TE Vwgh Erkenntnis 2001/4/4 99/09/0143

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2001
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
VStG §24;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Dr. Helmut Meindl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Freyung 6/7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. Februar 1999, Zl. UVS-07/A/52/00494/98, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 4. Dezember 1997 wurde vom Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten an das Magistratische Bezirksamt der Bundeshauptstadt Wien für den

20. Bezirk Anzeige gegen den Beschwerdeführer erstattet, weil dieser als das nach § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der O GesmbH entgegen dem § 3 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG vier ausländische Staatsangehörige beschäftigt habe, für die weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder Anzeigebestätigung ausgestellt noch diese Ausländer im Besitze einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines gewesen seien. Dem lag zugrunde, dass bei einer Kontrolle der von der Gesellschaft betriebenen Pizzeria & Trattoria "C" am 3. Juli 1997 gegen 21.00 Uhr durch Organe des Arbeitsinspektorates die vier namentlich genannten in Arbeitskleidung der Gesellschaft gekleideten Ausländer arbeitend angetroffen worden seien.

Dieser Sachverhalt wurde dem Beschwerdeführer anlässlich seiner Einvernahme am 17. April 1998 zur Kenntnis gebracht. Er nahm zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen dahingehend Stellung, der drittgenannte Ausländer sei mittlerweile rechtmäßig beschäftigt, erst- und viertgenannte Ausländer, ein Ehepaar, seien erst am Vortag aus Kroatien angekommen und lediglich auf der Durchreise nach Polen, der drittgenannte Ausländer sei "ein guter Freund von uns".

Diese mündlichen Angaben wurden in einer anlässlich seiner Einvernahme übergebenen schriftlichen Darstellung dahingehend präzisiert, dass er gemeinsam mit seiner Gattin am Tag der Kontrolle das Geschäft geführt habe, doch sei es ihm nicht gut gegangen und der Geschäftsgang äußerst schleppend gewesen, so dass er sich in seine ca. 150 m entfernt liegende Wohnung zurückgezogen habe. Zu diesem Zeitpunkt, gegen 20.00 Uhr, seien keine Gäste, sondern lediglich die erst- bis drittgenannten Ausländer sowie seine Gattin D im Lokal anwesend gewesen. Der in der Ladung zur Vernehmung Erstgenannte sei sein 50%-Teilhaber, der dort Zweitgenannte sei den zweiten Tag als Lieferfahrer zur Probe beschäftigt gewesen und der dort Drittgenannte sei am Vortag zum Michael Jackson Konzert angereist und habe über das Wochenende zu Besuch bleiben wollen. Um 20.30 Uhr habe seine Gattin ihm aus der Apotheke geholte Medikamente gebracht, sei aber telefonisch ins Lokal gerufen worden. Die Kontrolle sei in rüdem Ton erfolgt. Anwesend sei zu diesem Zeitpunkt auch die Gattin seines Teilhabers gewesen, die auf Ersuchen seiner Gattin kurzfristig in das Lokal gekommen sei. Seine Gattin sei aufgefordert worden, zu den Vernehmungsergebnissen Stellung zu nehmen und die Geschäftspapiere vorzuweisen; da der Gesellschaftsvertrag nur im Original vorgelegen sei, sei sie aufgefordert worden, am nächsten Tag in das Büro des Arbeitsinspektorates zu kommen. Trotz Vorlage diverser Beweise sei von dem vernehmenden Beamten bekundet worden, allen Aussagen nicht zu glauben, weil er die blau-weiß-gestreiften Oberhemden des erst- und des zweitgenannten Ausländers als "Arbeitsuniform" auslege. Ebenso sei der Umstand, dass die Ehefrau seines Teilhabers beim "überfallsartigen" Erscheinen ihr unbekannter fünf Männer die auf dem Tisch liegende Kellnerbrieftasche an sich genommen habe, als Beweis für ihre Serviertätigkeit angesehen worden. Es sei auch die Polizei angefordert worden, die alle Ausländer festgenommen habe, sogar ohne Rücksicht darauf, dass erst- und viertgenannte Ausländer ihre minderjährigen Kinder unbeaufsichtigt hätten zurücklassen müssen. Diese Vorgangsweise sei von ihm als Willkür empfunden worden.

Mit Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den

20. Bezirk in Wien vom 22. Mai 1998 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der O Gesellschaft m. b. H., deren Sitz und somit Tatort sich in W, S-Gasse 13, befinde, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeber zu im einzelnen genannten Zeiten die vier namentlich genannten ausländischen Staatsangehörigen in ihrer Betriebsanlage beschäftigt habe, obwohl für diese ausländischen Staatsangehörigen weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Er habe dadurch die Vorschrift des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 60.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen) hinsichtlich des erstgenannten Ausländers, hinsichtlich der Übrigen weitere drei Geldstrafen in Höhe von jeweils S 30.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 2 Tagen) verhängt. Dabei folgte die Behörde erster Instanz den Angaben des Meldungslegers in Verbindung mit den anlässlich der Kontrolle ausgefüllten Personenblättern. Die Einwendungen des Beschwerdeführers erachtete die Behörde als nicht stichhältig.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 5. Oktober 1998 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Schuldfrage und in der Straffrage hinsichtlich des erstgenannten Ausländers Folge und schränkte den Tatzeitraum auf "3. Juli 1997" sowie die verhängte Strafe auf S 30.000,-- ein, gab der Berufung im Übrigen jedoch keine Folge.

Nach wörtlichem Zitat des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, der dagegen gerichteten Berufung und der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 4. Dezember 1997, erwähnte die belangte Behörde die Vorlage zweier Fotos und der Kopie eines Notariatsaktes vom 26. September 1995 betreffend die Abtretung von Gesellschaftsanteilen an den erstgenannten Ausländer, um sodann wiederum in wörtlichem Zitat die Angaben des Beschwerdeführers, seiner Gattin sowie der zwei Meldungsleger sowie des drittgenannten Ausländers zu wiederholen. Nach Zitierung der in Rede stehenden gesetzlichen Bestimmungen kam die belangte Behörde sodann zu dem Schluss, es sei im vorliegenden Fall aufgrund der unbedenklichen und einwandfrei nachvollziehbaren Zeugenaussage des Dr. E. Z. im Zusammenhalt mit dem vorzitierten Erhebungsbericht erwiesen, dass die vier vom Straferkenntnis erfassten Ausländer am Tag der Kontrolle (3.7.1997) in der Pizzeria "C" tätig gewesen seien. Dies werde auch von der Ehegattin des Beschwerdeführers bestätigt. Soweit die Genannte in der Berufungsverhandlung anders lautende Angaben getätigt und Verständigungsschwierigkeiten ins Treffen geführt habe, sei festzuhalten, dass sie während ihrer ursprünglichen Aussage von einer (pensionierten) Bediensteten der Bundespolizeidirektion Wien begleitet worden sei und es jeder Lebenserfahrung widerspreche, dass eine Beamtin (respektive Vertragsbedienstete), welche als Vertrauensperson einschreite, dieser rate, ein deren Ehegatten belastendes Protokoll zu unterfertigen, wenn dieses nicht den Tatsachen entspreche. Demnach sei ihrem ursprünglichen Vorbringen zu folgen und stellten sich ihre Angaben in der Berufungsverhandlung als Schutzbehauptungen dar. Damit stehe fest, dass die vom Straferkenntnis erfassten Ausländer am Tattag "zumindest probe- bzw. aushilfsweise" für die Gesellschaft m.b.H. tätig gewesen seien.

Es sei ferner festzuhalten, dass eine probeweise Beschäftigung - wie diese bezüglich des Pizzalieferanten ins Treffen geführt worden sei - nur dann nicht den Bestimmungen des AuslBG unterliege, wenn es sich lediglich um eine maximal einige Stunden dauernde unentgeltliche Vorführung von notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses handle. Erbrächten Ausländer im Rahmen eines gastronomischen Betriebes Leistungen wie Geschirrabwaschen, Zubereitung und Servieren (bzw. Auslieferung) von Speisen, liege (zumindest) eine aushilfsweise Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vor, die nach § 3 Abs. 1 leg. cit. einer Beschäftigungsbewilligung bedürfe. Maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs. 2 AuslBG sei, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt werde. Dies sei im gegebenen Fall schon "aufgrund des ersten Anscheines" zu bejahen. Daran ändere nichts, dass das Ermittlungsverfahren keine konkreten Ergebnisse darüber erbracht habe, auf welche Weise die Ausländer für ihre Tätigkeit entlohnt worden seien, zumal eine Entlohnung nicht unbedingt in Geld, sondern allenfalls auch natural erfolgen könne. Hinsichtlich des angeblichen Gesellschafter-Geschäftsführers sei § 2 Abs. 4 AuslBG heranzuziehen, wonach für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliege, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend sei. Laut Notariatsakt vom 26. September 1995 sei ein zur Hälfte bar einbezahlter Geschäftsanteil entsprechend einer Stammeinlage von S 250.000,-- von einem namentlich genannten Dritten an den in Pkt. 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses genannten Ausländer um den Preis von S 1,-- abgetreten worden. Für diese "Abtretung zum symbolischen Schilling" habe der Beschwerdeführer - obzwar anwaltlich vertreten - keine Erklärung anbieten können. Einen Hinweis darauf, dass dieser Ausländer die Gesellschaft m. b.H. jemals "geführt" oder als deren Gesellschafter auf die Geschäftsführung tatsächlich wesentlichen Einfluss ausgeübt habe, habe weder der Beschwerdeführer geben können noch sei ein solcher im Verfahren hervorgetreten. Überdies sei zugestanden worden, dass dieser Ausländer seit dem Jahre 1995 stets nur für ein paar Tage in Wien gewesen sei, wobei zwischen seinen Aufenthalten Abstände bis zu fünf Monaten gelegen seien. Die Geschäftsführer- und Gesellschaftereigenschaft dieses Ausländers stelle sich somit - ungeachtet seines Geschäftsanteils von 50 % - im Lichte eines Verschleierungsversuches dar. In Ansehung der von ihm tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten sei demnach vom Vorliegen eines Scheingeschäftes im Sinne des § 916 ABGB zum Zweck der Ermöglichung einer scheinbar legalen (fallweisen) Beschäftigung des kroatischen Staatsangehörigen als Koch auszugehen. Es sei somit erwiesen, dass sämtliche vom Straferkenntnis erfassten ausländischen Staatsangehörigen am Tattag seitens der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft m.b.H. entgegen § 3 Abs. 1 AuslBG beschäftigt gewesen seien. Im Übrigen ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift im Rahmen seiner besonderen Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs. 1 VStG kein Verschulden treffe, zumal er - sollte er die Tätigkeit der betretenen Ausländer nicht persönlich angeordnet haben - jedenfalls in auffallend sorgloser Weise deren Beschäftigung nicht durch ein wirksames Kontrollsystem verhindert habe. Somit sei von (zumindest) fahrlässigem Handeln auszugehen.

Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafzumessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 14. Juni 1999, B 636/99-4, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene und über dessen Auftrag ergänzte Beschwerde aus den Gründen der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und der inhaltlichen Rechtswidrigkeit. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtbestrafung verletzt.

Die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, beantragte jedoch die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 (AuslBG), in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 895/1995, haben folgenden Wortlaut:

"§ 2. ...

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

a)

in einem Arbeitsverhältnis,

b)

in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

c), d), e)...."

"(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn

1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder

2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25% Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen."

"§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt."

§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit a AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997 lautet:

"Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und 4c) ausgestellt wurde,....

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40.000 S bis zu 240.000 S."

Der Beschwerdeführer wurde nach dem dritten Strafsatz (S 20.000,-- bis S 120.000,--) bestraft. Die Anzahl der unerlaubt beschäftigten Ausländer ist somit entscheidend für den angewendeten Strafsatz und damit auch für die Höhe der jeweils verhängten Strafe.

Vom Beschwerdeführer war bereits im erstinstanzlichen Verfahren hinsichtlich des unter Pkt. 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses genannten Ausländers das Vorliegen der Gesellschafter- und Geschäftsführereigenschaft im Sinne § 2 Abs. 4 AuslBG, hinsichtlich des unter Pkt. 3 genannten das Vorliegen eines Probearbeitsverhältnisses und hinsichtlich der unter Pkt. 4 genannten Ausländerin das Vorliegen einer durch plötzlich aufgetretene Krankheit erforderlich gewordenen, bloß stundenweisen und unentgeltlichen Aushilfstätigkeit behauptet worden. Lediglich hinsichtlich eines Ausländers beschränkte sich der Beschwerdeführer auf die bloße Bestreitung eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Argument, es handle sich um einen zu einem bestimmten Ereignis (Michael-Jackson-Konzert) angereisten Besuch.

Diese Einwendungen könnten rechtserheblich sein, weil im Falle ihrer erwiesenen Richtigkeit eine Bestrafung des Beschwerdeführers überhaupt nicht bzw. in einem weit geringeren Ausmaß erfolgt wäre.

Nach §§ 58 Abs. 2 und 60 in Verbindung mit § 67 AVG haben Berufungsbescheide eine Begründung zu enthalten, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. In der Bescheidbegründung ist in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. dazu die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage 1996, Entscheidung 8 zu § 67 AVG und Entscheidung 1 bis 9 zu § 60 AVG nachgewiesene Rechtsprechung). Dabei hat die Begründung eines Bescheides Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörden und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist dem Bescheidadressaten eine Verfolgung seiner Rechte und auch dem Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung des Bescheides auf seine Rechtsrichtigkeit möglich. Diesen Anforderungen wird ein Bescheid dann nicht gerecht, wenn sich die Behörde darauf beschränkt, die Aussagen der in der Berufungsverhandlung vernommenen Zeugen kommentarlos wiederzugeben.

Um diesen Grundsätzen zu entsprechen, hätte es in der Begründung des angefochtenen Bescheides zunächst der Darlegung jenes konkreten Sachverhaltes bedurft, der die Beurteilung der Rechtsfrage ermöglicht. So bleibt unüberprüfbar, aus welchen (eigenen) Erwägungen die belangte Behörde diesen Ausführungen folgt oder (ganz oder teilweise) nicht folgt.

Die vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen waren nach Maßgabe der ihn im Verfahren treffenden Mitwirkungspflicht ausreichend konkretisiert, um die Behörde zur amtswegigen Ermittlung des für die Sachentscheidung erforderlichen Sachverhaltes zu veranlassen. So hätten nicht nur Feststellungen über die Gesellschaft- und Geschäftsführereigenschaft des erstgenannten Ausländers getroffen werden, sondern im Sinne des in jedem Falle anzuwendenden ersten Satzes des § 2 Abs. 4 AuslBG - insoweit unterliegt der Beschwerdeführer einem Rechtsirrtum - auch eine Auseinandersetzung mit der Frage nach der tatsächlichen Ausgestaltung der Geschäftstätigkeiten der Gesellschaft, der Geschäfts- und Finanzgebarung bzw -aufteilung, allfälliger interner Abreden etc. erfolgen müssen. Allein aus einer - übrigens nicht einmal genau dargestellten - sporadischen Abwesenheit des gemeinschaftlichen Gesellschafter-Geschäftsführers kann ein verlässlicher Schluss auf die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse in Zeiten der elektronischen Kommunikation nicht gezogen werden. Allein aus der Art der erfolgten Abtretung - an der der Beschwerdeführer im Übrigen nicht beteiligt war - kann noch nicht der Schluss gezogen werden, es habe sich dabei bzw. überhaupt bei der Aufnahme eines ausländischen Mitgesellschafters um ein Scheingeschäft gehandelt. Es ist auch der Behörde zu widersprechen, wenn sie offenbar davon ausgeht, diese Umstände seien vom Beschwerdeführer als Beschuldigtem unter Beweis zu stellen. Die ausschließlich die subjektive Tatseite betreffende Verpflichtung des Beschuldigten im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG, initiativ alles darzulegen, was seiner Entlastung dient, beseitigt keineswegs die Verpflichtung der Behörde, den objektiven Tatbestand zu ermitteln. Vielmehr ist gemäß § 37 iVm § 39 Abs. 2 AVG die Behörde verpflichtet, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen. Hat die Behörde dennoch kein Ermittlungsverfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 erster Satz AuslBG durchgeführt, hat sie ihrer - im Hinblick auf die durch die konkreten Einwendungen des Beschuldigten ausgelösten - amtswegigen Ermittlungspflicht, die Richtigkeit dieses Vorbringens zu überprüfen und die dabei gewonnenen Ermittlungsergebnisse zu würdigen, nicht entsprochen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 1995, Zl. 93/09/0447, und vom 10. Februar 1999, Zl. 97/09/0103). Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren geht in Anbetracht des objektiven Tatbestandes jedenfalls nicht so weit, dass sich die Behörde ein ordnungsgemäßes Verfahren ersparen könnte, zu dessen Durchführung sie verpflichtet ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413, u.v.a.).

Auch stellt die belangte Behörde zwar fest, die Ehegattin des Mitgesellschafter-Geschäftsführers habe lediglich kurzfristig, stundenweise ausgeholfen, ein Eingehen auf die in diesem Zusammenhang erhobene Einwendung des Beschwerdeführers, dies sei über Ersuchen seiner Gattin lediglich infolge seines unvorhergesehen aufgetretenen Krankenstandes erfolgt, hat die belangte Behörde aber verabsäumt. Gefälligkeitsdienste, die unentgeltlich und freiwillig erbracht werden, sind unter den Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs. 2 AuslBG nicht zu subsumieren. Daher wäre auch die weitere Frage zu klären gewesen, für wie lange diese Aushilfsarbeit beabsichtigt gewesen und ob hierfür ein Entgelt vereinbart worden sei. Zwar ist nicht zu leugnen, dass die auf dem Lichtbild sichtbar umgehängte Kellnerbrieftasche ein gewisses Indiz für das Vorliegen einer Beschäftigung darstellen kann, doch ändert dies grundsätzlich nichts an der Verpflichtung der Behörde, alle abzuwägenden Tatumstände ausreichend und unter Wahrung des Parteiengehörs zu erheben. Dass der Beschwerdeführer zu diesen Fragen im Einzelnen befragt worden wäre, ergibt sich aus dem über die mündliche Verhandlung aufgenommenen Protokoll jedenfalls nicht, ganz davon abgesehen, dass die Vernehmung des Beschwerdeführers trotz offenbarer Sprachschwierigkeiten ohne Dolmetsch erfolgt ist.

Desgleichen fehlen genauere Feststellungen über die exakte Dauer der in Bezug auf den drittgenannten Ausländer behaupteten bloßen Probearbeit und die Höhe eines allenfalls vereinbarten Entgeltes. Im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG kann das Vorliegen eines unentgeltlichen Probearbeitsverhältnisses, das heißt ein bloßes Vorführen von Kenntnissen und Fähigkeiten - vor Aufnahme der Beschäftigung - nur angenommen werden, wenn die erbrachten Leistungen nur kurzfristig und unentgeltlich erfolgt sind. Auch hierzu hätte die belangte Behörde Feststellungen über die konkrete Dauer der geleisteten Tätigkeiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1997, Zl. 96/09/0036) und ihrer allfälligen Entlohnung zu treffen gehabt. Die Ähnlichkeit der Oberbekleidung - die im Übrigen keineswegs ident ist (andere Farbe, andere Ärmellänge) - reicht zur Annahme eines bereits fixen Arbeitsverhältnisses nicht aus. Im vorliegenden Fall hätte sich die belangte Behörde jedenfalls zumindest damit auseinander setzen müssen, ob eine unentgeltliche Vorführung von notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses vorlag, weil derartige Tätigkeiten eben nicht den Bestimmungen des AuslBG unterliegen (vgl. dazu die bereits vorhin genannten Erkenntnisse sowie die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1991, Zlen. 91/09/0038 und 91/09/0039).

Da die belangte Behörde unterlassen hat, im oben aufgezeigten Sinne Ermittlungen zu pflegen bzw. Feststellungen zu treffen, obwohl von der Anzahl der erwiesenermaßen beschäftigten Ausländer das Strafausmaß abhängig war, liegen Verletzungen von Verfahrensvorschriften vor, bei deren Vermeidung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit b und c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Umsatzsteuer im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist und nicht ein zweites Mal zugesprochen werden kann.

Wien, am 4. April 2001

Dr. Fürnsinn

Mag. Flendrovsky

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

Schlagworte

Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Arbeitsrecht Arbeiterschutz Ermittlungsverfahren Allgemein Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Verhältnis zu anderen Materien Normen VStG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999090143.X00

Im RIS seit

12.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten