TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/05 D15 400621-1/2008

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Veröffentlicht am 05.09.2008
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Spruch

D15 400621-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Riepl als Vorsitzende und durch den Richter Mag. Windhager als Beisitzer über die Beschwerde des B.V., geb. 00.00.1984, StA. von Moldawien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.07.2008, FZ. 08 03.030-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Moldawiens, Angehöriger der moldawischen Volksgruppe, stellte erstmals am 17.06.2006, nachdem er am Vortag unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist war, einen Asylantrag.

 

Bei der am 17.06.2006 erfolgten niederschriftlichen Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an den Namen B.V. zu führen und am 00.00.1984 in Moldawien geboren zu sein. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass es in Moldawien sehr schwer zu leben sei, weil es dort keine Arbeit gäbe und die Löhne, für den Fall das man Arbeit finden würde, nicht rechtzeitig bezahlt werden würden. In Moldawien habe er keine Angehörigen mehr. Andere Fluchtgründe hätte er nicht.

 

Am 18.07.2006 erfolgte eine niederschriftlich Einvernahme durch das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, in deren Zuge er auf den Vorhalt, dass er bisher in seinem Asylverfahren unter verschiedenen Personalien aufgetreten sei, angab den Namen B.V. zu führen und am 00.00.1984 geboren zu sein und dass er freiwillig nach Moldawien zurückkehren wolle.

 

Der Beschwerdeführer übermittelte dem Bundesasylamt am 20.07.2006 ein

 

- formularmäßiges - Schreiben in dem er seinen Rückkehrwillen erneut bekundete.

 

Der Beschwerdeführer wurde am 10.08.2006 erneut vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, niederschriftlich einvernommen, wobei er angab, dass er vor zweieinhalb Jahren einen Autounfall gehabt hätte, dabei wäre sein rechter Unterarm, sein linkes Bein und sein Kopf verletzt worden. Im Zuge mehrerer Operationen wären ihm Muskeln der Hand entfernt worden, sodass er nicht mehr arbeiten könne. Für seinen Lebensunterhalt wären seine Eltern aufgekommen, derzeit hätten diese aber keine Arbeit mehr. Er wäre nur nach Österreich gekommen, damit seine Hand behandelt werden würde. Nach der Operation würde er nach Moldawien zurückkehren, obwohl er fürchte, dass er vom moldawischen Staat keine Hilfe bekommen würde. Seine Ersparnisse hätte er für die Reise nach Österreich verbraucht.

 

Am 31.10.2006 langte erneut ein - formularmäßiges - Schreiben des Beschwerdeführers beim Bundesasylamt ein, in welchem er wiederholt bekannt gab, dass er in seinen Heimatstaat zurückkehren wolle und erklärte sich einverstanden, dass sein Asylantrag gem. § 31 Abs. 3 AsylG 2003 als gegenstandslos abgelegt werde.

 

Mit Schreiben der International Organization for Migration (IOM), welches am 14.12.2006 beim Bundesasylamt einlangte, wurde bestätigt, dass der Beschwerdeführer am 12.12.2006 freiwillig unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet ausgereist ist. In weiterer Folge wurde das Verfahren gem. § 25 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 als gegenstandslos abgelegt.

 

Am 02.04.2008 reiste der Beschwerdeführer erneut unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. In der am Tag der Antragstellung durchgeführten niederschriftlichen Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, den Namen B.V. zu führen, am 00.00.1984 in Moldawien geboren zu sein und Moldawien verlassen zu haben, weil er seit sechs Jahren seine rechte Hand nicht mehr bewegen könne und er wolle, dass diese in Österreich operiert werde. Mit seiner verletzten Hand könne er in Moldawien nirgends arbeiten und er würde nur fünf Euro Invalidenrente bekommen. Politische Fluchtgründe habe er keine.

 

In der am 13.05.2008 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme gab er an, dass er in Österreich keine Verwandten habe, seine Mutter verstorben sei und er in Moldawien nur noch seinen Vater und eine Schwester habe. Als Fluchtgrund gab er an, dass man in Moldawien schlecht leben könne, er bereits einmal nach Österreich gekommen sei um seine Hand operieren zu lassen, das Land aber verlassen habe, weil seine Mutter erkrankt sei. Zuhause lebe er als Invalide und würde aus diesem Grund keine Arbeit finden. Er möchte in Österreich leben, einen Beruf erlernen, hier arbeiten und seinen Arm operieren lassen.

 

Am 17.06.2008 wurde der Beschwerdeführer erneut vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Graz, niederschriftlich einvernommen, wobei er vorbrachte, dass seine Mutter bereits vor seiner Rückkehr nach Moldawien im Jahr 2006 schwer krank gewesen und er auf Ersuchen der Familie nach Moldawien zurückgekehrt sei, um bei ihrer Pflege zu helfen. An seinem Heimatort würde seine Familie, die nach dem Tod der Mutter nur mehr aus dem Vater und einer erwachsenen Schwester bestehen würde, über ein eigenes Haus und eine kleine Landwirtschaft verfügen, die allerdings von der Schwester betrieben werden würde, da auch sein Vater krank sei und wie er keine körperliche Arbeit verrichten könne. Die Schwester sorge auch sonst für den Unterhalt der Familie, indem sie in der örtlichen Schneiderei arbeite. Es gäbe auch noch die Geschwister seiner Eltern, zu denen würde aber kein Kontakt bestehen, da diese aufgrund ihrer guten finanziellen Lage den Umgang ablehnen würden. Moldawien habe er wieder verlassen, weil er dort keine Zukunft für sich sehen würde und Angst habe, dass seine Schwester ihn nicht mehr versorgen würde, wenn diese einmal heiraten werde.

 

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 01.07.2008, FZ. 08 03.030-BAG, unter Spruchpunkt I den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab und wurde dem Beschwerdeführer unter Spruchpunkt II der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Moldawien gem. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht zuerkannt. Unter Spruchpunkt III wies das Bundesasylamt den Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Moldawien aus.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Mit 01.07.2008 wurde gegenständliche Beschwerdeangelegenheit dem nunmehr erkennenden Senat des Asylgerichtshofes zur Entscheidung zugewiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Moldawien. Seine Identität konnte mangels Vorlage geeigneter Dokumente nicht festgestellt werden.

 

Der Beschwerdeführer stammt aus M., wo er im Verband seiner Familie lebte. Er ist am 16.06.2006 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet eingereist und hat am 17.06.2006 erstmals einen Asylantrag gestellt. Nachdem der Beschwerdeführer das Bundesgebiet wegen der Verschlechterung des Gesundheitszustandes seiner Mutter verlassen musste, wurde sein Verfahren am 12.12.2006 als gegenstandslos abgelegt. Die Zeit nach seiner Rückkehr an seinen Herkunftsort verbrachte er wiederum im Verband seiner Familie und half bei der Pflege seiner Mutter. Die Familie des Beschwerdeführers verfügt über ein eigenes Haus mit einer kleinen Landwirtschaft um Nahrungsmittel für den Eigengebrauch zu erzeugen. Die Schwester des Beschwerdeführers stellt die Ernährerin der Familie dar. Der Beschwerdeführer hat Moldawien nicht aufgrund von Furcht vor Verfolgung verlassen.

 

Ebenso konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Moldawien in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

 

Der Beschwerdeführer verfügt weder über Verwandte noch über sonstige familiäre Bindungen in Österreich, im Bereich der EU, in Norwegen oder Island.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich in den Länderfeststellungen der belangten Behörde zu Moldawien an (vgl. S. 10-12 des erstinstanzlichen Bescheides) an und erhebt diese zum Bestandteil dieses Bescheides. Bis zum Entscheidungsdatum sind keine entscheidungsrelevanten Änderungen der Situation in Moldawien bekannt geworden.

 

Dies ergibt sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers. Zwar hat dieser während des Verfahrens unterschiedliche Angaben zu seinen Personalien und seinen familiären Verhältnissen getätigt, doch sind diese Widersprüche, vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass der Beschwerdeführer sein Abgehen von den tatsächlichen Gegebenheiten nachvollziehbar begründen konnte und er den Grund seiner Ausreise aus Moldawien - der ja immerhin den Kern des Verfahrens bildet - von Beginn an gleichbleibend darstellte, nicht geeignet die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zu begründen.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

II.2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 9 leg. cit. entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. Gemäß Abs. 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen Drittstaatssicherheit gem. § 4, wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gem. § 5 und wegen entschiedener Sache gem. § 68 Abs. 1 AVG sowie über die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Mit 01.01.2006 ist das AsylG 2005 in Kraft getreten. Nachdem der Asylantrag des Berufungswerbers am 02.04.2008 gestellt wurde, findet das genannte AsylG 2005 auf dieses Verfahren vollumfänglich Anwendung.

 

Gemäß § 3 leg. cit. ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs.2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH v. 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH v. 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH v. 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH v. 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH v. 25.01.2001, Zl. 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH v. 26.02.1997, Zl. 95/01/0454; VwGH v. 09.04.1997, Zl. 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH v. 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; vgl. auch VwGH v. 16.02.2000, Zl. 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH v. 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH v. 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH v. 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH v. 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; VwGH v. 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH v. 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; VwGH v. 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt erwies sich, wie auch von der belangten Behörde vollkommen richtig dargestellt wurde, als nicht geeignet, um eine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannt sind, glaubhaft zu machen. Der Vollständigkeit halber muss hier angemerkt werden, dass der vorgebrachte Sachverhalt keinerlei Elemente enthielt, die auf eine asylrelevante Verfolgung hindeuten würden, sodass das Vorbringen schon grundsätzlich ungeeignet war eine Furcht vor Verfolgung auch nur ansatzweise glaubhaft machen zu können. Somit konnte der Beschwerde in diesem Punkt kein Erfolg beschieden sein. Der Vollständigkeit halber ist noch anzuführen, dass die freiwillige Rückkehr im Jahr 2006 ebenfalls ein Indiz darstellt, welches geeignet ist eine Furcht vor Verfolgung zu verneinen, das vor allem im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen im gegenständlichen Asylantrag nicht geändert hat.

 

Auch der Beschwerde vermag der erkennende Senat des Asylgerichtshofs kein neues Sachvorbringen zu entnehmen, welches geeignet wäre, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof gem. § 41 Abs. 7 AsylG 2005 i.V.m. § 67d AVG unterbleiben konnte, weil der maßgebende Sachverhalt durch die Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war.

 

2. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG 1997 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH v. 27.02.1997, Zl. 98/21/0427). Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (VwGH v. 19.02.2004, Zl. 99/20/0573) Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffenen Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit einer realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Beschwerdeführers in sein Heimatland Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun (VwGH v. 26.06.1997, Zl. 95/18/1291; VwGH v. 17.07.1997, Zl. 97/18/0336) ist. Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH v. 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

 

In seiner Beschwerdeschrift hat der Berufungswerber zwar umfangreich und auch zutreffend dargestellt, dass die Gewährung von Asyl von einer (drohenden) Verfolgung im Herkunftsstaat abhängig ist, verkennt aber die Tatsache, dass die von ihm vorgebrachten Gründe nicht auf einer staatlichen bzw. dem Staat Moldawien zurechenbaren Verfolgung beruhen, das Vorbringen sogar schlichtweg ungeeignet ist, irgendeine Verfolgung darzustellen. Auch unterlässt es der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz, konkret und substantiiert vorzubringen, aus welchen auf den konkreten Fall bezogenen Gründen er im Falle einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

 

Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) ist von einem hohen Eingriffsschwellenwert des Art. 3 EMRK auszugehen, woraus sich der für dieses Verfahren relevante Prüfungsmaßstab ableiten lässt. Beachtet man, dass gemäß dieser Rechtsprechung der Umstand, dass die medizinische Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland und möglicherweise "erhebliche Kosten" verursachen können, nicht geeignet ist, um einen Eingriff in die durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte zu begründen, muss auch noch berücksichtigt werden, dass Art. 3 EMRK nicht dazu dient einem Fremden eine Heilung von Krankheit bzw. einen Ausgleich eines Gebrechens unter Einsatz des sozialen Netzes des Aufenthaltsstaates zu sichern, sondern dazu dienen soll, dass es nicht zu einer gravierenden Beeinträchtigung der Rechtsgüter Leib und Leben im Herkunftsland kommt.

 

Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer dargelegten Umstandes, dass er seit seiner Arbeitsunfähigkeit im Verband der Familie gelebt hat und diese über ein Haus mit einer Landwirtschaft verfügt, die geeignet ist, die zur Bestreitung des Bedarfs an Lebensmitteln erforderlichen Mengen zu liefern, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in eine auswegslose Situation kommen würde. Die Befürchtung, dass seine Schwester, die erheblich zur Bestreitung des Lebensunterhalts der Familie beiträgt, eines Tages heiraten und eine Familie gründen könnte ist rein spekulativ und als solche nicht geeignet seitens des Asylgerichtshofes ausreichende Bedenken zu begründen. Hinzuweisen ist noch darauf, dass der Beschwerdeführer seitens des Staates Moldawien eine Invalidenpension ausbezahlt bekommt, also von einer Hilfsunwilligkeit des Staates nicht gesprochen werden kann.

 

Für den erkennenden Senat des Asylgerichtshofes haben sich daher keine Anhaltspunkte ergeben, die in Bezug auf eine aufenthaltsbeendende Maßnahme auf eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention hindeuten würden. Dem Beschwerdeführer ist es daher weder gelungen eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen, noch ist es ihm gelungen Gründe darzulegen, die eine Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründen könnten.

 

3. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird; der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird; einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Zu den in der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Eine solche, im Bundesgebiet aufhältige Familie wurde vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht, ganz im Gegenteil führte er aus, dass sämtliche Mitglieder seiner Familie im Herkunftsland aufhältig sind.

 

Was aber eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privatleben angeht, ist anzumerken, dass die zeitliche Komponente eine wesentliche Rolle spielt, da eine schützenswerte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist. Der Verwaltungsgerichtshof geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus. Der Beschwerdeführer hielt sich insgesamt nur rund zehn Monate im Bundesgebiet auf, wobei zusätzlich zu beachten ist, dass dieser Aufenthalt durch eine beinahe eineinhalbjährige Abwesenheit - bei der er sich wieder im Schoß seiner Familie aufhielt - unterbrochen wurde. Die zeitliche Dauer und der Besuch eines Deutschkurses können also nicht für eine ausreichende Integration sprechen, sodass von einem Eingriff in das durch § 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privatleben nicht gesprochen werden kann; zu einer Interessenabwägung i.S.d. § 8 Abs. 2 EMRK brauchte es also gar nicht kommen.

 

Zusammenfassend vermochte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift keine Umstände aufzuzeigen, wonach die rechtliche Beurteilung des Bundesasylamtes hinsichtlich der Prüfung des Antrages an den Maßstäben der §§ 3 und 8 AsylG 2005 unrichtig sein sollte. Derartige Umstände konnte der zur Entscheidung berufene Senat des Asylgerichtshofes auch nicht von Amts wegen erkennen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Identität, Lebensgrundlage, non refoulement, Sicherheitslage, soziale Verhältnisse
Zuletzt aktualisiert am
07.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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