TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/03 D13 312725-1/2008

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Veröffentlicht am 03.09.2008
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Spruch

D13 312725-1/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Dajani als Vorsitzenden und den Richter Mag. Auttrit als Beisitzer über die Beschwerde des A. G., geb. 00.00.1987, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.05.2007, FZ. 07 01.299-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Georgien, brachte am 05.02.2007 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ein. Daraufhin wurde er am 14.02.2007 sowie am 07.05.2007 vom Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die georgische Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich befragt.

 

Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, vom 22.05.2007, FZ. 07 01.299-BAI, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.

 

Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 22.05.2007, FZ. 07 01.299-BAI, den Antrag auf internationalen Schutz des Asylwerbers gemäß § 3 Abs. 3 Ziffer 1 iVm § 11 Abs. 1 AsylG abgewiesen und dem Asylwerber den Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Weiters wurde dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zuerkannt. Unter Spruchpunkt III wurde der Asylwerber gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben und seine bereits getätigten Angaben wiederholt.

 

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Georgien. Er ist seit 2003 Mitglied der Merab Kostava Partei und hat in diesem Zusammenhang an Demonstrationen teilgenommen. Am 20.01.2007 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen einer solchen Protestaktion von der Polizei festgenommen und in der Haft misshandelt. Während eines Krankenhausaufenthaltes konnte der Beschwerdeführer flüchten und verließ Georgien, da er befürchtete, von der Polizei verfolgt zu werden. Am 05.02.2007 stellte der Beschwerdeführer in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Festgehalten wird weiters, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 00.00.2007 wegen §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Abs. 1 und 2, 130, Satz 2, 4. Fall und 15 StGB und § 130 StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

 

Der Berufungswerber befindet sich derzeit in der Justizanstalt Hirtenberg in Haft.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 00.00.2008 wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Rückkehrverbot gemäß § 63 Abs. 1 FPG erlassen.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Georgien aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre.

 

Nicht festgestellt werden kann unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass die staatlichen Behörden in seinem Heimatland nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären.

 

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

 

Der Beschwerdeführer verfügt weder über Verwandte noch über sonstige familiäre oder private Bindungen in Österreich, im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island.

 

Zur relevanten Situation in Georgien:

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den Länderfeststellungen der belangten Behörde zu Georgien (vgl. Seite 17 bis Seite 23 des erstinstanzlichen Bescheides) an und erhebt sie zum Bestandteil dieses Bescheides. Am 05.01.2008 fanden in Georgien Wahlen statt, bei denen der amtierende Präsident Saakaschwili wiedergewählt wurde. Bis zum Entscheidungsdatum sind jedoch keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen der Ländersituation bekannt geworden.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung.

 

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren, sowie aus den Daten der von ihm vorgelegten Ausweise und Dokumente, insbesondere einer Bescheinigung über die Mitgliedschaft bei der Merab-Kostava-Gesellschaft (vgl AS 13 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes), sowie einer Kopie seines georgischen Führerscheines (vgl AS 19).

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses. Das Bundesasylamt hat im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine individuelle Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft machen konnte. Sein Vorbringen, wonach er bei der Auflösung einer Demonstration verhaftet und in Polizeigewahrsam misshandelt worden war, wurde bereits von der Erstbehörde als glaubwürdig eingestuft. Aus diesem Vorbringen lässt sich jedoch nicht schließen, dass Verfolgungshandlungen gegen den Beschwerdeführer individuell aufgrund seiner politischen Tätigkeit in Zusammenhang mit der Teilnahme an Demonstrationen Verfolgungshandlungen gesetzt wurden. Der Beschwerdeführer hat auch nicht vorgebracht, eine leitende Position innerhalb der Partei innegehabt zu haben. Die Beweiswürdigung der Erstbehörde steht auch mit den getroffenen Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat in Einklang, wonach es zwar gelegentlich zu Misshandlungen und Polizeigewalt sowie willkürlichen Festnahmen in Zusammenhang mit der Auflösung von Demonstrationen kommt, die Betätigungsmöglichkeiten für die politische Opposition jedoch seit 2003 grundsätzlich keinen Einschränkungen unterliegt.

 

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass den Länderfeststellungen zur Situation in Georgien zu entnehmen ist, dass es in Georgien wirksame Beschwerdemöglichkeiten gegen Polizeiübergriffe gibt und gegen Mitarbeiter der Polizei, denen Misshandlung und Folter vorgeworfen wird, vorgegangen wird. Darüber hinaus besteht das Amt des Ombudsmannes, an welchen sich Bürger, die sich in ihren Rechten eingeschränkt fühlen, auch wegen Polizeigewalt wenden können und welcher jeder Beschwerde nachgeht und Maßnahmen einleiten kann. Der Beschwerdeführer hat jedoch nach den erfolgten Misshandlungen weder Anzeige erstattet noch hat er angegeben, sonstige Schritte unternommen zu haben, um gegen die rechtswidrigen Misshandlungen in Polizeigewahrsam vorzugehen.

 

Die Feststellungen zur Situation in Georgien stützen sich auf jene des erstinstanzlichen Bescheids und die dort angeführten Quellen, an deren Seriosität nicht gezweifelt wird.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen abweisenden Bescheid. Daher ist das Verfahren des Beschwerdeführers von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshofes weiterzuführen.

 

Zu Spruchpunkt I

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Der Status eines Asylberechtigten ist einem Fremden somit zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen. Diese liegen vor, wenn sich jemand aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn in objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthalts zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist.

 

Das Bundesasylamt hat in der Begründung des Bescheides vom 22.05.2007, FZ. 07 01.299-BAI, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage hinsichtlich der behaupteten Flüchtlingseigenschaft klar und übersichtlich zusammengefasst und den rechtlich maßgeblichen Sachverhalt in völlig ausreichender Weise erhoben.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Auch der Beschwerde vermag der Asylgerichtshof keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof unterbleiben konnte, da der maßgebende Sachverhalt durch die Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war (vgl. § 41 Abs. 7 AsylG iVm § 67d AVG idgF).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.3.2006, Zl. 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.1.2003, Zl. 2002/20/0533; 12.06.2003, Zl. 2002/20/0336).

 

Gemäß § 40 Abs. 1 AsylG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel in der einer Berufung gegen eine Entscheidung des Bundesasylamtes nur vorgebracht werden, wenn 1. sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, nach der Entscheidung erster Instanz maßgeblich geändert hat, wenn 2. das Verfahren erster Instanz mangelhaft war, wenn 3. diese dem Asylwerber bis zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz nicht zugänglich waren oder wenn 4. der Asylwerber nicht in der Lage war, diese vorzubringen.

 

Im gegenständlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde vom 14.06.2007 erstmals neu vorgebracht, dass ihm bei einer Rückkehr nach Georgien eine Verhandlung bevorstehe und er eine Gefängnisstrafe von mehreren Jahren zu erwarten habe. Grundsätzlich ist dazu zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bereits im Zuge seiner erstinstanzlichen Einvernahmen Furcht vor politisch motivierter Verfolgung äußerte und daher das diesbezügliche Asylvorbringen nicht über das vormals vorgebrachte hinausgeht (vgl. auch Bescheid vom 22.5.07, Niederschrift der Einvernahme vom 7.5.07, Seite 15). Dieser Umstand wird durch die mangelnde Substantiiertheit des Vorbringens, verbunden mit dem gänzlichen Fehlen einer Erklärung warum (im Falle einer tatsächlichen Neuerung) ein Vorbringen im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens nicht möglich gewesen sein sollte, bestätigt.

 

Da die Erstbehörde den ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten Sachverhalt hinreichend genau und ausführlich ermittelt und daher insgesamt das gegenständliche Verfahren mängelfrei geführt hat, war das diesbezüglich neue Vorbringen sohin gemäß § 40 Abs. 1 AsylG unzulässig.(vgl auch unten)

 

ad II.

 

Wird der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet § 8 Abs. 1 AsylG an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK iVm den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

 

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (vgl. EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (vgl. EGMR vom 26.07.2005 N. gg. Finnland).

 

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen (vgl. EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königsreich).

 

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht.

 

§ 8 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 1 AsylG beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Teil des Herkunftsstaates des Antragstellers, in dem für den Antragsteller keine begründete Furcht vor Verfolgung und keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

 

Die Gefahr muss sich daher auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

 

Den Fremden trifft somit eine Mitwirkungspflicht, von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer Gefahr ist es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert und, dass diese Gründe objektivierbar sind.

 

Es besteht kein Hinweis auf derartige Umstände, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten. Eine Billigung der Verfolgung des Beschwerdeführers durch die staatlichen Behörden ist dem gesamten Vorbringen nicht zu entnehmen, zumal der Beschwerdeführer die ihm in Georgien zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, gegen rechtwidriges Polizeihandeln vorzugehen, auch gar nicht genützt hat. Den Feststellungen zur Situation in Georgien ist nicht zu entnehmen, dass der Berufungswerber aufgrund seiner oppositionellen Tätigkeiten Einschränkungen unterliegt. Auch wenn es nach den internationalen Berichten gelegentlich zu willkürlichen Festnahmen im Zusammenhang mit dem Vorgehen der Polizei gegen unliebsame Demonstrationen kommen kann, ist nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Übergriffe durch Polizeiorgane drohen, die die von Art. 3 EMRK geforderte Intensität erreichen.

 

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Berufungswerber nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnte, zumal keine in der Person des Berufungswerbers gelegenen Hindernisse der Annahme eines Arbeitsplatzes entgegenstehen und der Berufungswerber über eine höhere Schulbildung verfügt.

 

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass der im Sommer 2008 neu aufgeflammte Konflikt im Kaukasus aufgrund seiner zeitlichen und räumlichen Begrenzung nicht sachverhaltsrelevant ist.

 

ad III.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 7.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 5.7.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Der Beschwerdeführer verfügt weder über Verwandte noch über sonstige familiäre Bindungen in Österreich, im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island.

 

Folglich liegt kein vom Schutz des Art. 8 EMRK umfasster Familienbezug zu einer dauernd aufenthaltsberechtigten Person in Österreich vor.

 

Ausreichende Gründe zur Feststellung eines Privatlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind ebenfalls nicht gegeben.

 

Die Ausweisung stellt daher keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Demonstration, Haft, Lebensgrundlage, Misshandlung, non refoulement, politische Aktivität, Rechtsschutzstandard, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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