TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/04 C3 318796-1/2008

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Veröffentlicht am 04.09.2008
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Spruch

C3 318.796-1/2008/2E

 

C3 318.796-2/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. van Best-Obregon als Vorsitzende und den Richter Mag. Schlaffer als Beisitzer über die Beschwerde des R.A.S., geb.00.00.1986, StA. Indien,

 

I. in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde des R.A.S. vom 14.04.2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.03.2008, Zahl: 07 03.840-BAG, wird gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG abgewiesen.

 

II. in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

 

Die Beschwerde des R.A.S. vom 18.02.2007 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.11.2007, Zahl: 07 03.840-BAG, wird gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Am 21.04.2007 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 14.11.2007, Zahl 07 03.840-BAG, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab und erkannte ihm den Status des Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG erkannte das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.) und wies ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien aus (Spruchpunkt III.).

 

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer an seiner aufrechten Meldeadresse durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt mit Wirkung vom 17.11.2007 rechtswirksam zugestellt. Mangels rechtzeitiger Erhebung eines Rechtsmittels erwuchs der Bescheid am 04.12.2007 in Rechtskraft.

 

Am 18.02.2008 brachte der Vertreter des Beschwerdeführers per Fax einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein und erhob gleichzeitig das Rechtsmittel der "Berufung" (nunmehr "Beschwerde") gegen den obengenannten Bescheid. Vorgebracht wurde in Bezug auf den Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen, der Beschwerdeführer habe durch Vorsprache bei seinem nunmehrigen Vertreter erst am 06.02.2008 davon erfahren, dass der Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.11.2007 bereits rechtskräftig geworden sei. Recherchen hätten ergeben, dass keine ordnungsgemäße Zustellung des Bescheides erfolgt sei. Der nunmehr angefochtene Bescheid sei offenbar in der XYgasse 6-16/1/11, Wien, zugestellt worden. Ein Mitbewohner des Beschwerdeführers habe es verabsäumt, diesem die Hinterlegungsanzeige eines Schriftstückes, offensichtlich des nunmehr angefochtenen Bescheids des Bundesasylamtes, auszufolgen. Ein derartiges Verhalten sei für den Beschwerdeführer nicht vorhersehbar gewesen. Es handle sich daher aus seiner Sicht um ein unabwendbares und von ihm unverschuldetes Ereignis.

 

Das Bundesasylamt beraumte für den 14.03.2008 einen Einvernahmetermin an, der vom Beschwerdeführer unentschuldigt nicht wahrgenommen wurde.

 

Mit Bescheid vom 28.03.2008, Zahl: 07 03.840-BAG, wies das Bundesasylamt den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ab. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei an der Zustelladresse aufrecht gemeldet gewesen, die Hinterlegung des Asylbescheides sei seitens der Post angekündigt worden, somit sei der ordnungsgemäße Zustellvorgang im Akt ausreichend dokumentiert. Der Beschwerdeführer habe sich das Verhalten seines Mitbewohners zurechnen zu lassen, es sei mit seinem eigenen Verschulden gleichzusetzen. Hätte der Beschwerdeführer mit der nötigen Sorgfalt gehandelt, so hätte er von der Hinterlegung eines Schriftstücks Kenntnis erlangen müssen. Dies z.B. dadurch, dass er sich wenigstens einmal wöchentlich bei seinem Mitbewohner über allfällige Poststücke erkundigt oder für sich allenfalls einen eigenen Briefkasten angebracht hätte.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht "Berufung" (nunmehr "Beschwerde") und wiederholte sein Vorbringen. Als Mangel wurde geltend gemacht, dass der Mitbewohner des Beschwerdeführers nicht einvernommen worden sei.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 75 Abs. 7 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes, BGBl. I 4/2008 (AsylGHG), sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Zu Spruchpunkt I.):

 

Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit nicht die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. zum Ganzen die bei Walter/Thienel Verwaltungsverfahren I, E 96 ff zu § 71 AVG wiedergegebene Judikatur). Bei der Beurteilung, ob eine auffallende Sorglosigkeit vorliegt, ist also ein unterschiedlicher Maßstab anzulegen, wobei es insbesondere auf die Rechtskundigkeit und die Erfahrung im Umgang mit Behörden ankommt.

 

Vorauszuschicken ist, dass der Zustellvorgang des Bescheides des Bundesasylamtes vom 14.11.2007 laut Rückschein ordnungsgemäß erfolgt ist und dass der Beschwerdeführer die Frist zur Erhebung einer Beschwerde versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erlitten hat. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist (§ 71 Abs. 1 Z 1 AVG) liegen somit vor.

 

Zu prüfen ist im konkreten Fall, ob der Beschwerdeführer das nötige Maß an Sorgfalt an den Tag gelegt hat bzw. ob ihm das Verhalten seines Mitbewohners - nämlich die unterlassene Weitergabe der Hinterlegungsanzeige - als eigenes Verschulden zugerechnet werden muß. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nur dann zu bewilligen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass die ordnungsgemäße Benachrichtigung von der Hinterlegung durch dritte Personen entfernt worden ist und den Antragsteller selbst daran nicht ein den geringen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden trifft. Von einem unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignis im Sinne des § 71 AVG kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Beschwerdeführer vernünftigerweise damit rechnen durfte, dass die an ihn adressierte Post von seinem Mitbewohner auch an ihn weitergegeben wird, dies jedoch wegen außergewöhnlicher Umstände im Einzelfall nicht geschehen ist. Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer jedoch kein substantiertes Vorbringen erstattet. Weder aus dem Antrag auf Wiedereinsetzung noch aus dem Beschwerdeschreiben gegen die erstinstanzliche Entscheidung ergibt sich, wie unter den Mitbewohnern die Verteilung der Post organisiert war und aus welchem Grund der Beschwerdeführer darauf vertrauen durfte, dass ihn Postsendungen auch tatsächlich erreichen. Fehlt ein solches detailliertes sachverhaltsbezogenes Vorbringen - insbesondere dazu, wie oft und von wem die Hausbrieffächer üblicher Weise entleert wurden und welche Vorkehrungen mit den Mitbewohnern getroffen wurden, dass die einzelnen Poststücke auch an die richtigen Adressaten zugingen - so hat der Beschwerdeführer das Erfordernis der Glaubhaftmachung nicht erfüllt (vgl. VwGH vom 2.10.2000, Zl. 98/19/0198).

 

Abgesehen davon, dass der Berufungswerber wusste, dass eine Entscheidung des Bundesasylamtes bevorsteht, ist es ihm, wie schon die Erstbehörde völlig zu Recht ausgeführt hat, auch zumutbar sich regelmäßig - und sei es auch nur einmal wöchentlich - bei seinem Mitbewohner zu erkundigen, ob irgendwelche Poststücke für ihn zugestellt wurden. Hätte der Beschwerdeführer diesbezüglich die nötige Sorgfalt an den Tag gelegt, so hätte er von der Hinterlegungsanzeige Kenntnis erlangt. Auffallend ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Beschwerdeführer - nachdem er bereits den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hatte - unentschuldigt von der für den 14.03.2008 anberaumten Einvernahme vor dem Bundesasylamt fern geblieben ist. Dass der Beschwerdeführer von der Möglichkeit zu den Wiedereinsetzungsgründen ausführlich Stellung zu nehmen und diese persönlich vor der Behörde darzulegen keinen Gebrauch machte, zeugt vom Fehlen der nötigen Ernsthaftigkeit, mit der ein Asylwerber sein Verfahren betreiben sollte und war entgegen dem Beschwerdevorbringen, die Einvernahme seines Mitbewohners sohin entbehrlich.

 

Insgesamt betrachtet erkennt der Asylgerichtshof im Verhalten des Beschwerdeführers aus den eben dargelegten Gründen ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden, und war der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Strand abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt II.)

 

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die "Berufung" gegen einen Bescheid binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie ordnungsgemäß erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser zu laufen.

 

Der angefochtene Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.11.2007, Zahl:

07 03.840-BAG, wurde mit Wirkung vom 17.11.2007 durch ordnungsgemäße Hinterlegung beim zuständigen Postamt rechtswirksam zugestellt. Die Frist des § 63 Abs. 5 AVG endete sohin am 04.12.2007.

 

Da die Beschwerde des Asylwerbers erst am 18.02.2008 eingebracht wurde, war diese als verspätet zurückzuweisen.

Schlagworte
ABGB, Fristversäumung, minderer Grad eines Versehens, Wiedereinsetzung, Zurechenbarkeit, Zustellung
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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