D12 319279-1/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Vorsitzenden und den Richter Dr. Dajani als Beisitzer über die Beschwerde der A.M., geb. 00.00.1989, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.04.2008, FZ. 05 05.830-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51 in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008, iVm § 61 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, und § 7 AsylG 1997 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den am 24.04.2005 im Rahmen eines Familienverfahrens (§ 10 AsylG) gestellten Asylantrag (Antrag auf Gewährung desselben Schutzes) der zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG abgewiesen. Unter einem wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht zulässig sei (Spruchpunkt II). Gemäß § 8 Abs. 3 iVm. § 15 Abs. 2 AsylG wurde der Beschwerdeführerin eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.04.2009 erteilt (Spruchpunkt III).
Gegen Spruchpunkt I dieses am 30.04.2008 zugestellten Bescheides wurde mit Schriftsatz vom 08.05.2008 fristgerecht Beschwerde erhoben.
Einlangend am 31.07.2008 legte die Beschwerdeführerin eine Kopie ihrer Heiratsurkunde, ausgestellt vom Standesamt Wien-Innere Stadt am 00.00.2008, vor und gab ihre neue Adresse bekannt.
II. Der Asylgerichtshof hat dazu erwogen:
1. Aufgrund des Akteninhaltes steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest.
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der Volksgruppe der Tschetschenen, reiste am 24.04.2005 gemeinsam mit ihrer Mutter, V.Z., und ihrem Bruder, V.R., in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Im Rahmen ihres Antrages auf vom 24.04.2005 und ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 26.04.2005 gab sie an, keine eigenen Fluchtgründe zu haben und sich auf die Fluchtgründe ihrer Mutter zu berufen.
Der Asylantrag der Mutter der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.04.2008, FZ. 05 05.829-BAL, gemäß § 7 AsylG abgewiesen und festgestellt, dass ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht zulässig sei. Gemäß § 8 Abs. 3 iVm. § 15 Abs. 2 AsylG wurde ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.04.2009 erteilt. Die gegen Spruchpunkt I dieses Bescheides eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 05.09.2008, Zahl: D 12 319328-1/2008/2E, gemäß § 7 AsylG abgewiesen.
Der Asylantrag des Bruders der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.04.2008, FZ. 05 05.831-BAL, gemäß § 7 AsylG abgewiesen und festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht zulässig sei. Gemäß § 8 Abs. 3 iVm. § 15 Abs. 2 AsylG wurde ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.04.2009 erteilt. Die gegen Spruchpunkt I dieses Bescheides eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 05.09.2008, Zahl: D 12 319325-1/2008/2E, gemäß § 7 AsylG abgewiesen.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus den Asylakten der Beschwerdeführerin, ihrer Mutter sowie ihres Bruders, sowie aus einer Kopie der Heiratsurkunde, ausgestellt vom Standesamt Wien-Innere Stadt am 00.00.2008.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.
Mit 1. Juli 2008 entscheidet der Asylgerichtshof gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, idgF, in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Aslygesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, in der geltenden Fassung in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 leg. cit. vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
Durch Einzelrichter/Einzelrichterin entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 ausnahmslos über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4 leg. cit.;
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 leg. cit. sowie
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG.
Eine mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung fällt gemäß § 61 Abs. 3 Z 2 leg. cit. ebenfalls in die Kompetenz des/der zuständigen Einzelrichters/ Einzelrichterin.
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG sind am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen abweisenden Bescheid. Daher ist das Verfahren der Beschwerdeführerin nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) vor dem zuständigen Senat des Asylgerichtshofes weiterzuführen.
Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt."
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG stellen Familienangehörige (§ 1 Z 6) eines
1. Asylberechtigten; 2. subsidiär Schutzberechtigten (§§ 8 iVm 15) oder 3. Asylwerbers einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Für Ehegatten gilt dies überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den ersten Asylantrag eingebracht hat.
(2) Die Behörde hat aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Asylberechtigten mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
(3) Die Behörde hat aufgrund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid den gleichen Schutzumfang zu gewähren, es sei denn, dem Antragsteller ist gemäß § 3 Asyl zu gewähren. Abs. 2 gilt.
(4) Befindet sich der Familienangehörige eines subsidiär Schutzberechtigten im Ausland, kann der Antrag auf Gewährung desselben Schutzes gemäß § 16 drei Jahre nach Schutzgewährung gestellt werden.
(5) Die Behörde hat Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Dies ist entweder die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz, wobei die Gewährung von Asyl vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Antragsteller erhält einen gesonderten Bescheid.
Familienangehörige sind gemäß § 1 Z 6 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes, minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.
Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 MRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.
Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 MRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil vom 13.06.1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).
Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art. 8 EMRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der MRK-Rechtsprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.
Die Beschwerdeführerin ist die im Zeitpunkt der Antragstellung minderjährige unverheiratete Tochter der V.Z.. Ihr wurde ebenso wie ihrer Mutter subsidiärer Schutz gewährt. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl sind im gegenständlichen Fall jedoch nicht erfüllt, da der Mutter der Beschwerdeführerin kein Asyl gewährt wurde.
Der Ehegatte der Beschwerdeführerin lebt als Asylwerber in Österreich, sein Asylverfahren ist jedoch noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Im Bezug auf das Asylverfahren des Ehegatten der Beschwerdeführerin liegt gemäß § 10 Abs. 1 AsylG kein Familienverfahren vor.
Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.