C7 318902-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Hat als Vorsitzende und den Richter Mag. Felseisen als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Bernold über die Beschwerde des S. A. , geb. 00.00.1957, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.04.2008, FZ. 07 08.630-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBL I Nr. 4/2008, als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 19.09.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er wurde noch am selben Tag einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen und am 03.12.2007 und 29.02.2008 in der Erstaufnahmestelle Ost und in der Außenstelle Wien des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen. Bei der Erstbefragung machte er im Wesentlichen Grundstücksstreitigkeiten mit der Akali Dal Partei, insbesondere mit zwei Personen, geltend. Bei der zweiten Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 29.02.2008 brachte er vor allem vor, an Kundgebungen und Demonstrationen der Kongresspartei teilgenommen zu haben und aus diesem Grund von Anhängern der Akali Dal geschlagen und bedroht worden zu sein.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.04.2008 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt II gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG der Status des subsidiären Schutzberechtigten im Bezug auf seinen Herkunftsstaat nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III wurde er gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.
Die Erstbehörde traf darin aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben (u.a. UK Home Office, Country of Origin Report India, September 2007) zur allgemeinen Lage in Indien. Die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen wurden als nicht glaubwürdig gewertet (Seiten 18 bis 20 des Erstbescheides): Der Beschwerdeführer sei in keiner Phase der Befragung in der Lage gewesen, konkrete, detaillierte und differenzierte Angaben zum Sachverhalt darzulegen. Die oberflächliche Präsentation habe zu keinem Zeitpunkt der Befragung den Eindruck erweckt, dass hier aus tatsächlich erlebten Erinnerungen geschöpft werde. Dieser Eindruck sei auch dadurch verstärkt worden, dass der Antragsteller bei der Erstbefragung mit keinem Wort die Kundgebung und die daraus resultierenden Probleme erwähnt habe, sondern vielmehr zwei Angehörige der Akali Dal Partei namhaft gemacht habe, mit denen er einen Grundstücksstreit ausgetragen habe. Weiters sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es Widersprüche bezüglich einer Anzeige bei der Polizei gegeben habe. Außerdem konnte der Beschwerdeführer keine plausiblen Hinderungsgründe nennen, warum er sich nicht an einem anderen Ort Indiens niederlassern könnte.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung (nunmehr: Beschwerde).
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.
Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:
1. Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es hat insgesamt zwei Einvernahmen des Beschwerdeführers durchgeführt und ihn konkret und ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.
Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.
In der Beschwerde werden den individuellen Ausführungen des Bundesasylamtes, insbesondere in Bezug auf die fehlende Glaubwürdigkeit des Vorbringens, keine konkreten Argumente entgegengesetzt bzw. wird kein substantiiertes Beweisanbot getätigt, welches Anlass zu weiteren Ermittlungen der Beschwerdeinstanz geboten hätte. Ferner sind nach Ansicht des erkennenden Gerichtshofes die von der Erstbehörde der Entscheidung zu Grunde gelegten Länderberichte und die getroffenen Länderfeststellungen für den konkreten Fall, insbesondere im Hinblick auf die mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens, ausreichend. Der in der Beschwerde angeführte Länderbericht 2007 von AI findet zudem Berücksichtigung im Länderbericht des UK Home Office, wird dieser vom UK Home Office an verschiedenen Stellen zitiert.
3. Der Asylgerichtshof geht wie bereits die Behörde erster Instanz davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund nicht glaubhaft ist; dies insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Darstellung der Fluchtgründe in den beiden Einvernahme beim BAA (1. Einvernahme: Grundstücksstreitigkeiten mit (vor allem zwei) Akali Dal Mitgliedern, 2. Einvernahme: Teilnahme an Kundgebungen und Demonstrationen der Kongresspartei und anschließende Schläge und Bedrohungen durch Angehörige der Akali Dal Partei, Grundstücksstreitigkeiten mit zwei Personen der Akali Dal erst auf Vorhalt), aufgrund des widersprüchlichen Vorbringens der Verständigung der Behörden (Polizei) sowie der - trotz wiederholten Nachfragens des einvernehmenden Organs - wenig detailreichen Angaben des Beschwerdeführers.
Ferner ist das Vorbringen (Schläge und Bedrohungen durch Anhänger der Akali Dal Partei), wenn man davon ausgehen würde, es würde den Tatsachen entsprechen, mangels hinreichender Intensität nicht asylrelevant.
Darüber hinaus wären - wie aus den von der Erstbehörde der Entscheidung zu Grunde gelegten Länderberichten ableitbar und in der erstinstanzlichen Beweiswürdigung erörtert - die Probleme mit der Akali Dal Partei bzw. den zwei namhaft gemachten Mitgliedern örtlich auf das Heimatdorf des Beschwerdeführers und das umliegende Gebiet beschränkt und wäre - auch angesichts der Größe und der Bevölkerungsdichte Indiens - mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer an anderen Orten bzw. in anderen Landesteilen Indiens ebenfalls derartigen Schwierigkeiten durch die genannten Personen ausgesetzt sein würde; der Beschwerdeführer könnte sich somit durch Verlegung seines Aufenthaltes an einen anderen Ort bzw. eine andere Region Indiens, beispielsweise nach Delhi, wo gemäß eigenen Angaben sein Schwager lebt, oder nach Uttar Pradesh, wo gemäß eignen Angaben sein Bruder wohnt, der behaupteten Verfolgung entziehen. Hinweise für eine Unzumutbarkeit im individuellen Fall, sich in anderen Landesteilen niederzulassen, haben sich im Verfahren nicht ergeben.
4. Auch die Ausführungen des Bundesasylamtes zu Spruchpunkt II. sind nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, warum dem Beschwerdeführer eine Existenzsicherung in Indien, auch in anderen Landesteilen Indiens, beispielsweise in Großstädten wie Delhi oder in Uttar Pradesh, nicht möglich und zumutbar sein sollte. Auch verfügt er durch seine Familienangehörigen über ein soziales Netz in Indien. Eine schwere Krankheit oder ein sonstiger Hinweis auf eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.
Dass sich seit der Erlassung des Erstbescheides in Indien allgemein eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall (Unglaubwürdigkeit des inhaltlichen Vorbringens) verneint werden und stellt sich die Lage in Indien seit Jahren im Wesentlichen unverändert dar, wie sich der Asylgerichtshof durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage, u.a durch Einschau in die Folgeberichte des UK Home Office (zuletzt Jänner 2008) - im Interesse des Beschwerdeführers - versichert hat.
5. Ebenso ist die Ausweisungsentscheidung in Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides zu bestätigen. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunke, seine Kernfamilie lebt in Indien. Eine nähere Prüfung des Privatlebens des Beschwerdeführers als Asylwerber ist nach der jüngsten EGMR Judikatur in der Regel nicht erforderlich, da das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher zu bewerten ist und die Ausweisung keinen unverhältnismäßigen Eingriff begründen kann (vgl. zur Interessensabwägung zwischen Privatleben und öffentlichem Interesse EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06). Selbst bei Prüfung des Vorliegens eines Privatlebens im Sinne der bisherigen Judikatur der österreichischen Höchstgerichte (vgl. VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07, VfGH vom 01.10.2007, Zl. G 179, 180/07) wären im Fall des Beschwerdeführers keine Hinweise auf eine sonstige außergewöhnliche schützenswerte Integration in Österreich erkennbar, dass allein aus diesem Grunde die Ausweisung für unzulässig zu erklären wäre, dies unter Berücksichtigung einer zum Entscheidungszeitpunkt beinahe einjährigen Aufenthaltsdauer (vgl. VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 wonach ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages gestützter Aufenthalt im Bundesgebiet regelmäßig keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet).
4. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.