TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/08 A4 315107-1/2008

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Veröffentlicht am 08.09.2008
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Spruch

A4 315.107-1/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. LAMMER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. HOLZSCHUSTER als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin VB Wilhelm über die Beschwerde des A.S., geb. 00.00.1968, StA. Ägypten, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.09.2007, FZ. 07 02.580-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde von A.S. vom 10.10.2007 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.09.2007, FZ. 07 02.580-BAT, wird in allen Spruchpunkten abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. 1. Der (nunmehrige) Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Ägyptens, reiste am 04.03.2007 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte in weiterer Folge am 13.03.2007 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Er wurde hiezu sowohl am 13.03., 16.03. und 25.05.2007 sowie am 07.08.2007 niederschriftlich einvernommen.

 

2. Zur Begründung seines Asylantrages brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, aufgrund seiner ehemaligen Mitgliedschaft bei der Moslemischen Bruderschaft Probleme mit den ägyptischen Behörden gehabt zu haben. Bereits im Jahre 1992 sei der Asylwerber erstmals im Zusammenhang mit Studentenunruhen mit den lokalen Sicherheitsbehörden in Konflikt geraten und für die Dauer von insgesamt 27 Tagen inhaftiert worden. Während dieses Zeitraums wäre er weder verhört noch in irgendeiner Weise mit konkreten Vorwürfen konfrontiert worden, ehe man ihn kommentarlos wieder nach Hause geschickt hätte. Als einzige Auflage sei dem Beschwerdeführer auferlegt worden, sich in Hinkunft von der Moslembruderschaft fern zu halten. Diese Anordnung hätte der Asylwerber jedoch in weiterer Folge zur Gänze missachtet und sich stattdessen mit den Lehren des Koran intensiv auseinandergesetzt. Seit dem Jahr 1997 habe sich der im Betreff Genannte permanent auf der Flucht und auf der Suche nach Arbeit befunden. So hätte er sich auch über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren in Libyen aufgehalten um dort Geld zu verdienen. Nach seiner Rückkehr in sein Heimatland wäre der Beschwerdeführer wiederholt, "mindestens zwanzigmal (Seite 113 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)", festgenommen und inhaftiert worden. Über die Dauer und die Orte seiner Gefangennahme könne er jedoch keine Angaben machen. Ein konkretes Ereignis, welches ihn im Jahre 2006 zum Verlassen seines Herkunftslandes bewogen hätte, habe es jedoch nicht gegeben, "es war vielmehr die Summe aller Unannehmlichkeiten, die mich satt werden ließ (Seite 117 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Im Falle seiner Rückkehr befürchte der Antragsteller direkt vom Flughafen ins Gefängnis überführt zu werden.

 

3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.09.2007, FZ: 07 02.580-BAT, wies die Erstinstanz den Antrag auf internationalen Schutz in Spruchpunkt I. gem. § 3 Abs. 1 AsylG ab und erklärte, dass dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt werde. In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde dem Antragsteller gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ägypten nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III. des Bescheides wurde der im Betreff Genannte gem. § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ägypten ausgewiesen.

 

4. Gegen diesen Bescheid erhob der im Betreff Genannte fristgerecht Berufung.

 

II. Zum Sachverhalt:

 

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer ein Staatsangehöriger Ägyptens ist. Die Identität des Antragstellers konnte mangels Vorlage von als unbedenklich zu qualifizierenden Personaldokumente nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in das erstinstanzliche Aktenkonvolut unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Antragstellers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheids, sowie des Berufungsschriftsatzes.

 

III. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 (Art. 2 BG BGBl. I 100/2005) sind "[A]lle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997 (in der Folge: AsylG) i. d. F. der AsylG-Nov. 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die ab dem 01.05.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG in der jeweils geltenden Fassung, di. nunmehr die Fassung der AsylG - Nov. 2003, zu führen.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter (1.) über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und (2.) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i. S. d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich infolge von vor dem 01.01.1951 eingetretenen Ereignissen aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH v. 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH v. 19.04.2001, Zl. 99/20/0273).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH v. 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen

 

oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG 1997 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH v. 27.02.1997, Zl. 98/21/0427).

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

-

der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

 

-

der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;

 

-

einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

-

einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

-

dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

-

diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerber liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist

 

gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist (§ 10 Abs. 3 AsylG). Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§ 10 Abs. 4 AsylG).

 

Dem Beschwerdeführer wurde vor der Behörde erster Instanz hinlänglich Gelegenheit geboten, alle seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Argumente ins Treffen zu führen und wurden diese im bekämpften Bescheid als absolut unglaubwürdig eingestuft. Hauptgrundlage für die Einschätzung der belangten Behörde bildeten im Wesentlichen die Vielzahl der massiven inhaltlichen Widersprüche im direkten inhaltlichen Vergleich zu den im Zuge seiner drei niederschriftlichen Einvernahmen getätigten Aussagen.

 

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen seine Angaben bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden.

 

Eine Aussage ist grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren, wenn das Vorbringen des Antragstellers hinreichend substantiiert ist; er sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. seine Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen.

 

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor der Erstbehörde am 13.03., 16.03., 25.05. sowie am 07.08.2007 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, möglichst umfassend und detailliert den Gang der Ereignisse, welche sodann zu seiner Flucht geführt haben, darzulegen und wurden sämtliche Kernaussagen zu seiner behaupteten Bedrohungssituation einem Vergleich mit seinen zuvor getätigten Aussagen unterzogen. Die daraus resultierenden Widersprüche wurden in weiterer Folge dem Antragsteller zur Stellungnahme vorgehalten und sah sich dieser nicht dazu in der Lage, diese inhaltlich nachvollziehbar zu entkräften.

 

Es entsteht sohin der Eindruck, dass der im Betreff Genannte sich bloß eine konstruierte Rahmengeschichte zu Recht gelegt hat, um sich durch diese Vorgangsweise im Bundesgebiet einer allfälligen Abschiebung in sein Herkunftsland zu entziehen. Es hieße die Augen vor der Realität zu verschließen, würde man in diesem Zusammenhang die offensichtlich rein wirtschaftliche motivierte Asylantragstellung negieren.

 

Auf Grund obiger Überlegungen und aufgrund der letztlich völlig zutreffenden Beweiswürdigung des Bundesasylamtes über die Divergenzen des Vorbringens des Beschwerdeführers in sämtlichen seiner niederschriftlichen Einvernahmen kommt der Asylgerichtshof daher ebenso wie das Bundesasylamt zum klaren Ergebnis, dass das diesbezügliche individuelle Vorbringen nicht glaubhaft ist.

 

Der Entscheidung der Behörde erster Instanz wird sohin vollinhaltlich hinsichtlich sämtlicher Spruchpunkte beigetreten bzw. werden die begründenden Passagen des Erstbescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben. Weiters wird ausgeführt, dass in Ägypten

 

überdies derzeit keine dergestalt exzeptionelle Situation (Bürgerkrieg, Seuchenkatastrophe) besteht, dass eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK indiziert wäre. Als notorische Tatsache wird überdies die Kenntnis vorausgesetzt, dass in Ägypten derzeit keine Situation dergestalt besteht, dass jede zurückzuführende Person einer lebensbedrohlichen Situation überantwortet werden würde etwa aufgrund des Mangels der Deckung existentieller Grundbedürfnisse.

 

Hervorgehoben sei, dass des Weiteren der Beschwerdeführer insbesondere nicht in seinen gewährleisteten Rechten gemäß Art. 2 bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) durch Rückverbringung verletzt würde.

 

Dass der Antragsteller durch Rückverbringung in dem gewährleisteten Recht auf Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK berührt wäre, ist im Verfahren nicht hervorgekommen, deshalb spruchgemäß die Ausweisung auszusprechen war.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 67 d Abs. 4 AVG unterbleiben.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
03.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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