D4 308590-2/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und den Richter Dr. Kuzminski als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Mag. Pfleger über die Beschwerde des R.K., geb. 00.00.2002, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.07.2008, FZ. 05 16.124/1-BAE, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
Der minderjährige Berufungswerber, ein Staatsangehöriger der russischen Förderation sowie Angehöriger der inguschetischen Volksgruppe moslemischen Glaubens, reiste am 01.10.2005 mit seine Mutter, K.M., geboren am 00.00.1979 (ho. GZ 308.593) und seinem Bruder K.Ra., geboren am 00.00.2001 (ho GZ: 305.589), über Polen und Slowakei illegal in das Bundesgebiet von Österreich ein und stellte durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin am 01.10.2005 einen Asylantrag.
Als Begründung gab die gesetzliche Vertreterin des Berufungswerbers an, sie käme aus Grozny, Tschetschenien, und sei von dort über Inguschetien nach Polen geflüchtet. Ihr Ziel sei jedoch Österreich gewesen. In Polen sei sie von Sicherheitskräften aufgegriffen worden und sie habe dort einen Asylantrag gestellt. Nach einem Aufenthalt von ca. einem Monat habe sie jedoch Polen in Richtung Österreich verlassen. In Grozny habe sie nicht mehr leben können, weil sie dort von unbekannten Männern mehrmals festgenommen, verhört und beim Verhör geschlagen und misshandelt worden sei. Am 31.12.2004 seien unbekannte maskierte Männer in ihre Wohnung eingedrungen, hätten ihren Mann festgenommen, die Kinder bedroht, die Berufungswerberin mit einem Messer verletzt und ihren Mann anschließend mitgenommen. Von ihrem Mann habe sie seither nichts mehr gehört. Sie selbst sei danach mehrmals festgenommen und nach Freunden und der Tätigkeit ihres Mannes befragt worden. Um weiteren Festnahmen zu entgehen, sei sie Ende Jänner 2005 zu ihren Schwestern nach Inguschetien geflüchtet. Dort habe sie sich in einem Krankenhaus behandeln lassen, zumal sie bei den Verhören aufgrund der Misshandlungen Verletzungen erlitten hatte. Sie habe sich in Inguschetien einen Reisepass ausstellen lassen und sei mit diesem Ende Jänner 2005 über Brest nach Polen gefahren.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.12.2006, Zahl: 05 16.125-BAE, wurde der Asylantrag von K.Ra. vom 01.10.2005 gemäß § 7 Asylgesetz abgewiesen (Spruchpunkt I). Weiters wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 8 Absatz 1 Asylgesetz für zulässig erklärt (Spruchpunkt II) und gleichzeitig gemäß § 8 Absatz 2 Asylgesetz die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die russische Föderation ausgesprochen.
Der Bescheid wurde der gesetzlichen Vertreterin des Berufungswerbers am 14.12.2006 zu eigenen Handen zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 19.12.2006 langte am 22.12.2006 fristgerecht die gegenständliche Berufung beim Bundesasylamt ein. Die Berufung ist inhaltlich exakt gleich wie jene der gesetzlichen Vertreterin des Berufungswerbers ausgeführt. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf deren Ausführungen im Asylverfahren der Mutter des Berufungswerbers verwiesen. Für den Berufungswerber selbst wurden keine zusätzlichen Gründe dargestellt.
Der Unabhängige Bundesasylsenat hat für den 27.03.2007 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, zu der die Berufungswerberin, diese auch als Vertreterin für ihre beiden Kinder, ein Vertreter des Bundesasylamtes und ein Dolmetscher für die russische Sprache geladen wurden. Die Berufungsverhandlung wurde in Anwesenheit der Berufungswerberin und eines Dolmetschers für die russische Sprache durchgeführt. Ein Vertreter des Bundesasylamtes ist zur Berufungsverhandlung entschuldigt nicht erschienen.
Hinsichtlich der Angaben der Berufungswerberin in der Berufungsverhandlung sowie hinsichtlich der erörterten Länderfeststellungen wird auf die Verhandlungsschrift verwiesen. Während der Berufungsverhandlung wurde nach Einholung der Telefonnummer und der Genehmigung der Berufungswerberin mit deren Mutter in Grosny telefonisch Kontakt aufgenommen, um die Angaben der Berufungswerberin zu verifizieren. Das Telefonat wurde von der Berufungswerberin im Auftrag des Verhandlungsleiters initiiert und vom Dolmetscher nach Vorgabe der Fragestellung durch den Verhandlungsleiter weitergeführt. Es besteht aufgrund der Umstände und der Vorgangsweise seitens des Unabhängigen Bundesasylsenates kein Zweifel, dass das Telefonat mit der Mutter der Berufungswerberin geführt worden war. Darauf deuten auch die konkreten und fragebezogenen Antworten der Mutter der Berufungswerberin hin. Die Ergebnisse der telefonischen Befragung werden somit ebenfalls einer Würdigung unterzogen. Der Berufungswerberin wurde eine Kopie der Verhandlungsschrift ausgefolgt, ebenso wurde dem Bundesasylamt die Verhandlungsschrift per Fax zugestellt. Der Berufungswerberin wurde Gelegenheit gegeben, zu den Länderfeststellungen in der Berufungsverhandlung Stellung zu nehmen.
Mit Bescheid vom 13.06.2007, Zahl 308.590-C1/4E-XVI/48/07, wurde die Berufung des Antragstellers gemäß § 7 AsylG abgewiesen, jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in die Russische Föderation nicht zulässig sei und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 13.06.2008 erteilt. Begründend wurde ausgeführt, dass ein Familienverfahren im Bezug auf die Mutter des Antragsstellers vorliege und ihm daher der gleiche Schutz zu gewähren sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Mutter des Antragstellers am 20.09.2007 hinsichtlich des Ausspruches über § 7 AsylG Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser erkannte mit Beschluss vom 24.09.2007 die aufschiebende Wirkung zu.
Am 15.04.2008 beantragte der Beschwerdeführer vertreten durch seine Mutter die Verlängerung des subsidiären Schutzes gemäß § 8 AsylG.
Mit Bescheid vom 02.07.2008, Zahl 05 16.124/1-BAE, erteilte das Bundesasylamt gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 13.06.2009. Rechtlich begründend wurde ausgeführt, dass die Vorraussetzungen der Verlängerung gemäß § 8 Abs 4 AsylG vorliegen würden und da dem Antrag vollinhaltlich stattgegeben worden sei, eine nähere Begründung gemäß § 58 Abs 2 AVG entfallen könne.
Am 16.07.2008 erhob die Mutter des Antragsstellers in russischer Sprache wie folgt Beschwerde:
"Ich, K.M., möchte gegen den letzten Bescheid berufen, weil ich mit dem Bescheid nicht ganz einverstanden bin. Ich möchte in Österreich bleiben und auf dem Territorium Österreichs einen ständigen Wohnsitz haben und nicht nur ein Jahr oder einige Jahre lang hier leben. Ich möchte, dass meine Kinder in normaler Umgebung aufwachsen, dass sie keinen Krieg sehen müssen, kein psychisches Trauma haben, dass sie eine gute Ausbildung bekommen und normal leben können. Ich bitte Sie, unsere Angelegenheit nochmals zu prüfen. Mein Schicksal und das Schicksal meiner Kinder hängt von Ihnen ab. Ich bitte sie uns zu helfen und unsere Lage zu verstehen. Danke für ihr Verständnis."
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist.
Gemäß § 75 Abs 7 Z 2 AsylG sind beim Unabhängigen Bundesasylsenat am 01.07.2008 anhängige Verfahren in denen bis zu diesem Zeitpunkt keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, vom dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshof weiterzuführen.
Gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005 BGBl I Nr 100/2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Gemäß § 75 Abs 6 AsylG 2005 gilt einem Fremden, dem am 31.12.2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1991 oder AsylG 1997 zugekommen ist, der Status eines subsidiär Schutzberechtigten als zuerkannt.
Nach § 8 Abs 4 AsylG ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, von der zuerkennenden Behörde gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesasylamt verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Zumal dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 13.06.2007, Zahl 308.590-C1/4E-XVI/48/07, eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 13.06.2008 erteilt wurde, kam ihm zwar am 31.12.2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung noch nicht zu, doch kann für diesen Fall nichts anderes gelten, sodass ihm der Status einer subsidiär Schutzberechtigten als verliehen gilt.
Die Frage der Verlängerung der mit dem subsidiären Schutz verbundenen Aufenthaltsberechtigung ist nach dem AsylG 2005 zu beurteilen, zumal es sich bei dem Verlängerungsantrag im Gegensatz zur erstmaligen Erteilung um eine eigenen, von der asyl- und subsidiärschutzrechtlichen Entscheidung getrennten Verfahrensgegenstand handelt (vgl Putzer/Rohrböck, Leitfaden Asylrecht, 2007, Rz 212).
Am 01.01.2006 war somit kein Verfahren anhängig, welches gemäß den Übergangsbestimmungen in § 75 Abs 1 AsylG nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu führen wäre. Für Verlängerungen und Aberkennungen des Status eines subsidiär Schutzberechtigten nach dem 1.1.2006 ist daher ausschließlich das AsylG 2005 anzuwenden (siehe auch Frank/Anerinhof/Filzwieser, S 666 K 7 und K 8; UBAS 24.07.2006, 233.370/8-VI/17/06; 28.03.2008, 213.818-2-VIII/23/08).
Der Beschwerde der Mutter des Antragsstellers, deren Beweggründe aus menschlicher Sicht verständlich sind, konnte daher nicht gefolgt werden, zumal gemäß § 8 Abs 4 AsylG eine Verlängerung nur für ein Jahr vorgesehen ist. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.