TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/08 B4 248474-0/2008

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Veröffentlicht am 08.09.2008
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Spruch

B4 248.474-0/2008/35E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde des G.B., geboren am 00.00.1971, irakischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 8.3.2004, Zl. 02 32.286 - BAS, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 5.7.2006 sowie 21.5.2008 zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und G.B. gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BG BGBl. I Nr. 126/2002 (AsylG), Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg. cit. wird festgestellt, dass G.B. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger und Angehöriger der arabischen Volksgruppe, reiste am 5.11.2002 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf Gewährung von Asyl. In einer ersten Einvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 5.11.2002 gab er an, dass er wegen seiner schiitischen Religionszugehörigkeit im Irak Verfolgung befürchte und deshalb das Land verlassen habe.

 

2. Bei seiner Einvernahme beim Bundesasylamt am 13.11.2002 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vor: In den 80er Jahren hätten zwei seiner Brüder versucht, in den Iran zu flüchten und seien deshalb im Irak hingerichtet worden. Der Beschwerdeführer, seine Eltern sowie sein Bruder seien seitdem "als Regimegegner" betrachtet und mehrmals festgenommen, geschlagen und beschimpft worden. Im Juni 1996 habe der Beschwerdeführer mit seiner Mutter und seinem Bruder den Irak verlassen und sei nach Jordanien und weiter in den Jemen ausgereist. Im Jemen habe er später erfahren, dass gegen ihn ein Haftbefehl erlassen worden sei, da er in Basra an einer Hochzeit teilgenommen habe, bei der in einen Nebenraum ein Film über einen Oppositionspolitiker gezeigt worden sei. Seine Mutter und sein Bruder hätten den Jemen 1999 verlassen und lebten nunmehr in Salzburg. Der Beschwerdeführer habe den Jemen im Herbst 2002 Richtung Österreich verlassen. Er sei seit 1999 einfaches Mitglied der monarchistischen Partei Al-Haraka Al-Malakya Al-Dasturiya.

 

3. Bei einer weiteren Einvernahme beim Bundesasylamt am 15.4.2003 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen zusätzlich aus, dass sein Vater Mitglied der Kommunistischen Partei gewesen und von 1980 bis 1981 inhaftiert gewesen sei. Sein Onkel sei ebenfalls Mitglied der Kommunistischen Partei gewesen und sei im Iran-Irak Krieg gefallen. Ein Halbbruder sei Mitglied der Dawa-Partei gewesen und sei in den Iran geflüchtet. Der Beschwerdeführer sei 1996 nach 45 Tagen vom Militärdienst desertiert und habe den Irak nach Jordanien verlassen und sei dann in den Jemen weitergereist. Der Beschwerdeführer legte einen irakischen Personalausweis sowie einen irakischen Staatsbürgerschaftsnachweis vor. Seine Mutter und sein Bruder hätten in Österreich Asyl erhalten.

 

4. Am 24.4.2003 langte beim Bundesasylamt eine ergänzende Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 18.4.2003 ein, worin er ausführte, dass in der Einvernahme vom 15.4.2003 trotz seiner Aufforderung wesentliche Teile seines Fluchtvorbringens nicht protokolliert worden seien. Der Beschwerdeführer habe den Irak auch wegen gegen ihn gerichteter Blutrachedrohungen verlassen. Er habe sich im August 1995 in die Tochter des Stammesführers der S., eines im Irak sehr einflussreichen Stammes, verliebt. Der Beschwerdeführer habe seine Verlobung aufgelöst und sei mit ihr ein Verhältnis eingegangen, nachdem ihr Vater zuvor den Beschwerdeführer als Ehemann seiner Tochter abgelehnt habe. Sie sei wenig später schwanger geworden. Damit habe der Beschwerdeführer über die ganze Familie der S. Schande gebracht. Im Mai 1996 habe er erfahren, dass die Familie S. bereits von seiner Familie Genugtuung, nämlich seinen Tod, verlangt habe. Gegen diese Blutrachedrohung könne er auch vom neuen Regime im Irak nicht geschützt werden. Weiters könne ihm auch aufgrund seines politischen Engagements und dem Engagement seines Vaters beziehungsweise seines Onkel für die Kommunistische Partei Verfolgung drohen, da nicht absehbar sei, welche politische Gruppierung sich im Irak durchsetzen werde.

 

5. Am 10.12.2003 abermals beim Bundesasylamt einvernommen, führte der Beschwerdeführer sein Vorbringen bezüglich der ihm drohenden Blutrache näher aus und brachte außerdem vor, von einem Freund telefonisch erfahren zu haben, dass die genannte Tochter des Stammesführers umgebracht worden sei. Der Beschwerdeführer legte in diesem Zusammenhang zwei Zeitungsartikel, die derartige Blutrachefälle im Irak dokumentieren würden, sowie überdies zahlreiche persönliche Dokumente vor, darunter einen irakischen Staatsbürgerschaftsnachweis, einen irakischen Führerschein sowie Schulzeugnisse.

 

6. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 ab (Spruchpunkt I.) und stellte gemäß § 8 leg.cit. fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt II.). Das Bundesasylamt bewertete das Vorbringen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig.

 

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung.

 

8. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung, die am 5.7.2006 vor dem unabhängigen Bundesasylsenat stattfand, wurde der Beschwerdeführer abermals zu seinen Fluchtgründen einvernommen. Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen wie bisher vor und führte zusätzlich aus, dass er bei einer Rückkehr in den Irak nach wie vor der Blutrachedrohung des S.-Stammes ausgesetzt wäre und dass zudem sein eigener Stamm, A., ihm jeglichen Schutz verweigere; zum Beweis dafür legte er eine Urkunde, in der dies von seiner Sippe bestätigt werde vor. Die Sippen und Stämme hätten im Irak an Macht gewonnen, da es im Irak keine Regierung gebe, die die Macht habe, das Land zu regieren. Blutrache würde nie verjähren und über Jahre hinweg weiterverfolgt werden. Ohne Schutz seiner Sippe sei er im Irak "Freiwild" und die S.-Sippe könne ihre Ehre nur wiederherstellen, indem sie den Beschwerdeführer umbringt. Das Bundesasylamt nahm - wie bereits im Vorhinein schriftlich mitgeteilt worden war - an der Verhandlung nicht teil.

 

9. Mit Schriftsatz vom 18.7.2006 langten beim unabhängigen Bundesasylsenat 8 Dokumente, - im wesentlichen Artikel aus Zeitungen und dem Internet - in arabisch-sprachigem Originaltext ein, wobei zum Inhalt teilweise Übersetzungen relevanter Textpassagen angefertigt wurden, und welche die aktuelle Relevanz der Blutracheproblematik im Irak dokumentieren sollten.

 

10. Mit Schreiben vom 19.9.2006 ersuchte der unabhängige Bundesasylsenat Uwe Brocks vom Deutschen Orientinstitut in Hamburg, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob von der Echtheit der vorgelegten Erklärung der Sippe des Beschwerdeführers auszugehen sei sowie welche Folgen eine Lossagung und Schutzentziehung durch die Sippe für den Beschwerdeführer nach einer allfälligen Rückkehr in den Irak hätte.

 

11. Am 9.11.2006 langte beim unabhängigen Bundesasylsenat das Gutachten des Sachverständigen vom 6.11.2006 ein, worin im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegte Erklärung nicht echt sei und auch der vom Beschwerdeführer vorgetragene Sachverhalt bezüglich der befürchteten Blutrache sich nicht so zugetragen haben könne wie von ihm ausgeführt.

 

12. In seiner Stellungnahme vom 29.11.2006 rügte Beschwerdeführer die Ausführungen des Sachverständigen als unzutreffend. .

 

13. Mit Schreiben vom 5.12.2006 ersuchte der unabhängige Bundesasylsenat den Sachverständigen darum, auf die Stellungnahme des Beschwerdeführers einzugehen. Mit Schreiben vom 19.3.2007 kam der Sachverständige diesem Ersuchen nach.

 

14. Mit Bescheid vom 6.8.2007, Zl. 248.474/0/19E-IX/27/04, wies der unabhängige Bundesasylsenat die Berufung gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 ab (Spruchpunkt I.), gab ihr jedoch in Hinblick auf dessen Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 statt und stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak nicht zulässig ist (Spruchpunkt II.). Überdies wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 3 leg. cit. eine bis 5.8.2008 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.). Die Abweisung des Asylantrages begründete der unabhängige Bundesasylsenat damit, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen unglaubwürdig sei.

 

15. Der Beschwerdeführer zog Spruchpunkt I. des zuletzt genannten Bescheides beim Verwaltungsgerichtshof in Beschwerde.

 

16. Mit Bescheid vom 5.3.2008, Zl. 248.474/0/24E-IX/27/04, behob der unabhängige Bundesasylsenat gemäß § 68 Abs. 2 AVG den Spruchpunkt I. seines Bescheides vom 6.8.2007 ersatzlos. Begründend führte er aus, dass die auf unbestimmte Zeit vertagte Verhandlung vom 5.7.2006 aufgrund eines Versehens nicht mehr fortgesetzt worden war und dadurch auch die vorgesehene zeugenschaftliche Einvernahme von G.A., dem Bruders des Beschwerdeführers, unterblieben sei.

 

17. Die oben unter Punkt 15. genannte Beschwerde wurde daraufhin mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.4.2008, Zl. 2007/20/1272-11, für gegenstandslos erklärt und das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eingestellt.

 

18. Am 19.5.2008 langte beim unabhängigen Bundesasylsenat ein Schreiben von F.H., Pastor der Baptistengemeinde S., ein, worin - zusammengefasst - ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer sich dem christlichen Glauben zugewandt habe und seine Taufe für Juli 2008 geplant sei. Er besuche regelmäßig den Gottesdienst und treffe sich alle 14 Tage mit dem Pastor zum Bibelstudium. Außerdem wurden verschiedene Unterlagen über die Situation von Christen im Irak vorgelegt.

 

12. Am 21.5.2008 fand beim unabhängigen Bundesasylsenat eine öffentliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer abermals einvernommen und außerdem G.A. und F.H. als Zeugen befragt wurden. Der Beschwerdeführer legte ein Urkundenkonvolut zur Lage der Christen im Irak vor. Weiters wurden das Papier des (dt.) Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom Juni 2006 zum Thema "Religionsfreiheit in ausgewählten islamischen Ländern" sowie die Anfragebeantwortung von amnesty international vom 7.12.2006 an das Verwaltungsgericht Leipzig, Zl. A 6 K 30973/03, erörtert. Das Bundesasylamt nahm - wie bereits im Vorhinein schriftlich mitgeteilt worden war - an der Verhandlung nicht teil.

 

13. Mit einem am 17.7.2008 beim Asylgerichtshof einlangten Schriftsatz legte der Beschwerdeführer seinen Taufschein und weitere Unterlagen vor, aus denen sich ergibt, dass er am 13.7.2008 in der Baptistengemeinde S. getauft wurde.

 

II. Der Asylgerichtshof hat über die vorliegende, als Beschwerde (vgl. dazu weiter unten) zu behandelnde (und daher in der Folge so bezeichnete) Berufung erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

1.1.1.1. Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger und gehört der arabischen Volksgruppe an.

 

1.1.1.2. Dies ergibt sich aus dem glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers; auch das Bundesasylamt ging von diesem Sachverhalt aus.

 

1.1.2.1. Der Beschwerdeführer nimmt seit Herbst 2007 regelmäßig an den Sonntagsgottesdiensten der Baptistengemeinde S. teil und trifft er sich ebenso regelmäßig mit dem Pastor F. zum Bibelstudium. Am 13.7.2008 wurde der Bechwerdeführers in der genannten Baptistengemeinde getauft.

 

1.1.2.2. Dies ergibt sich aus der vorgelegten Taufbestätigung sowie dem diesbezüglich glaubhwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers, das in Einklang mit den Aussagen des Zeugen F.H. steht. Festzuhalten ist dabei, dass sich keine Hinweise darauf ergeben haben, dass dessen Ansicht, die Konversion des Beschwerdeführers sei aus echter Überzeugung geschehen, unzutreffend wäre. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass der Übertritt zum christlichen Glauben bloß zum Schein erfolgt wäre.

 

1.2.1. Zur Lage der Christen im Irak:

 

1.2.1.1. Allgemeine Lage der christlichen Minderheit:

 

Die ohnehin sehr schlechte Sicherheitslage im Irak hat sich seit Anfang 2006 erneut dramatisch verschlechtert. Insbesondere seit dem Anschlag auf die Goldene Moschee in Samarra am 22. Februar 2006 ist eine neue Dimension der Gewalt zu verzeichnen: die scheinbar unaufhaltsame Eskalation konfessioneller Gewalt zwischen sunnitischen und schiitischen Milizen und Todesschwadronen. Seit Monaten werden in Bagdad und anderen Städten Duzende von Opfern extra-legaler Hinrichtungen gefunden. Viele der Leichen, die häufig mit gefesselten Armen und hinrichtungsähnlichen Schusswunden aufgefunden werden, sollen Spuren grausamster Foltermethoden aufweisen. So sollen allein in Bagdad im März 2006 innerhalb von 14 Tagen 191 teilweise verstümmelte Leichen gefunden worden sein. Die Mordrate in Bagdad soll sich Militärangaben zufolge von 11 auf 33 Tötungsdelikte verdreifacht haben. In den Monaten von Mai bis Oktober 2006 wurden nach UN-Angaben im Durchschnitt monatlich mindestens 3.000 irakische Zivilisten getötet. Das bedeutet, im Irak sterben gegenwärtig pro Tag etwa 100 Zivilisten in Folge von konfessionell motivierter Gewalt und Bombenanschlägen, Entführungen und willkürlichen, extra-legalen Hinrichtungen. Die Zahl der zivilen Opfer hat sich somit seit Januar 2006 mindestens vervierfacht. Dass die Gewalt im Irak ein kritisches Ausmaß erreicht hat, räumen mittlerweile auch hochrangige US-amerikanische Militärs ein: so sagte der US-amerikanische Befehlshaber der Streitkräfte im Mittleren Osten, General John P. Abizaid, laut Presseberichten in einer Befragung Mitte November 2006 durch die Verteidigungsausschüsse des Senats und des Repräsentantenhauses, dass die Gewalt in Bagdad außerhalb der Kontrolle der irakischen Regierung gerät, wenn es nicht gelingt, sie in den nächsten vier bis sechs Monaten einzudämmen.

 

Der Anstieg der alltäglichen Gewalt spielt sich nach übereinstimmenden Angaben internationaler Organisationen vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs von Recht und Ordnung ab: die überwiegende Mehrheit der Anschläge und Übergriffe bleiben strafrechtlich unaufgeklärt und die Täter genießen Straffreiheit. Die irakische Polizei ist nicht in der Lage, die Zivilbevölkerung und besonders bedrohte Personengruppen zu schützen. Polizei und Sicherheitskräfte stehen darüber hinaus in Verdacht, an Übergriffen gegen Zivilisten beteiligt zu sein oder diese zumindest stillschweigend zuzulassen. Es mehren sich Berichte, denen zufolge einige der Täter in Uniformen der irakischen Polizei oder in der typischen Kleidung bestimmter Milizen auftreten.

 

In dieser Atmosphäre der allgegenwärtigen Gewalt, der Morddrohungen und Übergriffe sehen sich Hunderttausende Iraker/innen gezwungen, ihre Häuser und angestammten Wohnorte zu verlassen. Nach Schätzungen des UNHCR sind mindestens 1,5 Millionen Menschen innerhalb des Iraks vertrieben. Mindestens 350.000 Iraker/innen mussten seit dem Anschlag in Samarra vom Februar 2006 im Zuge konfessioneller Gewalt und Bedrohungen für Leib und Leben aus ihren Wohnorten fliehen. Nach Angaben des irakischen Ministeriums für Vertreibung sollen sogar 460.000 Menschen seit Februar 2006 intern vertrieben worden sein. Irakischen Angaben zufolge sollen gegenwärtig 16.000 Menschen pro Woche ihre Häuser und Wohnungen verlassen und in anderen Stadtteilen oder anderen Provinzen Schutz vor Gewalt und Übergriffen suchen. Für viele der intern Vertriebenen bedeutet dies nicht nur den Verlust ihrer Wohnung, sondern auch der Einkommensquellen. Intern Vertriebene haben häufig Schwierigkeiten beim Zugang zu staatlichen Dienst- und Hilfsleistungen, da die Registrierung der Binnenflüchtlinge in den Zufluchtsorten teilweise Monate in Anspruch nimmt.

 

Die Lage der christlichen Minderheit hat sich seit dem Sturz der Ba¿ath-Regierung im April 2003 spürbar verschlechtert. Durch den allgegenwärtigen Einfluss islamistischer Milizen und der zunehmenden Islamisierung des Alltagslebens sind Angehörige der christlichen Minderheit gravierenden Einschränkungen ihrer Religionsfreiheit, Einschüchterungen, Diskriminierungen und Übergriffen ausgesetzt. Christen sind neben der allgemein herrschenden Gewalt, unter der die gesamte Bevölkerung leidet, zusätzlichen Bedrohungen ausgesetzt und gehören zu einer besonders gefährdeten Personengruppe. Christliche Kirchen und Einrichtungen wurden seit 2004 wiederholt Ziel einer Welle von Anschlägen. Im Januar 2006 wurden sieben Kirchen und christliche Einrichtungen mit koordinierten Bombenanschlägen angegriffen, bei denen mindestens 16 Menschen getötet und 46 Personen verletzt wurden. Unter dem Eindruck der umstrittenen Rede des Papstes vom September 2006 wurden mehrere christliche Kirchen mit Raketen angegriffen und ein christlicher Priester entführt und getötet. Christliche Frauen werden durch Angehörige radikal islamistischer Milizen und Gruppierungen unter Druck gesetzt, sich streng islamischen Kleidervorschriften zu beugen. Diese Bedrohungen führen zur Einschränkung der Freizügigkeit, des Zugangs zu Schulbildung und zu Universitäten sowie der Erwerbstätigkeit christlicher Frauen. In den vergangenen Jahren wurde regelmäßig über vermehrte Anschläge und gezielte Übergriffe auf Christen im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung bzw. Geschäftstätigkeit berichtet. Alkoholläden, Geschäfte, in denen Musik-CDs und Videos verkauft werden, sowie Friseur- und Schönheitssalons werden überdurchschnittlich von Christen betrieben und sind häufig Ziele von Anschlägen radikal islamistischer Gruppierungen. In jüngster Zeit mehren sich Hinweise darauf, dass sich Konfrontationen zwischen dem "christlichen Westen" und der "islamischen Welt", wie bspw. der so genannte "Karikaturen-Streit" oder die von Muslimen und islamischen Staaten heftig kritisierte Rede des Papstes am 12. September 2006 in Regensburg, sehr negativ auf die Sicherheitslage der Christen im Irak auswirken. UN-Angaben zufolge blieben christliche Kirchen und Einrichtungen aus Angst vor Übergriffen unter dem Eindruck von Morddrohungen gegen Christen als Reaktion auf die kontroverse Papst-Rede geschlossen.

 

Die gezielten Übergriffe auf christliche Einrichtungen sowie Todesdrohungen, Entführungen und Tötung von Christen sowie die allgemeine extrem unsichere Lage im Irak haben dazu beigetragen, dass ein großer Anteil der christlichen Bevölkerung aus Angst um ihr Leben ihre Wohnorte verlassen musste. Es liegen zwar keine gesicherten Zahlen darüber vor, wie viele Christen intern vertrieben wurden oder Zuflucht in den Nachbarstaaten gesucht haben, doch nach Angaben des UNHCR bilden die irakischen Christen mit etwa 44% gemessen an ihrem etwa 3%igen Anteil an der irakischen Gesamtbevölkerung einen überproportional großen Anteil unter den nach Syrien geflohenen Irakern. Auch unter den irakischen Flüchtlingen in Jordanien bildeten die Christen nach Schätzungen des UNHCR die größte Gruppe. (...)

 

(vgl. die o.a. Anfragebeantwortung von amnesty international an das Verwaltungsgericht Leipzig, 2)

 

1.2.1.2. Zur Lage christlicher Konvertierten im Irak:

 

Nach Angaben des UNHCR existiert bislang weder im Zivil- noch Strafrecht eine Bestimmung, die den Übertritt vom Islam zu einer anderen Religionsgemeinschaft unter Strafe stellt. So enthält bspw. das einschlägige Personenstandsgesetz (Personal Status Law No. 188 aus 1959) zu dieser Frage keine explizite Regelung. Doch in Art. 1

(2) dieses Gesetzes wird festgelegt, dass in Fällen, in denen das Gesetz keine ausdrückliche Regelung vorsieht, auf die inhaltlich nächstliegende Regelung des islamischen Rechts (Schari-a) zurückzugreifen ist. Die Schari-a sieht für den Abfall vom islamischen Glauben bzw. für den

 

Übertritt zum Christentum oder zu einer anderen nicht-islamischen Religionsgemeinschaft die Todesstrafe vor. Die Todesstrafe wurde im August 2004 durch die irakische Übergangsregierung u.a. für Straftaten wie Mord, Drogenhandel und Entführungen wieder eingeführt. Seit September 2005 werden im Irak mit zunehmender Tendenz wieder Hinrichtungen vollzogen. Zwar ist bislang kein Fall bekannt geworden, in dem unter Rückgriff auf Bestimmungen der Schari-a ein Todesurteil wegen Abfall vom islamischen Glauben oder wegen Konversion zum Christentum durch ein irakisches Gericht ausgesprochen wurde, es ist aber davon auszugehen, dass Konvertiten im Irak damit rechnen müssen, Opfer von Todesdrohungen und physischen Angriffen bis hin zur extra-legalen Hinrichtung durch nicht-staatliche Akteure zu werden. Für Angehörige radikaler islamistischer Milizen ist ein Muslim, der zum Christentum konvertiert ist, aufgrund seines Abfalls vom muslimischen Glauben ein Abtrünniger, der nach islamischem Recht mit dem Tode zu bestrafen ist.

 

(vgl. ebenfalls die genannte Anfragebeantwortung von amnesty international an das Verwaltungsgericht Leipzig)

 

1.2.1.3. Zum Frage, ob der Beschwerdeführer gegen Übergriffe staatlichen Schutz erhalten könnte:

 

Die irakischen Sicherheitskräfte sind nicht in der Lage und sehr wahrscheinlich überwiegend auch nicht willens, einen Konvertiten zu schützen.

 

(vgl. abermals die Anfragebeantwortung von amnesty international an das Verwaltungsgericht Leipzig, 2 u. 7)

 

Die irakischen Polizeikräfte sind derzeit noch nicht in der Lage Recht und Ordnung wirksam durchzusetzen. Insbesondere nicht-islamischen Opfern von Übergriffen, Misshandlungen, Enteignungen und Anschlägen bleibt jeder Rechtsschutz versagt. Viele Iraker greifen auf Grund eines fehlenden Justizsystems im Konfliktfall zunehmend auf tradierte stammesrechtliche Lösungsmechanismen und Mittel der Selbstjustiz zurück. Dieser Weg ist Angehörigen nicht-muslimischer Religionsgemeinschaften zumeist verwehrt, da sie wesentlich schwächer in das traditionelle tribale System im Irak eingebunden sind. Darüber hinaus ist derzeit insbesondere im Zentral- und Südirak eine starke Hinwendung von Teilen der Bevölkerung zu streng islamischen Traditionen und Glaubensgrundsätzen zu beobachten. Dies führt insbesondere für Angehörige nicht unter dem ausdrücklichen Schutz der islamischen Religion stehender Religionsgemeinschaften zu wachsender Ausgrenzung und zunehmendem Druck. Angehörige von Minderheiten laufen daher tendenziell Gefahr, diskriminiert zu werden, wobei die Täter nicht mit Strafe zu rechnen haben.

 

(vgl. [dt]. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Juni 2006, "Religionsfreiheit in ausgewählten islamischen Ländern", 25f.)

 

1.2.2. Die Feststellungen zur Situation der christlichen Minderheit, der Konvertiten sowie zur Frage der Verfügbarkeit staatlichen Schutzes ergeben sich aus den in den Klammern zitierten Berichten, die von angesehenen staatlichen bzw. nichtstaatlichen Einrichtungen stammen und in der mündlichen Verhandlung erörtert wurden.

 

2. Rechtlich folgt:

 

2.1.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1.7.2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieser gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. dazu AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2.1.2. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1.5.2004 gestellt; das Verfahren war am 31.12.2005 anhängig; das Verfahren ist daher grundsätzlich nach dem AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen.

 

2.1.3. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Da im vorliegenden Verfahren vor dem 1.7.2008 eine mündliche Verhandlung vor einem Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenates stattgefunden hat, das zum Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde, hat dieses das Verfahren als Einzelrichter fortzuführen.

 

2.2.1. Gemäß § 7 AsylG - die beiden zuvor genannten Fassungen weisen hier keinen Unterscheid auf - hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.9.2000, 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.4.2001, 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; VwGH 9.3.1999, 98/01/0318).

 

2.2.2. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen kann nach Ansicht des Asylgerichtshofes nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Irak als zum Christentum Konvertierter - und somit aus Gründen der Religion - ungerechtfertigten Eingriffe von erheblicher Intensität ausgesetzt wäre.

 

Dass diese Eingriffe nicht direkt von staatlicher, sondern von dritter Seite drohen, ist vor dem Hintergrund der unter 2.2.1.3. getroffenen Feststellungen unerheblich: Denn eine Verfolgungshandlung ist nicht nur dann dem Staat zuzurechnen, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist; dies ist vielmehr auch dann der Fall, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären (vgl. etwa VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000,99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In beiden Fällen ist es ihm nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256).

 

Ob der Beschwerdeführer bei Verheimlichung seines Glaubenswechsels der Gefahr asylrelevanter Repressionen entgehen könnte, ist aus Sicht des Asylgerichtshofes unerheblich, da eine solche Verheimlichung jedenfalls nicht zumutbar erscheint (vgl. in diesem Zusammenhang etwa den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates v. 23.7.2001, Zl. 216.106/12-VI/42/01; siehe weiters UNHCR, Richtlinien zum internationalen Schutz: Anträge auf Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund religiöser Verfolgung im Sinne des Artikels 1 A (2) des Abkommens von 1951 und/oder des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, 28.4.2004, insb. § 13; in der deutschen Judikatur werden als Bestandteile des "religiösen Existenzminimums" die Religionsausübung im privaten Bereich, wie etwa der häusliche Gottesdienst, die Möglichkeit, über den eigenen Glauben zu reden und zum religiösen Bekenntnis im nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich, ferner das Gebet und der Gottesdienst abseits der Öffentlichkeit in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen angesehen, vgl. dazu z.B. Göbel-Zimmermann, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 1999, Rz 95 ff; Renner, Ausländerrecht,

7. Aufl. 1999, Rz 30 zu Art. 16a GG).

 

Es ist daher im vorliegenden Fall objektiv nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründe nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes seines Herkunftsstaates zu bedienen. Da weiters keine Hinweise darauf hervorgekommen sind, dass einer der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlusstatbestände eingetreten sein könnte, war spruchgemäß

 

Asyl zu gewähren.

Schlagworte
asylrechtlich relevante Repressionsmaßnahmen, Konversion, Nachfluchtgründe, Rechtsschutzstandard, Religion, Religionsausübung, Schutzunfähigkeit, Schutzunwilligkeit, Sicherheitslage
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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