TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/01 E3 318803-1/2008

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Veröffentlicht am 01.09.2008
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Spruch

E3 318.803-1/2008-5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Vorsitzende und den Richter Mag. HUBER-HUBER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. MITTERMAYR über die Beschwerde des K.N., geb. 00.00.1977, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.03.2008, FZ. 06 02.916-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idF BGBL I Nr. 4/2008 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesasylamtes. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF) stellte am 13.03.2006 den verfahrengegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am 13.03.2006 fand hiezu vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen eine Erstbefragung statt. In weiterer Folge wurde er am 16.03.2006 und am 11.10.2007 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost und Außenstelle Wien niederschriftlich einver-nommen.

 

Parteiengehör zur Lage in der Türkei wurde dabei gewahrt.

 

In der niederschriftlichen Einvernahme am 11.10.2007 wurden dem Antragsteller seine grob widersprüchlichen Angaben hinsichtlich seines Fluchtvorbringens vorgehalten und ihm die Möglichkeit geboten hiezu Stellung zunehmen bzw. seine divergierende Angaben zu begründen.

 

2. Mit angefochtenem Bescheid wies die Erstbehörde den Antrag auf internationalen Schutz des nunmehrigen Beschwerdeführers ab und erkannte den Status des Asylberechtigten nicht zu. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt werde und wurde die Ausweisung aus Österreich in die Türkei verfügt.

 

Die Erstbehörde traf darin hinreichend aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben zur politischen Lage, zum Rechtsschutz, zu den Menschenrechten, zur Grundversorgung und zu Rückkehrfragen in die Türkei. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Angaben des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen nicht glaubwürdig seien und wurde die mangelnde Glaubwürdigkeit durch Darstellung der widersprüchlichen Angaben des Antragstellers seitens der Erstbehörde auch entsprechend ausführlich begründet (näheres vgl. Seite 21 bis 23 des Erstbescheides).

 

3. Dagegen wurde vom Beschwerdeführer - vertreten durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter - am 10.04.2008 Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten) eingebracht. Diese beschränkt sich auf eine kurze Darstellung seines bisherigen Fluchtvorbringens und wird ausgeführt, dass dem Antragsteller zu Unrecht in der Beweiswürdigung vorgeworfen werde, dass er den geschuldeten Betrag einmal in der alten und einmal in der neuen türkischen Währung genannt habe. Auch sei es unwesentlich, dass der Antragsteller nicht präzise ausgeführt habe, für welche Schulden er von den Gläubigern Geld ausgeborgt habe, denn er habe den Geldbetrag von einer mafiaähnlichen Organisation geborgt.

 

Darüber hinaus wird in der Beschwerde auf Seite 16 des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen, auf welcher ausgeführt worden sein sollte, dass dem Vorbringen der Mutter die Glaubwürdigkeit zu gesprochen worden sei; dieses Beschwerdevorbringen steht in keinem Zusammenhang zum gegenständlichen Verfahren und beruht erkennbar auf einem Irrtum des Vertreters.

 

4. Mit Einrichtung des Asylgerichtshofes wurde der gegenständliche Verfahrensakt der Gerichtsabteilung E3 zugeteilt.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

1. Am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 weiterzuführen.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

3. Die Beschwerde hält der substantiierten Beweiswürdigung der Erstbehörde in Bezug auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers nichts substantiierte entgegen. In der Beschwerdeschrift wurde auf die konkreten vom Bundesasylamt angeführten Widersprüche und Implausibilitäten nicht eingegangen. Wenn im Beschwerdeschriftsatz bemängelt wird, dass es nicht für die Unglaubwürdigkeit spräche, wenn der BF zum einen die alten und dann wieder die neue türkische Währung angibt, so ist hiezu auszuführen, dass die Erstbehörde diese Angabe des BF nicht als alleinige Grundlage für die Bewertung der Unglaubwürdigkeit herangezogen hat, sondern ergibt sich die festgestellte Unglaubwürdigkeit aufgrund zahlreicher anderer Widersprüche und Implausibilitäten im Vorbringen, sodass dieses Argumente im Beschwerdevorbringen ins Leere gehen muss. Der Beschwerdeschriftsatz enthält somit keine konkreten Ausführungen, wie die schlüssige Beweiswürdigung der Erstbehörde entkräftet werden könnte und vermag daher den erkennenden Senat auch nicht zu weiteren Erhebungsschritten und insbesondere auch nicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung veranlassen; dies insbesondere auch unter dem Aspekt des im Wesentlichen mängelfreien Verfahrens des Bundesasylamtes und der Verwendung hinreichender Länderfeststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben im Erstbescheid, denen ebenso in der Beschwerde überhaupt nicht entgegengetreten wurde. Zum Entscheidungszeitpunkt sind auch keine Umstände notorisch, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der Lage in der Türkei ergeben würde.

 

3.2. Darüber hinaus ist auszuführen, dass selbst wenn man das Vorbringen des BF, dass ihm Gefahr seitens der Gläubiger drohe, als glaubhaft erachten würde, es diesem an einem Zusammenhang zu den in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Verfolgungsgründen fehlt. Vielmehr lässt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers selbst entnehmen, dass die Verfolgung von ihm selbst verschuldet wurde und sollten tatsächlich Übergriffe auf ihn im Falle der Nichtzurückzahlung erfolgen, diese seitens des türkischen Staates nicht gebilligt werden. Der BF hat nicht ausgeführt, dass die Gläubiger ihn aufgrund eines in der GFK genannten Grundes suchen bzw. bedrohen würden. Ein Zusammenhang mit den in der GFK genannten Gründen ist sohin nicht ersichtlich und wäre es somit für die Frage der Asylrelevanz auch nicht von Bedeutung, ob die Polizei gegenüber der Berufungswerberin tatsächlich schutzwillig ist; derartiges wäre ausschließlich im Rahmen von § 8 AsylG zu prüfen.

 

Ferner ist auf das Erkenntnis des VwGH vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu verweisen, in welchem dieser judiziert, dass die Eigenschaft des Fremden als "Geldschuldner" (mag er auch von kriminellen Gläubigern verfolgt werden) nicht ausreicht, um ihm aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe Asylschutz zu gewähren. Überdies judiziert der VwGH in seinem Erkenntnis vom 31.05.2006, 2004/20/0474, dass es dem Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, "Mafiastrukturen" hätten das Inkassowesen in der Türkei "unterwandert", nicht gelingt - am Maßstab des E 13. November 2001, 2000/01/0098, gemessen - einen ausreichenden Zusammenhang mit einem Konventionsgrund herzustellen. Selbst bei Glaubwürdigunterstellung des Vorbringens lässt dieses sohin keinen Asylkonnex zu erkennen und war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I jedenfalls abzuweisen.

 

3.3. Schließlich ist noch auszuführen, dass in der Türkei weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert erfolgen, noch nach den seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, ist auch kein "real Risk" (dazu jüngst VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen. Daher ist es auch dem Beschwerdeführer als jungen Mann zuzumuten zurückzukehren, ohne dass ein reales Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK bestünde. Besondere Umstände (zB schwere Krankheit, entsprechend der Judikatur des EGMR), die ausnahmsweise gegen eine Rückkehr sprechen würden, sind im vorliegenden Verfahren nicht hervorgekommen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung in die Türkei dort die notdürftigste Lebensgrundlage fehlte. Zudem leben seine Eltern und Geschwister in der Türkei und ist sohin auch ein soziales Netz gegeben. Aus den Länderfeststellungen des erstinstanzlichen Bescheides ergibt sich auch, dass die Grundversorgung der Bevölkerung in der Türkei sehr wohl gesichert ist. Er ist gesund und arbeitsfähig und ist daher davon auszugehen, dass er ohne jedes substantiierte Vorbringen nicht als im Sinne der EMRK gefährdet anzusehen ist.

 

Was die Befürchtungen vor den Gläubigern betrifft ist auszuführen - rein hypothetisch betrachtet ohne hierdurch den behaupteten ausreiskausalen Sachverhalt als glaubwürdig werten zu wollen - dass es dem BF zumutbar und möglich wäre sich im Falle der behaupteten Bedrohungen an die türkischen Sicherheitsbehörden zu wenden, welche willens und fähig wären, ihm Schutz zu gewähren.

 

Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die vom BF geschilderten Übergriffe in der Türkei offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren in der Türkei Behörden welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141 zu den Voraussetzungen der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des türkischen Staates; Im soeben zitierten Erk. führte der weiter aus: "Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem die Gewährung von Asyl an einen algerischen Staatsangehörigen betreffenden Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0256, ausgesprochen, dass mangelnde Schutzfähigkeit des Staates nicht bedeute, dass der Staat nicht mehr in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Art von Übergriffen durch Dritte präventiv zu schützen, sondern dass mangelnde Schutzfähigkeit erst dann vorliege, wenn eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung "infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt" nicht abgewendet werden könne (wobei auf die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1999, Zl. 98/18/0037, und vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0311, Bezug genommen wird). Dies sei dann der Fall, wenn für einen von dritter Seite Verfolgten trotz des staatlichen Schutzes der Eintritt eines - entsprechende Intensität erreichenden - Nachteiles mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.

 

Die belangte Behörde leitete aus dem Umstand, dass der türkische Staat bereits die Androhung einer schweren und rechtswidrigen Schadenszufügung strafgerichtlich verpöne, jedenfalls aber eine mit dem Motiv der Blutrache begangene Tötung mit der [Anm: nunmehr in der Türkei nicht mehr angewandten] Todesstrafe bedrohe, die nicht unschlüssige Folgerung ab, dass der türkische Staat gewillt sei, den erforderlichen Schutz zu gewähren. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der türkische Staat sowohl den Willen als auch die Fähigkeit, den Beschwerdeführer vor den Gefahren einer befürchteten Blutrache ausreichend zu schützen. Die Beschwerde hält dem Argument, der Beschwerdeführer hätte bei staatlichen Stellen Schutz vor Verfolgung finden können, lediglich entgegen, dass ein einmal gegebenes Versprechen, für eine getötete, nahe stehende Person Blutrache zu verüben, nicht einfach wieder zurückgenommen werden könne. Das Versprechen, Blutrache zu üben, binde - nach islamischer Weltanschauung - jene Person, die das Versprechen abgegeben habe, und keine wie auch immer geartete Strafdrohung könne eine die Vollziehung der Blutrache versprechende Person von der Ausübung ihrer nunmehrigen "Pflicht" abschrecken. Der Vollzug der versprochenen Blutrache werde zur Lebensaufgabe des Versprechenden. Es erscheine nicht möglich, sich unter den Schutz des türkischen Staates zu stellen, weil der Beschwerdeführer rund um die Uhr bis zu seinem Lebensende vom türkischen Staat beschützt werden müsste. Der türkische Staat habe weder die finanziellen Mitteln noch ein Interesse an einem solchen Personenschutz.

 

... Die belangte Behörde hat ...klar zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer ausreichenden Schutzgewährung durch den türkischen Staat ausgehe und sie hat den Beschwerdeführer erfolglos aufgefordert, Beweismittel vorzulegen, die diese Annahme erschüttern könnten .... Staatliche Schutzgewährung ist um so eher zu erwarten, als es sich bei den mutmaßlichen Verfolgern um verhältnismäßig leicht auszuforschende Verwandte des vom Beschwerdeführer widerrechtlich Getöteten handeln würde. Der Beschwerdeführer hat überdies nicht einmal den Versuch unternommen, etwa durch Anzeige im Sinne des Art. 191 des türkischen Strafgesetzbuches staatlichen Schutz vor möglicher Blutrache in Anspruch zu nehmen. Es ist auch nicht offenkundig, dass der Beschwerdeführer der von ihm behaupteten Gefahr in der gesamten Türkei ausgesetzt wäre und ihm daher keine Möglichkeit offen stünde, innerhalb seines Heimatstaates einen sicheren Aufenthaltsort zu finden.").

 

Die bloße Möglichkeit, dass staatlicher Schutz nicht rechtzeitig gewährt werden kann, vermag eine gegenteilige Feststellung nicht zu begründen, solange nicht von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Nichtgewährung staatlichen Schutzes auszugehen ist (vgl. hierzu die im Erkenntnis noch zu treffenden Ausführungen zum Wahrscheinlichkeitskalkül).

 

Letztendlich ist festzuhalten, dass zum Entscheidungszeitpunkt keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen (alle unterschiedslos treffenden) Sicherheitslage oder der wirtschaftlich-sozialen Lage in der Türkei ergeben würde; auch hiezu ist seitens des Beschwerdeführers in der Beschwerde kein konkretes Vorbringen erfolgt.

 

Ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG liegt somit nicht vor.

 

3.4. Auch hinsichtlich der Ausweisung in die Türkeiist festzuhalten, dass das Bundesasylamt eine korrekte Überprüfung im Sinne der Rechtssprechung vorgenommen hat, familiäre Bezüge zu dauernd aufenthaltsberechtigten Angehörigen der Kernfamilie in Österreich oder zu sonstigen Angehörigen in Österreich, zu denen ein außergewöhnlich enger Bezug oder ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestünde, sind vor der Erstbehörde bis zur Ausfertigung gegenständlichen Erkenntnisses nicht behauptet worden, bzw. hervorgekommen. Ebenso wenig ein zu schützendes Privatleben in Form einer besonderen Integration zum Entscheidungszeitpunkt.

 

4. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

 

In diesem Sinne war also spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Blutrache, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, soziale Verhältnisse, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
26.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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