B6 216.197-0/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ als Vorsitzenden und den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Beisitzer über die Beschwerde von C.F., geb. 00.00.1999, StA. Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. März 2000, FZ. 99 11.730-BAG, nach nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 14 Abs. 1 Z 2 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2002/126 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. 1. Die beschwerdeführende Partei führt nach eigenem Vorbringen den im Spruch geführten Namen, ist Staatsangehörige des Kosovo und ist die zum Antragszeitpunkt minderjährige, unverheiratete Tochter von C.A..
Die beschwerdeführende Partei hat am 26.7.1999 in gesetzlicher Vertretung durch ihre Mutter einen Antrag gemäß § 11 Abs. 1 AsylG auf Erstreckung ihres oben genannten Familienangehörigen aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyls gestellt und es wurde ihr mit Bescheid des Bundesasylamts, Außenstelle Graz, Zl. 99 11.730-BAG ebenfalls vom 26.7.1999 gem. § 11 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl I 1997/76 durch Erstreckung in Österreich Asyl gewährt.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.3.2000, Zl. 98 09.219-BAG wurde das ihrer Mutter und gesetzlichen Vertreterin C.A. gewährte Asyl aberkannt und festgestellt, dass ihr gem. § 14 Abs. 2 AsylG die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt.
Da das der nunmehrigen beschwerdeführenden Partei erteilte Asyl lediglich aufgrund Erstreckung gem. § 11 Abs. 1 AsylG auf Grundlage des Asyls der Mutter erteilt wurde, wurde der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.3.2000 in weiterer Folge ebenso das ihr erteilte Asyl gem. § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG 1997 aberkannt und festgestellt, dass der beschwerdeführenden Partei gem. § 14 Abs. 2 AsylG die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr weiter zukommt.
Dagegen wurde innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde (bis 30.06.2008 Berufung) erhoben.
2. Diese getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den Asylakten.
Bezüglich des Herkunftsstaates der beschwerdeführenden Partei ist ergänzend auszuführen, dass das Staatsangehörigkeitsgesetz der Republik Kosovo (Law Nr. 03/L-034 on Citizenship of Kosova) am 15.06.2008 in Kraft getreten ist.
Gemäß Artikel 3 leg.cit. wird die kosovarische Staatsbürgerschaft durch Geburt, Adoption, Einbürgerung, aufgrund internationaler Verträge oder aufgrund der Artikel 28 und 29 dieses Gesetzes erworben.
Aufgrund Art. 28 Abs. 1 leg.cit. wird jede Person, die nach Maßgabe der UNMIK Verordnung Nr. 2000/13 (UNMIK Regulation No. 2000/13 on the Central Civil Registry) als Einwohner ("habitual resident") in der Republik Kosovo registriert ist, als kosovarischer Staatsbürger angesehen und als solcher im Staatsbürgerregister ("register of citizens") eingetragen.
Jede Person, die am 01.01.1998 Bürger der Bundesrepublik Jugoslawien war und zu diesem Stichtag ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Republik Kosovo hatte, wird gemäß Art. 29 Abs. 1 leg.cit. als Staatsbürger der Republik Kosovo angesehen und als solcher ungeachtet seines derzeitigen Aufenthalts oder seiner derzeitigen Staatsbürgerschaft im Staatsbürgerregister eingetragen. Gemäß Art. 29 Abs. 2 leg .cit. gilt diese Bestimmung auch für direkte Nachkommen der in Abs. 1 angesprochenen Personengruppe. Die Registrierung der in Abs. 1 und 2 genannten Personengruppe im Staatsbürgerregister erfolgt durch den Antrag der Person, die die Voraussetzungen des Art. 29 Staatsangehörigkeitsgesetzes erfüllt.
Gemäß Art. 3 leg.cit führt der Besitz oder Erwerb einer anderen Staatsbürgerschaft nicht zum Verlust der kosovarischen Staatsbürgerschaft.
Im angefochtenen Bescheid wurde im Bezug auf die beschwerdeführende Partei als Herkunftssaat BR Jugoslawien bzw. Serbien und Montenegro bzw. Serbien, jeweils Provinz Kosovo, angenommen. Infolge der unter anderem von Österreich anerkannten Unabhängigkeit hat die Republik Kosovo das am 15.06.2008 in Kraft getretene Staatsbürgerschaftsgesetz verabschiedet. Im Verfahren ist hervorgekommen, dass die beschwerdeführende Partei die Voraussetzungen dieses Staatsbürgerschaftsgesetzes erfüllt, weshalb spruchgemäß vom Herkunftsstaat Republik Kosovo auszugehen war.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F. BGBl. I Nr. 4/2008) in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.
Gemäß § 61 Abs. 1 Asylgesetz entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter (1.) über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und (2.) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
Gemäß § 22 Abs. 1 AsylG 2005 ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofs in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses.
Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren - abgesehen von im gegebenen Zusammenhang nicht relevanten Bestimmungen - nach dem Asylgesetz 1997 zu Ende zu führen, wobei § 44 dieses Gesetzes gilt. Dieser normiert, dass Verfahren über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt wurden, nach dem Asylgesetzes 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002 geführt werden, jedoch mit der Maßgabe, dass einzeln aufgezählte Bestimmungen - darunter § 8 AsylG - in der Fassung der Novelle anzuwenden sind.
Da die Berufung (seit 1.7.2008 - Beschwerde) der beschwerdeführenden Partei vor dem 01.05.2004 eingebracht wurde, kommt im gegenständlichen Verfahren das Asylgesetz 1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002 - mit der genannten Maßgabe - zur Anwendung.
Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
2.1. Vertretungsvollmacht:
Die beschwerdeführende Partei ist am 00.00.1999 geboren und daher zum Zeitpunkt der Erlassung des nun bekämpften Bescheides des BAA, Außenstelle Graz, AZ. 99 11.730-BAG vom 17.3.2000 minderjährig gewesen. Sie wurde durch ihre Mutter, C.A., während des gesamten Verfahrens als gesetzliche Vertreterin vertreten.
Am Ende des obzitierten Bescheides befindet sich folgender Vermerk:
"Niederschrift - Rechtsmittelverzicht:
Ich verzichte auf das Rechtsmittel der Berufung gegen den Bescheid 98 09.219-BAG vom 17.3.2000."
Dieser Vermerk wurde von der gesetzlichen Vertreterin und Kindesmutter eigenhändig unterschrieben. Dennoch wurde gegen den gegenständlichen Bescheid seitens der beschwerdeführenden Partei durch einen hiezu bevollmächtigten Rechtsanwalt rechtszeitig Berufung erhoben.
Die Gültigkeit des abgegebenen Rechtsmittelverzichts war daher im gegenständlichen Verfahren zu prüfen. Aufgrund der oberstgerichtlichen Judikatur zur Gültigkeit von Rechtshandlungen gesetzlicher Vertreter ergibt sich zwar, dass eine Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels an sich, sowie die Außerstreitstellung von Tatsachen in einem Rechtsstreit, da es sich dabei nicht um dispositiv Handlungen handelt, nicht der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedarf (so OGH RS 0049083).
Ein Verzicht auf Rechtsmittel kann jedoch namens eines Minderjährigen durch den gesetzlichen Vertreter nur mit Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes gültig abgegeben werden (OGH-RS 0049127).
Es ist daher in der Folge von einem unbeachtlichen Rechtsmittelverzicht der Kindesmutter auszugehen. Die Einbringung einer Berufung wer daher zulässig.
2.2. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG begehren Fremde mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyls.
Wie oben näher ausgeführt hat die beschwerdeführende Partei gem. § 11 AsylG 1997 einen Antrag auf Erstreckung des Asyls auf Grundlage des Asylbescheides der Kindesmutter beantragt und erhalten.
Asyl durch Erstreckung kann nach den oben dargestellten Bestimmungen lediglich dann gewährt werden, wenn der diesbezügliche Antrag zulässig ist, einem der in § 10 Abs. 2 Asylgesetz genannten Angehörigen des Asylwerbers aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen Asyl gewährt wurde, und die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Im gegenständlichen Fall hat die gesetzliche Vertreterin und Kindesmutter in der Niederschrift vom 17.3.2000 bekannt gegeben, dass sie im Kosovo keiner Verfolgung mehr ausgesetzt ist und sie daher den Schutz ihres Heimatlandes Kosovo, der nun nicht mehr Teil Jugoslawiens ist, in Anspruch nehmen wird. Daraufhin hat das BAA, Außenstelle Graz umgehend bescheidmäßig ausgesprochen, dass das der Kindesmutter mit Bescheid vom 11.5.1999 gewährte Asyl nunmehr gem. § 14 Abs. 1 Z 1 AsylG 1997 aberkannt wird.
Da der beschwerdeführenden Partei Asyl lediglich aufgrund der Erstreckung des ihrer Mutter gewährten Asyls gewährt wurde, war in der Folge richtigerweise auch der beschwerdeführenden Partei gem. § 14 Abs. 1 Z 2 das gewährte Asyl abzuerkennen. § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG bestimmt, dass Asyl vom Amtswegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn Asyl durch Erstreckung gewährt wurde, der hierfür maßgebliche Grund weggefallen ist und kein anderer Grund für Asylerstreckung besteht;.
Die beschwerdeführende Partei hat lediglich Asyl aufgrund einer Erstreckung erhalten und ist der hierfür maßgebliche Grund (das aufrechte Asyl der Kindesmutter) nunmehr weggefallen. Ein anderer Grund für Asylerstreckung liegt nicht vor. Die durch die beschwerdeführende Partei in der Berufungsschrift ins Treffen geführte "jetzige Situation im Kosovo" kann in keinem Fall zu einer Asylerstreckung führen. Allenfalls ist durch die behauptete Situation im Kosovo durch die beschwerdeführende Partei ein eigener Asylantrag erfolgversprechend.
Damit liegt die durch § 10 Abs. 1 AsylG geforderte Voraussetzung, dass einem Angehörigen im Sinne des Abs. 2 leg. cit Asyl gewährt wurde, nicht mehr vor, sodass der beschwerdeführenden Partei auch kein Asyl durch Erstreckung weiter gewährt werden kann.
3. Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG. Im gegenständlichen Fall waren dem Akteninhalt sämtliche Informationen erschöpfend zu entnehmen, sodass von der Abberaumung einer mündlichen Verhandlung somit abgesehen werden konnte.