TE Vwgh Erkenntnis 2001/4/4 2000/18/0137

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Veröffentlicht am 04.04.2001
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §10 Abs2 Z1;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrG 1997 §37;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des H E, geboren am 2. Jänner 1971, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Juni 2000, Zl. SD 1016/99, betreffend Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Fremdengesetz 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. Juni 2000 wurde der Beschwerdeführer, ein ägyptischer Staatsangehöriger, gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer befinde sich seit Juli 1997 im Bundesgebiet. Er sei zunächst im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung gewesen und habe danach über eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums mit Gültigkeit bis 31. Jänner 1999 verfügt. Am 22. Jänner 1999 habe er einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis gestellt.

Die letzte aktenkundige Inskriptionsbestätigung des Beschwerdeführers betreffe das Wintersemester 1998/99. Ein Studienerfolg sei nicht aktenkundig. In der Stellungnahme vom 17. Mai 1999 habe der Beschwerdeführer lediglich ausgeführt, ab Juli 1999 einen "neuen Deutschkurs" besuchen zu wollen. Am 29. Mai 2000 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, Inskriptionsbestätigungen für das Sommersemester 1999, das Wintersemester 1999/2000 und das Sommersemester 2000 vorzulegen. Ebenso sei er aufgefordert worden, sämtliche Kursbestätigungen über die von ihm besuchten Deutschkurse sowie alle diesbezüglichen - wenn auch negativen - Zeugnisse vorzulegen. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Wer sich seit etwa drei Jahren zum alleinigen Zweck des Studiums im Bundesgebiet aufhalte, von dem müsse erwartet werden, ein Mindestmaß an Studienerfolg, zumindest das Erlernen der deutschen Sprache, nachzuweisen. Da der Beschwerdeführer weder eine aufrechte Inskription noch die behaupteten Bemühungen um das Erlernen der deutschen Sprache nachgewiesen habe, sei die Annahme gerechtfertigt, dass der wahre Zweck seines Aufenthaltes "ein anderer als der alleinige des Studiums" sei. Angesichts der strengen Zweckbindung der zu erteilenden Aufenthaltstitel stelle ein derartiges Verhalten eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dar. Solcherart sei der in § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG normierte Versagungsgrund verwirklicht.

Dem Antrag vom 22. Jänner 1999 sei zur Glaubhaftmachung der Unterhaltsmittel eine Kopie aus einem auf den Beschwerdeführer lautenden Sparbuch beigelegen. Am 29. Mai 2000 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, eine aktuelle und vollständige Kopie des Sparbuches vorzulegen. Dies deshalb, weil er selbst in der Stellungnahme vom 17. Mai 1999 angegeben habe, seinen Lebensunterhalt durch Unterstützungen seines Bruders, welcher monatlich rund S 18.000,-- verdiene, zu bestreiten. Auch dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Da der Beschwerdeführer somit nicht nachgewiesen habe, noch im Besitz des besagten Sparbuches zu sein und er auch keinen Nachweis dafür erbracht habe, von seinem Bruder finanziell unterstützt zu werden, sei der in § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG normierte Versagungsgrund verwirklicht.

Der Beschwerdeführer habe am 22. Jänner 1999 angegeben, in einer bestimmten Wohnung im 10. Wiener Gemeindebezirk zu wohnen. Er habe einen Mietvertrag vorgelegt, der jedoch eine andere Person als Mieter ausweise. Am 17. Mai 1999 habe er angegeben, schon immer mit seinem Bruder zusammen zu leben. Der Bruder des Beschwerdeführers sei jedoch mit dem Mieter der Wohnung laut Mietvertrag nicht ident. Der Beschwerdeführer habe nicht vorgebracht, auf welcher Rechtsgrundlage er die Wohnung benütze. Da er somit keinen Nachweis erbracht habe, einen Rechtsanspruch auf die Benützung der Wohnung zu haben, liege auch der Versagungsgrund gemäß § 12 Abs. 1 FrG vor.

Da somit Versagungsgründe der Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis entgegenstünden, sei die Ausweisung im Grund des § 34 Abs. 1 FrG gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen bestünden zu seinem Bruder, mit dem er zwar zusammengelebt habe, der sich jedoch am 5. November 1999 von der Wohnanschrift des Beschwerdeführers abgemeldet habe. Angesichts des dreijährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet und der Bindung zum Bruder sei die Ausweisung mit einem Eingriff in das Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten. Dadurch, dass der Beschwerdeführer nicht einmal ansatzweise habe glaubhaft machen können, dem von ihm gewählten Aufenthaltszweck gerecht zu werden, und er weiters weder die Mittel für seinen Unterhalt noch einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft habe nachweisen können, werde das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens nachhaltig beeinträchtigt. Erschwerend trete hinzu, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 18. Februar 1998 wegen Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung gemäß § 298 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sei.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei zunächst auf die aus der Dauer des Aufenthaltes ableitbare Integration des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen gewesen. Diese Integration erweise sich jedoch auch in Anbetracht der familiären Bindung zum Bruder als keineswegs ausgeprägt. Dem stehe das hoch zu veranschlagende maßgebliche öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Die Auswirkungen der Ausweisung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers (und seines Bruders) wögen keinesfalls schwerer als die in den vorliegenden Versagungsgründen liegenden öffentlichen Interessen an der Erlassung dieser Maßnahme. Selbst wenn man zu Gunsten des Beschwerdeführers berücksichtigte, dass er mit seinem Bruder in Haushaltsgemeinschaft lebe, führte die Abwägung zu keinem anderen Ergebnis.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer hält sich während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet auf. Gemäß § 34 Abs. 1 können solche Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn (Z. 2) der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht.

2.1. Gemäß § 10 Abs. 2 FrG kann die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels wegen Gefährdung öffentlichen Interessen (§ 8 Abs. 3 Z. 2 FrG) insbesondere versagt werden, wenn (Z. 1) der Fremde nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt oder nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder - bei der Erteilung eines Einreise- oder befristeten Aufenthaltstitels - für die Wiederausreise verfügt.

Der Beschwerdeführer hat trotz Aufforderung durch die belangte Behörde keine vollständige Kopie des Sparbuches, auf das er sich anlässlich der Antragstellung zur Glaubhaftmachung ausreichender eigener Unterhaltsmittel berufen hat, vorgelegt. Damit ist es ihm nicht gelungen darzutun, tatsächlich über das auf dem Sparbuch erliegende Guthaben zur Bestreitung seines Unterhaltes verfügen zu können. Sein Vorbringen, von seinem Bruder unterstützt zu werden, ist schon deshalb nicht geeignet, ausreichende eigene Unterhaltsmittel darzutun, weil der Beschwerdeführer nicht vorgebracht hat, einen Rechtsanspruch auf die Leistungen seines Bruders zu haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 2000/18/0048). Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2.2. Gemäß § 8 Abs. 5 FrG bedarf es für die Erteilung eines Erstaufenthaltstitels des Nachweises eines Rechtsanspruches auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft für den Fremden, der sich hier niederlassen will. Dieser Nachweis ist auch für die Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels erforderlich.

Gemäß § 12 Abs. 1 FrG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels außer in den Fällen des § 10 Abs. 4 FrG zu versagen, wenn Fremde, die hiezu gemäß § 8 Abs. 5 leg. cit. verpflichtet sind, keinen Rechtsanspruch auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft an ihrem Wohnsitz nachweisen.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren unstrittig nur nachgewiesen, in einer von einer dritten Person gemieteten Wohnung zu wohnen. Einen Rechtsanspruch auf diese Wohnmöglichkeit hat er nicht dargetan. Es begegnet daher auch die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, der Versagungsgrund gemäß § 12 Abs. 1 FrG sei erfüllt, keinen Bedenken.

2.3. Da somit jedenfalls der Tatbestand zweier Versagungsgründe erfüllt ist, kann dahinstehen, ob die belangte Behörde aus dem mangelnden Studiennachweis des Beschwerdeführers zu Recht auf das Vorliegen des Tatbestandes des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG geschlossen hat, wonach ein Einreise- oder Aufenthaltstitel versagt werden kann, wenn der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

2.4. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist in Fällen, in denen - wie vorliegend (siehe unten 3.) - eine Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 37 FrG durchzuführen ist, eine zusätzliche Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens eines Versagungsgrundes nicht erforderlich (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 99/18/0457).

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde berücksichtigt, dass sich der Beschwerdeführer seit etwa drei Jahren berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Die daraus ableitbare Integration wird allerdings dadurch erheblich beeinträchtigt, dass der Beschwerdeführer, der sich nur zu Studienzwecken im Inland befindet, unstrittig bisher keinen Studienerfolg aufzuweisen hat. Selbst wenn man zu Gunsten des Beschwerdeführers annähme, mit seinem Bruder (noch) in Haushaltsgemeinschaft zu leben, wären seine persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet nur von geringem Gewicht.

Dem steht gegenüber, dass beim Beschwerdeführer auf Grund seiner Mittellosigkeit die Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft besteht. Eine weitere Beeinträchtigung öffentlicher Interessen liegt darin, dass der Beschwerdeführer entgegen der Bestimmung des § 8 Abs. 5 FrG keinen Rechtsanspruch auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft nachgewiesen hat. Darüber hinaus ergibt sich die Gefährdung öffentlicher Interessen durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers auch dadurch, dass er eine mit Strafe bedrohte Handlung vorgetäuscht hat.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, Verhinderung strafbarer Handlungen) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden.

4. Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 4. April 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000180137.X00

Im RIS seit

12.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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