D2 254954-0/2008/6E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Feßl als Einzelrichter über die Beschwerde der G.Z. geb. 00.001981, StA. Estland, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.06.2004, FZ. 03 36.205-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18 20.08.2008 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und G.Z. gemäß § 11 Abs. 1 AsylG i. d.F. BGBl I Nr. 126/2002 durch Erstreckung Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg. cit. wird festgestellt, dass G.Z. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die nunmehrige Beschwerdeführerin hat am 20.11.2003 einen Antrag auf Asylerstreckung gem. §§ 10, 11 AsylG i.d.F. vor der AsylG-Novelle 2003 eingebracht.
Unstrittig ist, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin die Ehefrau des A.S. ist, dessen Asylantrag vom Bundesasylamt gem. § 7 AsylG abgewiesen wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.06.2004, FZ. 03 36.205-BAI wurde der Asylerstreckungsantrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin gem. § 10 i.V.m. § 11 Abs. 1 AsylG 1997 in der Fassung vor der AsylG-Novelle 2003 abgewiesen. Dies mit der Begründung, dass der Asylantrag ihres Ehegatten mit Bescheid des Bundesasylamtes zu FZ. 03 32.845-BAI gem. § 7 AsylG abgewiesen worden sei und demnach zum Entscheidungszeitpunkt keine Asylgewährung eines in § 10 Abs. 2 AsylG angeführten Angehörigen vorliege.
Dagegen richtet sich die vorliegende, fristgerecht eingebrachte Berufung vom 11.06.2004 (nunmehr als Beschwerde zu werten), womit beantragt wird, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass Asyl durch Asylerstreckung gewährt werde.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Aus den bereits im Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 12.08.2008, GZ.
C5 251212-0/2008/11E, dargelegten Gründen ist § 75 Abs. 7 AsylG 2005 - samt weiteren auf das Verfahren des Asylgerichtshofs bezogenen Bestimmungen des AsylG 2005 - auch auf Verfahren wie das gegenständliche, die laut § 75 Abs. 1 AsylG 2005 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 (AsylG) zu Ende zu führen sind, sinngemäß anzuwenden. Die Entscheidung hat demnach gem. § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 durch den Einzelrichter zu erfolgen, zumal eine Verhandlung bereits vor dem 01.07.2008 vor demselben, nunmehr zum Richter des AsylGH ernannten Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenates stattgefunden hatte.
In der Sache hat der Asylgerichtshof erwogen:
Mit dem am heutigen Tage zu GZ. D2 250780-0/2008/18E, ergangenen Erkenntnis hat der Asylgerichtshof der Berufung des A.S. gegen die Abweisung seines Asylantrages durch das Bundesasylamt, Folge gegeben, dem A.S. Asyl gewährt und seine Flüchtlingseigenschaft festgestellt. Unstrittig ist, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin die Ehefrau des A.S. ist. Ehegatten führen ipso iure miteinander ein Familienleben im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl. Nr. 210/1958. Ein Zusammenleben mit dem Ehegatten (und den beiden Kindern) in einem anderen Staat ist
- trotz Vorliegen der estnischen Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerin - im vorliegenden Fall nicht möglich.
Demnach liegen die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 AsylG i.d.F. vor der AsylG-Novelle 2003 vor, wonach die Behörde aufgrund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren hat, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens i.S.d. Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist. Es war demnach der Beschwerde Folge zu geben und Asyl durch Asylerstreckung i.S.d. § 11 Abs. 1 AsylG zu gewähren.
Gemäß der in § 75 Abs. 1 AsylG 2005 und in § 44 Abs. 1 AsylG 1997 enthaltenen Übergangsbestimmungen war der vorliegende Fall nach den Bestimmungen des AsylG 1997 (AsylG) in der Fassung vor der AsylG-Novelle 2003 (BGBl I 101/2003) zu entscheiden.
Zwar ist zu bedenken, dass die Durchführung eines Asylverfahrens hinsichtlich Staatsangehöriger von EU-Mitgliedstaaten überhaupt nur in Sonderfällen, und zwar in den im Protokoll Nr. 29 zum EGV (sog. Asylprotokoll, angeschlossen durch den Vertrag von Amsterdam) angeführten Ausnahmefällen in Betracht kommt. Doch soll die sog. Asylerstreckung gem. §§ 10, 11 AsylG i.d.F. vor der AsylG-Novelle 2003 offenbar nicht den Intentionen des Asylprotokolls zuwiderlaufen, sondern im Hinblick auf das Recht auf Familienleben (Art. 8 EMRK)eine Gleichbehandlung mit den Verfolgten - einem Drittstaat angehörigen - Familienangehörigen sicherstellen. Im Hinblick auf diese Zielsetzung ist trotz des sog. Asylprotokolls in diesem Fall mit der Asylgewährung vorzugehen.