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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §32 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/01/0532Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, in der Beschwerdesache 1. der EN, geboren am 10. Oktober 1970, und
2. des PN, geboren am 11. Februar 1994, beide in B, vertreten durch Dr. Gottfried Forsthuber, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Kaier-Franz-Joseph-Ring 5, gegen den unabhängigen Bundesasylsenat wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Asylangelegenheiten den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführenden Parteien stellten mit Schriftsatz vom 19. Oktober 1998 den Antrag, die Gewährung des von ihrem Ehegatten bzw. Vater am 18. September 1998 beantragten Asyls auf sie zu erstrecken.
Der Asylantrag des Ehegatten bzw. Vaters der beschwerdeführenden Parteien (dessen Einbringungsdatum in den weiteren Erledigungen mit 30. September 1998 angegeben wurde) wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. Jänner 1999 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, wogegen der Ehegatte bzw. Vater der beschwerdeführenden Parteien Berufung erhob.
Am 8. Juni 1999 gab die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt für sich selbst und in Vertretung des Zweitbeschwerdeführers die Erklärung ab, die Asylerstreckungsanträge aufrecht zu erhalten und nach Belehrung über die Rechtsfolgen des § 11 Abs. 2 AsylG auf eine Umdeutung in Asylanträge zu verzichten.
Mit Bescheiden vom 10. Dezember 1999 wies das Bundesasylamt die Erstreckungsanträge ab, weil dem Ehegatten bzw. Vater der beschwerdeführenden Parteien kein Asyl gewährt worden sei. In der Rechtsmittelbelehrung zu diesen Bescheiden wurde ausgeführt, gegen die Bescheide stehe den beschwerdeführenden Parteien "keine Berufung offen". Mit einer Berufung "gegen den Bescheid jenes Angehörigen", auf den sich jeweils der Erstreckungsantrag beziehe, gelte aber auch dessen Erledigung "als im vollen Umfang angefochten".
Die beschwerdeführenden Parteien erhoben keine Berufungen gegen die Bescheide vom 10. Dezember 1999.
Mit Bescheid vom 27. März 2000 wies die belangte Behörde die Berufung des Ehegatten bzw. Vaters der beschwerdeführenden Parteien gegen den Zurückweisungsbescheid vom 29. Jänner 1999 als unbegründet ab.
Die vom Bundesasylamt zu dieser (seit Februar 1999 anhängigen) Berufung vorgelegten Akten der beschwerdeführenden Parteien stellte die belangte Behörde dem Bundesasylamt mit dem Hinweis zurück, dass ein Vorliegen von Berufungen gegen die Bescheide vom 10. Dezember 1999 nicht ersichtlich sei. In einem daran anschließenden Schriftverkehr zwischen der belangten Behörde und dem Bundesasylamt hielt Letzteres - einem Aktenvermerk zufolge im Einvernehmen mit dem damaligen Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Parteien - an der Ansicht fest, die Bescheide vom 10. Dezember 1999 seien aufgrund der Berufung gegen den Bescheid vom 29. Jänner 1999 als angefochten anzusehen.
Mit Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 2000/01/0184, hob der Verwaltungsgerichtshof den (den Ehegatten bzw. Vater der beschwerdeführenden Parteien betreffenden) Berufungsbescheid vom 27. März 2000 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Mit der vorliegenden, am 20. Dezember 2000 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde begehren die beschwerdeführenden Parteien die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Asylerstreckungsanträge. Sie vertreten unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2000, Zlen. 98/20/0581 bis 0583, die Auffassung, die Bescheide vom 10. Dezember 1999 seien aufgrund der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom 29. Jänner 1999 gemäß § 32 Abs. 1 letzter Satz in Verbindung mit § 11 Abs. 2 AsylG als angefochten anzusehen, und erachten sich daher in ihrem Recht auf Entscheidung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten beider beschwerdeführenden Parteien vorgelegt und vertritt in ihren jeweils auf eine der beschwerdeführenden Parteien bezogenen Gegenschriften die Auffassung, nach dem erwähnten Erkenntnis vom 27. Jänner 2000 sei nur die Umdeutungsregelung des § 11 Abs. 2 AsylG auch im Falle einer nicht auf die §§ 4 oder 5 AsylG gestützten Zurückweisung des Asylantrages des Angehörigen anzuwenden. Auf das abgekürzte Berufungsverfahren nach § 32 AsylG und die einen Teil dieses Verfahrens bildende Vorschrift des § 32 Abs. 1 letzter Satz AsylG treffe dies hingegen nicht zu.
Die §§ 11 und 32 AsylG lauten:
"Asylerstreckung
§ 11 (1) Die Behörde hat aufgrund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
(2) Fremde, die einen Asylerstreckungsantrag eingebracht haben, können im Verfahren über den Asylantrag ihres Angehörigen aus eigenem alles vorbringen, was ihnen für dieses Verfahren maßgeblich erscheint. Wird der Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen, so gelten die der Sache nach damit verbundenen Asylerstreckungsanträge, sofern der Betroffene nach Belehrung über die Folgen nicht ausdrücklich darauf verzichtet, als Asylanträge. Die Behörde hat über diese Anträge unverzüglich zu entscheiden; im Falle eines Verzichtes sind Asylanträge dieser Fremden innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft der die Asylerstreckungsanträge abweisenden Entscheidung unzulässig.
(3) Bringen Fremde einen Asylerstreckungsantrag während eines bereits anhängigen Verfahrens gemäß § 7 ein, ist mit der Erledigung dieses Antrages zuzuwarten, bis die Entscheidung über ihren Asylantrag ergangen ist. Asyl durch Erstreckung darf ihnen erst gewährt werden, wenn ihr Asylantrag rechtskräftig zurückgewiesen oder abgewiesen wurde.
(4) Bescheide, mit denen Angehörigen durch Erstreckung Asyl gewährt wurde, treten außer Kraft und Asylerstreckungsanträge werden gegenstandslos, wenn den Angehörigen gemäß § 7 AsylG gewährt wird.
...
Abgekürztes Berufungsverfahren
§ 32 (1) Gegen Bescheide, mit denen Asylanträge als offensichtlich unbegründet abgewiesen oder aus den Gründen der §§ 4 oder 5 wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen worden sind, kann nur binnen zehn Tagen Berufung erhoben werden. Fällt innerhalb eines solchen abgekürzten Berufungsverfahrens die jeweilige Berufungsfrist in die Sicherung einer Zurückweisung, so ist diese jedenfalls während des ungenützten Ablaufes dieser Frist zulässig. Eine abgesonderte Berufung gegen eine Feststellung gemäß § 8 ist in solchen Fällen nur insoweit möglich, als das Bestehen einer Gefahr gemäß § 57 Abs. 1 FrG behauptet wird. Eine abgesonderte Berufung gegen Bescheide, mit denen in diesen Fällen der Asylerstreckungsantrag Angehöriger als unbegründet abgewiesen wurde, ist nicht zulässig, doch gelten solche Bescheide durch eine Berufung gegen die Entscheidung über den Asylantrag als im selben Umfang angefochten.
(2) Der Berufung ist stattzugeben, wenn die Feststellung der Behörde, der Antrag sei offensichtlich unbegründet oder es bestehe aus den Gründen der §§ 4 oder 5 Unzuständigkeit, nicht zutrifft. In diesen Fällen hat die Berufungsbehörde die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und zur Erlassung eines Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen; Feststellungen gemäß § 8 gelten jedenfalls als aufgehoben. Zugehörige Asylerstreckungsbescheide sind gleichzeitig als überholt aufzuheben. Wird ein Bescheid, mit dem der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde, von der Berufungsbehörde bestätigt, so hat sie ihrerseits jedenfalls eine Feststellung gemäß § 8 zu treffen.
(3) Über die Berufung ist binnen zehn Arbeitstagen nach dem Tag des Einlangens bei der Berufungsbehörde zu entscheiden. Die Entscheidungsfrist wird in dem Maße verlängert, als dies für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes unerlässlich ist; insgesamt soll das Berufungsverfahren jedoch nicht länger als zwanzig Arbeitstage dauern. Wird die Berufung während der Sicherung als (gemeint: einer) Zurückweisung eingebracht, so ist diese entsprechend länger zulässig."
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, dass die nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 1 erster Satz AsylG nicht zu bezweifelnde Unanwendbarkeit des abgekürzten Berufungsverfahrens auf die Berufung des Ehegatten bzw. Vaters der beschwerdeführenden Parteien gegen den auf § 68 AVG gestützten Zurückweisungsbescheid vom 29. Jänner 1999 auch zur Folge hat, dass der letzte Satz des § 32 Abs. 1 AsylG mit dem einerseits abgesonderte Berufungen gegen die Bescheide über die Asylerstreckungsanträge für unzulässig erklärt werden und nach dessen weiterem Inhalt andererseits solche Bescheide durch eine Berufung gegen die Entscheidung über den Asylantrag als im selben Umfang angefochten gelten, im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen kann. Dies ergibt sich aus der sprachlichen Verknüpfung der einzelnen Sätze des § 32 Abs. 1 AsylG, in denen (im letzten Satz mit den Worten "in diesen Fällen") jeweils auf die im ersten Satz bezeichneten Fälle Bezug genommen wird. Dass das abgekürzte Berufungsverfahren in Fällen wie dem vorliegenden nicht zur Anwendung kommt, wird auch in dem hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2000, Zlen. 98/20/0581 bis 0583, insofern zum Ausdruck gebracht, als diesen Fällen die Fälle, in denen das abgekürzte Berufungsverfahren anzuwenden ist, in der Behandlung der damaligen Argumente der belangten Behörde gegenübergestellt und nicht gleichgehalten werden ("Das weitere Argument ... betrifft nicht nur Fälle wie den vorliegenden, sondern auch Fälle, in denen die Zurückweisung des Asylantrages dem abgekürzten Berufungsverfahren unterliegt"). Dass § 11 Abs. 2 zweiter Satz AsylG im vorliegenden Fall anzuwenden war und vom Bundesasylamt daher auch zu Recht angewendet wurde, steht damit nicht in Widerspruch und ist - angesichts der unstrittigen Verzichtserklärungen - für die Behandlung der Beschwerde nicht von Bedeutung.
Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsmittelbelehrungen der Bescheide vom 10. Dezember 1999 nicht richtig waren und Berufungen, über die von der belangten Behörde zu entscheiden sein könnte, mangels Einbringung solcher Berufungen durch die beschwerdeführenden Parteien nicht vorliegen. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht liegt daher nicht vor.
Die Beschwerde war aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, im Besonderen § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 4. April 2001
Schlagworte
Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000010531.X00Im RIS seit
13.07.2001