C7 223794-14/2008/19E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde des J.A., geb. 00.00.1975, StA.
Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.06.2003, AZ:
03 14.536-BAW, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 19.02.2001 seinen ersten Asylantrag. Bei seiner am 24.07.2001 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme gab er bezüglich seiner Fluchtgründe zusammengefasst an, dass er im Jahr 1990 Probleme mit der Polizei gehabt habe, weil er mit Freunden Plakate aufgehängt habe. Er sei zwei Mal noch im gleichen Jahr festgenommen worden und jedes Mal aufgrund von Intervention des Bürgermeisters seines Heimatdorfes wieder freigelassen worden. Dann sei er nach Dubai gefahren, wo er bis 1999 gelebt habe. Nach seiner Rückkehr im Oktober 1999 sei er von der Polizei 10 Tage lang eingesperrt worden, da sie ihm seinen Aufenthalt in Dubai vorgeworfen hätten. Nach seiner Entlassung sei er nach Neu Delhi gezogen, wo er bis zu seiner Ausreise problemlos gelebt habe. Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, dass gegen ihn kein Haftbefehl vorliegen würde und er immer problemlos ausreisen und wieder einreisen konnte. Am Flughafen würden nämlich nur Leute verhaftet werden, welche von der Polizei ausgeschrieben wurden oder in der Zeitung stehen.
Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.08.2001, Zl. 01 03.268-BAW, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchteil I) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Indien gemäß § 8 AsylG zulässig ist (Spruchteil II). Das Vorbringen des Asylwerbers wurde vom Bundesasylamt als unglaubwürdig qualifiziert.
Dagegen richtete sich die rechtzeitig erhobene Berufung vom 28.08.2001.
2. Am 09.01.2002 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung vor der (damaligen) Berufungsbehörde abgehalten.
Mit Bescheid vom 09.01.2002, Zl. 223.794/0-IV/29/01, wurde die Berufung des Beschwerdeführers vom 28.08.2001 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.08.2001, Zl. 01 03.268-BAW abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Indien gemäß § 8 AsylG zulässig ist. Das Vorbringen des Asylwerbers wurde von der Berufungsbehörde als unglaubwürdig gewertet. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass Widersprüche hinsichtlich der Festnahmen sowie seiner Mitgliedschaft bei Babbar Khalsa, welche er erstmalig in der Berufungsverhandlung vorbrachte, vorlagen. Außerdem könne sich der Beschwerdeführer in einem anderen Teil bzw. an einem anderen Ort Indiens niederlassen.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, welche mit Beschluss vom 12.09.2002 abgelehnt wurde.
3. Am 20.05.2003 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Asylantrag.
Bei der am 20.05.2003 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Wien gab der Beschwerdeführer an, dass er weiterhin in Österreich bleiben wolle und im Asylverfahren sämtliche Verfolgungsgründe geltend gemacht habe und auch keine neuen Gründe dazugekommen seien.
Am 05.06.2003 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor dem Bundesasylamt einvernommen, wo er angab, dass er seit seiner ersten Asylantragstellung nicht mehr in Indien gewesen sei. Er brachte außerdem vor, dass ihn die Polizei in Indien immer noch suche und in seinem Bezirk Plakate mit seinem Photo und seinen persönlichen Daten aufgehängt habe. Er vermute deshalb, dass ein Haftbefehl gegen ihn vorliegen würde. Weiters habe die Polizei die Grundstücke der Familie des Beschwerdeführers in Besitz genommen.
Mit Bescheid vom 12.06.2003, Zl. 03 14.536 - BAW, wies das Bundesasylamt den Asylantrag vom 20.05.2003 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Der Bescheid wurde am 18.06.2003 dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zugestellt.
Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht am 02.07.2003 Berufung (nunmehr: Beschwerde).
Am 29.03.2004 übermittelte das Bundesasylamt Kopien folgender den Beschwerdeführer betreffende Dokumente:
-Indischer Reisepass
-Meldezettel
-Ehefähigkeitszeugnis
-Auszug aus dem Geburtenregister
-eidesstattliche Erklärung der Eltern des Beschwerdeführers hinsichtlich der Ehefähigkeit
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). "Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207). Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Beschwerde nicht neu geltend gemacht werden (s. z.B. VwSlg. 5642A, VwGH 28.11.1968, 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Beschwerdeverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).
Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, Zl. 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, Zl. 92/12/0127; 23.11.1993, Zl. 91/04/0205; 26.04.1994, Zl. 93/08/0212; 30.01.1995, Zl. 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, Zl. 83/07/0274; 21.02.1991, Zl. 90/09/0162; 10.06.1991, Zl. 89/10/0078; 04.08.1992, Zl. 88/12/0169; 18.03.1994, Zl. 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, Zl. 1202/58; 03.12.1990, Zl. 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH vom 24.02.2000, Zl. 99/20/0173-6).
2. Im zweiten Asylverfahren brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Polizei ihn in Indien immer noch suche und Plakate von ihm aufgehängt habe. Weiters vermute er, dass es einen Haftbefehl gegen ihn geben würde. Außerdem habe die Polizei die Grundstücke des Beschwerdeführers in Beschlag genommen.
Diese Vorbringen nehmen auf die im vorigen Verfahren behaupteten Schwierigkeiten mit der Polizei und damit in Verbindung stehende Ereignisse Bezug, die vor dem rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens stattgefunden haben. Die Aufrechterhaltung derselben Verfolgungsbehauptung und die Bezugnahme darauf stellen sich nicht als wesentlich geänderter Sachverhalt, sondern als Bekräftigung (bzw. als Behauptung des "Fortbestehens und Weiterwirkens", VwGH 20.3.2003, 99/20/0480) eines Sachverhalts dar, über den bereits rechtskräftig abgesprochen wurde.
In diesem Vorbringen könnte auch kein "glaubhafter Kern" erblickt werden, dem Asylrelevanz zukommen könnte. Schon im rechtskräftigen ersten Asylverfahren wurden die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers als unglaubhaft gewertet. Insofern erscheint die im zweiten Verfahren behauptete neuerliche Suche durch die Polizei schon unter diesem Gesichtspunkt als nicht glaubwürdig, stützt sie sich auf die Fluchtgründe des ersten Asylverfahrens. Außerdem stellt sich die Vorgangsweise der Polizei (Aufhängen von Plakaten mit den Personendaten des Beschwerdeführers) - überdies zwei Jahre nach seiner Ausreise - als nicht plausibel dar. Hinzu kommt, dass diese Behauptung auf die Aussage eines nicht näher bezeichneten Bekannten gründet, welche einer objektivierbaren Überprüfung nicht zugänglich ist und sohin für sich genommen den Befund der Unglaubwürdigkeit nicht entscheidend zu relativieren vermag. Weiters spricht die - den Ausführungen beim Bundesasylamt widersprechende - Erklärung des Beschwerdeführers vor der BPD Wien, dass keine neuen Gründe dazugekommen seien, gegen das Vorliegen eines "glaubhaften Kerns"; all dies auch in Zusammenschau mit der Bestätigung des Beschwerdeführers betrachtet, den zweiten Asylantrag gestellt zu haben, um seine Abschiebung nach Indien zu verhindern. Schließlich weist auch die vorgebrachte Beschlagnahme der Grundstücke keinen "glaubhaften" Kern auf, welcher Asylrelevanz entfalten könnte.
Mit diesen Ausführungen ist klargestellt, dass in der persönlichen Sphäre des Beschwerdeführers keine Umstände eingetreten sind, welche geeignet wären, einen zulässigen neuerlichen Asylantrag zu begründen, sind doch diesem Vorbringen keine neuen asylrelevanten Sachverhaltsänderungen zu entnehmen, die eine andere Beurteilung zuließen.
Da auch keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesasylamt von Amts wegen zu berücksichtigen wären, vorliegen, da sich die allgemeine Situation in Indien bezogen auf den Gesamtstaat in der Zeit, bis der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde, nicht wesentlich geändert hat - wie sich der Asylgerichtshof durch ständige Beachtung der Quellenlage versichert hat - und sich auch die Rechtslage in der Zwischenzeit nicht entscheidungswesentlich geändert hat, ist das Bundesasylamt im Ergebnis daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Behandlung des zweiten Asylantrages das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.
3. Gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 c AsylG war in diesem Fall durch Einzelrichtererkenntnis zu entscheiden.