S5 401.234-1/2008/2Z
S5 401.236-1/2008/2Z
S5 401.233-1/2008/2Z
S5 401.235-1/2008/2Z
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde 1.) der T.M., geb. 00.00.1976, 2.) der S.T., geb. 00.00.1998, 3.) des M.T., geb. 00.00.2000, 4.) der T.S., geb. 00.00.2001, die 2.-, 3.- und 4.-Beschwerdeführer vertreten durch die 1.-Beschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin, alle StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesasylamtes jeweils vom 31.07.2008, Zahl: 08 04.345-EAST Ost (ad 1.), Zahl: 08 04.347-EAST Ost (ad 2.), Zahl: 08 04.348-EAST Ost (ad 3.), Zahl: 08 04.346-EASt Ost (ad 4.), beschlossen:
Der Beschwerde wird gemäß § 37 Absatz 1 AsylG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
BEGRÜNDUNG
I. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes jeweils vom 31.7.2008, Zahl:
08 04.345-EAST Ost (ad 1.-Beschwerdeführerin), Zahl: 08 04.347-EAST Ost (ad 2.-Beschwerdeführerin), Zahl: 08 04.348-EAST Ost (ad 3.-Beschwerdeführer), Zahl: 08 04.346-EASt Ost (ad 4.-Beschwerdeführerin), wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer vom 16.5.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und wurde Polen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der VO (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) für zuständig erklärt (Spruchteil I.). Gleichzeitig wurden die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und unter einem ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Antragsteller nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig ist (Spruchteil II.).
Der nähere erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus den Verwaltungsakten.
Die 1.-Beschwerdeführerin ist Mutter der mj. 2.-, 3.- und 4.-Beschwerdführer und Ehegattin des T.N., geb. 00.00.1970 (dieser ist Vater der mj. 2.-, 3.- und 4.-Beschwerdeführer).
T.N. ist am 11.1.2007 illegal ins Bundesgebiet eingereist und hat am selben Tag einen Asylantrag gestellt, der jedoch letztlich mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 27.3.2007, Zahl:
310.570-1/3E-V/13/07, gem. § 5 AsylG zurückgewiesen worden ist. Gegenständliches Verfahren des Ehegatten der 1.-Beschwerdeführerin bzw. des Vaters der 2.-, 3.- und 4.-Beschwerdeführer ist derzeit beim Verwaltungsgerichtshof, der der Beschwerde mit Beschluss vom 26.4.2007 aufschiebende Wirkung gewährt hat, anhängig (vgl. ho. Akt zu T.N., Zahl: 310.570).
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.
Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf Internationalen Schutz am 16.2.2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG idF BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 37 Abs. 1 AsylG hat der Asylgerichtshof einer Beschwerde gegen eine mit einer zurückweisenden Entscheidung (§§ 4 und 5 AsylG oder § 68 Abs. 1 AVG) verbundenen Ausweisung, binnen sieben Tagen ab Beschwerdevorlage die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Nach herrschender Literatur ist hier auch Art. 8 EMRK maßgeblich (Vogl/Taucher/Bruckner/Marth/Doskozil, Fremdenrecht 6. Anm. zur - analogen - Regelung des § 37 Abs 1 AsylG, 155, Frank/Anerinhof/Filzwieser AsylG 2005, K3 zu § 37 Abs 1 AsylG, 512 und K8 zu § 38 AsylG, 522f; vgl auch Fahrner/Premiszl, "Das Fristensystem im "Dublin-Verfahren" nach dem Asylgesetz 2005, Migralex 2/06, 69f).
Art. 8 EMRK lautet:
(1) "Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs."
(2) "Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
Da das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, welches T.N., dh. den Ehegatten der 1.-Beschwerdeführerin bzw. den Vater der mj. 2.-, 3.- und 4.-Beschwerdeführer, betrifft, gegenwärtig mit aufschiebender Wirkung beim Verwaltungsgerichtshof anhängig ist und damit jede Zurück- oder Abschiebung dieses Familienangehörigen der Beschwerdeführer für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig ist, würde die isolierte Ausweisung der Beschwerdeführer ohne T.N. sie - jedenfalls während der Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens des Familienangehörigen - in ihren Rechten gem. Art. 8 EMRK verletzen.
Somit war spruchgemäß zu beschließen.