TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/03 B10 266632-2/2008

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Veröffentlicht am 03.09.2008
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Spruch

B10 266.632-2/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 Asylgesetz 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBGl. I 2008/4, (AsylG) und 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Beisitzerin im Asylverfahren des H.E., geb. 00.00.1978, StA.

Bosnien und Herzegowina, zu Recht erkannt:

 

Der Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.06.2008, Zahl: 04 01.799-BAW, wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 9 Abs. 1 Ziffer 1 ersatzlos behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber (in der Folge Beschwerdeführer genannt) ist Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina und stellte am 04.02.2004 einen Asylantrag. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er zuckerkrank und 1992 in Sarajewo im Zuge der Kriegshandlungen durch eine Granatexplosion schwer verletzt worden sei. Der Beschwerdeführer sei in der Folge im Allgemeinen Krankenhaus in Wien behandelt worden und 1997 nach Sarajewo zurück gekehrt. 2002 sei beim Beschwerdeführer an der Universitätsklinik Innsbruck eine Nieren- und Bauchspeicheldrüsentransplantation durchgeführt worden und sei er in weiterer Folge nach Bosnien zurück gekehrt und reiste zunächst monatlich, danach zweimonatlich zu Blutkontrollen nach Wien. Seit Jänner 2004 sei er im Allgemeinen Krankenhaus in Wien in stationärer Behandlung. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, in seinem Heimatstaat keiner Verfolgung ausgesetzt zu sein. Das Gesundheitssystem habe jedoch die Finanzierung seiner lebensnotwendigen Medikamente für das Immunsystem nach der Nieren- und der Bauchspeicheldrüsenoperation aus finanziellen Gründen abgelehnt und könne der Beschwerdeführer aufgrund seines Gesundheitszustandes in Bosnien-Herzegowina nicht überleben.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.11.2005, AZ: 04 01.799-BAW, wurde dieser Asylantrag des Beschwerdeführers gem. § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt II.) und dem Beschwerdeführer gem. § 8 Abs. 3 iVm § 15 Absatz 2 AsylG die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.11.2006 erteilt (Spruchpunkt III.). In diesem Bescheid wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer keiner Verfolgung aus ethnischen, religiösen oder politischen Gründen im Sinne der GFK in Bosnien-Herzegowina ausgesetzt sei. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen sei, dass er begründete Furcht vor Verfolgung in Bosnien-Herzegowina zu gewärtigen habe. Der Beschwerdeführer sei aus rein gesundheitlichen Gründen ins Bundesgebiet eingereist. Er sei aufgrund einer Kriegsverletzung von 1992 bis 1997 im Bundesgebiet in ärztlicher Behandlung gewesen und stehe in regelmäßiger Behandlung der Universitätsklinik Innsbruck. Hinsichtlich Spruchpunkt II. ging die Behörde erster Instanz von der Unzulässigkeit der Abschiebung gem. § 57 Abs. 1 FrG aus. Dem Beschwerdeführer werde so die Möglichkeit eingeräumt, sich einer diesbezüglichen speziellen medizinischen Behandlung im Bundesgebiet zu unterziehen.

 

Die gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 23.11.2005, AZ: 04 01.799-BAW, eingebrachte Berufung vom 29.11.2005 wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12.05.2006 gem. § 7 AsylG abgewiesen. In diesem Bescheid wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer weder bei seiner niederschriftlichen Einvernahme noch im Berufungsschriftsatz dargetan habe, dass die Weigerung der bosnischen Gesundheitsverwaltung, die für den Beschwerdeführer lebensnotwendigen Medikamente zu finanzieren, auf asylrelevante Gründe zurückzuführen wäre, sondern der Beschwerdeführer angegeben habe, dass die Weigerung aus finanziellen Gründen erfolgt sei. Dies bedeute, dass die Folgen einer solchen Ablehnung der bosnischen Gesundheitsverwaltung in gleich gelagerten Fällen jedermann treffen würden und es sich nicht um einen dem Beschwerdeführer aus den im Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zugefügten Nachteil handle.

 

Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

Mit Schreiben vom 26.09.2006 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.06.2007 wurde dem Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.11.2007 erteilt.

 

Am 25.09.2007 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005, woraufhin er am 15.04.2008 im Beisein eines geeigneten Dolmetschers der bosnischen Sprache niederschriftlich einvernommen wurde. Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

 

"Der Leiter der Amtshandlung belehrt die Auskunftsperson, eine allfällige Änderung der Zustelladresse dem Bundesasylamt bekannt zu geben Weiters anwesend: Hr. M.H., Vertrauensperson (Unterkunftgeber)

 

Ich bin in der Lage mich auf die Vergangenheit zu konzentrieren und die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten.

 

Frage: Wie verstehen Sie die anwesende Dolmetscherin?

 

Antwort: Sehr gut, es gibt keinerlei Probleme.

 

Frage: Sie haben wiederholt einen Antrag um Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gestellt. Warum?

 

Antwort: Weil ich krank bin, was meinen Sie?

 

Frage: Haben Sie neue Beweismittel?

 

Antwort: Ja, ich lege einen Arztbericht vor.

 

Frage: Wollen Sie sonst noch etwas vorbringen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr nach Bosnien?

 

Antwort: Ich kann dort keine Transplantation bekommen. Weil ich niemand von der Familie habe, von dem ich ein Organ bekommen kann, von einem Fremden kann ich es nicht bekommen.

 

Frage: Können Sie dafür ein Beweismittel vorlegen?

 

Antwort: Das hat die Caritas gesagt.

 

Frage: Haben Sie ein Beweismittel für Ihre Angaben?

 

Antwort: Nein.

 

Vorhalt: Dem AW wird der Inhalt der Staatendokumentation vorgehalten, eine Organtransplantation sowie eine medizinische Nachbehandlung ist in Bosnien möglich. Die Kosten werden von der Versicherung gedeckt. Die Angabe, dass Sie lediglich von der eigenen Familie Organe erhalten können, ist somit nachweislich falsch.

 

Antwort: Doch, das ist Gesetz, die Caritas hat das schon gefaxt, oder wird das faxen, das ist Gesetz. Vorhalt: Sie wurden bereits gerichtlich im Bundesgebiet am 18.12.2006 verurteilt. Es liegen auch insgesamt schon drei polizeiliche Anzeigen vor.

 

Antwort: Nur eine stimmt, die Verurteilung stimmt, die anderen Anzeigen, da wurde ich freigesprochen.

 

Frage: Wollen Sie abschließend noch etwas vorbringen?

 

Antwort: Nein.

 

Nach Rückübersetzung erkläre ich, dass ich das nicht unterschreiben will.

 

Frage: Warum nicht?

 

Antwort: Weil es nicht stimmt, dass die Caritas etwas gesagt habe, sondern es steht im Gesetz, dass eine Transplantation von fremden Organen, d.h. nicht von Familienangehörigen, nicht möglich ist. Es kann sein, dass sich das Gesetz geändert hat. Jedenfalls war als ich den Antrag stellte, zu diesem Zeitpunkt war es nicht möglich, dass ich ein Organ von einer fremden Person bekomme. Ich meine den Asylantrag. Was meine drei polizeilichen Anzeigen betrifft, so weiß ich nur von einer Anzeige, von den anderen zwei weiß ich nichts, denn ich bin nicht hier, um Straftaten zu begehen."

 

Am 15.04.2008 erfolgte eine Anfrage seitens des Bundesasylamtes an die Staatendokumentation hinsichtlich der Fragen, ob in Bosnien-Herzegowina Diabetes Typ I und eine Arthrodese behandelbar seien sowie ob die Sozialversicherung auch für "teure" Medikamente bei einer Nieren-Pankreas Transplantation bzw. der folgenden Nachbehandlung aufkomme. Weiters wurde angefragt, ob es in Bosnien-Herzegowina ein Gesetz gebe, welches die Annahme von Organen von Fremdpersonen verbiete.

 

Am 25.04.2008 erfolgte die Anfragebeantwortung durch die Staatendokumentation. In dieser wurde unter anderem ausgeführt, dass in Bosnien-Herzegowina derzeit keine Arthrodese sowie Pankreas- und Lebertransplantationen durchgeführt werden. Ein Gesetz, das die Annahme von Organen von Fremdpersonen verbiete gebe es nicht. Derzeit sei ein Gesetz in Arbeit, welches an die in diesem Bereich geltende EU-Gesetzgebung angepasst sein werde.

 

Mit Schreiben vom 30.04.2008 wurden weitere Informationen seitens der Staatendokumentation hinsichtlich der Fragen, ob in Bosnien-Herzegowina eine Nierentransplantation für Angehörige der Bosnier mit römisch katholischer Glaubensrichtung möglich und die Folgeversorgung nach einer diesbezüglichen Transplantation möglich seien sowie wer bei einer lebensnotwendigen diesbezüglichen Operation die Kosten übernehme, an die zuständige Außenstelle übermittelt.

 

Diesbezüglich wurde ausgeführt, dass auf medizinische Versorgung alle Bürger gleichen Anspruch hätten. Ein Untersagen der entsprechenden medizinischen Betreuung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, Glaubensbekenntnis usw. würde eine Diskriminierung darstellen und wäre eine strafbare Handlung.

 

Weiters wurde ausgeführt, dass in Bosnien-Herzegowina Organtransplantationen durchgeführt werden. Diesbezüglich wird ein Artikel vom 30.05.2007 der größten Tageszeitung zitiert, nach dem in der Entität Republika Srpska ein junger Mann in einem Autounfall tragisch ums Leben gekommen sei und seine Familie die Organe für Transplantationen freigegeben habe. Das Klinische Center Banja Luka habe mit der Universitätsklinik Tuzla binnen 48 Stunden zwei Nierentransplantationen, eine Lebertransplantation sowie zwei Hornhautransplantationen durchgeführt. Die Transplantationen wurden in Tuzla durchgeführt, die Patienten stammen nicht aus einer Volksgruppe.

 

Alle Bürger in Bosnien-Herzegowina haben das Recht auf eine Gesundheitsversicherung. Arbeitslose Personen werden z.B. bei ihrer Anmeldung beim Arbeitsamt versichert.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.06.2008, AZ: 04 01.799-BAW, wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.11.2005, AZ: 04 01.799-BAW, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 9 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), dem Beschwerdeführer die in diesem Bescheid des Bundesasylamtes erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter "gem. § 9 Abs. 1 AsylG" entzogen (Spruchpunkt II.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von H.E. nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt (Spruchpunkt III.) sowie der Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 1 Ziffer 4 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bosnien-Herzegowina ausgewiesen (Spruchpunkt IV.).

 

Beweiswürdigend wurde in diesem Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Heimatland seine Krankheiten bzw. körperlichen Beeinträchtigungen behandeln lassen könne. Der Beschwerdeführer sei in den letzten Jahren auch keiner neuerlichen Transplantation unterzogen worden, diese habe 2002 statt gefunden und habe der Beschwerdeführer 2005 einen Transplantationsverlust erlitten. Der Beschwerdeführer befinde sich seit 2005 im Bundesgebiet auf der Warteliste für eine Nieren-Pankreas-Transplantation und sei wieder in die Warteliste aufgenommen worden. Aufgrund der durchgeführten Anfragen an die Staatendokumentation habe festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer eine diesbezügliche nötige medizinische Behandlung im Heimatland erfahren könne. Die Angaben des Beschwerdeführers, dass es ein Gesetz gebe, wonach er lediglich Nieren der eigenen Familie erhalten dürfe, stelle sich aufgrund der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 01.06.2007 als keinesfalls richtig heraus. Der Beschwerdeführer versuche durch Behauptung unwahrer Umstände so seinen Aufenthalt zu sichern. Dem Beschwerdeführer sei zwei Mal ein befristetes Aufenthaltsrecht "zur Transplantation" zugesprochen worden, diese habe jedoch seit 2004 nicht statt gefunden. Aufgrund der tatsächlichen medizinischen Versorgungslage in Bosnien-Herzegowina könne der Beschwerdeführer im Heimatland eine Niere transplantiert erhalten und seien im Bericht vom 01.06.2007 sogar Fälle angeführt, wonach Transplantationen nicht nur innerhalb der eigenen Volksgruppen durchgeführt worden seien. Nierentransplantationen seien in Bosnien-Herzegowina jedenfalls möglich. Auch sei die Behandlung von Diabetes mellitus Typ I sowie die Behandlung von Arthrose im Heimatstaat des Beschwerdeführers möglich.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.06.2008 fristgerecht Berufung (in Folge als Beschwerde bezeichnet), in welcher im Wesentlichen vorgebracht wird, dass die Feststellungen der Behörde erster Instanz hinsichtlich der Behandelbarkeit seiner Leiden in Bosnien mangelhaft seien. In Bosnien-Herzegowina seien zwar Nierentransplantationen möglich, es würden jedoch nach wie vor keine kombinierten Nieren-Pankreas-Transplantationen durchgeführt. So laute auch wortwörtlich die von der belangten Behörde angeführte Anfragebeantwortung der Österreichischen Botschaft in Sarajewo vom 16.04.2008 auf Seite 20 des angefochtenen Bescheides: "In Bosnien-Herzegowina werden derzeit keine Pankreas- und Lebertransplantationen durchgeführt."

 

Diesbezüglich wird weiter ausgeführt, dass die belangte Behörde, wenn sie den maßgeblichen Sachverhalt richtig ermittelt und nicht nur die Möglichkeit einer Nierentransplantation geprüft hätte, zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass die vom Beschwerdeführer dringend benötigte Operation in Bosnien-Herzegowina nach wie vor nicht durchgeführt werden könne. Dies gehe auch aus einem Schreiben des Chefarztes für Nephrologie der Universitätsklinik von Sarajewo hervor.

 

Da die Behörde somit offensichtliche Ermittlungsergebnisse nicht berücksichtigt habe, liege Aktenwidrigkeit vor.

 

Allgemein sei zur Verfügbarkeit von Spenderorganen auszuführen, dass nach wie vor nur Familienmitglieder als Spender akzeptiert werden, da die Krankenhäuser in Bosnien-Herzegowina noch immer nicht an das Eurotransplant-System angeschlossen seien. Der von der Behörde angeführte Fall der Transplantation von Organen eines fremden Spenders sei in den bosnischen Medien als illegale Transplantation bekannt. Da der Beschwerdeführer von niemandem aus seiner Familie die benötigte Organspende erhalten könnte, hätte er unabhängig von einer solchen Durchführbarkeit keine Möglichkeit das benötigte Organ zu bekommen.

 

Hinsichtlich der Notwendigkeit einer Arthrodese wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine solche nicht ablehne, sondern eine Amputation des Gelenkes, die eine ultima ratio darstellen würde, wenn alle anderen Behandlungsmöglichkeiten fehl schlügen. Auch sei eine Arthrodese in Bosnien nicht möglich, dies gehe ebenfalls aus der Anfragebeantwortung der Österreichischen Botschaft in Sarajevo vom 16.04.2008 hervor.

 

Weiters lägen keine wesentlichen, dauerhaften und für die betroffene Person relevanten Änderungen der Umstände vor, weshalb der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat noch immer Gefahr laufe, einen ernsthaften Schaden zu erleiden und dem Beschwerdeführer daher der Status des subsidiär Schutzberechtigten daher nicht abzuerkennen sei.

 

Hinsichtlich der Ausweisung aus dem Bundesgebiet wird ausgeführt, dass den Feststellungen der belangten Behörde - der Beschwerdeführer spreche schlecht Deutsch, verfüge über soziale Kontakte ausschließlich im Milieu seiner Herkunft, sei zudem nicht kranken- und sozialversichert, habe keine unabhängige Unterkunft, verfüge über mangelnde berufliche Kenntnisse und Ausbildung - in keiner Weise gefolgt werden könne. Der Beschwerdeführer spreche sehr gut Deutsch und sei seit vier Jahren gut in Österreich integriert. Er pflege freundschaftliche Kontakte zu Österreichern, etwa zu M.H., mit er zusammen in einer Privatwohnung wohne. Er unterstütze den Beschwerdeführer zudem bei der Therapie seiner Krankheiten und im täglichen Leben. Krankenversichert sei er über das Grundversorgungssystem. In Bosnien sei er als Verkäufer im Einzelhandel tätig und verfüge auch über eine entsprechende Ausbildung. Aufgrund seiner gesundheitlichen Situation sei ihm die Ausübung seines Berufs in Österreich nicht möglich.

 

Die belangte Behörde führe weiters an, dass der Beschwerdeführer am 18.12.2006 wegen gefährlicher Drohung und versuchter Nötigung zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden, zudem würden polizeiliche Anzeigen vom 17.01.2006 und 21.04.2006 gegen ihn vorliegen. Nicht verständlich sei, wieso die Behörde - offensichtlich fehlerhaft - die Anzeige vom 21.04.2006 zwei Mal aufliste und daher drei Anzeigen verzeichne.

 

Sowohl gefährliche Drohung (§ 107 StGB) als auch Nötigung (§ 105 StGB) würden aufgrund der Strafdrohung unter drei Jahren bloße Vergehen darstellen und seien entgegen der Ansicht der belangten Behörde keine schwerwiegenden gerichtlich strafbaren Handlungen.

 

Der eingebrachten Beschwerde lag ein Befund vom 14.06.2008 der Universitätsklinik für Innere Medizin III, Abteilung Chronische Dialyse 2, eine Bestätigung der Medizinischen Universität Innsbruck vom 00.00.2008, dass der Beschwerdeführer auf der Warteliste für eine kombinierte Nieren- und Pankreastransplantation stehe, eine Bestätigung des Universitätsklinikzentrums in Sarajewo, Klinik für Nephrologie vom 00.00.2008, dass in Bosnien-Herzegowina nach wie vor kein reguliertes Programm für eine kombinierte Nieren- und Pankreastransplantation bestehe und eine solche Transplantation bisher auch nicht durchgeführt worden sei sowie eine inoffizielle Übersetzung des UNHCR Büros in Berlin über Nierentransplantationen in Bosnien-Herzegowina (Stand 2001), bei.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 61 Abs. 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes oder

 

soweit in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4,

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG und die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, außer den in Abs 2 leg cit genannten Fällen, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 9 Absatz 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

 

die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

 

er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

 

er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

(2) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

 

Die Behörde erster Instanz führte beweiswürdigend Folgendes aus:

 

"Seitens der Behörde wird angeführt, dass dem Ast. aufgrund seiner medizinischen Behandlungen im Bundesgebiet eine befristete Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Der Ast. brachte am 25.09.2007 neuerlich einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes ein und legte als Beweismittel eine Bestätigung der Medizinischen Universität Wien (00.00.2006) über eine Anmeldung zur kombinierten Nieren-Pankreas Transplantation; ein Schreiben Uniklinik vom 00.00.2007 und vom 00.00.2008 und einen Arztbrief vom 00.00.2007 vor, woraus hervorgeht, dass der Ast. an Diabethes mellitus Typ I sowie an einer Arthrose leidet. Von chirurgischer Seite besteht primär keine Kontraindikation zur kombinierten Nieren-Pankreas Retransplantation. Grund des stationären Aufenthaltes von 00.00.2007 bis 00.00.2007 war aufgrund Beschwerden einer Osteomyletis operierten linken Fußes. Festgestellt werden konnte, dass die Beschwerden auf einer Arthrose basieren, der Ast. wurde auch mit entsprechenden orthopädischen Schuhen versorgt. Eine mögliche Arthodese wurde vom Ast. ausdrücklich abgelehnt.

 

Seitens der Behörde wird angeführt, dass der Ast. im Heimatland seine Krankheiten bzw. körperlichen Beeinträchtigungen behandeln lassen kann. Der Ast. wurde in den letzten Jahren im Bundesgebiet auch keiner neuerlichen Transplantation mehr unterzogen, diese fand 2002 statt und erlitt der Ast. einen Transplantationsverlust 2005. Der Ast. befindet sich seit 2005 im Bundesgebiet auf der Warteliste für eine Nieren - Pankreas - Transplantation und wurde wieder (am 00.00.2007) in die Warteliste aufgenommen. Aufgrund der durchgeführten Anfragen an die Staatendokumentation konnte festgestellt werden, dass eine diesbezügliche nötige medizinische Behandlung im Heimatland erfahren kann. Die Angaben des Ast., dass es ein Gesetz gäbe, wonach er lediglich Nieren der eigenen Familie erhalten dürfe, stellen sich aufgrund der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 01.06.2007 als keinesfalls richtig heraus. Der Ast. versucht somit durch Behaupten unwahrer Umstände so seinen Aufenthalt zu sichern (siehe Bericht Staatendokumentation vom 01.06.2007). Dem Ast. wurde zwei Mal ein befristetes Aufenthaltsrecht, zur Transplantation, zugesprochen, diese fand jedoch seit 2004 nicht statt. Aufgrund der tatsächlichen medizinischen Versorgungslage in Bosnien Herzegowina kann der Ast. im Heimatland eine Niere transplantiert erhalten und wurde im Bericht vom 01.06.2007 sogar Fälle angeführt, wonach auch Transplantationen nicht nur innerhalb der eigenen Volksgruppen durchgeführt wurden. Nierentransplantationen sind in Bosnien Herzegowina jedenfalls möglich. Die Behandlung von Diabethes mellitus Typ I ist in Bosnien Herzegowina möglich, es gibt auch keine Engpässe in der Versorgung mit Insulin. Die Behandlung von Arthrose ist im Heimatland des Ast. ebenfalls möglich.

 

Seitens der Behörde wird angeführt, dass sämtliche Krankheiten im Heimatland möglich und medizinisch nötige Behandlungen verfügbar sind. Seitens der Behörde wird auch angeführt, dass der Ast. keinesfalls erwarten kann, im Heimatland dieselben sozialen medizinischen Standards vorzufinden. Eine Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes ist aufgrund der Behandelbarkeit im Heimatland nicht zu erwarten.

 

Weiters wird seitens der Behörde ausgeführt, dass gegen den Ast. im Bundesgebiet mehrere polizeiliche Anzeigen vorliegen und wurde der Ast. auch wegen versuchter Nötigung sowie wegen gefährlicher Drohung gerichtlich verurteilt. Der Ast. ist somit in der Lage, im Bundesgebiet Straftaten zu begehen und ist auch dadurch nicht erkennbar, dass sich der Ast. in einer derart ausweglosen Situation bzw. körperlichen schlechten Lage befindet, welche eine Heimreise unmöglich machen würde.

 

Seitens der Behörde musste somit der Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes abgewiesen werden."

 

Entgegen den Ausführungen der Behörde erster Instanz, ist der erkennende Gerichtshof der Ansicht, dass der Beschwerdeführer die nötige medizinische Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht erfahren kann. Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren vor, an einem chronischen Nierenversagen zu leiden, das auf eine Diabeteserkrankung zurück zu führen sei. Das chronische Nierenversagen mache eine regelmäßige Dialyse sowie eine kombinierte Nieren-Pankreas-Transplantation erforderlich. Weiters leide er an einer Arthrose und sei in regelmäßiger Behandlung; sollte die Therapie nicht erfolgreich verlaufen bzw. abgebrochen werden, drohe dem Beschwerdeführer eine Arthrodese (operative Gelenkversteifung).

 

Hinsichtlich der kombinierten Nieren-Pankreas-Transplantation sei festgehalten, dass der Beschwerdeführer auf der Warteliste der Medizinischen Universität Innsbruck steht; dies wird auch mit dem im Verfahren vorgelegten Schreiben vom 16.06.2008 bestätigt. Aus diesem Schreiben geht auch hervor, dass der Transport des Beschwerdeführers im Falle der Verfügbarkeit von geeigneten Organen in die Klinik auf dem schnellsten Wege erfolgen muss, unter Umständen auch mit einem Rettungsfahrzeug.

 

Den Ausführungen der Behörde erster Instanz im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten in Bosnien-Herzegowina ist weiters entgegenzuhalten, dass aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 25.04.2008 hervor geht, dass in Bosnien-Herzegowina derzeit keine Pankreas- und Lebertransplantationen, dafür Nierentransplantationen in Tuzla, durchgeführt werden. Eine Arthrodese wird in Bosnien-Herzegowina nicht durchgeführt. In der Anfragebeantwortung vom 01.06.2007 wird lediglich allgemein ausgeführt, dass Organtransplantationen in Bosnien-Herzegowina durchgeführt werden. Allein die Tatsache, dass Nierentransplantationen in Tuzla durchgeführt werden, lässt nicht den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat behandelbar wäre. Wie sich aus den vorgelegten Befunden ergibt, benötigt der Beschwerdeführer eine kombinierte Pankreas- und Nierentransplantation, welche - wie auch aus dem Schreiben des Universitätsklinikzentrums in Sarajewo vom 00.00.2008 hervorgeht - nicht möglich ist und bisher auch nicht durchgeführt wurde. Auch geht aus der Anfragebeantwortung vom 25.04.2008 hervor, dass derzeit in Bosnien-Herzegowina keine Arthrodese durchgeführt wird.

 

Hinzuweisen ist auch darauf, dass aus der inoffiziellen Übersetzung des UNHCR Büros in Berlin hervorgeht, dass in Anbetracht der Tatsache, dass keine Verbindung zum Eurotransplant-System besteht, nur Familienmitglieder als Spender akzeptiert werden. Ob es in Bosnien-Herzegowina jedoch ein Gesetz gibt, das die Annahme von Organen von Fremdpersonen verbiete, kann dahin gestellt bleiben, weil schon kombinierte Pankreas- und Nierentransplantationen in Bosnien-Herzegowina nicht durchgeführt werden.

 

Die Behörde erster Instanz führte im angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. aus, dass sich aufgrund der Behandlungsmöglichkeiten im Heimatland sowie der bereits erfolgten Behandlungen im Bundesgebiet die Situation des Beschwerdeführers verbessert habe. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina sei ohne Probleme möglich und liege gegen den Beschwerdeführer nichts auf, was eine Rückkehr in seinen Heimatstaat unmöglich machen würde.

 

Im Sinne der oben dargelegten Erwägungen, konnte - entgegen der Ansicht der belangte Behörde - eine Veränderung im Sinne einer Verbesserung der Umstände in Bezug auf den Zeitpunkt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes nicht festgestellt werden, so dass nicht erkannt werden kann, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Heimatstaat nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, sind die Behandlungsmöglichkeiten in Bosnien-Herzegowina nicht gegeben. Weiters steht der Beschwerdeführer nachweislich auf der Warteliste der Universitätsklinik Innsbruck für ein entsprechendes Spendeorgan und muss der Transport des Beschwerdeführers, wenn ein solches verfügbar wird, auf dem schnellsten Wege in die Klinik der Medizinischen Universität Innsbruck erfolgen.

 

Da die Voraussetzungen - mangels einer Änderung der Umstände in Bezug auf den Zeitpunkt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes - für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Bescheidbehebung, gesundheitliche Beeinträchtigung, medizinische Versorgung, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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