TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/29 A12 400395-1/2008

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Veröffentlicht am 29.08.2008
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Spruch

A12 400.395-1/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Vorsitzenden und den Richter Mag. A. Huber als Beisitzer über die Beschwerde der N.M., geb. 00.00.1975, StA. Kenia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.06.2008, Zl. 07 07.605-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Die im Spruch genannte Antragstellerin reiste am 16.08.2007 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und beantragte unter der Angabe des notifizierten Namens, jedoch der behaupteten Staatsangehörigkeit Somalia die internationale Schutzgewährung. Die Antragstellerin wurde am 23.08.2007 niederschriftlich einvernommen sowie wurde aufgrund der aufgetretenen Zweifel an der Richtigkeit der angegebenen Staatsangehörigkeit eine Sprachprobe der nunmehrigen Beschwerdeführerin zwecks Sprachanalyse und Zuordnung der Staatszugehörigkeit an das schwedische Sprachanalyseinstitut Sprakab übermittelt, welches in der Folge in Beantwortung der Fragestellungen ein Sprachanalysegutachten vom 13.05.2008 vorlegte. Die Antragstellerin wurde sodann durch die Erstbehörde am 10.06.2008 mit dem Ergebnis der Sprachanalyse konfrontiert (AS 147ff).

 

Das gesamte Vorbringen der nunmehrigen Beschwerdeführerin, sowie ein der Antragstellerin vorgehaltenes Länderprofil zu Kenia inkl. Quellenangaben wurden bereits im Erstbescheid vom 11.06.2008 hinlänglich dargestellt (AS 241 bis 271) und werden die diesbezüglichen Textpassagen des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhoben.

 

Zusammengefasst ergibt das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren, dass die Antragstellerin zentral behauptete, Staatsangehörige von Somalia zu sein und bezieht sich auch ihr Vorbringen hinsichtlich der Motive für ihre Asylantragstellung auf die Allgemeinsituation im genannten Staat.

 

Das übermittelte Sprachanalysegutachten des Göteborger Institutes Sprakab liefert als Ergebnis die zentrale Aussage, dass die Variante des von der Antragstellerin in der abgegebenen Sprachprobe präsentierten Suaheli offensichtlich nicht der Region oder dem Staat Somalia, sondern vielmehr offensichtlich dem Staat Kenia zuzuordnen ist.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.06.2008, Zahl: 07 07.605-BAG, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Antragstellerin der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt; weiters wurde gem. § 8 Abs. 1 Z 1 leg.cit. auch der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kenia nicht zuerkannt. Unter einem wurde gem. § 10 Abs. 1 Z 2 leg.cit. die Antragstellerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kenia ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat die Asylwerberin fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

Im Rahmen des Beschwerdeschriftsatzes rügte die Antragstellerin, dass die Erstbehörde mangels einer Prüfung der Allgemeinsituation in Somalia von eindeutig unrichtigen Grundlagen und einer ihr fälschlich unterstellten Staatsangehörigkeit zu Kenia ausgegangen sei. Des Weiteren wurde die durchgeführte Methode in Bezug auf das erfolgte Sprachanalysegutachten (telefonisch geführte Sprachanalyse) in Zweifel gezogen, sowie führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie aufgrund ihres ein Jahr dauernden Keniaaufenthaltes allfällige Floskeln unter Umständen unbewusst aus der kenianischen Umgangssprache übernommen habe, weshalb insgesamt die Zuverlässigkeit und Stichhaltigkeit der Analyse ausdrücklich bestritten werde. Des Weiteren bezog sich die Antragstellerin auf die Situation der Angehörigen ihrer Volksgruppe in Somalia.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Antrag auf internationalen Schutz: das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1

 

Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser

 

in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird

 

oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht

 

zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Das Bundesasylamt hat hinsichtlich aller drei Spruchpunkte in der Begründung des Bescheides vom 11.06.2008, Zahl: 07 07.605-BAG, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfragen klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Hervorgehoben wird, dass die Antragstellerin im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren in arabischer Sprache einvernommen wurde und sie angab, des Somalischen nicht mächtig zu sein. Ihre Muttersprache gab die Antragstellerin mit Bajun (ie. Stammessprache einer ethnischen Minderheit Ostafrikas) an. Die Antragstellerin vermochte im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren keinerlei weitere Beweismittel für ihre behauptete Staatsangehörigkeit zu Somalia ins Treffen zu führen. Aufgrund der Amtskenntnis des Bundesasylamtes, dass in der jüngsten Vergangenheit eine Vielzahl von Asylantragstellungen im Gebiet der Europäischen Union, unter Angabe der genannten Stammes- bzw. Volksgruppenzugehörigkeit der Bajunis und behaupteter somalischer Staatszugehörigkeit aufgetreten waren, welchen durch das schwedische Sprachanalyseinstitut Sprakab die Staatszugehörigkeiten Kenias und Tansanias zugeordnet wurden, wurde eine diesbezügliche Sprachanalyse unter Beischließung eines konkreten Fragenkataloges (AS. 99) eingeleitet.

 

Durch Gutachten bzw. Analyseergebnis vom 13.05.2008 wurde der nunmehrigen Beschwerdeführerin durch das schwedische Sprachanalyseinstitut eindeutig die Staatsangehörigkeit Kenias zugeordnet und jedenfalls eine Staatszugehörigkeit für Somalia als offensichtlich nicht vorliegend ausgeschlossen. Dem Bericht des Sprachanalysegutachtens liegen einerseits die Nationalität des Analytikers sowie die durchgeführte Methodik auf Analyse der Sprache/des Dialektes der Person, eine Analyse der regionalen und lokalen sprachlichen Züge in der Lautlehre, Wortbildungslehre, Satzlehre und den Wortschatz bzw. Wissenskontrolle über Land und Kultur etc.. Klar und ohne Einschränkungen wird das seitens der Antragstellerin präsentierte Suaheli eindeutig als nicht Somalia zuzuordnend qualifiziert, sondern vielmehr wird ohne Einschränkung ausgesprochen, dass die Variante des gesprochenen Suaheli offensichtlich Kenia und diesbezüglich einer bestimmten Region bei Mombasa und Malingi zugeordnet werden kann. Ebenso wird insbesondere die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin im Dialog englische Lehnwörter heranzieht wenn sie Suaheli spricht, als typisch für den in Kenia verbreiteten Suaheli-Dialekt dargelegt.

 

Als Bekräftigung bzw. Begründung der diesbezüglichen dargetanen Einschätzung der Zuordnung der kenianischen Staatsangehörigkeit wird eine Reihe phonologischer sowie morphologischer Argumente sowie lexikalischer Aspekte ins Treffen geführt. Des Weiteren wurden die erforschten Kenntnisse der examinierten Person zu ihrer angegebenen angeblichen Heimatregion und Staatsangehörigkeit aufgrund mangelnder detaillierter Aussagen nachvollziehbar in Zweifel gezogen.

 

Überdies wurde dem im Erstbescheid wiedergegebenen Sprachanalysegutachten ein Persönlichkeitsprofil der examinierenden Person dargestellt. Das der erstinstanzlichen Feststellung der kenianischen Staatsangehörigkeit der Antragstellerin zugrunde liegende Sprachanalysegutachten - ungeachtet der Einordnung als Sachverständigengutachten im engeren Sinne oder sonstiges Beweismittel im Sinne des AVG - ist sohin als schlüssig und plausibel zu erkennen.

 

Im Rahmen der eingebrachten Beschwerde werden keine detaillierten Mängelrügen hinsichtlich des Ergebnisses des dargestellten Beweismittels aufgezeigt, noch werden die einzelnen Ergebnisteile im Einzelnen ernsthaft durch angebotene widersprechende Argumente in Zweifel gezogen; insbesondere werden durch den Beschwerdeschriftsatz der Berufungsbehörde keinerlei fundierte Anknüpfungspunkte für eine Unrichtigkeit des dargestellten Beweismittels aufgezeigt, welche weitere Ermittlungspflichten der Berufungsbehörde auslösen würden.

 

Die Eindeutigkeit und umfassende Detailliertheit, Schlüssigkeit und Plausibilität des vorliegenden Beweismittels (Sprachanalysegutachten) inklusive der genauen Darlegung der Qualifikation und Herkunft der examinierenden Person liefert hinreichenden Grund der erstinstanzlichen Entscheidung vollinhaltlich beizutreten.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Gutachten, Herkunftsstaat, non refoulement, Staatsbürgerschaft
Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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