TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/29 B4 251275-0/2008

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Veröffentlicht am 29.08.2008
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Spruch

B4 251.275-0/2008/32E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde des B.V., geboren am 00.00.1979, georgischer Staatsangehöriger, gegen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 19.6.2004, Zl. 04 07.391-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.12.2004 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 8 Abs. 2 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG), mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

 

"B.V. wird gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen".

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer reiste am 9.4.2004 nach Österreich ein und begehrte am 13.4.2004 die Gewährung von Asyl.

 

2. Am 6.5.2004 beim Bundesasylamt einvernommen, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei georgischer Volksgruppenzugehörigkeit und gehöre der orthodoxen Glaubensgemeinschaft an. Sein Herkunftsland habe er wegen Probleme mit den georgischen Behörden verlassen.

 

3. Mit Bescheid vom 19.6.2004, Zl. 04 07.391-BAL, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.). Begründend wurde ausgeführt, dass das geschilderte Fluchtvorbringen unglaubwürdig sei. Auch Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr nach Georgien einer Bedrohungssituation im Sinne des § 57 FrG ausgesetzt sei. Zur Ausweisungsentscheidung wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich aufweise.

 

4. Gegen alle drei Spruchpunkte dieses Bescheides richtete sich die fristgerechte - nun als Beschwerde zu behandelnde (vgl. dazu weiter unten) - Berufung.

 

5. Am 3.8.2004 langte beim Bundesasylamt das Urteil des Landesgerichtes F. vom 20.7.2004, rechtskräftig am 23.7.2004, ein, mit dem der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 130 erster Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, 5 davon bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt wurde.

 

6. Am 16.11.2004 langte beim Bundesasylamt der Protokolls- und Urteilsvermerk des Landesgerichtes F. vom 27.10.2004, rechtskräftig am 2.11.2004, ein, wonach der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB sowie wegen § 107 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt wurde. Gleichzeitig wurde die Probezeit zu der unter Punkt 5. genannten Verurteilung auf 5 Jahre verlängert.

 

7. Am 20.12.2004 fand beim unabhängigen Bundesasylsenat eine öffentliche Verhandlung statt, bei der der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen sowie zu den für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umständen einvernommen wurde.

 

8. Mit Bescheid vom 21.12.2004, Zl. 251.275/17-IX/27/04, wies der unabhängige Bundesasylsenat die genannte Berufung gemäß § 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG ab. Begründend führte er aus, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers aufgrund erheblicher Widersprüche unglaubwürdig sei. Weiters wurde eine Bedrohungssituation im Sinne des § 57 FrG verneint und aufgrund der Feststellung, dass der Beschwerdeführer weder über familiäre noch über andere persönliche Beziehungen verfüge, ein unzulässiger Eingriff in Art. 8 EMRK als nicht gegeben erachtet. Eine zielstaatsbezogene Ausweisung sprach auch der unabhängige Bundesasylsenat nicht aus.

 

9. Mit Erkenntnis vom 9.4.2008, Zl. 2006/19/0452-11 lehnte der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde zwar bezüglich dessen Spruchpunkte I. und II. ab, hob ihn jedoch hinsichtlich seines Spruchpunktes III. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass Asylbehörden in einem Fall wie dem des Beschwerdeführers nicht berechtigt seien, die Ausweisung ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

1.1.1. Der Beschwerdeführer hält sich seit 9.4.2004 in Österreich auf. Mit Urteil des Landesgerichtes F. vom 20.7.2004, rechtskräftig am 23.7.2004, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 130 erster Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 5 bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichtes F. vom 27.10.2004, rechtskräftig am 2.11.2004, wurde er wegen §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB sowie wegen § 107 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten (unbedingt) verurteilt, wobei gleichzeitig die Probezeit der erstgenannten Verurteilung auf 5 Jahre verlängert wurde.

 

1.1.2. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären oder privaten Beziehungen.

 

1.2. Beweiswürdigung:

 

Die unter 1.1.1. getroffenen Feststellungen gründen auf aktenkundigen Urteilen dem vorliegenden Verwaltungsakt, die unter

1.1.2 getroffene Feststellung ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt bzw. in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 20.12.2004, in der er ausdrücklich verneinte, über "familiäre oder private Beziehungen" irgendwelcher Art zu verfügen. Ebensowenig wurde in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vom 4.7.2005 (oder danach) ein diesbezügliches Vorbringen erstattet.

 

2. Rechtlich folgt:

 

2.1.1. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.".

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen, jedoch mit der Maßgabe, dass einzeln aufgezählte Bestimmungen - darunter § 8 AsylG - in der Fassung der Novelle anzuwenden sind.

 

Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1.5.2004 gestellt; das Verfahren ist daher nach dem AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 - mit der genannten Maßgabe - zu führen

 

2.1.2. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1.7..2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieses Gericht gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. dazu AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2.1.3. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Da im vorliegenden Verfahren vor dem 1.7.2008 eine mündliche Verhandlung vor einem Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenates stattgefunden hat, das zum Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde, hat dieses das Verfahren als Einzelrichter fortzuführen.

 

2.1.4. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

2.2.1.1. Ist ein Asylantrag abzuweisen und hat die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ergeben, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde diesen Bescheid gemäß § 8 Abs. 2 AsylG mit der Ausweisung zu verbinden.

 

2.2.1.2. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehen Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH 17.3.2005, G 78/04 ua.). Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 8 Abs. 2 AsylG ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH 15.10.2004, G 237/03 ua., VfGH 17.3.2005, G 78/04 ua.). Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

2.3.1. Aus dem Punkt I.9. Ausgeführten ergibt sich, dass der Asylgerichtshof (nur) über die Berufung gegen die vom Bundesasylamt ausgesprochene Ausweisung abzusprechen hat.

 

2.3.2. Aufgrund der getroffenen Feststellungen muss bereits angenommen werden, dass die Ausweisung weder in das Familien- noch das Privatleben des Beschwerdeführers eingreift. Überdies müsste vor dem Hintergrund der strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers eine Interessenabwägung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK zu seinen Lasten ausfallen, zumal ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich - wie der Beschwerdeführer - bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen (vgl. EGMR 8.4.2008, NNYANZI v Vereinigtes Königreich, Rs 21878/06).

 

2.3.3. Aufgrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war die Ausweisung des Beschwerdeführers jedoch auf seinen Herkunftsstaat als Zielstaat und somit auf Georgien einzuschränken.

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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