TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/03 A10 313702-2/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2008
beobachten
merken
Spruch

A10 313.702-2/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Pipal als Einzelrichter über die Beschwerde von K.H., geb. 00.00.1985, StA. Mali, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.07.2008, GZ 08 05.537-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 AsylG 2005 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:

 

Der Beschwerdeführer brachte nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 29.09.2004 einen (ersten) Asylantrag ein. Bei seiner Einvernahme am 04.10.2004 gab er zu seinen Fluchtgründen an, er habe mit seinem kleinen Boot zwei Frauen und ein junges Mädchen transportiert. Das Boot sei gekentert und das Mädchen dabei ertrunken. Nunmehr werde er von der Familie des Mädchens bedroht, diese kenne weder seinen Namen noch seinen Wohnort.

 

In einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 09.01.2007 machte der Beschwerdeführer dieselben Gründe geltend, wobei er allerdings im Zusammenhang mit den Passagieren von einer Frau und zwei Kindern sprach.

 

Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 03.07.2007 wiederholte der Beschwerdeführer seine Schilderung, dass im Zuge eines Bootsunfalls ein Kind ertrunken sei und er vor Eintreffen der Polizei den Unfallort verlassen habe.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.07.2007, GZ 04 19.966-BAL, wurde I. der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen, II. gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Mali zulässig ist, sowie III. der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Mali ausgewiesen.

 

Die Berufung gegen diesen Bescheid wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 23.01.2008, GZ 313.720-1/6E-XV/54/07, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Spruchpunkt I. gemäß § 7 AsylG abgewiesen; zu Spruchpunkt II. wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Mali zulässig ist, und zu Spruchpunkt III. wurde die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Mali ausgesprochen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers aus näher dargelegten Gründen nicht asylrelevant sei. Es seien keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in seine Heimat in eine ausweglose Situation käme. Die Interessensabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK habe ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Ausreise des Beschwerdeführers ergeben, zumal dieser mehrmals mit der österreichischen Strafrechtsordnung in Konflikt geraten sei. Dieser Bescheid erwuchs mit seiner Zustellung am 30.01.2008 in Rechtskraft.

 

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 00.00.2005 wurde der Beschwerdeführer nach § 27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, rechtskräftig verurteilt. Sodann wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 00.00.2006 abermals nach § 27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, rechtskräftig verurteilt. Schließlich wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 08.09.2006 nach § 27 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten rechtskräftig verurteilt. Am 00.00.2008 wurde der Beschwerdeführer bedingt aus der Haft entlassen.

 

In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer am 27.06.2008 in der Schubhaft den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

 

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 28.06.2008 gab der Beschwerdeführer zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung an, er habe mit seinem Onkel telefoniert und dieser habe ihm erzählt, dass ihn in Afrika viele Probleme erwarten würden. Es wären nach wie vor dieselben Probleme, derentwegen er seine Heimat verlassen habe.

 

Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 04.07.2008 führte der Beschwerdeführer aus, es gebe in Afrika viele Probleme und er könne sich deshalb dort nicht aufhalten. Die Situation sei ähnlich wie in seinem ersten Verfahren. Er habe mit seinem Onkel telefoniert und dieser habe ihm mitgeteilt, dass die Probleme mit der Familie des Mädchens nach wie vor vorhanden seien und seine Mutter nach B. habe ziehen müssen, weil ihr Haus von dieser Familie zerstört worden sei. Es gebe viele Probleme mit der Familie des ums Leben gekommenen Mädchens. Er habe seit März 2008 eine Freundin namens M., er kenne ihren Familiennamen nicht und lebe mit ihr auch nicht zusammen. Seit er sich in Schubhaft befinde, habe sie ihn nicht mehr besucht, sie bezahle jedoch seinen Vertreter.

 

Im Rahmen einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vom 08.07.2008 erklärte der Beschwerdeführer noch einmal, dass die Familie des Mädchens nach ihm suche und dass er Angst habe. Er wolle etwas aus seinem Leben machen, habe hier eine Frau getroffen, mit der er sich gut verstehe, und denke, dass er vielleicht eine Aufenthaltsbewilligung für Österreich bekommen könne. Sein Vertreter habe ihm gesagt, dass er zu seinem Erstverfahren keine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde mehr einbringen könne, und habe ihm daher geraten, einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Auf den Vorhalt, dass er bei einer Einvernahme bei der Fremdenpolizei angegeben habe, nach Mali zurückzukehren, wenn seine Freundin ihm nicht helfen könne, und dass er diesbezüglich keine ernsthaften Bedenken geäußert habe, gab er nunmehr an, dass er dies gesagt habe, weil er aufgrund der 18 Monate in Haft müde gewesen sei.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der (zweite) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und II. der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Mali ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 23 AsylGHG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung (z. B. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) liegen verschiedene "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Aus § 69 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass eine neue Sachentscheidung nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern auch im Falle desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln ausgeschlossen ist, die bereits vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, aber erst nachträglich hervorgekommen sind. Demnach sind aber auch Bescheide, die - auf einer unvollständigen Sachverhaltsbasis ergangen - in Rechtskraft erwachsen sind, verbindlich und nur im Rahmen des § 69 Abs. 1 AVG einer Korrektur zugänglich. Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des über den ersten Antrag absprechenden Bescheides entgegen.

 

Im vorliegenden Fall ging das Bundesasylamt zu Recht davon aus, dass der Behandlung des zweiten Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht. Denn das Vorbringen zu dem zweiten Antrag enthält keinen glaubhaften asylrelevanten Kern, der sich auf den Zeitraum nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens am 30.01.2008 bezöge. Der Beschwerdeführer behauptete in diesem zweiten Verfahren wiederum eine Bedrohung durch die Familie des bei einem Bootsunfall verstorbenen Mädchens. Eine gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung seitens der Familie des ertrunkenen Mädchens wurde jedoch vom Beschwerdeführer nicht einmal ansatzweise vorgebracht. Diese Schilderungen enthalten auch keinesfalls einen glaubhaften Kern, sondern stellen vielmehr nur schlichte Behauptungen und Befürchtungen des Beschwerdeführers dar, die überdies den Zeitraum vor dem Abschluss des ersten Asylverfahrens betreffen. Die vage Behauptung des Beschwerdeführers, dass das Haus seiner Mutter zu einem ihm nicht bekannten Zeitpunkt zerstört worden sei, wurde erst im Laufe des Verfahrens vorgebracht und ist auch mangels näherer Angaben zu dem Vorfall nicht glaubhaft. Ein Zusammenhang des gesamten Vorbringens mit den in der GFK genannten Gründen einer Verfolgung ist nicht ersichtlich. Im Übrigen kann auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen werden.

 

Auch zur Entscheidung über den subsidiären Schutz wird auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Bescheid verwiesen, dass nach dem 30.01.2008 keine maßgebliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Diese Feststellungen stehen auch im Einklang mit der aktuellen Dokumentation des Asylgerichtshofes, wonach insbesondere die allgemeine Lage für Rückkehrer nach Mali keine reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung glaubhaft erscheinen lässt. Auch die Beschwerde vermochte diesen Feststellungen nicht in substanziierter Weise entgegenzutreten.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung idF BGBl I Nr. 75/2007 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z. 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Auch zur Ausweisungsentscheidung wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Den Feststellungen der Erstbehörde, dass kein Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben vorliegt, trat die Beschwerde nicht konkret entgegen.

Schlagworte
Ausweisung, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten