E3 216.274-3/2008-7E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des T.M., geb. 00.00.1963, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.08.2008, FZ. 07 00.486-BAL, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.1. Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Bescheiderlassung ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt.
I.2. Der Antragsteller stellte erstmals am 27.12.1999, nach illegaler Einreise, einen Asylantrag, welcher seitens des Bundesasylamtes abgewiesen wurde. Auch eine dagegen erhobene Berufung an den UBAS sowie die gegen die Entscheidung des UBAS erhobene Beschwerde an den VwGH wurden abgewiesen.
Zu den weiteren seitens des Antragstellers eingebrachten Asylanträgen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
I.3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.08.2008, FZ. 07 00.486-BAL, wurde der dem Verfahren zugrunde liegende Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 15.01.2007 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG die Ausweisung der beschwerdeführenden Partei aus dem Bundesgebiet in den Iran verfügt.
I.4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
I.5. Die gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 25.08.2008 beim Asylgerichtshof ein.
I.6. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 28.08.2008, GZ: E3 216.274-3/2008-4E wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG zuerkannt.
I.7. Nachfolgend werden die für die Behebungsentscheidung relevanten Verfahrensschritte der Erstbehörde hervorgehoben:
Der Beschwerdeführer stellte den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz am 15.01.2007. Mit Datum 22.01.2007 wurde das Asylverfahren des Antragstellers gemäß § 28 Absatz 1 AsylG zugelassen und das Verfahren in der Außenstelle Linz des Bundesasylamtes weitergeführt. Der Bescheid vom 08.08.2008 wurde dem Beschwerdeführer laut AIS am selben Tag zugestellt. Dass der Zurückweisungstatbestand erst nach Zulassung des Verfahrens neu hervorgetreten ist, sodass eine Rechtfertigung dahingehend bestünde eine Zurückweisungsentscheidung auch außerhalb des Zulassungsverfahrens zu treffen, kann nicht festgestellt werden.
II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:
Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden.
1. Zuständigkeit der erkennenden Einzelrichterin
Gem. § 61 Absatz 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Absatz 1 AVG, und
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
Gemäß § 22 Absatz 1 ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses.
2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat das erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gem. § 75 (1) des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz am 15.01.2007 gestellt, weshalb das AsylG 2005 zur Anwendung gelangt.
3. Zu den Entscheidungsgründen:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH v. 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 28 Absatz 1 AsylG ist das Verfahren zuzulassen wenn der Antrag voraussichtlich nicht zurückzuweisen ist, soweit das Verfahren nicht vor Zulassung inhaltlich entschieden wird. Die Zulassung erfolgt durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 51); eines Bescheides bedarf es dann nicht. Die Zulassung steht einer späteren zurückweisenden Entscheidung nicht entgegen.
Gemäß § 28 Absatz 2 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringen des Antrags auf internationalen Schutz entscheidet dass der Antrag zurückzuweisen ist, es sei denn es werden Konsultationen gemäß der Dublin - Verordnung oder eines Vertrages über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz geführt. Das Führen solcher Konsultationen ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen. Diesfalls gilt die 20-Tages-Frist nicht. Diese gilt überdies nicht, wenn der Asylwerber am Verfahren nicht mitwirkt, dieses gegenstandslos wird oder er sich diesem entzieht. Ist der Asylwerber aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage, am Verfahren mitzuwirken, ist der Lauf der Frist nach Satz 1 gehemmt.
Für Zurückweisungsentscheidungen gemäß § 68 AVG gilt sohin, dass der Antrag zuzulassen ist, sollte das Bundesasylamt nicht binnen 20 Tagen ab Einbringung des Antrags auf internationalen Schutz einen Bescheid erlassen. Die Frist gilt keinesfalls, wenn der Asylwerber seine Mitwirkungspflicht verletzt (§ 15), das Verfahren gegenstandlos wird (§ 25) oder sich dem Verfahren entzieht (§ 24). § 28 Absatz 3 letzter Satz normiert eine Fortlaufhemmung für jene Fälle, in denen der Asylwerber aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage war, mitzuwirken. Doch auch hier gilt, dass eine Zulassung einer Zurückweisung nicht entgegensteht.
3.1. Vorerst ist auszuführen, dass § 28 Abs 1 letzter Satz AsylG keine schrankenlose Ermächtigung vorsieht, eine Zurückweisungsentscheidung außerhalb des Zulassungsverfahrens zu treffen; dies würde zweifellos unvorhersehbares behördliches Handeln ermöglichen und zu einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips führen. Die Norm soll nach den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 28 AsylG ausnahmsweise Fälle umfassen, in denen der Zurückweisungstatbestand erst nach dem Zulassungsverfahren zu Tage getreten ist.
Im gegenständlichen Fall - wie auch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in den überwiegenden Fällen von Entscheidungen gemäß § 68 AVG - kann nun nicht festgestellt werden, dass erst nach Zulassung des Verfahrens der Zurückweisungstatbestand neu hervorgetreten ist, sodass eine Rechtfertigung dahingehend bestünde eine Zurückweisungsentscheidung auch außerhalb des Zulassungsverfahrens zu treffen; insbesondere auch unter Beachtung des Umstandes, dass die Erstbehörde betreffend dieser Vorgehensweise keinerlei Ausführungen - weder im Bescheid noch mittels Aktenvermerk - vorgenommen hat und ohne nachvollziehbare Begründung dieses Vorgehen auch im Asylgesetz grundsätzlich keine Deckung finden kann. Überdies wäre die Erstbehörde jedenfalls dazu gehalten gewesen, die Zurückweisungsentscheidung binnen 20 Tagen ab Stellung es Antrages auf internationalen Schutz zu treffen; dies alles unter dem Gesichtspunkt, dass einer Unzulässigkeitsentscheidung nach den Intentionen des Gesetzgebers prioritäre Bedeutung im Verfahrensabschluss zukommen sollte.
Eine Begründung der Erstbehörde zur gewählten Vorgehensweise lässt sich weder dem erstinstanzliche Akt noch dem angefochtene Bescheid entnehmen.
Das Bundesasylamt hat somit die 20 Tagesfrist überschritten und einen bereits zugelassenen Antrag auf internationalen Schutz - ohne Angabe von Gründen für diese Vorgehensweise - gemäß § 68 AVG als unzulässig zurückgewiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Die Erstbehörde wird im fortgesetzten Verfahren den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich zu entscheiden haben.
Weitergehende Ausführungen dahingehend, ob das Vorbringen des Antragestellers tatsächlich vom Rechtsbegriff der entschiedenen Sache (§ 68 AVG) umfasst ist, erübrigen sich hinsichtlich der getroffenen Entscheidung.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.