TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/02 E12 317873-1/2008

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Veröffentlicht am 02.09.2008
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Spruch

E12 317.873-1/2008-8E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Vorsitzende und den Richter Dr. Markus STEININGER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Auberger über die Beschwerde der P.O., geb. 00.00.1986, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.02.2007, FZ. 07 10.941 EAST-West, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idgF als unbegründet a b g e w i e s e n.

Text

BEGRÜNDUNG:

 

I VERFAHRENSGANG UND SACHVERHALT:

 

Die Beschwerdeführerin (folgend kurz: BF; vormals:

Berufungswerberin), ihren Angaben zufolge eine Staatsangehörige der Türkei, der Volksgruppe der Kurden angehörig, stellte am 26.11.2007 beim Bundesasylamt (BAA) EAST West einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde sie am 28.11.2007 (AS 23ff) erstbefragt und am 14.01.2008 ( AS 111 ff) und am 24.01.2008 ( AS 151 ff) von einem Organwalter der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wiedergegeben, weshalb hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen ihres Herkunftsstaates brachte sie im Rahmen der Asylantragstellung im Wesentlichen vor, dass sie die Türkei verlassen habe, da sie ihren Vater, welcher schon seit 17 Jahren in Österreich aufhältig sei, seit seiner Flucht nicht mehr gesehen habe. Alle 2 - 3 Wochen sei die Polizei gekommen und habe im Haus nach dem Vater gesucht. Dies habe sie satt. Es gebe in ihrer Heimat ständig Unterdrückung. Bei der letzten Einvernahme erweiterte die BF ihr Vorbringen dahingehend, dass sie ihre Schulausbildung am Gymnasium im Jahr 2003 habe abbrechen müssen, weil die Polizei auch in die Schule gekommen sei und sie manchmal mitgenommen habe. Die Schuldirektorin habe nicht gewollt, dass die Polizei ständig im Haus sei. Auch der Großvater und ihr Bruder seien von der Polizei mitgenommen worden und ihr Bruder sei nach der Entlassung nicht mehr heimgekehrt. Sie habe ihre Arbeit kündigen müssen, weil der Vorarbeiter Druck auf sie ausgeübt habe.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 09.02.2007, Zahl: 07 10.941 EAST West, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Das BAA führte mit umfangreicher Begründung im Wesentlichen aus, dass aufgrund widersprüchlicher Angaben im Verhältnis zu den Aussagen des Vaters der BF, der Steigerung ihres Vorbringens, sowie mangels hinreichender Konkretisierung ihres Vorbringens, diesem keine Glaubwürdigkeit zugesprochen werde.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom 22.02.2008 innerhalb offener Frist Berufung (nunmehr: Beschwerde) erhoben. Diesbezüglich wird im Wesentlichen auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Insbesondere wurde die Beweiswürdigung moniert und nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen vorgebracht, dass keine Gründe vorliegen würden, die Angaben der BF als unglaubwürdig anzusehen, weshalb die Beweiswiederholung durch nochmalige Einvernahme der BF und die Befragung ihres Vaters als Zeugen beantragt werde. Die Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Türkei seien mangelhaft, weil sie keine ausreichende Befassung zum Thema "Verschärfung der Lage für die kurdische Minderheit in der Türkei aufgrund neuerlicher Eskalation des Konfliktes mit der PKK (im Nordirak)", enthalte. Es sei zu befürchten, dass die BF im Falle einer Rückführung sofort festgenommen und intensiven polizeilichen Verhören durch Sondereinheiten der Polizei, welche für die PKK - Bekämpfung zuständig seien, unterworfen werde, wobei auch Gefahr bestünde, misshandelt und unmenschlich behandelt zu werden oder physisch oder psychisch unter Druck gesetzt zu werden um Angaben über ihren Vater und dessen von den Sicherheitsbehörden vermutete, oppositionelle und PKK nahe Tätigkeit, in Erfahrung zu bringen. Es wäre notwendig gewesen, die aktuelle Lage in der Türkei betreffend des Konflikts der türkischen Staatsgewalt und den sich im Widerstand befindlichen kurdischen Bewegungen und Gruppen zu prüfen, inwieweit sich daraus nachteilige asyl- oder refoulementrelevante Auswirkungen auf die BF ergeben würden und werde diesbezüglich die Beiziehung eines Sachverständigen beantragt. Weiters werde die Beischaffung des Asylverfahrens des Vaters der BF beantragt, da aufgrund dessen glaubwürdiger Angaben davon auszugehen sei, dass die türkische Polizei intensiv nach ihm suche und deshalb laufend Kontrollen und Vorsprachen im Elternhaus der BF stattgefunden hätten. Mit Sicherheit sei den Sicherheitsbehörden auch bekannt, dass die BF illegal ins Ausland gegangen sei und bei ihrem Vater lebe. Die BF sei ein Freigeist, sie sei im Herzen eine engagierte Kurdin und trete für eine autonome kurdische Zone in der Türkei und eine Stärkung der Rechte der kurdischen Volksgruppe ein. Sie habe jedoch diese politische Meinung in der Türkei nicht kundtun dürfen und sei dort zu einem passiven, schweigenden und ihre wahre politische Überzeugung verleugnenden, Scheinverhalten gezwungen gewesen. Man dürfe sich nach wie vor nicht frei als Kurde und Anhänger kurdisch-separatistischer Ideen bekennen. Bereits das Eintreten für eine kurdische Autonomie oder auch nur für mehr kurdische Rechte sei in der Türkei nicht erlaubt. Dazu komme die starke Unterdrückung der Frauen in der kurdisch-türkisch-patriarchalischen Gesellschaft, welche auch die BF selbst konkret durch ihren Schulabbruch und der aufoktroyierten Kündigung erfahren habe. Die BF hätte in der Türkei keine Existenzgrundlage mehr und befürchte unverhältnismäßige Bestrafung aufgrund ihrer illegalen Ausreise in Verbindung mit dem Verdacht, dass sie von den die türkischen Sicherheitsbehörden interessierenden politischen Auslandsaktivitäten ihres Vaters Bescheid wisse und hätten die türkischen Sicherheitsbehörden starkes Interesse am Aufenthaltsort ihres Vaters. Die BF sei eine alleinstehende schutzlose junge Frau, welche als solche einer stärker schutzbedürftigen sozialen Gruppe angehöre. Es bestehe nach 17-jähriger Trennung ein intensives Familienleben zwischen der BF und ihrem Vater.

 

Hinsichtlich des Verfahrensherganges bzw. des Parteienvorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

Maßgeblicher Sachverhalt:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest. Identität und Nationalität der BF konnten aufgrund der Vorlage des türkischen Personalausweises, ausg. am 00.00.2007, festgestellt werden. Es handelt sich demnach zweifelsfrei um P.O., geboren am 00.00.1986 in G.. Sie reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle zu einem nicht bekannten Zeitpunkt in Österreich ein und brachte am 26.11.2007 den Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

Der Vater der BF (ist in Österreich anerkannter Flüchtling. Dieser lebte zuvor 17 Jahre von der BF getrennt. Familiäre Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen durch die Mutter und zwei in der Türkei lebende Geschwister.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF asylrelevanten Übergriffen im Herkunftsland ausgesetzt war. Insbesondere konnten keinerlei Fluchtgründe im Sinne des § 3 Asylgesetz 2005 bzw. Art. I Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht werden.

 

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die BF Gefahr liefe, in der Türkei einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

 

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle der Rückkehr in die Türkei in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.

 

Die BF leidet unter keiner Erkrankung, die ein Abschiebehindernis iSv Artikel 3 EMRK darstellen würde.

 

Zur Zuständigkeit des Asylgerichtshofes:

 

Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I 1/1930 idF 2/2008 lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1 erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof anhängige Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates sind von diesen mit der Maßgabe weiterzuführen, dass als belangte Behörde der Asylgerichtshof gilt.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Im gegenständlichen Fall hat daher im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung zu gelangen.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gem. § 75 (1) des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 zu Ende zu führen ist.

 

Beweiswürdigung:

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in der Türkei auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation der Berufungswerberin gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.

 

Aufgrund der Feststellungen des Bundesasylamtes ist von auf ausreichend aktuelle Quellen (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) basierenden Feststellungen auszugehen, welche den weiteren Ausführungen zu Grunde gelegt werden. Die Berufungsbehörde schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Berufungsbescheides (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

Sofern in der Beschwerde seitens der BF das Ermittlungsverfahren des BAA moniert wird, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Der BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Von der BF konnten keine nachvollziehbaren Ausführungen dargelegt werden, welche geeignet waren, vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt auszugehen.

 

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde nun erstmalig und neu vorbringt, es sei zu befürchten, dass sie im Falle einer Rückführung sofort festgenommen und intensiven polizeilichen Verhören durch Sondereinheiten der Polizei, welche für die PKK - Bekämpfung zuständig seien, unterworfen werde, wobei auch Gefahr bestünde, misshandelt und unmenschlich behandelt zu werden oder physisch oder psychisch unter Druck gesetzt zu werden um Angaben über ihren Vater und dessen von den Sicherheitsbehörden vermutete, oppositionelle und PKK nahe Tätigkeit, in Erfahrung zu bringen, sie ein Freigeist sei, im Herzen eine engagierte Kurdin sei und für eine autonome kurdische Zone in der Türkei und eine Stärkung der Rechte der kurdischen Volksgruppe eintrete, sie diese politische Meinung in der Türkei nicht habe kundtun dürfen und dort zu einem passiven, schweigenden und ihre wahre politische Überzeugung verleugnenden, Scheinverhalten gezwungen gewesen sei, man sich nach wie vor nicht frei als Kurde bewegen und als Anhänger kurdisch-separatistischer Ideen bekennen dürfe, bereits das Eintreten für eine kurdische Autonomie oder auch nur für mehr kurdische Rechte in der Türkei nicht erlaubt sei, die starke Unterdrückung der Frauen in der kurdisch-türkisch-patriachalischen Gesellschaft dazu komme, welche auch die BF selbst konkret durch ihren Schulabbruch und der aufoktroyierten Kündigung erfahren habe, sie in der Türkei keine Existenzgrundlage mehr hätte und befürchte, unverhältnismäßige Bestrafung aufgrund ihrer illegalen Ausreise in Verbindung mit dem Verdacht, dass sie von den die türkischen Sicherheitsbehörden interessierenden politischen Auslandsaktivitäten ihres Vaters Bescheid wisse und die türkischen Sicherheitsbehörden starkes Interesse am Aufenthaltsort ihres Vaters hätten, wird festgestellt, dass - ungeachtet der Prüfung der Glaubwürdigkeit - diese neuen Tatsachen dem Neuerungsverbot gemäß § 40 AsylG in der hier anzuwendenden Fassung unterliegen. Aus diesen Behauptungen und dem sonstigen Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, "nach" der Entscheidung erster Instanz entscheidungsrelevant geändert hat (Z 1); das Verfahren erster Instanz wurde ordnungsgemäß durchgeführt und ist nicht zu beanstanden (Z 2); ungeachtet der Glaubwürdigkeit dieser nunmehrigen Vorbringen wären diese Tatsachen bis zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz der Beschwerdeführerin zugänglich gewesen (Z 3); es ergaben sich auch keine Hinweise, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage war, diese Tatsachen schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen, zumal sie in wiederholt stattgefundenen Einvernahmen dazu Gelegenheit hatte (Z 4).

 

Ebenso fand die letzte Einvernahme vor dem BAA am 24.01.2008 statt und der Bescheid wurde erst am 12.02.2008 erlassen. Wäre es der Beschwerdeführerin tatsächlich ein ernsthaftes Bedürfnis gewesen, sich in der o.a. Art zu den Ausreisegründen zu äußern, wäre ihr dies somit auch noch nach Beendigung der letzten Einvernahme bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides möglich gewesen. Von einer durchschnittlich sorgfältigen Asylwerberin mit dem Wissen und Fähigkeiten der Beschwerdeführerin wäre daher ein solches Verhalten zu erwarten gewesen, etwa durch die ehest mögliche Einbringung eines Schriftsatzes beim BAA, allenfalls unter Beiziehung einer in Asylfragen versierter Person oder Organisation. Dass die Beschwerdeführerin zur Kontaktaufnahme zu einer solchen Person oder Organisation befähigt ist, beweist etwa die Konzeption der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid, welche nur unter Beiziehung einer solchen Person oder Organisation zustande kommen konnte.

 

Da das im vorgenannten Absatz geschilderte der BF mögliche und zumutbare Verhalten unterblieb, geht der AsylGH davon aus, dass die Beschwerdeführerin durch diese Beschwerdeangaben lediglich ihren -durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten- Aufenthalt missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313).

 

Hinsichtlich der Beschwerdeangaben, die belangte Behörde werfe der BF zu Unrecht eine Steigerung ihres Vorbringens vor, insbesondere da es keinen Grund gegeben habe, die Umstände bereits bei den früheren Einvernahmen anzuführen, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen des BAA verwiesen, welchen sich der AsylGH anschließt und ebenfalls von einem gesteigerten Vorbringen der BF ausgeht. Auch vermag die Beschwerdeangabe, dass hinsichtlich der Widersprüche zwischen der BF und ihrem Vater beachtet werden müsse, dass dieser ja nicht in der Türkei geweilt habe, sondern lediglich telefonische Informationen gehabt habe und sich daraus die Abweichungen in den Angaben erklären ließen, nicht zu überzeugen, da es sich bei diesen divergenten Angaben um erhebliche Abweichungen im Kernvorbringen der BF handelt und wird den diesbezüglichen Bedenken des BAA gefolgt. Insbesondere wird diesen widersprüchlichen Angaben auch in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten, sondern deren Zutreffen vielmehr bestätigt, weshalb dem Antrag auf Beweiswiederholung durch nochmalige Einvernahme der BF und Befragung ihres Vaters als Zeugen nicht zu folgen war, da die Beweistatsache durch die Beschwerdeangaben selbst als wahr unterstellt wird und sich das erkennende Gericht auf Grund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltsmomente machen konnte (vgl. VwGH v. 17.01.1991, Zl. 90/09/0148).

 

Zu den Beschwerdeangaben, die Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Türkei seien mangelhaft, weil sie keine ausreichende Befassung zum Thema "Verschärfung der Lage für die kurdische Minderheit in der Türkei aufgrund neuerlicher Eskalation des Konfliktes mit der PKK (im Nordirak)", enthalten, wird festgestellt, dass diese Behauptungen insbesondere vor dem Hintergrund, dass im gegenständlichen Verfahren Probleme aufgrund der kurdischen Volkszugehörigkeit nicht vorgebracht wurden, lediglich in den Raum gestellt werden und weder durch die Anführung entsprechender Berichte bzw. in der Berufung in irgend einer Form substantiiert dargetan wird, inwieweit sich daraus eine asylrelevante Verfolgung oder die Gewährung von subsidiärem Schutz konkret für die Beschwerdeführerin ergeben soll. Der AsylGH ist vielmehr der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin durch diese Berufungsangaben lediglich ihren -durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten- Aufenthalt missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313, ebenso 30.8.2007, 2006/19/0554-7).

 

Zu den Beschwerdeangaben, es wäre notwendig gewesen, die aktuelle Lage in der Türkei betreffend des Konflikts der türkischen Staatsgewalt und den sich im Widerstand befindlichen kurdischen Bewegungen und Gruppen zu prüfen, inwieweit sich daraus nachteilige asyl- oder refoulementrelevante Auswirkungen auf die BF ergeben würden und werde diesbezüglich die Beiziehung eines Sachverständigen beantragt, wird festgestellt, dass im gegenständlichen Verfahren keinerlei Probleme der türkischen Staatsgewalt und den sich im Widerstand befindlichen kurdischen Bewegungen und Gruppen geltend gemacht wurden, weshalb diese Beweisanträge keine konkreten Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben und sich somit auf Erkundungsbeweise beziehen. Erkundungsbeweise dienen jedoch nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren unzulässig. Daher ist die Behörde nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass dessen Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet ( s. auch Hengstschläger - Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN) und diesen Beweisanträgen im gegenständlichen Fall aus o. a. Erwägungen nicht gefolgt wurde.

 

Hinsichtlich des Antrages auf Beischaffung des Asylverfahrens des Vaters der BF, da aufgrund dessen glaubwürdiger Angaben davon auszugehen sei, dass die türkische Polizei intensiv nach ihm suche und deshalb laufend Kontrollen und Vorsprachen im Elternhaus der BF stattgefunden hätten und den Sicherheitsbehörden mit Sicherheit auch bekannt sei, dass die BF illegal ins Ausland gegangen sei und bei ihrem Vater lebe, wird festgestellt, dass die diesbezüglichen Angaben der BF seitens der belangten Behörde als unglaubwürdig gewürdigt wurden und dieser Würdigung seitens des AsylGH wie oben ersichtlich nicht entgegen getreten wurde, weshalb auf Grund der bisher vorliegenden Beweise im Sinne der freien Beweiswürdigung sich der AsylGH ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltsmomente machen konnte (vgl. VwGH v. 17.01.1991, Zl. 90/09/0148) und somit dieser Beweisantrag nicht berücksichtigt werden muss. Der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass es aus Sicht des AsylGH auch nicht schlüssig ist, von laufenden Kontrollen der Sicherheitsbehörden auszugehen, wenn wie in der Beschwerde behauptet gerade diesen Behörden mit Sicherheit bekannt sei, dass eben der Gesuchte sich im Ausland aufhält.

 

Dem Bundesasylamt ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die Berufungswerberin im Falle einer Rückkehr in die Türkei dort einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre.

 

Aus dem Vorbringen der BF kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass diese vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in deren Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.

 

Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in die Türkei auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben der Berufungswerberin gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde.

 

4. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. I Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ( GFK) droht.

 

Flüchtling nach der GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Im gegenständlichen Fall wurde erstmals in der Beschwerde der Fluchtgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe alleinstehender schutzloser junger Frauen, welche stärker schutzbedürftig wären, geltend gemacht. Dies trifft allerdings aus folgenden Gründen nicht zu:

 

Der Terminus "soziale Gruppe", der als Auffangtatbestand in die GFK aufgenommen wurde, wird in Lehre und Rechtsprechung durchaus unterschiedlich definiert: In der Judikatur des VwGH wurde einerseits auf die Definition des UNHCR abgestellt, der zufolge eine soziale Gruppe in der Regel Personen mit ähnlichem Hintergrund, ähnlichen Gewohnheiten oder ähnlichem sozialem Status umfasst (s. Handbuch des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 219, aber auch den Gemeinsamen Stanpunkt des Rates der Europäischen Union vom 4.3.1996 betreffend die harmonisierte Anwendung der Definition des Begriffs "Flüchtling" in Art. 1 des Genfer Abkommens vom 28.7.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge), wobei aber - unter Hinweis auf das gesamte Handbuch des UNHCR - darauf hingewiesen wird, dass hinter der angesprochenen Regelung die Erwägung stehe, dass die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe Anlass zu Verfolgung sein kann, wenn kein Vertrauen in die Loyalität der Gruppe der Regierung gegenüber bestehe oder wenn die politische Ausrichtung, das Vorleben oder die wirtschaftliche Tätigkeit der Mitglieder der Gruppe oder auch schon allein die Existenz der Gruppe an sich als Hindernisse für die Politik der Regierung angesehen werden ( VwGH 18.12.1996, 96/20/0793).

 

Andererseits wies der VwGH auf die Definition des kanadischen Obersten Gerichtshofes (Supreme Court) hin, nach eine soziale Gruppe im Sinne der GFK folgende drei Personenkreise umfasse:

 

Personen, die ein gemeinsames angeborenes oder unabänderliches Merkmal wie Geschlecht, sprachliche Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung aufweisen; Personen, die freiwillig aus Gründen verbunden sind, die für ihre Menschenwürde derart fundamental sind, dass sie nicht gezwungen werden sollten, diese Verbindung aufzugeben und schließlich Personen, die durch einen früheren freiwilligen Zustand verbunden sind, der aufgrund seiner historischen Dauer nicht geändert werden kann (vgl. die in Goodwin-Gill, The refugee in International Law, 1996, p 359f, wiedergegebenen Fälle, insbesondere Canada v. Ward). Auf diese Definitionen nimmt zumindest zum Teil auch Art. 10 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 ("Statusrichtlinie") Bezug, auf den auch § 2 Abs. 1 Z 12 Asylgesetz 2005 verweist, wenn er in seiner lit. d eine bestimmte soziale Gruppe folgendermaßen umschreibt:

 

Eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn

 

die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten und

 

die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird.

 

Je nach den Gegebenheiten im Herkunftsland kann als eine soziale Gruppe auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Ausrichtung gründet; als sexuelle Ausrichtung dürfen keine Handlungen verstanden werden, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedsstaaten als strafbar gelten. Geschlechterbezogene Aspekte können berücksichtigt werden, rechtfertigen aber für sich allein noch nicht die Annahme, dass dieser Artikel anwendbar ist.

 

Für die Glaubhaftmachung der Gründe für eine gesetzmäßige Feststellung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne der GFK reicht im Gegensatz zu einer Beweisführung der Nachweis der Wahrscheinlichkeit aus.

 

Dieser Nachweis der Wahrscheinlichkeit ist der BF aber nicht gelungen. Auch liegen dem Gerichtshof keinerlei aktuelle Hinweise dahingehend vor, dass es eine systematische Diskriminierung bzw. Verfolgung von alleinstehenden schutzlosen jungen Frauen, welche stärker schutzbedürftig wären, gibt. Deshalb kann auch nicht von einer diesbezüglichen homogenen Gruppe von Personen, die eine solche Verfolgung zu gewärtigen hätten, gesprochen werden. Eine derart extensive Interpretation des Terminus "soziale Gruppe" würde auch die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK getroffene Beschränkung der für die Asylbegründung erforderlichen Verfolgungsgründe unterlaufen und dazu führen, dass sämtlichen alleinstehenden schutzlosen jungen Frauen, welche stärker schutzbedürftig wären, Asyl gewährt werden müsste. Dies wäre mit dem Charakter der sozialen Gruppe als Auffangtatbestand nicht vereinbar und würde diesen in weiterer Folge ad absurdum führen (s. auch Bescheid des UBAS vom 29.1.2007, 307.280-C1/3E-XIX/62/07).

 

Da somit ein Fluchtgrund von der BF nicht glaubhaft gemacht werden konnte, war der Status der Asylberechtigten nicht zuzuerkennen. Aus dem Vorbringen der BF konnte bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen auch kein Hinweis abgeleitet werden, dass sie in der Türkei mit einer über die bloße Möglichkeit hinausgehenden, maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen Gefahr ausgesetzt wäre. Als soziales Auffangnetz stehen überdies die in der Türkei lebenden Familienangehörigen ( Mutter, Geschwister) zur Verfügung. Bei der BF handelt es sich um eine 22-jährige, gesunde junge Frau, die in der Lage ist, in ihrer Heimat einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen.

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Eine familiäre Beziehung zwischen Erwachsenen - konkret Vater und volljährige Tochter- fällt nach der Rechtsprechung des EGMR nur dann unter den Schutz des Art. 8 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen ( s. dazu auch VfGH 9.6.2006, B 1277/04 unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; VwGH 26.1.2006, 2002/20/0423 samt Folgejudikatur). Aufgrund des kurzen Aufenthaltes der BF in Österreich und ihrer Volljährigkeit hat die belangte Behörde zu Recht ein schützenswertes Familienleben iSd Art. 8 Abs.1 EMRK nicht angenommen. Eine hinreichend starke Nahebeziehung zwischen Vater und Tochter war auch deshalb zu verneinen, da diese lediglich bis 1992 in der Türkei ein Familienleben führten und sich der einzige " Kontakt" zwischen Vater und Familie offenbar auf finanzielle Zuwendungen beschränkte, während die BF ihren Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit bestritt.

 

Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG.

 

Im gegenständlichen Fall konnte der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.

Schlagworte
Abhängigkeitsverhältnis, Ausweisung, bestehendes Familienleben, Erkundungsbeweis, familiäre Situation, gesteigertes Vorbringen, Glaubwürdigkeit, Intensität, Lebensgrundlage, Neuerungsverbot, non refoulement, soziale Gruppe, soziale Verhältnisse, Volksgruppenzugehörigkeit, Volljährigkeit
Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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