TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/04 B4 252934-0/2008

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Veröffentlicht am 04.09.2008
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Spruch

B4 252.934-0/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Vorsitzender und die Richterin Mag. Karin WINTER als Beisitzerin über die Beschwerde des Z. S., geboren am 00.00.1971, serbischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.8.2004, Zl. 04 06.201-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BG BGBl. I 126/2002 und § 8 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) mit der Maßgabe abgewiesen, dass mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Spruchpunkt II. und III. des genannten Bescheides zu lauten haben:

 

"II. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von Z. S. nach Serbien ist gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig."

 

"III. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wird Z. S. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen."

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer reiste am 28.2.2004 mit einem bis 26.3.2004 gültigen Schengen-Visum C von Ungarn kommend in das Bundesgebiet ein. Mit Schreiben vom 30.3.2004 begehrte er schriftlich beim Bundesasylamt die Gewährung von Asyl.

 

2. Am 19.8.2004 beim Bundesasylamt einvernommen, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an: Er sei jugoslawischer Staatsangehöriger, gehöre der serbischen Volksgruppe und dem orthodoxen Glauben an, sei in M. geboren und habe zuletzt auch dort gelebt. Sein Herkunftsland habe er aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation verlassen. Er habe seine Arbeit verloren und habe für seine geschiedene Ehefrau sowie für zwei Kinder zu sorgen. Sein letzter Verdienst sei ca. EUR 100,- monatlich gewesen, alleine die Miete für die Wohnung habe bereits EUR 50,- betragen. Aufgrund dieser Situation sei es ihm nicht mehr möglich gewesen für die Familie zu sorgen. In Österreich hoffe er eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung zu erhalten, um seine Familie finanziell unterstützen zu können. Die Frage, ob er wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung verfolgt wurde, verneinte der Beschwerdeführer. Die Frage, was er im Falle seiner Rückkehr befürchte, beantwortete er dahingehend, dass er und seine Familie diesfalls "in Not und Armut leben" müssten. An verwandtschaftlichen Beziehungen in Österreich nannte der Beschwerdeführer einen Bruder und eine Schwägerin, die beide seit 1999 mit unbefristeter Aufenthaltsbewilligung im Bundesgebiet leben und auch seinen Unterhalt bestreiten würden.

 

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführer gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 idF BG BGBl. I 126/2002 ab (Spruchpunkt I.), erklärte zugleich seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung gemäß § 8 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. 101/2003 (AsylG) "nach Serbien Montenegro" für zulässig (Spruchpunkt II.), und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.). Begründend führte das Bundesasylamt zu Spruchpunkt I. aus, dass die vorgebrachte wirtschaftliche Lage im Herkunftsstaat keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darstelle. Zu Spruchpunkt II. wurde vor allem festgehalten, der Beschwerdeführer habe kein Vorbringen dahingehend erstattet, wonach von einer ihn persönlich treffenden Gefährdung auszugehen sei. Bezüglich der Ausweisungsentscheidung wies das Bundesasylamt im Wesentlichen darauf hin, dass im Fall des Beschwerdeführers "kein Familienbezug (Kernfamilie) zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich" vorliege und daher ein Eingriff in Art. 8 EMRK zu verneinen sei.

 

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte, nun als Beschwerde (vgl. dazu weiter unten) zu behandelnde (und daher in der Folge so bezeichnete) Berufung. Darin wird im Wesentlichen Folgendes vorgebracht: Der Beschwerdeführer habe im erstinstanzlichen Verfahren angegeben, sich und seine Familie im Herkunftsstaat nicht ernähren zu können. Es sei "von der Feststellung auszugehen, dass nicht lediglich ein niedriger Lebensstandard angeführt wird, sondern eine Situation, in der er und seine Familie samt Kindern verhungern." Das Bundesasylamt habe es verabsäumt, sich mit diesem Vorbringen auseinanderzusetzen, "das im Falle der Richtigkeit asylbegründend" sei.

 

5. Am 29.5.2008 langte beim unabhängigen Bundesasylsenat ein Schreiben des Finanzamtes Mistelbach vom 00.00.2008 ein, wonach der Beschwerdeführer "beim Montieren von Rigipsplatten betreten" worden sei, ohne dabei über eine gültige arbeitsmarktbehördliche Bewilligung zu verfügen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

1.1. Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsangehöriger, gehört der serbischen Volksgruppe ab und ist orthodoxen Glaubens. Er wurde in M. geboren und lebte auch vor seiner Ausreise aus Serbien zuletzt dort. Er hat Serbien aus wirtschaftlichen Gründen verlassen.

 

1.2. Dies ergibt sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt.

 

2. Rechtlich folgt:

 

2.1.1.1. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (Art. 2 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge AsylG 2005) sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen.

 

Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1.5.2004 gestellt; das Verfahren ist daher nach dem AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 - mit der genannten Maßgabe - zu führen.

 

2.1.1.2. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1. Juli 2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieses Gericht gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. dazu AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2.1.1.3. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

2.1.2.1. Gemäß § 7 AsylG. hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.9.2000, 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.4.2001, 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; VwGH 9.3.1999, 98/01/0318).

 

2.1.2.2. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

§ 8 Abs. 1 AsylG verweist auf § 57 Fremdengesetz; BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der der Todesstrafe verletzt würde.

 

Überdies ist gemäß § 57 Abs. 2 FrG die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 78/1974).

 

Der Prüfungsrahmen des § 57 FrG ist jedoch durch § 8 Abs. 1 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das jeweilige andere Bundesgesetz nunmehr auf die entsprechenden Bestimmungen des FPG verweist. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, di. § 50 FPG. Ob dies wirklich der Absicht des Gesetzgebers entspricht - da doch Asylverfahren, die am 31.12.2005 bereits anhängig waren, nach dem AsylG 1997 weiterzuführen sind - braucht nicht weiter untersucht zu werden, da sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre und da sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen ließe. Angemerkt sei jedoch, dass ein Verweis des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 50 FPG nicht etwa jene Rechtslage herstellte, die dem Asylgesetz 2005 entspricht; § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (der inhaltlich dem § 8 Abs. 1 AsylG entspricht) verweist nämlich nicht auf § 50 FPG, sondern regelt den subsidiären Rechtsschutz etwas anders als § 8 Abs. 1 AsylG, er zählt auch die maßgeblichen Bedrohungen selbst auf, und zwar in einer Weise, die nicht wörtlich dem § 50 FPG entspricht (vgl. dazu den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.2.2006, Zl. 252.076/0-X/47/04).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214). Bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefährdung im Sinn des § 57 Abs. 1 und 2 FrG ist die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob etwa allenfalls gehäufte Verstöße der in § 57 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind (vgl. VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

2.2. Weder kann angenommen werden, dass es dem Beschwerdeführer gelungen wäre, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen; noch ist anzunehmen, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in den Kosovo einer Bedrohungssituation iSd § 57 FrG ausgesetzt wären.

 

2.2.1. Der Beschwerdeführer brachte lediglich wirtschaftliche Gründe vor, die ihn zum Verlassen seines Herkunftsstaates bewogen hätten. Anhaltspunkte für eine seinem Herkunftsstaat zurechenbare Verfolgung aus Gründen der GFK - etwa auch in der Hinsicht, dass seine wirtschaftliche Not Folge einer Schlechterstellung aus einem der in der GFK genannten Gründe wäre - sind nicht ersichtlich. Das Bundesasylamt hat daher den Asylantrag des Beschwerdeführers zu Recht abgewiesen.

 

2.2.2. Da es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, eine asylrechtlich relevante Gefahr im Sinne der GFK darzutun, scheidet auch die Anwendbarkeit des § 57 Abs. 2 FrG von vornherein aus.

 

Weiters kann nicht angenommen werden, dass im Fall des Beschwerdeführers derart exzeptionelle Umstände vorlägen, dass seine Rückführung im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat als im Widerspruch zu Art. 3 EMRK stehend erscheinen würde (vgl. dazu etwa VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443). Soweit in der Beschwerde von einer Situation die Rede ist, in der der Beschwerdeführer und seine Familienangehörigen verhungern müssten, ist darauf hinzuweisen, dass sich aus den in der Beschwerdeschrift verwendeten Formulierungen eindeutig ergibt, dass damit bloß bezweckt wird, Aussagen, die der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt getätigt hatte, eine derartige Bedeutung zu geben, nicht aber ein neues, darüber hinausgehendes Vorbringen zu erstatten; dies zeigt auch der Hinweis darauf, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers "im Falle der Richtigkeit asylbegründend" sei. Da der Beschwerdeführers die ihm beim Bundesasylamt gestellte Frage, was er im Falle einer Rückkehr zu befürchten habe, dahingehend beantwortete, dass er und seine Familie "dort in Not und Armut leben" müssten (während eine Befürchtung, in der physischen Existenz bedroht zu sein, nicht zum Ausdruck gebracht wurde), erweist sich die Bedeutung, die den Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift beigemessen wurden, als unzutreffend. Der Vollständigkeit halber wird überdies festgehalten, dass der Beschwerdeführer, der als Tischler tätig gewesen sei, an Familienangehörigen im Herkunftsstaat (neben seiner geschiedenen Frau und den Kindern) zumindest über seine Eltern verfügt sowie dass in Serbien die Grundversorgung grundsätzlich gewährleistet ist (vgl. dazu den Bericht des [dt.] Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Serbien vom 23.4.2007, 18ff.).

 

Somit liegen auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG vor.

 

Die Zulässigkeit der Rückverbringung des Beschwerdeführers war jedoch auf den Herkunftsstaat "Serbien" (ohne Montenegro) einzuschränken (vgl. diesbezüglich auch das Papier des [dt.] Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom September 2006, Republik Serbien, Republik Montenegro, Staatsangehörigkeitsregelungen, 11f.).

 

2.3.1. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG hat die Behörde dann, wenn ein Asylantrag abzuweisen ist und wenn die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehen Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH 17.03.2005, G 78/04 ua.). Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 8 Abs. 2 AsylG ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH 15.10.2004, G 237/03 ua., VfGH 17.03.2005, G 78/04 ua.). Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

2.3.2. Das Bundesasylamt hat die durch Art. 8 Abs. 2 EMRK vorgeschriebene Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer (abgesehen vom Zeitraum von seiner Einreise bis zum 26.3.2004, als das unter Punkt I.1. erwähnte Visum abgelaufen ist) nur auf Grund seines Asylantrages, der zu keinem Zeitpunkt begründet war, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen ist (vgl. mit ähnlichen Überlegungen zu Ausweisungen nach § 33 Abs. 1 FrG zB VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, NNYANZI v Vereinigtes Königreich, Rs 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Dass der Beschwerdeführer mit seinem in Österreich lebenden Bruder ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK führen würde, wird im Übrigen in der Beschwerde nicht behauptet.

 

2.3.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 30.06.2005, 2005/20/0108) war die Ausweisung zielstaatsbezogen auszusprechen.

 

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverband, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, wirtschaftliche Gründe
Zuletzt aktualisiert am
10.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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