Vorbringen zu Tatsachen, die erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens eingetreten sind, ist in Bezug auf die Frage des Vorliegens einer Sachverhaltsänderung an dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt (und nicht unbedingt am damaligen Vorbringen) zu messen. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen gemäß § 28 AsylG (nunmehr: § 18 AsylG 2005) - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (VwGH 25. 10. 2000, 99/06/0169, VwGH 22. 05. 2001, 2001/05/0075, VwGH 20. 03. 2003, 99/20/0480).

 

Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist davon auszugehen, dass wenn ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die der Asylwerber jedoch nicht bereits im diesem ersten Asylverfahren vorgebracht hat, aus diesem Grund schon nach dem Vorbringen des Asylwerbers keine Sachverhaltsänderung vorliegt und der weitere Asylantrag vom Bundesasylamt wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist (VwGH 24. 08. 2004, 2003/01/0431).

 

Für den Asylgerichtshof ist Sache des gegenständlichen Verfahrens in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, die Frage, ob das Bundesasylamt mit Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zurückgewiesen hat.

 

Der Beschwerdeführer gab an, seit 8. Juli 2008 wieder in Österreich aufhältig zu sein. Davor sei er im Sommer 2007 von Österreich nach Deutschland, anschließend nach Schweden und danach nach Finnland gereist, wo er am 8. Juli 2008 wiederum mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind nach Österreich abgeschoben worden sei. Der Beschwerdeführer begründete seinen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz mit dem bereits im Verfahren betreffend den ersten eingebrachten Asylantrag dargelegten Vorbringen. Bereits im ersten Asylverfahren, in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 12. August 2005 (Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zahl: 05 12.139-BAS, Seite 55f), verwies der Beschwerdeführer auf seine Probleme wegen fehlender Dokumente seiner Tochter, die in Finnland geboren worden sei. Auch seine Probleme wegen des Militärs hat der Beschwerdeführer bereits in seinem ersten Asylverfahren dargetan (Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zahl: 05 12.139-BAS, Seite 131). Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer befürchteten Konsequenzen wegen unterstellter Kindesentführung (Einvernahme vor dem Bundesasylamt vom 25. Juli 2006 sowie schriftliche Stellungnahme vom 20. März 2007).

 

Der Beschwerdeführer gab im nunmehr dritten Asylverfahren somit dieselben Gründe an, die er bereits anlässlich der vorangegangenen beiden Asylverfahren angegeben hatte.

 

Auch von Amts wegen konnte kein neuer asylrelevanter Sachverhalt oder entscheidungsrelevante Tatsachen festgestellt werden, die nach Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 13. April 2007, Zahl 05 12.139-BAS, hervorgekommen sind.

 

Der Beschwerdeführer brachte erstmals in der Beschwerde vor, dass er bzw. seine Lebensgefährtin von der Vizekonsulin der ukrainischen Botschaft ein Fax vom 28. Juli 2008 erhalten habe, welches auch in Vorlage gebracht wurde. Aus dem Schreiben sei ersichtlich, dass die Tochter des Beschwerdeführers auf Grund der vorgelegten Dokumente von der Konsularabteilung der Botschaft der Ukraine in Österreich nicht als ukrainische Staatsbürgerin angemeldet werden könne.

 

Für den Asylgerichtshof ist in Anwendung des AVG ausschließlich die Frage zu behandeln, inwieweit die erstinstanzliche Behörde mit Recht den neuerlichen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat. Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind (vgl. z.B. VwGH 23. 01. 1997, Zl. 95/09/0189, und vom 6. 03. 1997, Zl. 94/09/0229). In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgebracht werden (VwGH 28. 10. 2003, Zl. 2001/11/0224).

 

Für den Asylgerichtshof kann Prüfungsmaßstab zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisungsentscheidung durch das Bundesasylamt nur jenes Vorbringen sein, das von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden ist. Die angeführten Umstände wurden bereits in den vorhergehenden Asylverfahren untersucht und haben zu einer rechtskräftigen negativen Entscheidung durch das Bundesasylamt vom 13. April 2007 und eine rechtskräftige Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache durch den Unabhängigen Bundesasylsenat vom 13. August 2007 geführt. Im verfahrensgegenständlichen Antrag bezog sich der Beschwerdeführer ausschließlich auf seine in den Vorverfahren angeführten Gründe, weshalb kein neues Sachverhaltselement, in dem ein "glaubhafter Kern" mit Asylrelevanz erkannt werden könnte, hervorgekommen ist.

 

Unbeschadet ist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hinzuweisen, dass in dem seitens des Beschwerdeführers mit der Beschwerde vorgelegten Schreiben der ukrainischen Botschaft lediglich die "Anmeldung" der Tochter des Beschwerdeführers problematisiert wird, nicht die Staatsangehörigkeit selbst. Weiters ergibt sich aus der Mitteilung der BH Vöcklabruck, dass bereits Kontakt mit dem ukrainischen Justizministerium aufgenommen wurde.

 

Die belangte Behörde geht in ihrer Entscheidung sowie schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung zu Recht von der Bindungswirkung der rechtskräftigen Bescheide vom 13. April 2007, Zahl 05 12.139-BAS und Zahl 05 12.141-BAS (Tochter) aus, wonach die festgestellte Staatsangehörigkeit der Tochter verbindlich ist.

 

Dem Vorbringen, wonach der Tochter des Beschwerdeführers die ukrainische Staatsbürgerschaft und damit auch ihre Rechte in der Ukraine nicht zukämen bzw. laut Vorbringen in der Beschwerde Staatenlosigkeit vorläge, ist das Bundesasylamt mit den amtswegig beigeschafften Dokumenten (Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. Juli 2008 und E-Mail der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. Juli 2008 sowie Faxschreiben des Oulu Police Department, Finnland, vom 2. Juli 2008) entgegengetreten. Außerdem ist diesbezüglich auf das ukrainische Staatsbürgerschaftsrecht (englische Fassung: "Law of the Citizenship of Ukraine No. 2235-III" vom 18. Jänner 2001) und dessen Abschnitt II., Art. 7, wonach das Kind ukrainischer Eltern ukrainische Staatsbürgerin/ukrainischer Staatsbürger ist ("A person, whose parents or one of the parents were citizens of Ukraine at the time of his/her birth is a citizen of Ukraine."), zu verweisen, womit die Ausführungen des Beschwerdeführers ins Leere laufen.

 

Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache erfolgte daher zu Recht, weshalb die Beschwerde diesbezüglich abzuweisen war.

 

2. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. Nr. 100, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist (§ 10 Abs. 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 75/2007). Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§ 10 Abs. 4 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100).

 

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und brachte am 10. August 2005 einen Asylantrag ein. Das Verfahren wurde rechtskräftig negativ entschieden. Am 14. Mai 2007 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der ebenfalls rechtskräftig wegen entschiedener Sache im Instanzenweg zurückgewiesen wurde. Der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz wurde am 9. Juli 2008 eingebracht.

 

In der Beschwerde werden keinerlei überzeugende Einzelheiten genannt, aus denen schlüssig hervorgehen würde, dass das Bundesasylamt in der gesetzlich geforderten Interessensabwägung gefehlt hätte. Derartiges konnte auch nicht von Amts wegen festgestellt werden, weshalb sich der zur Entscheidung berufene Richter des Asylgerichtshofes den zutreffenden rechtlichen Ausführungen des Bundesasylamtes vollinhaltlich anschließt und diese zum Inhalt des Erkenntnisses erklärt.

 

Im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers wurde durch die belangte Behörde nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens unter Zitierung einschlägiger Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) und des erst jüngst ergangenen Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 2008, Zl B 2400/07-9, eine aktuelle Ausweisungsentscheidung getroffen. Zutreffend weist die belangte Behörde auf die Notwendigkeit einer (nochmaligen) Überprüfung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers vor einer allfälligen Überstellung durch die Fremdenpolizeibehörde hin. (Bescheid, Seite 26 bzw. erstinstanzlicher Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 225)

 

3. Als "Familienangehöriger" gilt gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, der Elternteil eines minderjährigen Kindes, der Ehegatte oder das zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratete minderjährige Kind eines Asylwerbers. Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, gilt der Antrag des Familienangehörigen (bei dem im Gesetz verwendeten Verweis auf § 2 Z 22 handelt es sich offenkundig um einen Redaktionsfehler - gemeint ist § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005) eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, sind Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang (zur Anwendung durch den Asylgerichtshof vgl. § 34 Abs. 5 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008).

 

Der Beschwerdeführer und seine Tochter sind Familienangehörige des jeweils anderen im Sinne der zitierten Bestimmung. Beide ersuchten um Gewährung von Asyl. Darüber hinaus stellte die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, ihrerseits Mutter der Tochter des Beschwerdeführers ebenfalls einen Asylantrag. Keinem wurde bisher Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt, das Verfahren keines von ihnen wurde bisher zugelassen. § 34 Abs. 1 Z 3 und Abs. 4 AsylG 2005 ist anzuwenden.

 

Die Beschwerdeverfahren der Familienangehörigen haben nicht ergeben, dass ihre Verfahren zuzulassen wären, weshalb kein Grund für eine Zulassung des gegenständlichen Verfahrens gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 gegeben ist.

 

4. Wird gegen einen mit einer zurückweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundene Ausweisung Beschwerde ergriffen, hat der Asylgerichtshof dieser binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (§ 37 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008).

 

Gegenständliche Beschwerde langte am 21. August 2008 beim Asylgerichtshof ein. Da der Asylgerichtshof noch vor Ablauf der in § 37 Abs. 1 AsylG 2005 genannte Frist spruchgemäß entschied, konnte die Prüfung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerdevorlage entfallen.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverfahren, Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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