TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/01 A2 244225-0/2008

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Veröffentlicht am 01.09.2008
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Spruch

A2 244.225-0/2008/9E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Filzwieser als Vorsitzenden und den Richter Dr. Druckenthaner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau Csucker über die Beschwerde des S.M., geb. 00.00.1986 alias 00.00.1977, StA. Liberia alias Gambia, vertreten durch Magistrat der Stadt Graz, Amt für Jugend und Familie, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.11.2003, GZ. 03 18.900-BAG in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde vom 19.11.2003 wird gemäß § 63 Abs. 5 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

 

I. Verfahrensgang

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 25.06.2003 als unbegleiteter Minderjähriger aus Liberia einen Asylantrag und wurde dazu am selben Tag und am 20.10.2003 niederschriftlich einvernommen und expedierte die Erstbehörde am 13.11.2003 eine negative Entscheidung gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997 idF BGBl 126/2002 an den vermeintlichen gesetzlichen Vertreter, den Magistrat der Stadt Graz, vertreten durch MitarbeiterInnen der Caritas Graz. Dagegen wurde rechtezeitig Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten) erhoben.

 

Am 08.04.2008 langte über die Erstbehörde ein als echt eingestufter Reisepass des Beschwerdeführers ein, aus dem sich ergibt, dass er Staatsangehöriger von Gambia und 1977 geboren ist. Dieser Umstand wurde seitens des UBAS der seinerzeitigen Vertreterin des Beschwerdeführers mitgeteilt, die keine Stellung dazu nahm.

 

Mit Einrichtung des Asylgerichtshofs am 01.07.2008 wurde das anhängige Verfahren der Gerichtsabteilung A2 zugeteilt.

 

II. Über die Beschwerden hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:

 

Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005") anzuwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

Gem. § 63 Abs. 5 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.

 

Gemäß § 9 Zustellgesetz idF BGBl I 2004/10 ist, wenn ein Zustellbevollmächtigter bestellt ist, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, dieser als Empfänger zu bezeichnen. Im vorliegenden Fall wurde der Jugendwohlfahrtsträger in dem in Beschwerde gezogenen Bescheid als Empfänger bezeichnet, obwohl dieser (wie nunmehr hervorgekommen) zur Vertretung nicht befugt war und daher auch kein Zustellbevollmächtigter sein konnte. Die Erledigung vom 13.11.2003 wurde sohin nicht der Partei (dem Berufungswerber) zugestellt.

 

Eine Heilung kommt nach dem Zustellgesetz idF BGBl I 2004/10 (respektive der dazu ergangenen Judikatur) und bei der im gegenständlichen Verfahren anzuwendenden Rechtslage (nunmehr § 23 Abs 6 AsylG 2005) nicht in Betracht.

 

Die Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 5 AVG) begann somit mangels rechtsgültiger Zustellung der Erledigung vom 13.11.2003 nie zu laufen, da der erstinstanzliche Bescheid nie erlassen wurde. Somit liegt eine notwendige Prozessvoraussetzung für das angestrengte Beschwerdeverfahren, nämlich jeweils der Beginn des fristenauslösenden Ereignisses, die Erlassung und Zustellung an die Partei, nicht vor.

 

Es bleibt zu ergänzen, dass der erstinstanzliche Bescheid infolge zum Entscheidungszeitpunkt veralteter Länderfeststellungen und unzureichender individueller Beweiswürdigung auch inhaltlich gesehen qualifiziert mangelhaft gewesen wäre und eine Behebung nach § 66 Abs 2 AVG indiziert hätte.

 

Da das erstinstanzliche Verfahren demnach noch offen ist, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im fortgesetzten Verfahren vom Beschwerdeführer neu vorgelegte Beweismittel (hinsichtlich seiner Identität) zu berücksichtigen sein werden und auch auf § 44 Abs 3 AsylG 1997 idgF in geeigneter Weise Bedacht zu nehmen sein wird.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Bescheidqualität, Prozessvoraussetzung, Zustellung
Zuletzt aktualisiert am
28.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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