TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/29 E6 230602-4/2008

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Veröffentlicht am 29.08.2008
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Spruch

E6 230.602-4/2008-23E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Habersack als Einzelrichter über die Beschwerde des C.L., geb. 00.00.1979, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.11.2005, FZ. 05 17.612-EAST West, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der am 00.00.1979 geborene Beschwerdeführer gab an, türkischer Staatsangehöriger zu sein und beantragte am 07.08.2001 erstmals die Gewährung von Asyl. Er wurde hiezu am selben Tag von einem Organ der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen und am 14.11.2001 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er aus, dass er in der Türkei aufgrund seiner kurdischen Abstammung politisch verfolgt werde. Er habe im Jahre 1997 an Versammlungen der HADEP-Partei in Gaziantep teilgenommen und sei deswegen mittels Haftbefehl vom 00.00.2001 des Strafgerichts in Gaziantep gesucht worden. Zudem führte er aus, dass er von der Zivilstreife absichtlich angefahren und am Oberschenkel verletzt worden sei, als er Freunde besucht habe. Ferner gab er an, dass er Probleme in seinem Heimatland zu erwarten habe, da er den Wehrdienst nicht geleistet habe. Nach dem Vorfall im Jahre 1997 sei er von Gaziantep nach Istanbul, gezogen und habe dort bis zu seiner Ausreise gelebt und gearbeitet.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.07.2002, FZ. 01 18.061-BAL, wurde der Asylantrag in Spruchteil I unter Berufung auf § 7 AsylG 1997 abgewiesen; in Spruchteil II stellte es fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei gemäß § 8 AsylG 1997 zulässig sei. Dieser Bescheid wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. Walter Brandt, am 29.07.2002 rechtswirksam zugestellt. Mit Datum vom 12.08.2002 brachte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ein.

 

Am 20.05.2005 erschien der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt und erklärte im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme, dass er seine am 12.08.2002 gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 25.07.2002 eingebrachte Berufung aufgrund der am 00.00.2005 erfolgten Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen, geb. 00.00.1983, zurückziehe.

 

Mit Schreiben des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 23.05.2005 (Zustellung: 27.05.2005), wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers eine zweiwöchige Frist ab Zustellung dieses Schreibens zur allfälligen Stellungnahme bezüglich der Zurückziehung der Berufung seines Mandanten gewährt.

 

Am 27.06.2005 wurde das Berufungsverfahren eingestellt und der Verwaltungsakt an das Bundesasylamt rückgemittelt. Der erstinstanzliche Bescheid vom 25.07.2002, FZ. 01 18.061-BAL, erwuchs mit 20.05.2005 in Rechtskraft.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck teilte in einem Schreiben vom 14.10.2005 dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt sei, ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot in Österreich gegen ihn zu erlassen und seinen Antrag vom 19.08.2005 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger eines EWR-Bürgers" gemäß § 47 Abs. 3 FrG abzuweisen. Begründend wurde ausgeführt, dass durch die seitens der Behörde durchgeführten Erhebungen und niederschriftlichen Befragungen der Ehegattin des Beschwerdeführers über das Zustandekommen der Ehe festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer die Ehe mit der EWR-Bürgerin lediglich deshalb eingegangen sei, um sich einen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt bzw. eine Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stelle daher eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar. Die von der Ehegattin am 19.09.2005 getätigte Aussage, in welcher sie angab, dass es sich bei der Eheschließung um eine Liebesheirat gehandelt hätte, wurde von ihr am 26.09.2005 widerrufen. In ihrer widerruflichen Aussage gab sie zu Protokoll, dass die Ehe mit dem Beschwerdeführer lediglich aus Gefälligkeit und somit zum Schein geschlossen worden sei. Weiters führte sie aus, die Ehe sei durch ihren ehemaligen Arbeitgeber vermittelt worden und dieser habe ihr für die Unterzeichnung der Heiratsurkunde einen Betrag von ¿ 6.000,-- geboten.

 

In der am 17.10.2005 daraufhin erfolgten Stellungnahme des Beschwerdeführers führte er mehrfach aus, dass seine Ehegattin und er aus Liebe geheiratet hätten und dies der Wahrheit entspreche.

 

Am 20.10.2005 stellte der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt, EAST West, erneut einen Asylantrag und wurde hiezu am 25.10.2005 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Als Grund für seine neuerliche Asylantragstellung gab er an, dass ihm in dem mit 14.10.2005 datierten Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mitgeteilt worden sei, dass ihm kein Visum für Österreich ausgestellt werden würde.

 

Am 04.11.2005 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt erneut niederschriftlich einvernommen und gab an, dass er seit seiner Ausreise im Jahre 2001 mit seiner in der Türkei lebenden Mutter in telefonischen Kontakt stehe und diese ihm jedes Mal mitteile, dass sie stets von Polizisten aufgesucht und über den Aufenthalt des Beschwerdeführers befragt werde, da er mittels Haftbefehl vom 00.00.2001 aufgrund der Teilnahme an HADEP-Versammlungen im Jahre 1997 gesucht werde. Überdies sei er wegen seiner Wehrdienstverweigerung ebenso ins Visier der türkischen Polizei geraten. Ergänzend betonte er, dass sich sein Asylvorbringen auf die anlässlich seines Erstasylantrages angeführten Gründe stütze und sich diese nicht geändert hätten.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.11.2005, FZ. 05 17.612-EAST West, wurde der neuerliche Asylantrag des Beschwerdeführers vom 20.10.2005 gemäß § 68 Abs. 1 AVG iVm § 32 Abs. 8 AsylG 1997 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass sich der objektiv vorliegende Lebenssachverhalt zwischen dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens und der Erlassung des gegenständlichen Bescheides objektiv nicht geändert habe und somit kein im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG geforderter neuer Sachverhalt vorliege. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 09.11.2005 beim Bundesasylamt persönlich übergeben und somit rechtswirksam zugestellt.

 

Mit Datum vom 23.11.2005, eingelangt beim Bundesasylamt am 24.11.2005, brachte der nunmehrige rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. Christoph Bleckenwegner, Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.11.2005, FZ.

 

05 17.612-EAST West, ein. Im Wesentlichen wurde das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers wiederholt und zudem angeführt, dass es sich bei der vom Beschwerdeführer behaupteten Verfolgung um einen dramatischen Dauerzustand handle und aufgrund dieser Dauerhaftigkeit sehr wohl ein neuer Sachverhalt vorliege, der eine neuerliche Entscheidung der Asylsache rechtfertige. Zur Untermauerung seiner Angaben wurde ein Haftbefehl vom 00.00.2001 des Strafgerichtes in Gaziantep sowie Zitate aus der Tageszeitung "Die Presse" angeführt.

 

Die Berufungsvorlage des Bundesasylamtes langte am 30.11.2005 beim Unabhängigen Bundesasylsenat ein, wovon das Bundesasylamt verständigt wurde.

 

Am 09.11.2006 teilte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit, dass das Vollmachtsverhältnis mit seinem Mandanten aufgelöst ist.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den das Erst- und Zweitverfahren umfassenden Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde, den bekämpften Bescheid sowie die neuerliche Asylantragstellung.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG wird mit 1. Juli 2008 der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof. Nach Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofs zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 lit. c AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1

AVG.

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs Berufung der Begriff Beschwerde tritt.

 

2. Gemäß 75 Abs. 4 AsylG begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

 

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

 

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (vgl. VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 30.05.1995, 93/08/0207).

 

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Die Rechtskraft eines ergangenen Bescheides steht der meritorischen Entscheidung über einen neuerlichen Antrag nur dann nicht entgegen und berechtigt daher die Behörde nur dann nicht zur Zurückweisung des Antrages, wenn in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt eine Änderung eingetreten ist. Dabei kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 24.03.1993, 92/12/0149; 10.06.1998, 96/20/0266; 09.09.1999, 97/21/0913). Die objektive (sachliche) Grenze der Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", das heißt durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten, bestimmt. Die durch den Bescheid entschiedene Sache (iSd. § 8 AVG) wird konstituiert durch die Relation bestimmter Fakten (die den Sachverhalt bilden) zu bestimmten Rechtsnormen (die den Tatbestand umschreiben) [vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, (1998), Anm 12 zu § 68 AVG]. Die Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0266; 21.09.2000, 98/20/0564). Eine Modifizierung des Vorbringens, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; 15.10.1999, 96/21/0097). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235).

 

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN). Nimmt man daher eine positive Entscheidungsprognose an, d.h. könnten die behaupteten neuen Tatsachen - gemessen an der dem Bescheid der Erstinstanz im Erstverfahren zu Grunde liegenden Rechtsanschauung - zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedürfte es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse (gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Urkunden) einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit (vgl. VwGH 16.02.2006, 2006/19/0380; 29. 11.2005, 2005/20/0365; 22.11.2005, 2005/01/0626; 19.7.2001, 99/20/0418). Das Bundesasylamt hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers oder mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen sein ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH 24.02.2000, 99/20/0173, mwN.).

 

Für den erkennenden Gerichtshof ist Sache iSd. § 66 Abs. 4 AVG sohin ausschließlich die Frage, ob die erstinstanzliche Behörde mit Recht den neuerlichen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat. Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages aufgrund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgebracht werden (vgl. z.B. VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

 

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

 

3. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen zweiten Asylverfahren wiederholt vor dem Bundesasylamt im Wesentlichen einen unveränderten Sachverhalt vorgebracht. Für den erkennenden Gerichtshof hat sich betreffend seiner Fluchtgründe, die er im Erstverfahren vorgebracht hat, keine Änderung ergeben. Der Beschwerdeführer hat selbst anlässlich seiner Einvernahme vor der Erstbehörde am 04.11.2005 ausdrücklich angegeben, dass sich sein Asylvorbringen nicht geändert habe und es sich auf die anlässlich seines ersten Asylantrages angeführten Gründe stütze. Er werde somit weiterhin in seinem Heimatland von der Polizei mittels Haftbefehl vom 00.00.2001 aufgrund der Teilnahme an HADEP-Versammlungen im Jahre 1997 gesucht und sei überdies wegen seiner Wehrdienstverweigerung ins Visier der türkischen Polizei geraten. Zudem führte er erstmalig aus, dass er seit seiner Ausreise im Jahre 2001 mit seiner in der Türkei lebenden Mutter in telefonischen Kontakt stehe und diese ihm jedes Mal mitteile, dass sie stets von Polizisten aufgrund des gegen den Beschwerdeführer ausgestellten Haftbefehls aufgesucht und über seinen Aufenthalt befragt werden würde. Bei den Einvernahmen in seinem ersten Asylverfahren am 07.08.2001 sowie am 14.11.2001 erstattete der Beschwerdeführer ein im Wesentlichen - mit dem Zweitverfahren - übereinstimmendes Vorbringen.

 

Sein nunmehriges Vorbringen erweitert sich lediglich dahingehend, dass der Beschwerdeführer ausführt, seine Mutter würde auch nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens von der Polizei regelmäßig aufgesucht und über seinen Aufenthalt befragt werden. Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321). Die erweiterte bzw. ergänzende Ausführung des Beschwerdeführers bezieht sich jedoch auf das Kernvorbringen, worüber bereits rechtskräftig entschieden wurde, und stellt somit keinen neuen Sachverhalt bzw. keinen wesentlich geänderten Sachverhalt dar

 

Ergänzend ist anzuführen, dass das vom Beschwerdeführer in seiner zweiten Einvernahme am 04.11.2005 behauptete neue Vorbringen ohnedies als unglaubwürdig und lediglich als reine Schutzbehauptung anzusehen ist, da er in seiner Einvernahme am 25.10.2005 die Nichterteilung eines Visums für Österreich als Grund für seine neuerliche Asylantragstellung angegeben hatte.

 

Auch sonst sind keine von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstände hervorgekommen, welche als Änderung der Sachlage im Hinblick auf eine Entscheidung nach § 7 AsylG zu beurteilen wären. Das Bundesasylamt ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass zum Entscheidungszeitpunkt am 08.11.2005 im Verhältnis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Erlassung des Bescheides vom 25.07.2002 keine Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes eingetreten ist. Da auch der Beschwerdeführer von sich aus keine konkreten und entscheidungsrelevanten Sachverhaltsänderungen, welche in seiner Sphäre gelegen sind, glaubwürdig dargelegt hat, ist von keiner Änderung des Sachverhaltes auszugehen, welche eine neuerliche Entscheidung über den Asylantrag zulässig erscheinen ließe. Das Bundesasylamt ist im Ergebnis daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Behandlung des zweiten Asylantrages das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.

 

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte
Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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