TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/08 E3 216283-3/2008

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Veröffentlicht am 08.09.2008
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Spruch

E3 216.283-3/2008-6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde der T.Y., geb. 00.00.1992, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.08.2008, FZ. 06 06.622-BAL, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1. Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Bescheiderlassung ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt.

 

I.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.08.2008, FZ. 06 06.622-BAL, wurde der dem Verfahren zugrunde liegende Antrag auf internationalen Schutz der minderjährigen Beschwerdeführerin vom 24.06.2006 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG die Ausweisung der beschwerdeführenden Partei aus dem Bundesgebiet in den Iran verfügt.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

I.4. Mit Berichtigungsbescheid der Erstbehörde vom 08.08.2008, FZ:

06 06.623-BAL wurde der Bescheid vom 05.08.2008, FZ. 06 06.623-BAL, dahingehend berichtigt, dass der Familienname der Tochter Y. im gesamten Bescheid richtig "T." zu lauten habe.

 

I.5. Die gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 25.08.2008 beim Asylgerichtshof ein.

 

I.6. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 28.08.2008, GZ: E3 216.283-3/2008-3E wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG zuerkannt.

 

I.7. Nachfolgend werden die für die Behebungsentscheidung relevanten Verfahrensschritte der Erstbehörde hervorgehoben:

 

I.7.1. Die minderjährige Beschwerdeführerin stellte den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz - vertreten durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin - am 24.06.2006. Mit Datum 28.06.2006 wurde das Asylverfahren der Antragstellerin gemäß § 28 Absatz 1 AsylG zugelassen und das Verfahren in der Außenstelle Linz des Bundesasylamtes weitergeführt. Der Bescheid vom 05.08.2008 wurde der gesetzlichen Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin am 06.08.2008 zugestellt. Dass der Zurückweisungstatbestand erst nach Zulassung des Verfahrens neu hervorgetreten ist, sodass eine Rechtfertigung dahingehend bestünde eine Zurückweisungsentscheidung auch außerhalb des Zulassungsverfahrens zu treffen, kann nicht festgestellt werden.

 

I.7.2. Die gesetzliche Vertreterin der Beschwerdeführerin hat den verfahrensgegenständlichen Asylantrag auf Furcht vor Verfolgung seitens der Familie ihres Ehemannes im Iran wegen der Beziehung zu einem anderen Mann bzw. Anzeige dieser Beziehung an die iranischen Behörden gestützt. Dieses verfahrensgegenständliche Fluchtvorbringen steht in keinem Zusammenhang zu ihren bisherigen Fluchtvorbringen, hat sie doch bisher im wesentlichen vorgebracht, keine eigenen Fluchgründe zu haben bzw. ihren Asylantrag vom Jahr 2002 auf befürchtete Diskriminierung wegen ihrer westlichen Orientierung gestützt. Gegenüber dem Vorbescheid hat sich sohin der wesentliche Sachverhalt geändert, dh dass das verfahrensgegenständliche Parteibegehren in völliger Inkongruenz zum früheren Vorbringen steht, weshalb auch keine entschiedene Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG vorliegen kann.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden.

 

1. Zuständigkeit der erkennenden Einzelrichterin

 

Gem. § 61 Absatz 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Absatz 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 22 Absatz 1 ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses.

 

2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat das erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gem. § 75 (1) des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz am 24.06.2006 gestellt, weshalb das AsylG 2005 zur Anwendung gelangt.

 

3. Zu den Entscheidungsgründen:

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH v. 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 28 Absatz 1 AsylG ist das Verfahren zuzulassen wenn der Antrag voraussichtlich nicht zurückzuweisen ist, soweit das Verfahren nicht vor Zulassung inhaltlich entschieden wird. Die Zulassung erfolgt durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 51); eines Bescheides bedarf es dann nicht. Die Zulassung steht einer späteren zurückweisenden Entscheidung nicht entgegen.

 

Gemäß § 28 Absatz 2 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringen des Antrags auf internationalen Schutz entscheidet dass der Antrag zurückzuweisen ist, es sei denn es werden Konsultationen gemäß der Dublin - Verordnung oder eines Vertrages über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz geführt. Das Führen solcher Konsultationen ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen. Diesfalls gilt die 20-Tages-Frist nicht. Diese gilt überdies nicht, wenn der Asylwerber am Verfahren nicht mitwirkt, dieses gegenstandslos wird oder er sich diesem entzieht. Ist der Asylwerber aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage, am Verfahren mitzuwirken, ist der Lauf der Frist nach Satz 1 gehemmt.

 

3.1. Infolge der Behebung der Unzuständigkeitsentscheidung bezüglich der Mutter der Beschwerdeführerin durch Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag kann schon aus diesem Grund auch der gegenständliche erstinstanzliche Bescheid infolge Wahrung der Familieneinheit keinen Bestand mehr haben. Zur näheren Begründung wird vollinhaltlich auf das die Mutter der Beschwerdeführerin betreffende Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag und die auch im gegenständlichen Fall maßgebliche Begründung verwiesen.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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