GZ. D 3 252053-0/2008/12E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Kuzminski als Einzelrichter über die Beschwerde des D. A., geb. 00.00.1973, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.07.2004, GZ. 03 27.115-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 9.6.2008 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und D. A. gemäß §§ 10, 11 AsylG i. d.F. BGBL 126/2002 Asyl gewährt.
Gemäß § 12 AsylG i.d.F. BGBL 126/2002 Asyl wird festgestellt, dass D. A. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Der Beschwerdeführer, ein armenischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Jeziden und christlichen Bekenntnisses, gelangte am 07.09.2003 gemeinsam mit seiner Familie illegal nach Österreich und stellte am nächsten Tag einen Antrag gemäß § 10 Abs. 1 AsylG auf Erstreckung des einem Angehörigen (in concreto seiner Gattin) auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen zu gewährenden Asyls.
Mit dem Bescheid des Bundesasylamts vom 23.07.2004, GZ. 03 27.115-BAI, wurde der Erstreckungsantrag des Beschwerdeführers vom 08.09.2003 gemäß §§ 10, 11 AsylG abgewiesen.
In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, dass er der Gatte der S. A. sei und deren Asylantrag zur Zahl 03 27.124-BAI bescheidmäßig abgewiesen worden sei. Da Grundvoraussetzung für die Asylerstreckung stets die Asylgewährung nach § 7 oder § 8 AsylG eines im § 10 Abs. 2 taxativ aufgezählten Angehörigen sei, wobei es sich im vorliegenden Fall um die Gattin handle, deren Asylantrag - wie bereits ausgeführt - abgewiesen wurde und sei daher auch der gegenständliche Asylerstreckungsantrag abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung.
Mit Schreiben vom 10.04.2008 gab RA Mag. László Szabó bekannt, dass er nunmehr den Beschwerdeführer und dessen Familie vertrete. Des Weiteren legte er eine Bestätigung der Flüchtlingskoordination Land Tirol über die Teilnahme am Deutschkurs 1/Stufe 1, sowie ein Schreiben des Flüchtlingsheimes Rossau, welches die gute Integration der Familie betonte, vor. Sodann wurde unter Hinweis auf die volle Integration der Antragssteller beantragt der Beschwerde stattzugeben, zumindest jedoch bei der Ausweisung auf die Integrationsverfestigung Bedacht zu nehmen.
Mit weiterem Schreiben vom 04.06.2008 wurden weitere Schreiben, die die Integration der Familie belegen - Schulbesuchsbestätigungen der Kinder, sowie Schreiben des jeweiligen Klassenvorstandes, Referenzschreiben von Bekannten der Familie, eine Arbeitsbestätigung des Beschwerdeführers, sowie ein Schreibeneines Sportvereins hinsichtlich des Sohnes T. - vorgelegt.
Daraufhin beraumte der Unabhängige Bundesasylsenat eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 09.06.2008 an und bestellte entsprechend dem Antrag des Vertreters des Beschwerdeführers einen Dolmetscher für die jesidische Sprache. Das Bundesasylamt ließ sich für seine Nichtteilnahme an der Verhandlung entschuldigen. Ein Vertreter der Beschwerdeführer erschien nicht.
Der Beschwerdeführer führte als Beteiligter über Befragung des Verhandlungsleiters, wie folgt aus:
VL: Sind Sie auch Jeside?
BT1: Ja. Ich bin nicht gemischt-ethnischer Abstammung.
VL: Haben Sie eigene Fluchtgründe oder beziehen Sie sich auf die Fluchtgründe Ihrer Frau?
BT1: Da ich meine Frau liebe, kann ich sie nicht verlassen. Es gibt schon auch eigene Fluchtgründe. Alle haben gewusst, wer meine Frau ist.
VL: Hatten Sie wegen der gemischt-ethnischen Abstammung Ihrer Frau Schwierigkeiten?
BT1: Seit alle erfahren haben, dass meine Frau eine halbe Aserbaidschanerin ist, haben die Probleme angefangen, vorher hatten wir keine Probleme.
VL: Welche Probleme hatten Sie nach Bekanntwerden dieses Umstandes?
BT1: Meine Eltern haben auch erfahren, dass meine Frau halbe Aserbaidschanerin ist, sie wollten, dass ich mich von ihr trenne. Ich wollte aber meine Frau und Kinder nicht verlassen.
VL: Warum haben Sie Armenien verlassen?
BT1: Wenn ich das nicht gemacht hätte, hätten sie meine Frau umgebracht und die Probleme wären noch schlimmer geworden. Alle Nachbarn haben schon davon gewusst.
VL: Haben Sie diesen Vorfall zwischen Ihrer Frau und Ihrem Onkel selbst gesehen oder kennen Sie dies nur von Erzählungen?
BT1: Ich war nicht dabei, ich kenne ihn vor Erzählungen.
VL: Von wem?
BT1: Von meiner Frau. Dann hat das das ganze Dorf gewusst.
VL: Wissen Sie, womit der Onkel Ihre Frau bedroht und verletzt hat?
BT1: Der Onkel wollte meine Frau mit einem Grillspieß töten. Der Dolmetscher hat mich falsch verstanden und von einem Messer gesprochen, das habe ich aber nicht gemeint. Wir haben den Dolmetscher nicht gut verstanden.
VL: Wo am Körper war Ihre Frau verletzt?
BT1: Der ganze Körper war bei ihr rot und sie hat geblutet. Sie hatte auch eine Wunde am Kopf.
VL: Wollen Sie sonst noch etwas zum Asylverfahren Ihrer Frau angeben?
BT1: Ich bitte, dass wir hier bleiben können. Meine Frau würde in Armenien umgebracht werden und ich würde mich auch lieber umbringen, als zurückzukehren. Alle hassen mich in Armenien, sogar meine Eltern, weil ich eine Aserbaidschanerin geheiratet habe.
VL: Was machen Sie in Österreich?
BT1: Ich arbeite in Innsbruck seit 3 Jahren. Manchmal ist meine rechte Seite gefühllos und wie gelähmt. Das geht vom Kopf aus. Ich bin deswegen gar nicht zum Arzt gegangen und auch nicht zu einem Psychiater, weil ich noch keine Sozialversicherung hatte.
Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.08.2008, Zahl D3 252045-0/2008, wurde der Beschwerde der Gattin des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamts vom 23.7.2004, FZ. 03 27.124-BAI, gemäß § 7 AsylG stattgegeben und ihr gemäß § 12 AsylG der Flüchtlingsstatus zuerkannt. Dieser Bescheid wurde der Ehefrau des Antragstellers am 29.08.2008 zugestellt und erwuchs damit in Rechtskraft.
Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Richter wie folgt festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist der Gatte der S. A., deren Asylantrag mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.7.2004, FZ. 03 27.124-BAI, gemäß § 7 AsylG abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Gattin des Beschwerdeführers nach Armenien gemäß § 8 AsylG zulässig sei und gemäß § 8 Abs 2 AsylG die Ausweisung verfügt. Der dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.08.2008, Zahl D3 252045-0/2008, stattgegeben und der Gattin des Beschwerdeführers Asyl zuerkannt.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakten des Beschwerdeführers und seiner Gattin.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 75 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Gemäß § 75 Abs 7 Z 1 AsylG 2005 sind Verfahren, welche am 01.07.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig und einem Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenats zugeteilt waren, welches als Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde, von diesem als Einzelrichter weiterzuführen, soweit eine mündliche Verhandlung bereits stattgefunden hat.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.
Da gegenständlicher Asylantrag am 08.09.2003 gestellt wurde, war er nach der Rechtslage des AsylG 1997 idF 126/2002 unter Beachtung der Übergangsbestimmungen, woraus sich die gegenständliche Zuständigkeit ergibt, zu beurteilen.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG stellen Familienangehörige eines Asylberechtigten einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Für Ehegatten gilt dies überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den ersten Asylantrag eingebracht hat.
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG hat die Behörde aufgrund eines Antrags eines Familienangehörigen eines Asylberechtigten mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) BGBl. Nr. 210/1958 mit den Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Gemäß § 1 Z 6 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.
Die Unmöglichkeit der Fortsetzung des Familienlebens in einem anderen Staat wird in der Regel dann gegeben sein, wenn kein anderer Staat ersichtlich ist, der dem Asylberechtigten und seinem Angehörigen Asyl oder eine dem Asylrecht entsprechende dauernde Aufenthaltsberechtigung gewährt. Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt. Damit liegt bei dem Beschwerdeführer das gemäß § 10 Abs. 2 AsylG zu erbringende Erfordernis, nämlich die einem Angehörigen im Sinne des Absatz 2 dieser Bestimmung betreffende Asylgewährung vor. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, wonach dem Beschwerdeführer mit seiner Familie ein Familienleben in einem anderen Staat zumutbar ist oder möglich wäre, sodass Asyl im Wege der Asylerstreckung zu gewähren war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.