TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/03 D13 254994-0/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2008
beobachten
merken
Spruch

D13 254994-0/2008/6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Dajani als Vorsitzenden und den Richter Mag. Auttrit als Beisitzer über die Beschwerde der K.T., geb. 00.00.1961, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.11.2004, FZ. 04 08.089-BAS, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.08.2008 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 8 Absatz 1 AsylG 1997 BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl 101/2003 wird K.T. der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien zuerkannt.

 

III. Gemäß § 8 Absatz 3 iVm § 15 Absatz 2 AsylG 1997 BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl 101/2003 wird K.T. eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis 02.09.2009 erteilt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Georgien, reiste am 19.04.2004 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 20.04.2004 einen Asylantrag. Daraufhin wurde sie zunächst am 20.04.2004 von der Bezirkshauptmannschaft Gmünd erstbefragt und am 27.10.2004 vom Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich befragt und brachte kurz zusammengefasst vor, ihr Wohnort Z. befinde sich an der abchasischen Grenze. Der Mann ihrer Schwester und ein Cousin seien Mitglieder einer georgischen Partisanenbewegung gewesen, die gegen Abchasen und Russen gekämpft hätten. Diese hätte die Beschwerdeführerin unterstützt, indem sie ihnen ihre Wohnung für Gespräche zur Verfügung gestellt hätte. Im Jahr 1995 sei deshalb das Haus, in dem sich ihre Wohnung und die von ihr betriebene Apotheke befanden, angezündet worden. Im Jahr 2002 sei ihr Vater verstorben, ein Jahr später ihre Mutter. Daraufhin sei die Beschwerdeführerin zu ihrer Schwester nach R. gezogen, es sei das Leben in Georgien für sie als alleinstehende Frau jedoch unerträglich geworden, sodass sie beschlossen habe, Georgien zu verlassen.

 

Ihr damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Salzburg, vom 04.11.2004, FZ. 04 08.089-BAS, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.

 

Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 04.11.2004, FZ. 04 08.089-BAS, den Asylantrag der Asylwerberin gemäß § 7 AsylG abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Asylwerberin gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei. Unter Spruchpunkt III wurde die Asylwerberin gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" ausgewiesen.

 

In der Begründung führte das Bundesasylamt aus, das Vorbringen der Beschwerdeführerin sei nicht asylrelevant. Grundsätzlich seien die Aussagen der Beschwerdeführerin glaubhaft, wenn sie angebe, sie wäre von ethnisch motivierten Auseinandersetzungen betroffen. Ihren Aussagen könne in Übereinstimmung mit den allgemein bekannten innenpolitischen Verhältnissen in Georgien entnommen werden, dass die Auseinandersetzungen ein eng umrissenes geographisch genau abgegrenztes Gebiet auf georgischem Territorium betreffe. Die Beschwerdeführerin, die dem in Georgien lebenden staatstragenden Mehrheitsvolk angehöre, hätte diese Region völlig ungehindert schon wesentlich früher verlassen und sich auf dem sonstigen Territorium Georgiens niederlassen können, noch dazu, wo es einen familiären Anknüpfungspunkt zur in R. lebenden Schwester gebe. Außerdem sei anzumerken, dass die von der Beschwerdeführerin geschilderten Probleme mehrere Jahre vor ihrer nunmehrigen Ausreise zurücklägen und offenbar nicht der Anlass für das Verlassen ihrer Heimat gewesen seien.

 

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben und ihre bereits getätigten Angaben wiederholt. Die Beschwerdeführerin führte aus, das Leben in der Region an der Grenze zu Abchasien sei immer gefährlicher geworden, weil abchasische Freiheitskämpfer häufig bei der Familie der Beschwerdeführerin nach den georgischen Partisanen gesucht hätten. Ihre Familie sei bedroht worden, die Eltern ihres Schwagers seien erschossen worden. Nach dem Tod ihrer Eltern hätte sie als alleinstehende Frau in ihrer bisherigen Heimatregion nicht weiterleben können. Sie sei zunächst zu ihrer Schwester nach R., habe aber auch dort nicht auf Dauer unterkommen können. Den Grund dafür könne sie anlässlich einer neuerlichen Einvernahme genauer erklären, sie habe bereits während ihrer Ersteinvernahme nähere Auskünfte erteilen können, man sei jedoch gar nicht genauer auf ihr Vorbringen eingegangen. Die von der Behörde getroffenen Feststellungen zu Georgien würden die von ihr geschilderte Problematik kaum berühren, zudem habe sie nicht die Möglichkeit gehabt, sich zu den Feststellungen zu Georgien zu äußern, wodurch ihr Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei. Als alleinstehende Frau hätte sie nicht gewusst, wo und wovon sie leben hätte sollen. Ihr Überleben als alleinstehende Frau in Georgien sei in ihrer Heimat ohne das Vorhandensein eines sozialen Netzwerkes nicht gesichert.

 

Am 21.08.2008 führte der erkennende Senat des Asylgerichtshofes eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher die Beschwerdeführerin teilgenommen hat (siehe Verhandlungsprotokoll OZ 5Z). Das Bundesasylamt verzichtete schriftlich auf die Teilnahme an der Verhandlung.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Georgien und wurde am 00.00.1961 in Z., Georgien geboren.

 

Die Beschwerdeführerin arbeitete von 1985 - 1995 in einer Apotheke nahe der Grenze zu Abchasien. Oberhalb der Apotheke befand sich damals ihre Wohnung. Ihr Vater sowie der Bruder ihrer Schwester (Schwager) unterstützten die westgeorgische Kräfte ("Waldbrüder"). Der Schwager selbst war Kommandant einer Gruppe von 10 georgischen Kombattanten. In den Räumen der Apotheke fanden regelmäßige Treffen der Waldbrüder statt. Die Beschwerdeführerin selbst leistete ausschließlich medizinische Hilfe ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit zu einer der beiden Parteien des Konfliktes.

 

Nachdem Abchasen nach vorausgehenden Drohungen die Apotheke in Brand gesetzt hatten, zog die Beschwerdeführerin zu ihren Eltern, die in Z. lebten, und arbeitete fortan als Apothekerin im örtlichen Spital.

 

Nach der Ermordung der Eltern Ihres Schwagers flüchteten ihr Schwager und ihre Schwester nach R.. Sie selbst blieb vorerst bei den Eltern in Z. und begab sich nach dem Tod ihrer beiden Eltern zu ihrer Schwester und deren Familie nach R..

 

In R. wurde die Familie des Schwagers weiterhin bedroht, allerdings ausschließlich telephonisch. Der Grund für diese Drohungen waren die andauernden Aktivitäten des Schwagers der Beschwerdeführerin in Z..

 

Ihre Schwester sowie ihr Schwager befinden sich derzeit nach ihrer Flucht aus Georgien zu Beginn des Jahres 2004 in Armenien. Am 16.4.2004 entschloss sich die Beschwerdeführerin ebenfalls zur Flucht aus Georgien, da ihr Leben als nunmehr alleinstehende Frau unerträglich wurde.

 

Nicht festgestellt konnte werden, dass die Beschwerdeführerin in R. (ihrem letzten Aufenthaltsort in Georgien), speziell nach der Flucht ihrer Verwandten, einer objektiv nachvollziehbaren Bedrohungssituation ausgesetzt war bzw. ist.

 

Sonstige Verwandte in Georgien sind auf der Flucht, ihr gegenwärtiger Aufenthalt ist unbekannt.

 

Darüber hinaus verfügt die Beschwerdeführerin weder über Verwandte noch über sonstige familiäre Bindungen in Österreich, im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island.

 

Zu der Situation in Georgien wird in Hinblick auf alleinstehende Frauen folgendes festgestellt:

 

Die Situation von alleinstehenden Frauen, im Besonderen aber die Situation von Flüchtlingsfrauen und vertriebenen Frauen in Georgien ist besorgniserregend. Frauen sind in der Politik, im öffentlichen Leben und in der Wirtschaft vor allem in höheren Positionen unterrepräsentiert. Im Arbeitsleben werden sie häufig diskriminiert, was für sie oft zu Arbeitslosigkeit oder zu geringem Einkommen führt. Sie sind nicht ausreichend medizinisch versorgt, und Gewalt gegen Frauen wird oft vertuscht. Sie sind durch Armut, niedriges Bildungsniveau und sehr schlechte Lebensbedingungen gefährdet, Opfer von Menschenhandel zu werden. In Flüchtlingslagern sind sie oft schutzlos der Gewalt von Männern ausgeliefert. Verfügen gerade alleinstehende Frauen nicht über ein soziales Netz (Familie, Dorfgemeinschaft etc) kann man mitunter durchaus von einem Entzug der Lebensgrundlage sprechen.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:

 

Die Beschwerdeführerin machte im Zuge der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck. Ihre Angaben hinsichtlich ihres Lebensweges waren schlüssig und auch nach Nachfrage in sich geschlossen. Hinsichtlich der von ihr vorgebrachten Bedrohungssituation an ihrem letzten Aufenthaltsort in Georgien, R., konnte die Beschwerdeführerin jedoch nicht glaubhaft belegen, dass sie eine wohlbegründete Furch vor Verfolgung hatte.

 

Zum einen handelte es sich um bloße Telefonanrufe in eine geographisch vom abchasisch-georgischen Konflikt weit entfernte Region. Eine Ausführung der telefonischen Androhungen, mitten im georgischen Kernland, ist vor allem angesichts der relativen politischen Bedeutungslosigkeit der Beschwerdeführerin kaum realistisch.

 

Zum anderen waren ihre politisch aktiven Verwandten, namentlich ihr Schwager und ihr Vater primäre Ziele abchasischer Kreise und deren Drohungen. Besonders nachdem ihr Schwager Georgien verlassen hatte bzw ihr Vater verstorben war und die Beschwerdeführerin somit alleine zurückblieb, konnte die Beschwerdeführerin nicht darlegen, warum die abchasischen Aktivisten die Beschwerdeführerin weiterhin bedrohen sollten.

 

Vielmehr liegt auf der Hand, dass die Beschwerdeführerin sich zumindest deshalb primär zur Flucht entschloss, da sie nach der Flucht ihrer Schwester und ihres Schwagers alleine in R. zurückblieb. Dieser Schluß wird auch dadurch erhärtet, dass die Bedrohung ihrer Person in R. von ihr nur am Rande erwähnt wurde, ihre Situation als alleinstehende Frau aber in allen Vernehmungen Erwähnung fand.

 

Die zu der Situation alleinstehender Frauen in Georgien getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den in der mündlichen Verhandlung verlesenen Berichten. Durch die Vorfälle im Zuge des russischgeorgischen Konfliktes im August 2008 ist die gegenwärtige Lage in den Konfliktgebieten unübersichtlich. Dieser Konflikt ist aber hinsichtlich des gegenständlichen Falles von sekundärer Bedeutung.

 

Rechtlich ergibt sich daraus:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen abweisenden Bescheid. Daher ist das Verfahren des Beschwerdeführers von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshofes weiterzuführen.

 

Zu Spruchpunkt I.

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht) und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen vor, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn in objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthalts zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist.

 

Wie oben bereits ausgeführt, hat somit die Beschwerdeführerin keine asylrechtlich relevante Verfolgung vorgebracht, da es an der "Wohlbegründetheit" fehlte.

 

Zu Spruchpunkt II.

 

Wenn ein Asylantrag abzuweisen ist, hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 im Falle einer Abweisung eines Asylantrages von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

§ 8 Abs. 1 AsylG 1997 verweist auf § 57 Fremdengesetz, jetzt § 50 FPG 2005 (gemäß der Verweisungsnorm des § 124 Abs. 2 FPG 2005, wobei

§ 57 FrG 1997 durch § 50 FPG ersetzt wurde.

 

In § 50 FPG wird das Verbot der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung Fremder in einen Staat (Refoulementverbot) nunmehr wie folgt geregelt:

 

"(1) Die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

(2) Die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

(3) Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder 2 genannten Gefahren berufen, dürfen erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.

 

(4) Die Abschiebung Fremder in einen Staat, in dem sie zwar im Sinn des Abs. 2 jedoch nicht im Sinn des Abs. 1 bedroht sind, ist nur zulässig, wenn sie aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder wenn sie von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten (Art. 33 Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge). (...)"

 

Aus den in den Feststellungen genannten Gründen erscheint es aus derzeitiger Sicht unzulässig, die Berufungswerberin in das Heimatland abzuschieben, weil dies jedenfalls eine Verletzung der EMRK bedeuten würde.

 

Im Übrigen ist - obwohl nicht entscheidungswesentlich - festzuhalten, dass die Berufungswerberin im Heimatland, in Österreich unbescholten und gut integriert ist. (siehe Verhandlungsprotokoll OZ 5Z sowie Beilagen - Schreiben der Arbeitgeber)

 

Der Berufung war daher im Hinblick auf Spruchpunkt II. statt zu geben.

 

Zu Spruchpunkt III.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG ist Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlussgründen (§ 13) abgewiesen wurde, von jener Asylbehörde, mit Bescheid eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, von der erstmals festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist.

 

Gem. § 15 Abs . 2, erster und zweiter Satz, leg. cit. ist die befristete Aufenthaltsberechtigung für höchstens ein Jahr und nach der ersten Verlängerung für höchstens fünf Jahre zu bewilligen. Die Aufenthaltsberechtigung behält bis zur Entscheidung über die Verlängerung durch das Bundesasylamt Gültigkeit.

 

Vor dem Hintergrund obiger Feststellungen war aufgrund stichhaltiger Gründe für die Annahme, dass die Berufungswerberin im Herkunftsstaat Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung iSd. Art. 3 EMRK unterworfen zu werden, dieser eine befristete Aufenthaltsberechtigung im Ausmaß eines Jahres zu erteilen.

Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung, Glaubhaftmachung, Integration, soziale Gruppe, soziale Verhältnisse, subsidiärer Schutz, wohlbegründete Furcht
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten