TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/08 E12 318381-1/2008

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Veröffentlicht am 08.09.2008
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Spruch

E12 318.381-1/2008- 5E

 

E12 318.383-1/2008-5E

 

E12 318.384-1/2008-5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. ZOPF als Vorsitzende und den Richter Dr. Markus STEININGER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Auberger über die Beschwerden des A.S. (BF1), geb. 00.00.1986, StA. Aserbaidschan und der A.K. (BF2), geb. 00.00.1987, StA. Türkei, sowie der A.L. (BF3), geb., 00.00.2007, StA. Türkei, gegen die Bescheide des Bundesasylamtes vom 26.02.2008, FZ. 07 05.119-BAI (BF1), FZ. 07 05.118-BAI (BF2) und FZ. 07 07.216-BAI (BF3), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde werden die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung neuer Bescheide an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesasylamtes. Der (Erst-)Beschwerdeführer, A.S. (nachfolgend: BF1) sowie die (Zweit-)Beschwerdeführerin A.K., (nachfolgend: BF2) stellten am 4.6.2007 für sich und die BF2 als gesetzliche Vertreterin am 8.8.2007 für ihre minderjährige Tochter und (Dritt-)Beschwerdeführerin, A.L. (nachfolgend BF3) einen Asylantrag und wurden in der Folge zu ihren Anträgen niederschriftlich einvernommen.

 

2. Mit Bescheiden vom 26.02.2008, FZ. 07 05.119-BAI (BF1), FZ. 07 05.118-BAI (BF2) und FZ. 07 07.216-BAI (BF3), zugestellt an die rechtsfreundliche Vertretung am 29.2.2008, wies das Bundesasylamt - ohne weitere Verfahrensschritte - die Asylanträge der BeschwerdeführerInnen gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 ab.

 

3. Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 14.3.2008 fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten) eingebracht.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

1. Am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 weiterzuführen.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Im vorliegenden Fall waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005") anzuwenden.

 

2. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde (kraft oben zitierter Bestimmung auch der AsylGH, es bestehen diesbezüglich keine materiellrechtlichen Sondernormen), so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Gemäß Absatz 3 dieser Gesetzesstelle kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnissen vom 21. November 2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl. 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im letztgenannten Erkenntnis insbesondere ausgeführt:

 

"Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer ¿obersten Berufungsbehörde' (Art. 129c 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen."

 

Im Erkenntnis vom 17.10.2006 (Zl 2005/20/0459) hat der VwGH betont, dass eine Behebung nach § 66 Abs 2 AVG nur zulässig ist, wenn eine weitere Verhandlung/Einvernahme erforderlich ist, was nicht der Fall wäre, wenn die Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens durch schriftliches Parteiengehör saniert hätten werden können.

 

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat nun zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des asylrechtlich relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist dies in qualifizierter Weise unterlassen worden, und zwar aus folgenden Erwägungen:

 

Die Erstbehörde führt in ihren Feststellungen zu BF1 aus, dass dieser Staatsangehöriger von Armenien ist; die Länderfeststellungen und diesbezüglichen Ausführungen zum Verfahren des BF1 beziehen sich jedoch auf Aserbaidschan. Die Erstbehörde wird klar darzulegen haben, welche Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des BF1 sie ihrer Entscheidung zu Grunde legt.

 

Der BF1 gibt in seinen niederschriftlichen Einvernahmen an, dass er und seine Familie als Angehörige der jezidisch-kurdischen Volksgruppe aus dem Gebiet Berg-Karabach stammen. Aufgrund deren ethnischer Zugehörigkeit zu den Kurden bzw. der Zugehörigkeit zur Religion der Jeziden seien sie staatlicher oder quasi-staatlicher Verfolgung ausgesetzt gewesen. Die Erstbehörde hat sich jedoch mit diesen nach Ansicht des Asylgerichtshofes doch asylrelevanten Fakten nicht auseinandergesetzt. In der doch dürftigen Beweiswürdigung geht das Bundesasylamt davon aus, dass die Angaben zu seiner Identität zwar unglaubwürdig seien, jedoch war glaubwürdig, dass im Jahr der Ausreise des BF1 viele Menschen aufgrund der vorgeherrschten Situation das Land verlassen haben. Die Erstbehörde hätte sich hier bei unterstellter Glaubwürdigkeit zweifelsohne mit den aktuell vorherrschenden Gegebenheiten bzgl. der jezidisch-kurdischen Volksgruppe im Berg-Karabach Gebiet auseinandersetzen und Ermittlungen dazu anstellen müssen.

 

Die Erstbehörde hat im Bescheid der BF2 auch Teile der Niederschrift von BF1 (insbesondere zum gesundheitlichen Zustand des BF1) angeführt; das Bundesasylamt erklärt aber weiter nicht, warum es diese Aktenteile im Bescheid er BF2 verwendet hat. Die BF1 und BF2 haben im erstinstanzlichen Verfahren gesundheitliche Probleme angegeben, weshalb sich Österreich auch zu einem Selbsteintritt gem. Art 3 Abs. 3 Dublin II VO verpflichtet hat. Die BF wurden auch einer ärztlichen Untersuchung zugeführt. Es findet sich weder im erstinstanzlichen Bescheid des BF1 noch der BF2 eine Auseinandersetzung mit dem Gesundheitszustand der BF. Auch hier wird die Erstbehörde klar darzulegen haben, von welchen Überlegungen sie bezüglich des Gesundheitszustandes ausgeht und allenfalls medizinische Gutachten erstellen zu lassen haben.

 

In den erstinstanzlichen Bescheiden finden sich auch keinerlei individuellen Feststellungen bezüglich einer Existenzgrundlage der Beschwerdeführer im Falle einer Abschiebung in ihren Herkunftsstaat; auch in Anbetracht dessen, dass die BF1 und BF2 im Jugendalter mit ihren Familien ihre Heimatländer verlassen haben und sich die Familienangehörigen in Österreich bzw. Deutschland aufhalten.

 

Die BF gaben auch an, dass sie bereits in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben und dieser Antrag negativ entschieden wurde. Die Erstbehörde hätte auch zur Klärung des Sachverhaltes und der Identitäten der BF, unter Bedachtnahme auf ihre amtswegige Ermittlungspflicht, Akteneinsicht in das deutsche Asylverfahren nehmen müssen, um dann die gewonnenen Erkenntnisse mit den Angaben der BF vor dem Bundesasylamt in Zusammenschau zu bringen.

 

Die Erstbehörde hat zudem gegen alle drei Familienmitglieder Ausweisungen ausgesprochen, wobei der BF1 als Ehegatte der BF2 und Vater der BF3 nach Aserbaidschan und die BF2 und BF3 in die Türkei ausgewiesen wurden. Das Bundesasylamt begründete diese Entscheidung damit, dass sich aus den Angaben der BF sowie aus ihrer persönlichen und familiären Situation keine Hinweise ableiten, die gegen eine Ausweisung sprechen würden bzw. die bei Ausweisung der BF einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK darstellen würden. Die Erstbehörde hat es diesbezüglich gänzlich unterlassen, sich mit der Problematik der Ausweisung von Angehörigen der Kernfamilie in verschiedene Herkunftsstaaten eingehend zu befassen. Als einziger Hinweis ist im Bescheid der BF2 zu finden, dass es der BF2 und deren minderjährigem Kind BF3 freistehe, sich in der Türkei oder in Aserbaidschan niederzulassen, ohne diese Feststellung näher zu erläutern oder auszuführen, woraus die Erstbehörde diese Erkenntnisse abgeleitet hat. Das Bundesasylamt wird sich daher eingehend mit dieser Thematik zu befassen haben und auszuführen haben, ob und auf welche Weise ein Familienleben der BF iSd Art. 8 EMRK auch in einem anderen Staat als dem Herkunftsstaat möglich und zumutbar sein wird.

 

Die BF gaben in ihren Einvernahmen auch an, dass sämtliche Familienmitglieder des BF1 in Österreich als Asylwerber aufhältig seien und dass insbesondere der Vater des BF1 aufgrund seiner Erkrankung auf die Hilfe und Unterstützung der BF angewiesen ist. Auch diesbezüglich finden sich im erstinstanzlichen Bescheid keinerlei Abwägungen, ob hier aufgrund eines eventuellen Abhängigkeits- oder Unterstützungsverhältnisses ein schützenswertes Familieleben iSd. Art. 8 EMRK vorliegt; auch diesen Umstand wird die Erstbehörde in ihren Erwägungen einzubeziehen haben.

 

Auch die Beweiswürdigung der Erstbehörde erweist sich als grob mangelhaft. Die Erstbehörde hat nämlich keine Anstrengungen dahingehend unternommen, die angenommenen Widersprüche oder Unklarheiten durch gezielte Fragestellung an die Beschwerdeführer aufzuklären, zu welchem sie aber im Rahmen der Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichtet gewesen wäre. Überdies ist schon der Kürze des letzten Einvernahmeprotokolls von der Außenstelle Innsbruck des Bundesasylamtes zu entnehmen, dass eine umfassende Befragung der Beschwerdeführer nicht stattgefunden hat; eine umfassende Befragung wäre aber aufgrund ihres Vorbringens, bei welchem nicht vorweg die Asylrelevanz verneint werden kann, erforderlich gewesen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner jüngsten Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH vom 26.11.2003, Zl.: 2003/20/0389). Aufgrund des augenscheinlich mangelnden Ermittlungsverfahrens der Erstbehörde - fehlende Feststellungen, qualifiziert mangelhafte Beweiswürdigung zur persönlichen Unglaubwürdigkeit, mangelnde Würdigung von Beweismitteln - hat die Erstbehörde jedenfalls eine solche ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens nicht vorgenommen, da das Bundesasylamt dieses offensichtlich nicht anhand der konkret entscheidungsrelevanten aktuellen Situation gewürdigt hat.

 

Aus Sicht der Berufungsbehörde verstößt das Prozedere der Erstbehörde somit gegen die von § 28 AsylG 1997 determinierten Ermittlungspflichten. Der für den Umfang der Ermittlungspflicht maßgebliche § 28 AsylG bestimmt nämlich, dass die Asylbehörden in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken haben, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Diese Rechtsnorm, die eine Konkretisierung der aus § 37 AVG i.V.m. § 39 Abs. 2 leg. cit. hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörde, den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen ist, hat die Erstbehörde in diesem Verfahren missachtet.

 

Es hätte jedenfalls im Sinne des § 45 Abs 3 AVG auch einer Konfrontation der Partei mit dem (wie oben aufgezeigt) amtswegig zu ermittelnden Sachverhalt und den diesbezüglichen Beweismitteln bedurft. Den Parteien ist das Ergebnis der behördlichen Beweisaufnahme in förmlicher Weise zur Kenntnis zu bringen und ausdrücklich unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit zu geben, zu diesen Ergebnissen Stellung zu nehmen (VwGH 05.09.1995, Zl. 95/08/0002), was nicht geschehen ist. Gegenstand des Parteiengehörs sind sämtliche Ergebnisse der Beweisaufnahme. Auch soweit die Behörde bestimmte Tatsachen als offenkundig behandelt, ist dies der Partei bekannt zu geben (VwGH 17.10.1995, Zl. 94/08/0269). Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 27.02.2003, Zl. 2000/18/0040) ist die Verletzung des Parteiengehörs zwar saniert, wenn im Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt werden und die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung dagegen Stellung zu nehmen - Voraussetzung einer solchen Sanierung ist aber, dass in der erstinstanzlichen Bescheidbegründung tatsächlich alle Beweisergebnisse dargelegt werden, da ansonsten die Berufungsbehörde das Parteiengehör einräumen müsste (VwGH 25.03.2004, Zl. 2003/07/0062). Durch die oben dargestellte mangelhafte Bescheidbegründung ist dieses Erfordernis aber mit Sicherheit nicht erfüllt.

 

4. Im gegenständlichen Fall ist der angefochtene Bescheid des Bundesasylamtes und das diesem zugrunde liegende Verfahren im Ergebnis so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen sonst zweifelfrei, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspräche. Im Gegenteil ist das Verfahren der Erstbehörde mit den unter Punkt 3 oben dargestellten schweren Mängeln behaftet. Sämtliche Erhebungen, welche grundsätzlich von der Erstbehörde durchzuführen sind, wären demnach durch den Asylgerichtshof zu tätigen, sohin verbietet sich unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes und unter Effizienzgesichtspunkten eine Heranziehung des § 66 Abs 3 AVG.

 

Nach Ansicht des Asylgerichtshofes wird sich das Bundesasylamt beweiswürdigend mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer auseinanderzusetzen haben und es wird klar darzulegen sein, von welchem Sachverhalt aufgrund welcher Erwägungen ausgegangen wird.

 

5. Die Rechtssache war daher spruchgemäß an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die Erstbehörde wird im fortzusetzenden Verfahren die dargestellten mangelhaften Verfahrensschritte zu verbessern und insbesondere eine schlüssige Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführer auf Basis einer ergänzenden Einvernahme sowie Beischaffung der angeregten Beweismittel vorzunehmen haben und wird auch im Falle einer Ausweisung ein rechtsrichtiges Asylverfahren hinsichtlich der Möglichkeit der Weiterführung eines Familienlebens zwischen den BF zu führen sein. Auch wird die Erstbehörde im neuerlichen Verfahrensgang die Ausführungen in der Beschwerdeschrift des rechtsfreundlichen Vertreters zu berücksichtigen und würdigen zu haben.

Schlagworte
Familienverfahren, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung
Zuletzt aktualisiert am
14.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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