D8 231121-0/2008/6E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Gollegger als Vorsitzende und den Richter Mag. Kanhäuser als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Thurner über die Beschwerde des L.D. geb. 00.00. 2002, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. September 2002, FZ. 02 16.744-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998, zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist das in Österreich nachgeborene Kind der E.D. die Asylwerberin in Österreich ist. Er stellte am 21. Juni 2002 - vertreten durch die Mutter - einen Asylerstreckungsantrag gemäß § 10 AsylG.
Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 3. September 2002, Z 02 16.744-BAT, den Asylerstreckungsantrag des Beschwerdeführers gem. § 10 iVm § 11 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I 76/1997 (AsylG) idgF, ab.
Dagegen wurde fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben.
2. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 8. September 2008, Z D8 229.190-0/2008/5E, wurde - in Erledigung der Beschwerde der Mutter - der Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. Mai 2002, Z 02 03.499-BAT, mit dem der Asylantrag der Mutter und gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers abgewiesen und deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien für zulässig erklärt worden war, behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Rechtslage:
1.1 Der Asylgerichtshof hat gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. 1/1930 (WV) idF BGBl. I 2/2008, ab 1. Juli 2008 die beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen.
Gemäß § 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG), Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes, BGBl. I 4/2008, tritt dieses Bundesgesetz mit 01.07.2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 22 Abs. 1 des Art. 2 des Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes, Änderung des Asylgesetzes 2005, BGBl. I 100/2005 in der Fassung BGBl. I 4/2008 (AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008), ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.
Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. 1/1930 dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. 10, nichts anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Nach § 66 Abs. 4 AVG, BGBl. 51/1991, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren, das gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005 idF der AsylG-Nov. 2008 von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat zu entscheiden ist.
1.2 Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I 76/1997, begehren Fremde mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyls.
Gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit. können Asylerstreckungsanträge frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat.
Gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens iSd Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
1.3 Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I 4/2008, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Gemäß § 44 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I 76/1997, in der Fassung BGBl. I 101/2003, werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I 76/1997 idF BGBl. I 126/2002, geführt.
1.4 Gemäß § 66 Abs. 2 AVG, BGBl. 51/1991 idF BGBl. I 158/1998, kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in mehreren Erkenntnissen ausgeführt hat, macht es keinen Unterschied, ob es sich bei der "Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung" um eine kontradiktorische Verhandlung oder um eine bloße Einvernahme handelt (VwGH 21.11.2002, 2000/20/0084; 21.11.2002, 2002/20/0315; 11.12.2003, 2003/07/0079).
Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
2. In der Sache:
Asyl durch Erstreckung kann sohin lediglich dann gewährt werden, wenn der diesbezügliche Antrag zulässig ist, einem der in § 10 Abs. 2 AsylG 1997 genannten Angehörigen des Asylwerbers aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen Asyl gewährt wurde und die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens iSd Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Mit dem oben unter Pkt. I.2. genannten Erkenntnis hat der Asylgerichtshof jenen Bescheid, mit dem der Asylantrag der Mutter des Beschwerdeführers, E.D. vom Bundesasylamt abgewiesen worden war, gem. § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Im Hinblick darauf, dass der über den Asylantrag der Mutter des Beschwerdeführers ergangene Bescheid des Bundesasylamtes, auf den die Abweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Asylerstreckungsantrages gestützt wurde, nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, war spruchgemäß zu entscheiden.